Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 13.03.2000, Az.: 74 IN 5/00

Bibliographie

Gericht
AG Göttingen
Datum
13.03.2000
Aktenzeichen
74 IN 5/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 35559
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGOETT:2000:0313.74IN5.00.0A

Tenor:

  1. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

  2. Der Gegenstandswert wird festgesetzt auf 550 000,00 DM.

Gründe

1

Die Antragsteller veräußerten mit notariellem Vertrag vom 19.02.1999 an die Antragsgegnerin ein Hausgrundstück zu einem Kaufpreis von 550 000,00 DM. Der Kaufpreis war fällig am 1. Oktober 1999. Nachdem der Kaufpreis nicht gezahlt wurde, ließen sich die Antragsteller eine vollstreckbare Ausfertigung erteilen. Eine am 18.10.1999 von den Antragstellern ausgebrachte Pfändung aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bei der Hausbank der Antragsgegnerin blieb erfolglos. Die Antragsgegnerin ließen mit Anwaltschreiben vom 22. Oktober 1999 mitteilen, daß sie aufgrund der Kontopfändung zahlungsunfähig sei.

2

Mit Anwaltsschriftsatz vom 07.01.2000, bei Gericht eingegangen am 10.01.2000, haben die Antragsteller beantragt, über das Vermögen der Antragsgegnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Zu dem am 14.01.2000 auf den 21.01.2000 anberaumten Anhörungstermin hat der Geschäftsführer der Antragsgegnerin mitgeteilt, daß er wegen einer auswärtigen Tagung nicht erscheinen könne. Unter dem 19.01.2000 hat die Antragsgegnerin Vollstreckungsgegenklage zum Landgericht Göttingen erhoben. Mit Beschluß vom 2. Februar 2000 ist die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde ohne Sicherheitsleistung gemäß § 769 ZPO vom Landgericht Göttingen eingestellt worden (4 O 23/00).

3

In dem Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht streiten die Parteien darüber, ob die Antragsgegnerin zur Anfechtung des Vertrages aufgrund einer Baufälligkeit des veräußerten Gebäudes berechtigt ist.

4

Mit Schreiben vom 28.02.2000 hat das Insolvenzgericht darauf hingewiesen, daß das von den Antragstellern beantragte Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens nicht in Betracht kommt, da es sich bei dem Insolvenzverfahren um ein Eilverfahren handelt.

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Aufgrund des weiteren Hinweises, daß aufgrund der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung durch das Landgericht Göttingen die dem Insolvenzantrag zugrundliegende Forderung als zur Zeit nicht fällig angesehen werden müßte, haben die Parteien das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Gemäß § 4 InsO i.V.m. § 91a ZPO sind der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des bisheringen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

7

1) Im Insolvenzeröffnungsverfahren ist die Vorschrift des § 91a ZPO bei übereinstimmender Erledigungserklärung anwendbar. Nach Anhängigkeit des am 10. Januar 2000 bei Gericht eingegangenen Antrages vom 07.01.2000 ist das Interesse des Gläubigers an der Antragstellung entfallen. In diesem Fall ist - ebenso wie im Fall der Befriedigung des antragstellenden Gläubigers - eine Erledigung des Insolvenzantragsverfahrens möglich (FK-InsO/Schmerbach § 13 Randzeichen 102).

8

2) Im vorliegenden Fall hat das Landgericht Göttingen mit Beschluß vom 2. Februar 2000 die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde einstweilen gemäß § 769 ZPO ohne Sicherheitsleistung eingestellt. Damit liegt keine fällige Zahlungsverpflichtung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO mehr vor. Der vorliegende Fall ist zumindestens vergleichbar dem einer Stundung. Im Falle einer Stundung fehlt es für einen Insolvenzantrag am rechtlichen Interesse, der Antrag ist unzulässig (vgl. FK-InsO/Schmerbach § 17 Randzeichen 10). In dem Beschluß des Landgerichtes Göttingen vom 2. Februar 2000 liegt eine Art "gerichtlicher" Stundung.

9

3) Bis zu diesem Zeitpunkt war der Antrag zulässig. Insolvenzgrund und die dem Antrag zugrundeliegende Forderung waren glaubhaft gemacht und nicht durch eine Gegenglaubhaftmachung erschüttert worden. Nicht zu prüfen ist, ob der Antrag auch begründet war, da es auf den Sach- und Streitstand im Eröffnungsverfahren ankommt (FK-InsO/Schmerbach § 13 Randzeichen 113; ähnlich AG Köln NZI 2000, 94, 95; a.A. wohl AG Köln ZIP 1999, 1889, 1890 f. = NZI 2000, 89, 91).

10

a) Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit war glaubhaft gemacht durch die erfolglose Forderungspfändung bei der Hausbank der Antragsgegnerin sowie durch den in diesem Zusammenhang gefertigten Anwaltsschriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 1999, in dem die Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf die Kaufpreisforderung von 550 000,00 DM eingeräumt wird.

11

b) Weiter war die dem Antrag zugrundeliegende Forderung glaubhaft gemacht. Teilweise soll eine Glaubhaftmachung der Forderung zwar nicht genügen, wenn der Schuldner die Forderung substantiiert bestreitet und die dem Antrag zugrundeliegende Forderung die einzige ist, die für den Fall ihres Bestehens dem Insolvenzgrund ausmachen würde. Dies ist nicht eine Frage der Zulässigkeit des Antrages, sondern der Begründetheit. Anderenfalls hätte das Gericht auch keine Möglichkeiten, Sicherungsmaßnahmen anzuordnen (FK-InsO/Schmerbach § 14 Randzeichen 52, 57f).

12

Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin die dem Insolvenzantrag zugrundeliegende Forderung substantiiert bestritten hat, indem sie sich auf eine Anfechtung berufen hat. Die Antragsteller hatten ihre Forderung glaubhaft gemacht durch Vorlage der notariellen Urkunde. Der Antragsgegnerin ist die mögliche Gegenglaubhaftmachung (FK-InsO/Schmerbach § 14 Randzeichen 51) nicht gelungen. Dabei kann dahinstehen, ob die bloße Vorlage einer Abschrift der Vollstreckungsgegenklage überhaupt eine hinreichende Darlegung im Rahmen des quasi - streitigen Insolvenzeröffnungsverfahrens (vgl. FK-InsO/Schmerbach § 13 Randzeichen 5a) darstellt. Der in der Vollstreckungsgegenklage von der Antragsgegnerin dargelegte Sachverhalt und der in der Klageerwiderung von den Antragsgstellern dargelegte Sachverhalt stehen sich unvereinbar gegenüber. Eine Glaubhaftmachung durch ein präsentes Beweismittel wie Versicherung an Eides statt usw. (vgl. FK-InsO/Schmerbach § 14 Randzeichen 53) haben die Antragsgegner nicht vorgelegt. Eine eidesstattliche Versicherung läßt sich auch nicht aus den zur Gerichtsakte gereichtem Exemplar der Vollstreckungsgegenklage an das Landgericht Göttingen entnehmen.

13

4) Die Wertfestsetzung folgt aus § 4 InsO i.V.m. § 37 Abs. 2 GKG.

14

Das Gericht hat zugrundegelegt den Wert der geltend gemachten Forderung. Verläßliche Anhaltspunkte, den Wert der Insolvenzmasse zumindestens zu schätzen, hat das Gericht nicht. Ein Gutachten ist nicht eingeholt worden. Im Fall der Erledigungserklärung sind weitere Ermittlungen des Gerichtes auch nicht erforderlich, da der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 5 InsO für die Wertfestsetzung keine Anwendung findet (AG Göttingen und LG Göttingen, ZInsO 1998, 142; FK-InsO/Schmerbach § 13 Randzeichen 63). Allein aus der Tatsache, daß die Antragsgegnerin im Anwaltschreiben vom 22. Oktober 1999 ihre Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf die Kaufpreisforderung von 550 000,00 DM einräumte, folgt nicht, daß sie gänzlich zahlungsunfähig ist. Dies folgt auch nicht zwingend aus der Tatsache, daß eine Forderungspfändung bei ihrer Hausbank Mitte Oktober 1999 erfolglos blieb. Ob und in welchem Umfang über liquide Mittel verfügt, ist unklar. Jedenfalls findet sich auf dem Exemplar der Vollstreckungsgegenklage vom 19 Januar 2000 der Hinweis, daß für diese Klage ein Gerichtskostenvorschuß in Höhe von 11 520,00 DM eingezahlt wurde.

Schmerbach