Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.01.1997, Az.: 5 W 12/97
Erforderlichkeit eines Erbscheins oder Hoffolgezeugnisses bei Vererbung des Hofes an den längstlebenden Ehegatten; Keine Pflicht zum Nachweis der Wirtschaftsfähigkeit des überlebenden Ehegatten; Hinderung der Entstehung eines Ehegattenhofes durch eine formlose Hoferbenbestimmung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 30.01.1997
- Aktenzeichen
- 5 W 12/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 21673
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0130.5W12.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 1 HöfeO
- § 7 Abs. 1 HöfeO
- § 7 Abs. 2 HöfeO
- § 6 Abs. 1 S. 1 HöfeO
- § 78 S. 1 GBO
- § 35 Abs. 1 S. 1 GBO
Amtlicher Leitsatz
Kein Hoffolgezeugnis bei Vererbung eines Ehegattenhofes an längstlebenden Ehegatten.
Gründe
Ein Erbschein bzw. Hoffolgezeugnis ist nicht erforderlich, wenn ein Ehegattenhof an den längstlebenden Ehegatten vererbt wird, denn die Nachfolge des Ehegatten ist gemäß § 8 HöfeO zwingend, sodass ein formlos bestimmter anderer Hoferbe den Ehegatten nicht verdrängen kann. Der überlebende Ehegatte braucht nicht wirtschaftsfähig zu sein.
Aus den Gründen:
I.
Der Antragsteller ist ausweislich des Gütergemeinschaftsvertrages vom 03.08.1982 und des gemeinschaftlichen Testamentes vom 09.05.1990 zum Alleinerben und Hofeserben seiner verstorbenen Ehefrau geworden, mit der er zusammen als Eigentümer des seit dem 04.10.1982 verzeichneten Ehegattenhofes eingetragen ist. Das LG hat durch den angefochtenen Beschluss die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen, mit der er sich gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes wendet, in der der Grundbuchrechtspfleger die von ihm beantragte Eigentumsumschreibung auf sich allein von der Vorlage eines Hoffolgezeugnisses abhängig macht.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg. Die Entscheidungen der Vorinstanzen beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 78 Satz 1 GBO). Zu Recht beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass weder der Nachweis der Wirtschaftsfähigkeit noch die
Möglichkeit einer formlosen Hoferbenbestimmung gemäß §§ 7 Abs. 2,6 Abs. 1 Satz 1 HöfeO die Vorlage eines Hoffolgezeugnisses erfordern.
Das Erbrecht einschließlich des Hoferbenrechts des Antragstellers ist in der den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO genügenden Form durch den Gütergemeinschaftsvertrag und die Eintragung als Ehegattenhof in Verbindung mit der Bestätigung durch das gemeinschaftliche Testament ausgewiesen. Bei dem (längstlebenden) Ehegatten braucht die Wirtschaftsfähigkeit nicht nachgewiesen zu werden. Wie sich aus der Entstehungsgeschichte zu § 6 HöfeO entnehmen lässt (vgl. BTDrucks. 7/1443 S.4), ist bei diesen Vererbungen an den überlebenden Ehegatten das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit entfallen (vgl.Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 8, RdNr.18).Aus der Sperrwirkung des § 7 Abs. 1 HöfeO ist die Vorlage eines Hoffolgezeugnisses hier ebensowenig zu begründen. Zwar kann die Möglichkeit einer formlosen Hoferbenbestimmung durch auf Dauer angelegte lebzeitige Übertragung der Bewirtschaftung ein Hoffolgezeugnis für eine Grundbuchumschreibung erforderlich machen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 20.09.1988 - 5 W 42/88-, Nds. Rpfl. 1989, 95, vom 09.11.1995 - 5 W 184/95-, Nds. Rpfl. 1996, 37), wobei es sich allerdings nicht nur um eine rein theoretische Möglichkeit ohne weiteren Bezug zu den gegebenen Verhältnissen handeln darf. Die Vorinstanzen haben aber auch insoweit nicht den rechtlichen Besonderheiten der Vererbung eines Ehegattenhofes an den längstlebenden Ehegatten Rechnung getragen. Soweit sie an eine formlose Übertragung nach der Entstehung des Ehegattenhofes gedacht haben sollten unter Berücksichtigung der Erwähnung des Adoptivsohnes in dem gemeinschaftlichen Testament, kann dadurch die Sperrwirkung des § 7 Abs. 2 HöfeO nicht ausgelöst werden, weil das Ehegattenerbrecht aus § 8 Abs. 1 HöfeO vorher entstanden ist.
Für eine formlose Hoferbenbestimmung vor der Regelung in dem Gütergermeinschaftsvertrag fehlt es bereits an jeglichem Anhaltspunkt, der diese zunächst rein theoretische Möglichkeit tatsächlich untermauern könnte. Abgesehen davon kann aber eine solche - unterstellte - formlose Hoferbenbestimmung die Entstehung eines Ehegattenhofes nicht hindern. Der Senat ist mit der heute ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BGHZ 98,1 [BGH 24.04.1986 - BLw 27/85]; Lange/Wulff/ Lüdtke-Handjery, a. a. 0., § 7, RdNr. 12) der Ansicht, dass mit der Entstehung des Ehegattenhofes die Nachfolge diesbezüglich in § 8 Abs. 1 Höfe0 zwingend ist, ein formlos bindend bestimmter Hoferbe daher durch den längstlebenden Ehegattenhoferben verdrängt wird.