Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 09.01.1997, Az.: 1 U 106/96
Haftung eines Schwarzarbeiters; Zulässigkeit der Rechtsausübung; Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit; Voraussetzungen für die Annahme von Schwarzarbeit
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 09.01.1997
- Aktenzeichen
- 1 U 106/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 21708
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0109.1U106.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 SchwArbG
- § 254 Abs. 1 BGB
Fundstelle
- VersR 1998, 471-472 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
Die Haftung eines "Schwarzarbeiters", der seinem Auftraggeber Schäden verursacht hat, ist nicht stets auf eine angemessene Höhe zu begrenzen.
Gründe
Die Geltendmachung ist nicht bereits deshalb eine unzulässige Rechtsausübung weil der Beklagte durch die Beauftragung mit dieser besonderen "Schwarzarbeit", nämlich Dacharbeiten, gravierenden wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt worden ist. Denn nicht schon jedes Ungleichgewicht, nicht schon jede übermäßige wirtschaftliche Benachteiligung der Gegenseite macht eine Rechtsausübung unzulässig. Vielmehr muss es sich um Ausnahmefälle einer grob unbilligen, mit der Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Benachteiligung handeln (so Roth in MünchKomm., BGB, 3. Aufl., § 242, Rn. 468). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.
Ebenso wenig ist die Haftung eines "Schwarzarbeiters", der seinem Auftraggeber erhebliche Schäden verursacht hat, im Hinblick auf seine wirtschaftlich und sozial schwächere Stellung stets auf eine angemessene Höhe zu begrenzen.
Die Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit, nach denen bei allen betrieblich veranlassten Tätigkeiten eine Haftungsmilderung bzw. -beschränkung des Arbeitnehmers gegenüber Ansprüchen des Arbeitgebers gilt (so BAG NJW 95, 210 [BAG 27.09.1994 - GS - 1/89 (A)]), sind auf Verträge über "Schwarzarbeit" oder Verträge mit selbstständig Tätigen nicht anzuwenden (Palandt-Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 276, Rn. 64).
Soweit das OLG Celle (in JZ 73, 246, 248) die Ansicht vertreten hat, eine Haftungsbegrenzung sei trotz fehlenden Mitverschuldens des Auftraggebers bei "Schwarzarbeiten" immer dann geboten, wenn ein erheblicher Schaden entstanden ist und es dem Auftraggeber unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage, insbesondere eines ihm zuteil werdenden vollständigen Versicherungsschutzes, im Vergleich zu der sozial und wirtschaftlich schwächeren Stellung des Auftragnehmers zugemutet werden darf, einen Teil des Schadens selbst zu tragen, vermag der Senat dem nicht zu folgen, abgesehen davon, dass hier die Voraussetzungen einer "Schwarzarbeit" nicht hinreichend dargetan sind. Denn soweit sich der Bundesgerichtshof (BGHZ 85, 43 ff[BGH 23.09.1982 - VII ZR 183/80]; BGHZ 111, 308 ff[BGH 31.05.1990 - VII ZR 336/89]) mit Verträgen über "Schwarzarbeit" auseinander gesetzt und diese gem. § 134 BGB als nichtig beurteilt hat, bezieht sich diese Beurteilung nicht auf jede, von der Allgemeinheit als "Schwarzarbeit" bezeichnete Arbeit. Vielmehr muss ein Verstoß gegen § 1 SchwArbG vorliegen. Ein solcher Verstoß liegt jedoch nur vor, wenn der Betreffende die Tätigkeit gewerbsmäßig, also in erheblichem Umfang, ausübt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im vorliegenden Fall häufig Dachdeckerarbeiten ausgeführt hat, ohne ein solches Gewerbe angemeldet zu haben, hat der Beklagte weder vorgetragen, noch ergeben sich solche aus der Akte. Darüber hinaus ist die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung von Seiten eines "Schwarzarbeiters" nicht grundsätzlich nach § 254 Abs. 1 BGB gemindert, weil der Auftraggeber einen "Schwarzarbeiter" beauftragt hat (BGH in JZ 91, 99). Vielmehr ist die Besonderheit, dass der Beauftragte ein "Schwarzarbeiter" ist, für die Beurteilung des Mitverschuldens ohne Bedeutung.
Entscheidend ist allein die Fachkompetenz, über die auch ein "Schwarzarbeiter" verfügen kann. Dementsprechend trägt derjenige, der die Erledigung von Arbeiten übernimmt, gegenüber dem Auftraggeber die alleinige Verantwortung für die Folgen seiner Tätigkeit. Nur in Ausnahmefällen, nämlich dann wenn dem Auftraggeber bekannt ist, dass die Arbeiten mit besonderen Gefahren verbunden sind, die nur ein Fachmann erkennen und beherrschen kann, und wenn ihm weiter bewusst ist oder sein muss, dass der Beauftragte über die erforderliche Fachkompetenz nicht verfügt, also überfordert ist, kann der Auftraggeber in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er von den Beauftragten den vollen Ersatz eines Schadens verlangt.
Der Beklagte dieses Verfahrens war aber ein kompetenter Fachmann. Denn er ist gelernter Dachdecker. Ebenso wenig lässt sich aus dem Alter des Beklagten, er war im Zeitpunkt des Brandes 64 Jahre alt, schließen, dass der Kläger bei der Beauftragung nicht davon ausgehen durfte, dass der Beklagte die erforderlichen Sicherheitsbestimmungen kannte und einhalten würde.
Soweit der Kläger dem Beklagten bei dessen Arbeiten zur Hand gegangen ist, lässt sich darauf hier ebenfalls nicht ein Mitverschulden des Klägers stützen. Denn dem Kläger, der kein Dachdecker ist, dürften die einschlägigen Sicherheitsvorschriften nicht bekannt gewesen sein.
Schließlich kommt nicht ein zwischen den Parteien stillschweigend vereinbarter Haftungsausschluss für die Arbeiten am Dach in Betracht. Konkrete Anhaltspunkte für einen derartigen Haftungsausschluss sind nicht vorgetragen worden. Allein aus der Beauftragung eines "Schwarzarbeiters" folgt nicht die Vereinbarung eines solchen Haftungsausschlusses. Denn anderenfalls müsste man den generellen Satz aufstellen, dass ein "Schwarzarbeiter" für von ihm verursachte Schäden in keinem Fall haftet. Eine solche Regel besteht aber, wie oben aufgezeigt ( BGH in JZ 91, 99) gerade nicht.