Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 23.05.2000, Az.: 74 IN 228/99
Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Unternehmensinsolvenzverfahrens; Sinn und Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 23.05.2000
- Aktenzeichen
- 74 IN 228/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 31072
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:2000:0523.74IN228.99.0A
Fundstellen
- KTS 2001, 134
- NZI 2001, 65
- NZI 2000, 329-331
- Rpfleger 2000, 468-470
- ZInsO 2000, 342-344 (Volltext mit red. LS)
- ZInsO 2000, 649 (amtl. Leitsatz)
Gründe
A.
Der Schuldner hat mit Antrag v. 19.10.1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung betrieb der Schuldner unter der Firma X ein Jagdzubehör- und Waffenhandelgeschäft mit eigener Reparaturwerkstatt. Die Firma war im Handelsregister eingetragen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war ein Auszubildender beschäftigt. In der Antragschrift wird mitgeteilt, dass spätestens im Berichtstermin ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt werden soll.
Das Insolvenzgericht hat mit Beschl. v. 3.11.1999 einen Sachverständigen bestellt und Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gem. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO eingestellt. Am 12.11.1999 ist dem Schuldner weiter ein allgemeines Veräußerungsverbot (§ 21 Abs. 2 Ziff. 2, 1. Halbsatz InsO) auferlegt worden. U.a. ist Kreditinstituten untersagt worden, Zahlungseingänge für den Schuldner zu verrechnen.
Auf den in der Antragsschrift v. 19.10.1999 gestellten PKH-Antrag hat das Insolvenzgericht mit Schreiben v. 25.11.1999 dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mitgeteilt, dass Zweifel bestehen, ob bei einem Eigenantrag im Unternehmsinsolvenzverfahren für die Durchführung des Insolvenzeröffnungsverfahrens bis zur Entscheidung über die (Nicht-) Eröffnung des Verfahrens PKH bewilligt werden kann (vgl. FK-InsO/Schmerbach, § 13 Rn. 78). Weiter hat das Insolvenzgericht darauf hingewiesen, dass es sich anders verhalten kann, wenn der Schuldner unter die Vorschriften der §§ 304 ff. InsO fällt und ein gerichtliches Schuldenbereinigungsplanverfahren durchzuführen ist. Im Gutachten v. 1.12.1999 hat der Sachverständige empfohlen, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzuweisen. Der Sachverständige, dessen Vergütung auf 5.504 DM festgesetzt worden ist, hat ausgeführt, dass die Verbindlichkeiten gegen den Schuldner sich auf ca. 650.000 DM und die freie Masse sich auf 5.787 DM belaufen. Unter Hinweis darauf, dass der Schuldner keine Angestellten beschäftigte und die Umsätze 1998 sich auf rd. 450.000 DM beliefen und 1999 drastisch zurückgingen, hat der Sachverständige den Schuldner als Kleinunternehmer (§ 304 Abs. 2 InsO) eingeordnet.
Auf den Hinweis des Insolvenzgerichtes v. 9.12.1999, dass das Verfahren als Verbraucherinsolvenzverfahren gem. §§ 304 ff. InsO durchzuführen sei, hat der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners mit Schriftsatz v. 21.12.1999 mitgeteilt, dass das Verfahren als Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt werden solle. Mit Beschl. v. 23.12.1999 ist das allgemeine Veräußerungsverbot aufgehoben worden.
Nach Fristverlängerung hat der Schuldner mit Antrag v 3.2.2000 die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt, PKH-Antrag sowie Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt und die gem. § 287 Abs. 2 InsO erforderliche Abtretungserklärung vorgelegt. Dieses Verfahren läuft unter dem AZ 74 IK 17/2000 AG Göttingen. Aus dem Vermögensverzeichnis ergibt sich, dass der Schuldner Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Wohngeld bezieht. Das auf Aufforderung des Gerichtes mit Schriftsatz v. 17.3.2000 überreichte Gläubiger- und Forderungsverzeichnis weist 155 Gläubiger auf mit einer Forderungshöhe zwischen 25 DM und 439.497,84 DM. Der Gesamtbetrag beläuft sich auf 745.502 DM. Im Schuldenbereinigungsplan verpflichtet sich der Schuldner, den jeweils pfändbaren Betrag gem. §§ 850 c ff. ZPO zu zahlen. Die Zahlungen sollen über einen Zeitraum von 7 Jahren erfolgen. Der momentane Zahlbetrag liegt bei 0 DM monatlich (sog. "Null-Plan"). Im Schriftsatz v. 17.3.2000 wird ausgeführt, es sei zu erwarten, dass der Schuldner innerhalb der nächsten 3 Monate eine Anstellung in seinem Beruf als Büchsenmacher finden werde.
Das Gericht hat zunächst im Rahmen des PKH-Anhörungsverfahrens die 15 Gläubiger mit den größten Forderungen (ab ca. 5.000 DM) angeschrieben und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen gewährt. Nur ein Teil der Gläubiger hat Stellung genommen. Der Anteil der widersprechenden Gläubiger erreicht nicht 50 %.
B.
Das Insolvenzgericht hat das Insolvenzverfahren als Unternehmensinsolvenzverfahren (unter dem IN-AZ) eröffnet. Weiter hat das Insolvenzgericht dem Schuldner, der Restschuldbefreiungsantrag gestellt hat, PKH für die Durchführung des Unternehmensinsolvenzverfahrens bewilligt einschl. der Vergütung des Insolvenzverwalters. Das Insolvenzgericht ist weiter der Auffassung, dass trotz der Entscheidung des BGH v. 16.3.2000 nicht nur für das Verbraucherinsolvenzverfahren PKH zu bewilligen ist, sondern auch einer natürlichen Person für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, wenn Restschuldbefreiung beantragt ist. Die Bewilligung von PKH kann nicht abhängen von der schwierigen und teilweise zufälligen Einordnung als Verbraucher- oder Unternehmensinsolvenz.
I.
Das vorläufige Verfahren ist als Unternehmensinsolvenz (IN-) Verfahren zu eröffnen.
1.
Die Verbindlichkeiten des Schuldner rühren her aus einer ehemals selbständigen Tätigkeit. Zum Zeitpunkt der Antragstellung des Unternehmensinsolvenzverfahrens am 19.10.1999 übte der Schuldner zwar noch eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus. Bei Beschäftigung eines Auszubildenden und eines Umsatzes im Zeitraum Januar bis Juli 1999 i.H.v. ca. 110.000 DM handelte es sich jedoch bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung um eine geringfügige Tätigkeit i.S.d. § 304 Abs. 2 InsO. Stellt man mit der h.M. in Rechtsprechung und Literatur auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder die Entscheidung des Insolvenzgerichtes ab, müßte das Verfahren als Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt werden (aus der Rechtsprechung zuletzt OLG Frankfurt, NZI 2000, 219; OLG Celle, NZI 2000, 229; LG Frankfurt/Oder, ZInsO 2000, 290.
Der h.M. ist zuzugeben, dass der Wortlaut ("ausübt"). dagegen spricht, auf den Zeitpunkt abzustellen, aus dem die Schulden herrühren. Abzustellen ist aber nicht nur auf den Wortlaut, sondern auf Sinn und Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens (so zutreffend Förster in der ablehnenden Anmerkung zu LG Frankfurt/Oder, ZInsO 2000, 290, 291)[LG Frankfurt an der Oder 06.04.2000 - 6 a - 407/99]. Durch das erst vom Rechtsausschuß eingefügte Verbraucherinsolvenzverfahren sollte ein kostengünstiges Verfahren geschaffen werden, dass der Entlastung der Justiz dienen und den Beteiligten eine individuelle und flexible Lösung erlauben sollte (FK-InsO/Kothe, vor §§ 304 ff, Rn. 2). Mit der Vorschrift des § 304 sollte in erster Linie der Kritik Rechnung getragen werden, dass das allgemeine Insolvenzverfahren auf Unternehmensinsolvenzen, nicht aber auf die Bedürfnisse von Verbraucherinsolvenzen zugeschnitten ist (FK-InsO/Kothe, § 304 Rn. 1). Dieser Gesetzeszweck würde im vorliegenden Fall aber in sein Gegenteil verkehrt.
2.
Nach Anhörung der Großgläubiger im PKH-Prüfungsverfahren steht nicht sicher fest, dass die Summenmehrheit dem Plan widerspricht mit der Folge, dass eine Zustimmungsersetzung (§ 309 InsO) nicht in Betracht kommt. Bei dieser Fallgestaltung bewilligt das Insolvenzgericht inzwischen PKH für das Schuldenbereinigungsplanverfahren ohne Beiordnung eines Anwaltes, lehnt den Antrag auf Zustimmungsersetzung ab, nimmt das Verfahren über den Eröffnungsantrag wieder auf und eröffnet das Verfahren, ggf. unter Bewilligung von PKH einschließlich der Kosten eines Treuhänders (AG Göttingen - 74 IK 7/2000 - Beschl. v. 16.3.2000). Dieser Weg ist im vorliegenden Fall verschlossen. Es müßte PKH bewilligt und die Unterlagen an 155 Gläubiger förmlich - gegen Zustellungsurkunde - zugestellt werden. In einem Verfahren mit ca. 50 Gläubigern hat die förmliche Zustellung ca. 1 Jahr in Anspruch genommen. Dies erklärt sich daraus, dass Gläubiger verziehen und die Deutsche Post AG ausgesprochen nachlässig arbeitet (so z.B. beim Umzug eines Münchner Versicherungsunternehmens mitteilte, die Gläubigerin sei unbekannt verzogen; tatsächlich war in München der Geschäftssitz verlegt worden). Es würde nicht eine Entlastung des Gerichtes erreicht werden. Der Gesetzeszweck würde in sein Gegenteil verkehrt. Nicht nur das Gericht würde zusätzlich belastet werden, vielmehr auch die übrigen Verfahrensbeteiligten.
Ehemals selbständig tätigen Schuldnern soll zwar nicht die Möglichkeit genommen werden, bereits im gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren eine Lösung zu erreichen, ohne das zur Eröffnung des Verfahrens kommt. Dafür müssen jedoch Anhaltspunkte vorhanden sein. Nach den bisherigen Erfahrungen kommt eine Planannahme auch durch eine Zustimmungsersetzung gem. § 9 InsO bei mehr als 20 Gläubigern nicht in Betracht. Hinzu kommt, dass bei Vorlage eines Nullplanes eine Zustimmungsersetzung gem. § 309 InsO bislang erst in einem Fall erfolgte.
3.
Das Insolvenzgericht hat zwar den Schuldner nach Vorlage des Sachverständigengutachtens darauf hingewiesen, dass das Verfahren als Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen sei und hat nach Eingang des PKH-Antrages auch die Unterlagen den Großgläubigern zur Stellungnahme binnen 4 Wochen übersandt. Ein Teil der Gläubiger hat widersprochen. Nach Eingang der Stellungnahme läßt sich jedoch nicht sicher sagen, dass eine Zustimmungsersetzung gem. § 309 InsO wegen Widerspruchs der Summenmehrheit nicht in Betracht kommt.
Das Insolvenzgericht vertritt nunmehr nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage die Auffassung, dass eine am Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens einschränkende Auslegung vorzunehmen ist.
a)
Die Einschränkung geht dahin, dass bei einer Vielzahl von Gläubigern jedenfalls bei Verbindlichkeiten, die aus einer gewerblichen Tätigkeit stammen, das Verbraucherinsolvenzverfahren nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht. Ergibt die PKH-Anhörung der Großgläubiger kein eindeutiges ergebnis oder ist eine Anhörung wegen Fehlens entsprechender Großgläubiger nicht sinnvoll, so muß das Insolvenzgericht ein Ermessen haben, welche Verfahrensart es wählt.
b)
Das Insolvenzgericht verkennt nicht, dass sich damit Abgrenzungsprobleme auftun. Diese sind jedoch unvermeidlich. Die erste Abrenzungsproblematik stellt sich bei der Frage, wann eine geringfügige selbständige wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 304 Abs. 2 InsO anzunehmen ist. Die nächste Frage stellt sich, ob - bei Zugrundelegung der h.M. - auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder der Entscheidung des Insolvenzgerichtes abzustellen ist. Weiter wird die Auffassung vertreten, dass bei Reduzierung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit das Regelinsolvenzverfahren jedenfalls dann einschlägig ist, wenn eine nachhaltige Aufgabe der zuvor ausgeübten Tätigkeit noch nicht vorliegt (OLG Celle, NZI 2000, 229). Auch hier kann es zu Abgrenzungsproblem kommen. Weiter fragt es sich, ob und wie Abwicklungstätigkeiten nach Einstellung der werbenden Tätigkeit zu berücksichtigen sind.
c)
Nach Auffassung des Insolvenzgerichtes darf das Hauptaugenmerk nicht auf die Frage einer Abgrenzung zwischen Unternehmensinsolvenz und Verbraucherinsolvenz gerichtet werden. Vielmehr kommt es darauf an, das Verfahren anzuwenden, das den Interessen aller Beteiligten dienst. In diesem Zusammenhang ist auch auf die - hier nicht einschlägige - Problematik hinzuweisen, dass der Treuhänder die im vereinfachten Insolvenzverfahren zur Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteten Gegenständen nicht befugt ist (§ 313 Abs. 3 InsO). Auch bei derartigen Fallgestaltungen (mit Grundpfandrechten belastete Grundstücke, über die noch kein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig ist) kann es nach Auffassung des Insolvenzgerichtes sinnvoll sein, ein Unternehmensinsolvenzverfahren zu eröffnen mit der Folge, dass ein Insolvenzverwalter das Grundstück verwerten kann (vgl. § 165 InsO).
Im übrigen steht dem Insolvenzgericht auch im Verbraucherinsolvenzverfahren eine nicht nachprüfbare Ermessensentscheidung zu bei der Frage, ob der Schuldner nach Eingang der Stellungnahmen der Gläubiger den Plan ändern oder ergänzen soll (§ 307 Abs. 3 Satz 1 InsO).
In diesem Zusammenhang ist noch zu bemerken, dass im vorliegenden Fall nach den bislang gemachten Erfahrungen zumindestens eine Überarbeitung des Planes nach Bewilligung von PKH und förmlicher Zustellung des Planes an die Gläubiger in Betracht kommen dürfte. Die Zustellungsproblematik würde sich dann bei 155 Gläubigern zum 2. Mal stellen, falls nicht das Insolvenzgericht (unausgesprochen im Hinblick auf diese Problematik) von der Möglichkeit des § 307 Abs. 3 InsO keinen Gebrauch macht.
d)
Das Endziel der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) kann der Schuldner sowohl im Restschuld - als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren erreichen. Im Unternehmensinsolvenzverfahren besteht zwar nicht die Möglichkeit einer gerichtlichen Einigung bzw. Zustimmungsersetzung gem. § 309 InsO. Dem steht jedoch ein Zeitgewinn gegenüber. Weiter werden beide Verfahrensarten gleich behandelt, weil für beide Verfahrensarten bei mangelnder Masse (§ 26 InsO) für die Eröffnung des Verfahrens PKH bewilligt werden kann, die auch die Vergütung des Treuhänders (§ 313 Abs. 1 InsO) bzw. des Insolvenzverwalters umfaßt.
e)
Auch ist es nicht erforderlich, dass der Schuldner den Antrag stellt, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren als Regelinsolvenzverfahren fortgeführt wird und umgekehrt (vgl. die Nachweise zum Streitstand bei OLG Schleswig NZI 2000, 164). Vielmehr bestimmt das Gericht die Verfahrensart (ähnlich LG Halle, ZInsO 2000, 227f.[LG Halle 07.03.2000 - 14 T 82/00]). Ob dem Schuldner ein Beschwerderecht zuzubilligen ist, kann dahinstehen. Im vorliegenden Fall hat der Schuldner zum einen zunächst Antrag auf Eröffnung eines Unternehmensinsolvenzverfahrens gestellt. Zum anderen hat der Verfahrensbevolllmächtigte des Schuldners mitgeteilt, dass der inzwischen gestellte Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens auch zu einer Eröffnung als Regelinsolvenzverfahren führen kann.
II.
Das Insolvenzgericht vertritt weiter die Auffassung, dass gem. § 4 InsO die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO (PKH bzw. Insolvenzkostenhilfe) anwendbar sind. Dies hat das Insolvenzgericht in der Vergangenheit für den Bereich des Verbraucherinsolvenzverfahrens ausgesprochen für das Schuldenbereinigungsplanverfahren im Beschl. v. 5.2.1999 - 74 IK 12/99 (NZI 1999 ,124) und für das vereinfachte Insolvenzverfahren in den Beschl. v. 24.9.1999 - 74 K 23/99 (VuR 2000, 29) sowie vom 13.10.1999 - 74 IK 26/99 (NZI 2000, 34 = ZInsO 1999 652). Daran hält das Insolvenzgericht auch nach dem Beschl. des BGH v. 16.3.2000 (ZInsO 2000, 280[BGH 16.03.2000 - IX ZB 2/00]) fest.
1.
Der BGH führt aus, der Gesetzgeber habe von einer Bereitstellung der zur Verfahrensdurchführung notwendigen Massekosten aus öffentlichen Mittel auch für das Verbraucherinsolvenzverfahren bewußt abgesehen. Nach Verabschiedung des Gesetzes abgegebene Äußerungen von Regierungsvertretern vermögen daran nichts zu ändern ZInsO 2000, 280(282)[BGH 16.03.2000 - IX ZB 2/00]. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein tragendes Element der Entscheidung des BGH. Vielmehr hat der BGH bereits die gegen den Beschluß des LG sofortige weitere Beschwerde an das OLG Karlsruhe an das unzulässig gem. § 568 Abs. 2 Satz 1 ZPO angesehen. Es handelt sich um ein "obiter dictum".
Weiter ist nicht allein die Begründung des historischen Gesetzgebers bindend. Das zunächst geplante "verwalterlose" Verbraucherinsolvenzverfahren ist nicht Gesetz geworden. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist zudem erst durch den Rechtsausschuß eingefügt worden, "der sich mit eingehenden Begründungen nicht aufgehalten hat" (LG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 6.4.2000 - ZInsO 2000, 290, 291[LG Frankfurt an der Oder 06.04.2000 - 6 a - 407/99] im Zusammenhang der Abgrenzung zwischen Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren). Zudem ergibt jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung, das die PKH-Vorschriften anwendbar sind (AG Göttingen, Beschl. v. 13.10.1999 - 74 IK 26/99, NZI 2000, 34, 36 = ZInsO 1999, 652, 654)[AG Göttingen 13.10.1999 - 74 IK 26/99].
Dass die Bewilligung von PKH für das vereinfachte Verfahren auch die Vergütung des gem. § 313 InsO zu bestellenden Treuhänders umfaßt, ist in dem eben erwähnten Beschl. v. 13.10.1999 dargelegt worden.
2.
Bewilligt man für die Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens PKH (bzw. Insolvenzkostenhilfe), wenn der Schuldner Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und kein Versagungsgrund jedenfalls gem. § 290 InsO vorliegt (dazu Beschl. des AG Göttingen v. 19.11.1999 - 74 IK 40/99, NZI 2000, 92), so ist es nur konsequent, PKH auch zu bewilligen für die Eröffnung eines Unternehmensinsolvenzverfahrens, wenn der Schuldner natürliche Person ist, einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und keine Versagungsgründe ersichtlich sind. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Von der strittigen und zweifelhaften Abgrenzung der Verbraucherinsolvenz von der Unternehmensinsolvenz kann zudem die Bewilligung von PKH nicht abhängen.
III.
Nach alledem war das Verfahren über das Vermögen des zahlungsunfähigen Schuldners als Unternehmensinsolvenzverfahren (IN-Verfahren) zu eröffnen. Obwohl keine genügende Masse zur Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO) vorhanden ist, war der Antrag nicht mangels Masse (gem. § 26 InsO) abzuweisen. Vielmehr war für die Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens PKH zu bewilligen einschl. der Vergütung des Insolvenzverwalters analog § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entsprechend der Rechtslage beim vereinfachten Insolvenzverfahren gem. §§ 311 ff. InsO (dazu AG Göttingen, Beschl. v. 13.10.1999 - 74 IK 26/99, NZI 2000, 34, 36 =ZInsO 1999, 652, 654 f.[AG Göttingen 13.10.1999 - 74 IK 26/99] mit abl. Anm. Kothe, EWiR 2000, 299 f.). Im übrigen erhält der Verwalter eine angemessenere Vergütung (§ 2 Abs. 2 InsVV) als der Treuhänder (§ 13 InsVV).