Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 13.01.2016, Az.: S 24 AS 359/14

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
13.01.2016
Aktenzeichen
S 24 AS 359/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43114
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juli 2013 bis April 2014. Der Kläger ist schwerbehindert, auf einen Rollstuhl angewiesen und pflegebedürftig. Er bezieht eine Rente, die nach der Bedarfsberechnung des Beklagten seinen Bedarf deckt. Die Kläger wohnen zur Miete. Die Wohnung hat eine Fläche von 85 qm. Im streitigen Zeitraum waren eine Nettokaltmiete von 320 EUR sowie Betriebskostenabschläge in Höhe von zunächst 40 und später 50 EUR (ab Oktober 2013) zu zahlen. Bis September waren Gasabschläge von 99 EUR zu zahlen. Die Höhe der danach fälligen Abschläge ist unbekannt. Die Kläger wohnten mit zwei ihrer Söhne in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 durch die für ihn handelnde Gemeinde A-Stadt (im folgenden nur der Beklagte) Leistungen für den Zeitraum Juli bis April 2014. Wegen der Bedarfsberechnung wird Bezug auf den Bescheid vom 17. Dezember 2013 (Bl. 45 ff. Gerichtsakte) genommen. Insbesondere zog der Beklagte die Anteile der Söhne an den Unterkunftskosten nach Kopfteilen vom Bedarf der Kläger ab. Die Kläger legten im Januar 2014 Widerspruch ein und meinten, dass das Kopfteilprinzip nicht anzuwenden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Kopfteilprinzip sei anzuwenden. Soweit Nachweise fehlen würden (KfZ-Versicherung, Heizkostenabschläge, Trinkwasserkosten) würde eine Neuberechnung erfolgen, sobald Nachweise vorgelegt würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid, Bl. 38 ff. Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Kläger haben am 24. April 2014 Klage erhoben.

Sie tragen vor:

Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers müsste auf ihn ein Flächenbedarf von 60 qm entfallen. Das wirke sich auch auf die Heizkosten aus.

Die Kläger haben keinen konkreten Antrag gestellt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Kammer hat die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte in Abwesenheit der Kläger entscheiden, weil die Beteiligten auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden und die Kläger mit Postzustellungsurkunde geladen wurden.

Die Klage ist unzulässig, soweit höhere Leistungen begehrt werden, für die Nachweise im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt wurden. Denn im Widerspruchsbescheid wurde zugesagt, eine Neuberechnung bei Vorliegen entsprechender Nachweise durchzuführen.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben keinen höheren Anspruch auf Leistungen nach §§ 7 ff., 19 ff. SGB II, insbesondere nicht unter Berücksichtigung weiterer Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Eine Abweichung vom Kopfteilprinzip ist nicht zu rechtfertigen. Dem steht nicht entgegen, dass in Literatur und Rechtsprechung etwa bei Pflegebedürftigkeit auch eine andere Verteilung in Erwägung gezogen wird (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006, Az.: B 11b AS 1/06 R, juris = BSGE 97, 265-279, Rn. 28; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Dezember 2005, Az.: L 14 B 38/05 AS ER, juris, Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1988, Az.: 5 C 68/85, juris = BVerwGE 79, 17-22, Rn. 12; Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, Erg.-Lfg. 50 X/12, K § 22, Rn. 51). In der Rechtsprechung hat es bislang keinen Fall gegeben, in welchem vom Kopfteilprinzip abgewichen wurde (vgl. Krauß, a. a. O., Rn. 51). Zu berücksichtigen ist, dass sich ein höherer Flächenbedarf durch Rollstuhlbenutzung nicht eindeutig dem gehbehinderten Menschen zuordnen lässt. Denn auch die anderen Mitglieder des Haushalts profitieren von einer größeren Küche oder einem größeren Badezimmer und evntl. einem größeren Flur sowie etwaigen Zusatzeinrichtungen wie einem Fahrstuhl oder einem gut erreichbaren Parkplatz. Abweichungen in der Nutzung der Fläche gibt es ohnehin. So weisen die Berichte über das Existenzminimum durchweg für jedes Kind einen geringeren Flächenbedarf als für die Eltern oder einen alleinerziehenden Elternteil aus. Gleichwohl hält die Rechtsprechung in diesen Fällen am Kopfteilprinzip fest. Die mögliche längere Verweildauer des Klägers in der Wohnung rechtfertigt auch keine Erhöhung bei den Heizkosten. Denn das Heizverhalten und die Heizkosten sind nicht allein von der Verweildauer abhängig, sondern auch von der Lage der Zimmer in der Wohnung, der Lage der Wohnung im Haus und dem Heizverhalten der jeweiligen Haushaltsmitglieder.

Im Übrigen wäre ein Wert von 60 qm nur für den Kläger viel zu groß. Denn dies entspräche einem Anteil von 60/85 und mithin fast 3/4 der gesamten Wohnung. Der allgemeine Zuschlag für Schwerbehinderung nach den Wohnraumförderbestimmungen beträgt 10 qm für eine Person mithin 10/50 = 20 %. Dies würde einem Flächenmehrbedarf von 4 bis 10 qm ausmachen und einem Flächenanteil von ca. 25 bis 30 qm entsprechen. Auch dies zeigt, dass bei einer größeren Wohnung die Sinnhaftigkeit eines allgemeinen bzw. konkreten Mehrbedarfszuschlags kaum zu überzeugen vermag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Sache ist berufungsfähig, weil der Kläger offenbar höhere Leistungen in Höhe von weiteren 2/4 des Bedarfs für Unterkunftskosten begehrt, mithin mindestens 180 EUR für sechs Monate, womit der Wert von 750 EUR nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG überschritten ist.