Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 10.02.2016, Az.: S 27 BK 6/14

Bewilligung von Kinderzuschlag für einzelne Kinder verbunden mit der Ablehnung für andere Kinder

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
10.02.2016
Aktenzeichen
S 27 BK 6/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 14351
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOSNAB:2016:0210.S27BK6.14.0A

Tenor:

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 13. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2014 verurteilt, an die Klägerin weiteren Kinderzuschlag in Höhe von 5 EUR für Mai 2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Kinderzuschlag für den Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013.

Die Klägerin ist verheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen:

A. 1. April 1992
B.12. Juli 2000
C. 30. August 2002

Die Klägerin, ihr Ehemann und die beiden jüngsten Kinder wohnen gemeinsam zur Miete (600 EUR Bruttokaltmiete, 100 EUR Heizkostenabschläge). Das älteste Kind besucht die IGS in Fürstenau, hat dort eine Wohnung und ist mit einzigem Wohnsitz dort gemeldet (seit April 2012). An den Wochenenden und in den Ferien hält es sich im Haushalt der Eltern auf.

Die Klägerin ist abhängig beschäftigt. Im Streitzeitraum flossen eine Steuerrückerstattung sowie das Weihnachtsgeld zu. Wegen der Einzelheiten der Einkünfte wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Klägerin bezog weiter Kindergeld für alle drei Kinder und leitete das Kindergeld für das älteste Kind an diesen weiter. Außerdem erhielt die Klägerin Wohngeld. Wegen der Höhe der Beträge wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Klägerin beantragte im November 2012 Kinderzuschlag für alle drei Kinder. Im Februar 2013 bewilligte die Beklagte Leistungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung als Vorwegzahlung für die Monate Februar und März 2013 in Höhe von 150 EUR pro Monat. Mit Bescheid vom 13. März 2013 bewilligte die Beklagte Kinderzuschlag für den Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 in Höhe von 155 EUR im Dezember und in Höhe von 165 EUR ab Januar 2013. Auf den Bescheid (Bl. 1114-1115 d. Verwaltungsakte [= VA]) und die entsprechende Berechnung (1107-1113 VA) wird Bezug genommen. Dagegen legte die Klägerin im April 2013 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 21. März 2014 Klage erhoben.

Sie trägt vor, dass das Kind A. bei der Berechnung der Bemessungsgrenze zu berücksichtigen sei, so dass die Bemessungsgrenze nicht in dem Maße überschritten werde, wie von der Beklagten angenommen.

Sie hat schriftsätzlich ursprünglich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2014 zu verurteilen, der Klägerin einen Kinderzuschlag für die Kinder D. -E. und F. -G. in Höhe von jeweils 280 EUR pro Monat für den Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 zu zahlen. Nunmehr beantragt die Klägerin,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2014 zu verurteilen, der Klägerin Kinderzuschlag für die Kinder D. -E., C. und A. in Höhe von je 140 EUR pro Monat und Kind für den Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie widerspricht der Klageerweiterung um das Kind A. und trägt vor: Die Nichtberücksichtigung von A. begünstigt die Klägerin, weil so der gesamte Unterkunftsbedarf bei der Bemessungsgrenze berücksichtigt wird. Würde das Kind zur Haushaltsgemeinschaft gehören, wären nur 4/5 zu berücksichtigen, weil eine Bedarfsgemeinschaft in keinem Falle mehr vorliege, und zwar selbst dann, wenn eine Haushaltsgemeinschaft bejaht würde. Außerdem müsste dieses Verfahren ruhend gestellt werden, bis über die Ablehnung von Kinderzuschlag für A. (S 27 BK 3/14) entschieden worden sei.

Die Kammer hat die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte im Verfahren 27 BK 3/14 beigezogen. Auf die Hinweisverfügung des Vorsitzenden vom 29. Januar 2015 (Bl. 35 Gerichtsakte = GA) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft. Streitgegenstand ist der Leistungszeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 einschließlich des Leistungsanspruchs für A ... Eine zustimmungsbedürftige Klageerweiterung lag nicht vor, weil lediglich der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wurde (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Bescheide der Beklagten über die Bewilligung von Kinderzuschlag für einzelne Kinder verbunden mit der Ablehnung für andere Kinder werden von der Kammer als Einheit verstanden und ausgelegt, weil eine differenzierte Regelung im Sinne von § 31 SGB X nicht möglich ist. Es gibt nämlich keinen isolierten Anspruch bzw. Streit- und Regelungsgegenstand auf Zahlung von Kinderzuschlag für ein einzelnes Kind. Denn anders als bei Ansprüchen nach dem SGB II steht der Anspruch auf Kinderzuschlag nur dem bzw. der Kindergeldberechtigten zu. Die Kinderzuschlagsanteile von 140 EUR pro Kind stellen lediglich ein Berechnungselement von vielen dar. Bei der Aussage, dass für ein Kind Kinderzuschlag nicht in Betracht kommt, weil es z. B. nicht mehr im Haushalt wohnt oder weil keine Bedarfsgemeinschaft besteht, handelt es sich nur um die Feststellung eines Elements des Leistungsanspruchs. Sollte sich im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens herausstellen, dass diese Bewertung unzutreffend ist, so wäre damit wieder die Prüfung des Kinderzuschlags für die anderen Kinder eröffnet. Denn durch die Berücksichtigung in einer Bedarfsgemeinschaft können sich die Kopfteile bei den Unterkunftskosten und das für die Berechnung der Bemessungsgrenze erforderliche Verhältnis von Eltern- und Kinderbedarfen verschieben. Daraus wiederum können sich Kindergeldüberhänge ändern oder ergeben und das Einkommen oberhalb der Bemessungsgrenze, welches auf den Kinderzuschlag anzurechnen ist, kann sich ebenfalls verschieben. Nicht zu vergessen ist, dass sich die Höchsteinkommensgrenze nach oben verschiebt. Gleichzeitig kann es sein, dass durch die Einbeziehung eines Kindes in eine Bedarfsgemeinschaft der Gesamtbedarf der BG möglicherweise nicht mehr gedeckt werden kann. Eine Teilbewilligung von Kinderzuschlag für einzelne Kinder ist mithin auch nicht praktikabel. Hinzu kommt weiter: Kinderzuschlag schließt insgesamt Leistungen nach dem SGB II aus. Eine Bedarfsgemeinschaft kann nur entweder Kinderzuschlag oder Leistungen nach dem SGB II beziehen. Diese Einheitlichkeit wird gefährdet, wenn Kinderzuschlag für einzelne Kinder gesondert bewilligt oder abgelehnt wird. Vor diesem Hintergrund ist auch der ursprünglich beschränkte Klageantrag der Klägerin zu erklären. Sie ging offenbar ebenso wie die Beklagte davon aus, dass "der Anspruch auf Kinderzuschlag für A." gar nicht Streitgegenstand ist, sondern im Rahmen des Verfahrens 27 BK 3/14 verhandelt und entschieden wird.

Die Klage ist im Wesentlichen unbegründet. Die Klägerin hat nur für Mai 2013 einen Anspruch auf Zahlung weiterer 5 EUR. Im Übrigen besteht kein Anspruch auf Kinderzuschlag. In den Monaten Dezember 2012 bis April 2013 besteht nämlich im Sinne von § 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKGG i. V. m. §§ 7 ff., 19 ff. SGB II kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Denn der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft kann durch Kindergeld, Erwerbseinkommen der Klägerin und Wohngeld gedeckt werden.

Vorab weist die Kammer zur Berücksichtigung von Wohngeld auf Folgendes hin:

Nach Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik bleibt Wohngeld nur bei der Prüfung des Einkommens zwischen Bemessungsgrenze und Höchsteinkommensgrenze (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 und § 6a Abs. 4 BKGG) außer Betracht, weil der Gesetzgeber eine Parallelität von Wohngeldbezug, Kindergeld und Kinderzuschlag wollte (so im Ergebnis auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. Oktober 2013 - L 15 BK 1/13 -, , Rn. 21). Da er diese Leistungskombination jedoch als Ersatz für SGB-II-Leistungen vorgesehen hat, ist immer Voraussetzung, dass ohne Kinderzuschlag ein gedachter SGB-II-Anspruch besteht. Dieses Verständnis wird auch aus der Systematik der Vorschrift deutlich. Wohngeld und Kindergeld sind nur bei § 6a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 BKGG ausdrücklich vom Einkommensbegriff ausgenommen. § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG verweist dagegen vollumfänglich auf das SGB II und den dortigen Einkommensbegriff. Dieser schließt Wohngeld mit ein (vgl. §12a SGB II).

Die Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II besteht aus der Klägerin, ihrem Ehemann und den beiden jüngeren Kindern. Der älteste Sohn ist nicht Teil der Bedarfsgemeinschaft, weil er dem Haushalt nicht mehr dauerhaft angehört (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Denn er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Fürstenau, lebt dort in einer eigenen Wohnung und ist dort gemeldet. Bei einem Volljährigen begründen gelegentliche oder regelmäßige zeitlich begrenzte Besuchsaufenthalte keine (auch keine temporäre) Bedarfsgemeinschaft. Insbesondere ist das Konstrukt der temporären Bedarfsgemeinschaft nicht auf volljährige Kinder auszuweiten, die überdies aus freien Stücken den elterlichen Haushalt verlassen haben. Nach dem Bescheid über die Ablehnung von Leistungen nach dem BAföG hätte A. ebenso gut eine wohnortnahe Schule besuchen können (Bl. 964 VA). Art 6 GG gebietet anders als bei minderjährigen Kindern, die die Trennungsentscheidung der Eltern nicht beeinflussen können, in diesen Fällen eben nicht die Ermöglichung von Umgangskontakten. Gleichzeitig bedeutet dies, dass ein Wohnkostenanteil für A. auch nicht vom Bedarf der Bedarfsgemeinschaft abgezogen werden darf. Die Beklagte widerspricht sich selbst, wenn sie eine Bedarfsgemeinschaft mit dem Verweis auf die fehlende Zugehörigkeit zum Haushalt verneint und gleichzeitig eine Haushaltsgemeinschaft bejaht (siehe Sitzungsniederschrift). Nach dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sind haushaltsangehörige Kinder unter 25 gleichzeitig Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.

Die Klägerin und ihre Bedarfsgemeinschaft sind auf diese Weise doppelt begünstigt. Bei einer Weiterleitung des Kindergeldes wird Einkommen gar nicht, auch nicht für die Dauer der Aufenthaltstage auf den Bedarf bzw. den Kinderzuschlag angerechnet und die Wohnkosten werden ebenfalls in voller Höhe berücksichtigt.

Der Gesamtbedarf beträgt im Dezember 2012 1.502 EUR und ab Januar 2013 1.526 EUR. Er setzt sich wie folgt zusammen:

Es waren Regelbedarfe nach § 20 SGB II und § 23 SGB II in Höhe von je 337 EUR für die Eltern und je 251 EUR für die beiden Kinder (2012) bzw. 345 EUR und 255 EUR (2013) zu berücksichtigen = 1176 EUR im Jahr 2012 und 1.200 EUR im Jahr 2013. Ein Mehrbedarf für die Warmwasseraufbereitung ist nicht ersichtlich (§ 21 Abs. 7 SGB II).

Die Unterkunftskosten ergeben sich aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Der Unterkunftsbedarf beträgt 700 EUR pro Monat, nämlich 600 EUR Bruttokaltmiete und Abschläge auf die Heizkosten in Höhe von 100 EUR. Eine Begrenzung auf angemessene Kosten findet im Rahmen von § 6a BKGG nicht statt (BSG, Urteil vom 14. 3. 2012 - B 14 KG 1/11 R -, SozR 4-5870 § 6a Nr. 3). Die Kosten sind nach dem Kopfteilprinzip auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufzuteilen (vgl. BSG, U. v. 23. 11. 2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 Rn. 28 f.). Da A. weder zur Haushalts- noch zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich eine Quote von 700/4 = 175 EUR.

Die Kindergeldbeträge sind nach § 11 Abs. 1 SGB II kindbezogen (BSG, Beschluss vom 2. 12. 2014, Az.: B 14 AS 241/14 B, , Rn. 6) auf die Kinder zu verteilen (184 EUR und 190 EUR) und vom Bedarf abzuziehen (§ 11 Abs. 1 SGB II, § 9 Abs. 2 SGB II, § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Das sonstige Einkommen der Kinder ist ebenfalls vom Bedarf abzuziehen.

Auf den Restbedarf war das Erwerbseinkommen anzurechnen. Es stellte sich wie folgt dar:

Zuflussmonat Dez 12 Jan 13 Feb 13 Mrz 13 Apr 13 Mai 13
Bruttoerwerbseinkommen 2005,68 1912,74 2141,09 2193,84 2315,24 1957,78
Gesetzliche Abzüge nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II367,86 324,94 392,02 392,96 379,78 372,89
Betriebliche Altersvorsorge - Arbeitgeberanteil 10 10 10 10 10 10
Vermögenswirksame Leistungen - Arbeitgeberanteil 404040404040
Netto abzüglich obiger Arbeitgeberanteile 1587,82 1537,8 1699,07 1750,88 1885,46 1534,89
Weihnachtsgeld 204,53 204,53 204,53 204,53 204,53 204,53
Steuerrückerstattung363636363636
Summe Netto, Weihnachtsgeld und Steuerrückerstattung 1828,35 1778,33 1939,6 1991,41 2125,99 1775,42

Die Arbeitgeberanteile zu vermögenswirksamen Leistungen und zur Betriebsrente sind anrechnungsfrei, weil sie als bereite Mittel nicht zur Verfügung stehen (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09. 2. 2011 - L 6 AS 338/09 -, Rn. 26 f.). Dagegen mehren die Arbeitnehmerbeiträge das Vermögen und sind anzurechnen (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 32/06 R -, BSGE 100, 83-94, SozR 4-4200 § 20 Nr. 6, SozR 4-4200 § 21 Nr. 3, Rn. 50). Weiterhin waren das Weihnachtsgeld und die Steuerrückerstattung zu berücksichtigen. Nach Bereinigung des Bruttoweihnachtsgeldes um Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ergab sich für sechs Monate ein Betrag von 204,53 EUR. Weitere Freibeträge waren nicht zu berücksichtigen, weil das laufende Bruttoeinkommen über 1.500 EUR lag und schon um Freibeträge und sonstige Absetzungen bereinigt wurde. Die Steuerrückerstattung war ebenfalls als Einmaleinnahme auf sechs Monate zu verteilen, so dass sich der oben ausgewiesene monatliche Anrechnungsbetrag ergibt (§ 11 Abs. 3 SGB II).

Das Einkommen ist weiter nach § 11b Abs. 1 Nr. 3 um die Beiträge zur KfZ-Versicherung (38,75 EUR pro Monat) und um einen pauschalen Betrag für private Versicherungen von 30 EUR zu bereinigen (§ 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 13 SGB II i. V. m. § 6 Alg-II-VO). Hinzu kommt nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ein pauschaler Beitrag für Werbungskosten in Höhe von 15,33 EUR (§ 13 SGB II i. V. m. § 6 Alg-II-VO) und eine Pauschale für Fahrtkosten in Höhe von 33,60 EUR (8 km/Arbeitstag * 21 Arbeitstage * 0,20 EUR/km). Der Betrag von 1297,68 EUR ist höher als der pauschale Betrag von 100 EUR nach § 11b Abs. 2 SGB II und daher heranzuziehen, weil das Einkommen 400 EUR übersteigt. Zusätzlich ist das Einkommen um den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 6 i. V. m. § 11b Abs. 3 SGB II in Höhe von 230 EUR zu bereinigen (Maximalbetrag):

Monat Dez 12 Jan 13 Feb 13 Mrz 13 Apr 13 Mai 13
Nettoeinkommen mit Einmaleinnahmen, s. o. 1828,35 1778,33 1939,6 1991,41 2125,99 1775,42
Betriebsrente - Arbeitnehmeranteil 1010101010
Werbungskostenpauschale 15,33 15,33 15,33 15,33 15,33 15,33
Versicherungspauschale 303030303030
Fahrtkosten 33,6 33,6 33,6 33,6 33,6 33,6
KfZ-Haftpflicht 38,7538,7538,7538,7538,7538,75
Summe aller Abzüge 127,68 127,68 127,68 127,68 127,68 127,68
Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 11b Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 SGB II230230230230230230
Anrechenbares Einkommen 1470,67 1420,65 1581,92 1633,73 1768,31 1417,74

Ein Durchschnittseinkommen war nicht zu bilden. Diese Möglichkeit sieht die Alg-II-VO zwar im Ermessenswege vor. Zu beachten sind aber die Unterschiede zwischen SGB II und Kinderzuschlag: Kinderzuschlag wird nur gewährt, wenn ein enger Korridor aus vier Einkommensgrenzen eingehalten wird: Mindestens 900 EUR brutto (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BKGG), mindestens so viel Einkommen, dass mit Kinderzuschlag und Wohngeld und dem Einkommen der Bedarf gedeckt werden kann (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKGG), das Einkommen darf den Bedarf nach §§ 7ff., 19 ff. SGB II (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKGG) und die Höchsteinkommensgrenze (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG) nicht überschreiten. Anders als bei Leistungen nach dem SGB II gibt es bei einer Erhöhung oder Verringerung des Einkommens nicht einfach dementsprechend geringere oder höhere Leistungen. Vielmehr können schon kleinste Einkommensänderungen dazu führen, dass die Leistung gar nicht bewilligt wird, und zwar sowohl bei geringfügig zu hohem als auch bei geringfügig zu geringem Einkommen. Es wäre ungerecht, würde eine Bedarfsgemeinschaft aus dem Bezug von Kinderzuschlag vollständig herausfallen, obwohl zumindest in einigen Monaten ein nicht gedeckter Restbedarf besteht oder andersherum für einen ganzen Bewilligungszeitraum Kinderzuschlag (häufig einem Vielfachen der entsprechend SGB II-Leistung zzgl. Wohngeld) gezahlt wird, obwohl in einigen Monaten der Bedarf gedeckt ist.

Nach Abzug des anrechenbaren Einkommens vom Bedarf ergeben sich folgende Restbedarfe, die bereits mit Wohngeld gedeckt sind (119 EUR bis Januar 2013 und 76 ab Februar 2013):

Dezember 2012 31,33
Januar 2013105,35
Februar 2013-55,92
März 2013-107,73
April 2013-242,31

Nur im Mai 2013 verbleibt ein ungedeckter Restbedarf 32,26 EUR nach Wohngeldanrechnung, der mit Kinderzuschlag vermieden werden kann (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG).

Für diesen Monat sind die sonstigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Kinderzuschlag erfüllt:

Die Klägerin erhält für die Kinder Kindergeld (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKGG), die Mindesteinkommensgrenze von 900 EUR brutto wird erreicht (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BKGG), die Höchsteinkommensgrenze ist nicht überschritten (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BKGG):

Die Höchsteinkommensgrenze beträgt 1468,03 EUR und setzt sich zusammen aus der sogenannten Bemessungsgrenze (§ 6a Abs. 4 S. 1 BKGG) und dem maximal möglichen Kinderzuschlag (§ 6a Abs. 3 BKGG). Die Bemessungsgrenze nach § 6a Abs. 4 S. 1 BKGG beträgt 1188,03 EUR und setzt sich zusammen aus den Regelbedarfen der Eltern (690 EUR) und ihrem Anteil an den Unterkunftskosten (= 498,03 EUR), wobei Mehrbedarfe nicht einschlägig sind (s. o.). Der Anteil an den Unterkunftskosten bestimmt sich nach dem Verhältnis von Eltern- und Kinderbedarfen nach dem maßgeblichen Existenzminimumbericht und beträgt ca. 71,15 %. Da die Kinder außer Kindergeld über keine Einnahmen verfügen, beträgt der maximal mögliche Kinderzuschlag 280 EUR.

Da das Einkommen der Eltern die Bemessungsgrenze überschreitet, war der Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 4 BKGG in Stufen zu mindern, und zwar um 5 EUR für 10 volle EUR Überschreitung. Die Überschreitung beträgt 229,71 EUR, also 22 volle 10 EUR und mithin folgt daraus ein Minderungsbetrag von 110 EUR, so dass sich ein Kinderzuschlag von 170 EUR ergibt. Gegenüber dem bewilligten Kinderzuschlag ergibt sich ein Defizit von 5 EUR.

Eine Saldierung mit erfolgten Überzahlungen kommt nicht in Betracht (zuletzt sogar zur vorläufigen Bewilligung: BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R -, SozR 4-4200 § 40 Nr. 9).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.