Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2001, Az.: L 1 RA 205/00

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. wegen teilweiser oder vollständiger Erwerbsminderung; Erwerbsminderung bei subjektiver Überforderung durch PC-Arbeit ; Verweisungstätigkeit der Telefonistin in Behörden oder größeren Unternehmen nach dem bisherigen Beruf einer Verwaltungsangestellten ; Möglichkeit des Wechsels der Haltungsart bei den heutigen Telefonarbeitsplätzen; Anforderungen an das gesundheitliche Leistungsvermögen einer Telefonistin

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
13.12.2001
Aktenzeichen
L 1 RA 205/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 15881
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2001:1213.L1RA205.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - 29.08.2000 - AZ: S 5 RA 249/98

Prozessführer

XXX

Prozessgegner

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

Zusammenfassung

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. wegen teilweiser oder vollständiger Erwerbsminderung weiter. Die behauptete Erwerbsminderung trat bei der Verwaltungsangestellten aufgrund subjektiver Überforderung durch PC-Arbeit auf.
Die Prüfung, ob die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf der Verwaltungsangestellten weiterhin tätig sein kann, ließ der Senat offen, weil selbst im Fall der Unzumutbarkeit jedenfalls eine Verweisungstätigkeit benannt werden kann, nämlich diejenige der Telefonistin in Behörden oder größeren Unternehmen. Das Geicht stützt sich dabei auf die Aussage des berufskundigen Sachverständigen, nach der die in Betracht kommenden Telefonarbeitsplätze heute regelmäßig mit Kopfhörer und Mikrofon sowie mit Tasten- und Sensorfeld ausgestattet sind und damit grundsätzlich einen Wechsel der Haltungsart zulassen. Allein für schriftliche Arbeiten werde die sitzende Position abverlangt, wobei allerdings Telefonisten nur kurze Vermerke mittels PC oder Schreibmaschine zu fertigen hätten.
Nach Ausführungen zu den vorliegenden neurologischen und psychiatrischen Gutachten hält das Gericht für diese Verweisungstätigkeit das festgestellte gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin für ausreichend.
Im übrigen weist der Senat darauf hin, dass die (subjektiv empfundene) Erwerbsbeeinträchtigung der Klägerin für die Annahme von Erwerbsminderung im rentenrechtliche Sinn nicht ausreichend ist, da hierfür nicht die Betrachtung des konkreten Arbeitsplatzes maßgeblich ist.

hat der 1. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle

ohne mündliche Verhandlung am 13. Dezember 2001

durch

die Richter C. - Vorsitzender -, D. und E. sowie

die ehrenamtlichen Richter F. und G.

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten um eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

2

Die im Jahre 1945 geborene Klägerin hat nach dem Besuch der Volksschule den Beruf der Großhandelskauffrau erlernt (1961 - 1964) und bis 1966 in diesem Beruf gearbeitet. Von 1967 bis 1971 war sie als Angestellte tätig, zuletzt mit einer Vergütung nach BAT VII. Nach einer Zeit der Kindererziehung hat sie seit 1979 als Verwaltungsangestellte im Niedersächsischen Landeskrankenhaus (LKH) H. in I. gearbeitet, zuletzt in einer 5 Tage-Woche je 38,5 Stunden. Nach der Arbeitgeberauskunft des LKH vom 24. Februar 1999 bestanden ihre Aufgaben im Anlegen und Führen der Personalakten, in der Aufnahme von Unfallanzeigen, im Führen der Krankheitsverzeichnisse und der Urlaubskartei sowie in der Erledigung des anfallenden Schriftverkehrs. Nach Einschätzung des Arbeitgebers hat es sich um eine gelernte Tätigkeit mit einer Regelausbildungszeit von mehr als 2 Jahren gehandelt, die Vergütung sei nach BAT VIb erfolgt. Seit Juli 1998 war die Klägerin arbeitsunfähig. Sodann bezog sie Arbeitslosengeld (ALG).

3

Im September 1997 stellte sie den zu diesem Verfahren führenden Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. Berufsunfähigkeit (BU) und begründete ihn mit starken Wirbelsäulenbeschwerden. Die Beklagte lehnte den Antrag mit hier angefochtenem Bescheid vom 6. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 ab. Der Entscheidung lagen u.a. das Untersuchungsgutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. J. vom 30. Oktober 1997 sowie der Reha-Entlassungsbericht vom 3. August 1998 zugrunde, die übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei qualitativen Leistungseinschränkungen feststellten. Diesen Einschränkungen könne in der bisherigen Tätigkeit mit ca. 2/3 Schreibtischarbeit und 1/3 anderer Arbeit Rechnung getragen werden. - Aus der Reha-Maßnahme wurde die Klägerin arbeitsfähig entlassen.

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Mit ihrer hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) K. erhobenen Klage hat die Klägerin u.a. geltend gemacht, dass sie ihre bisherige Tätigkeit bereits deshalb nicht mehr ausüben könne, weil diese zu ca. 90% im Sitzen zu verrichten sei. Auch habe sie mehrere Arbeitsversuche unternommen, die jeweils gescheitert seien. Das SG hat u.a. Befundberichte eingeholt, mehrere MDKN-Gutachten beigezogen und ein orthopädisches sowie ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten nach jeweils ambulanter Untersuchung der Klägerin veranlasst. In den MDKN-Gutachten vom 21. Oktober 1998, 21. Dezember 1998 und 10. Januar 1999 wird ausgeführt. dass ein chronisches vertebragenes Schmerzsyndrom mit nur leichten Funktionseinschränkungen zu diagnostizieren sei sowie ein Verdacht auf neurotische Fehlentwicklung bestehe. Eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit liege nicht vor. Nach dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. L. vom 15. Februar 2000 sei die Klägerin wegen der Bandscheiden- und Abnutzungsschäden im Bereich der WS zwar behandlungsbedürftig sei. Jedoch sei das Leistungsvermögen noch nicht in rentenberechtigtem Maße herabgesunken. Die Klägerin könne noch vollschichtig leichte Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten. Da die erhobenen Befunde deutlich von den geklagten Beschwerden abwichen, sei ein psychologisches Zusatzgutachten einzuholen. Und der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M. führte in seinem Gutachten vom 8. Mai 2000 aus, dass die Klägerin noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen bei geistig bis zu gehobener Beanspruchung verrichten könne. Die weitere Ausübung des Berufs der Verwaltungsangestellten sei möglich.

5

Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 29. August 2000 abgewiesen und zur Begründung im einzelnen ausgeführt, dass die Klägerin schon nicht berufsunfähig sei, weil nach der medizinischen Beweiserhebung insbesondere eine überwiegend sitzende Tätigkeit mit Gelegenheit zum Haltungswechsel zumutbar sei und solche Haltungswechsel in ihrem Beruf der Verwaltungsangestellten auch möglich seien.

6

Gegen das ihr am 7. September 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Oktober 2000, einem Montag, eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie geltend macht, das Gutachten des Dr. L. namentlich zur Frage des Haltungswechsels sei unzutreffend. Nach früheren Untersuchungen anderer Ärzte sei ein häufiger und nicht nur ein gelegentlicher Positionswechsel erforderlich, der im Beruf der Verwaltungsangestellten gerade nicht möglich sei. Auch das Gutachten des Herrn M. sei unzutreffend, da es vor allem keine psychologische Zusatzbegutachtung enthalte, wie sie Dr. L. für nötig erachtet habe. Wäre ein solches Gutachten eingeholt worden, hätte sich ergeben, dass nicht lediglich die Schmerzen die Ursache für die von Herrn M. festgestellte Depression gewesen seien, sondern dass ("umgekehrt") die Depression auch die Schmerzen verstärke. Schließlich vertritt die Klägerin die Auffassung, dass ihr Berufsschutz zustehe, so dass sie sich auch nicht auf einen anderen Beruf verweisen lassen müsse.

7

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts K. vom 29. August 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab dem 1. Oktober 1997 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung ergänzend auf das Urteil des SG.

10

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren zunächst auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten der Psychologischen Psychotherapeutin Frau Diplom-Psychologin L. vom 10. August 2001 veranlasst. Außerdem hat der Senat eine gutachtliche Stellungnahme des berufskundigen Sachverständigen Diplom-Verwaltungswirt N. im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 17. Oktober 2001 eingeholt. Frau Diplom-Psychologin L. hat ausgeführt, dass die Klägerin wegen der Unfähigkeit, mit Leistungsdruck/Stress umzugehen, erwerbsunfähig sei. Der berufskundige Sachverständige N. hat die ihm gestellten, alternativ formulierten Beweisfragen (mit bzw. ohne Berücksichtigung des Gutachtens von Frau Diplom-Psychologin O.) dahingehend beantwortet, dass die Klägerin bei Berücksichtigung des Gutachtens von Frau Diplom-Psychologin L. nicht mehr unter betriebsüblichen Bedingungen arbeiten könne, hingegen ohne Berücksichtigung dieses Gutachtens weiterhin als Verwaltungsangestellte ohne PC-Arbeit bzw. mit geringem PC-Anteil einsetzbar sei, so etwa als Telefonistin in Behörden und größeren Unternehmen. Hilfsweise sei sie auch als Verwalterin für Büromaterial zu verweisen, da dort PC-Arbeit regelmäßig nicht anfalle und es sich um eine ungelernte Tätigkeit nicht ganz einfacher Art handele.

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Die Klägerin hat zur Beweisaufnahme Stellung genommen und erklärt, dass das Gutachten der Frau Diplom-Psychologin L. zutreffend, jedoch die Stellungnahme des berufskundlichen Sachverständigen unzutreffend sei. Frau Diplom-Psychologin L. habe eine umfangreiche bio-psycho-soziale Anamnese erhoben und auch die schmerzverstärkende Wirkung der Depression erkannt. Dem hingegen sei die gutachtliche Stellungnahme des berufskundlichen Sachverständigen fehlerhaft, weil Telefonistinnen bereits deshalb einem hohen Anteil an PC-Arbeit ausgesetzt seien, weil sie u.a. die Telefonnummern der Gesprächspartner nur über elektronische Telefonverzeichnisse und damit nur mittels PC erfassen könnten. Daneben könne sie wegen des bestehenden Berufsschutzes nicht auf eine ungelernte Tätigkeit verwiesen werden.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand von mündlicher Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

14

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

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Die gem. §§ 143 f. SGG statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet.

16

Weder das Urteil des SG noch die Bescheide der Beklagten sind zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Leistungsfähigkeit, und zwar weder auf Rente wegen EU/BU nach §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung noch auf Rente wegen teilweiser oder vollständiger Erwerbsminderung nach §§ 43, 240 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Denn bei der Klägerin sind weder EU noch BU und auch keine teilweise oder vollständige Erwerbsminderung feststellbar.

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Der Klägerin steht keine Rente wegen BU zu. Dabei lässt der Senat zugunsten der Klägerin ungeprüft, ob sie ihren bisherigen Beruf der Verwaltungsangestellten weiterhin ausüben kann. Dafür könnte sprechen, dass den festgestellten gesundheitlichen Leistungseinschränkungen, insbesondere dem Erfordernis der frei bestimmbaren wechselnden Körperhaltung, in einem Büroberuf regelmäßig Rechnung getragen werden kann (vgl. nur LSG Niedersachsen, Urteile vom 25.11.1999, L 1 RA 244/98, und vom 22.02.2001, L 1 RA 155/98, m.w.N.), was auch die gehörten orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen sowie das SG in seinem Urteil zu der Einschätzung geleitet haben dürfte, dass die Klägerin weiterhin im Beruf der Verwaltungsangestellten arbeiten könne. Dass die Klägerin meint, an ihrem letzten Arbeitsplatz nicht mehr tätig sein zu können, ist demgegenüber rechtlich nicht erheblich, weil es für die rentenrechtliche Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nicht auf einen konkreten Arbeitsplatz ankommt, sondern auf die Leistungsfähigkeit in dem jeweiligen Beruf als solchem. Im Übrigen hat sich aus den MDKN-Gutachten ergeben, dass die Angaben der Klägerin zu ihrem letzten Arbeitsplatz soweit sie den Anteil der erforderlichen PC-Arbeit betreffen, von den Angaben ihres Arbeitgebers abweichen, was aber wegen der rechtlichen Unbeachtlichkeit ebenfalls ungeprüft bleiben kann. Und schließlich ist eine Einschränkung im Sinne eines "Verbots von PC-Arbeit" in keinem der beigezogenen bzw. von Amts wegen eingeholten Gutachten festgestellt worden, auch nicht in demjenigen der nach § 109 SGG gehörten Diplom-Psychologin Stalmann.

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Ob die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf der Verwaltungsangestellten weiterhin tätig sein kann, darf der Senat offen lassen, weil selbst im Fall der Unzumutbarkeit jedenfalls eine Verweisungstätigkeit benannt werden kann, nämlich diejenige der Telefonistin in Behörden oder größeren Unternehmen. Bei der Prüfung der Verweisbarkeit geht der Senat dabei in berufskundlicher Hinsicht zugunsten der Klägerin davon aus, dass sie nach dem Berufsgruppen-Schema des Bundessozialgerichtsgerichts (BSG) als gelernte Kraft einzustufen ist, auch wenn diesbezüglich Zweifel bestehen könnten.

19

Denn jedenfalls kann die Klägerin auf den Beruf der Telefonistin in Verwaltungen und größeren Industrieunternehmen verwiesen werden. Der Senat hält die diesbezügliche Aussage des berufskundigen Sachverständigen für überzeugend, wonach die in Betracht kommenden Telefonarbeitplätze heute regelmäßig mit Kopfhörer und Mikrofon sowie mit Tasten- und Sensorfeld ausgestattet sind und damit grundsätzlich einen Wechsel der Haltungsart zulassen. Allein für schriftliche Arbeiten werde die sitzende Position abverlangt, wobei allerdings Telefonisten nur kurze Vermerke mittels PC oder Schreibmaschine zu fertigen hätten. Es handele sich bei der Telefonistin um eine angelernte Tätigkeit im oberen Bereich mit einer Vergütung nach BAT VI bzw. VII, die verwaltend-organisatorische Kenntnisse voraussetzten, wie sie bei der Klägerin aufgrund ihrer zuletzt jahrelang verrichteten Arbeit als Veraltungsangestellte vorausgesetzt werden dürfen.

20

Für diese Verweisungstätigkeit ist das festgestellte gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin ausreichend. Dabei verkennt der Senat keineswegs, dass die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet unter Leistungseinschränkungen leidet, die sich zukünftig verschlechtern könnten. Jedoch ist aus rechtlichen Gründen im Rentenverfahren nicht die zukünftige, sondern allein die augenblickliche gesundheitliche Situation maßgeblich. Da der Sachverständige gegenwärtig aber weder manifeste neurologischen Defizite noch schmerz- und schonhaltungsbedingte muskuläre Atrophien festzustellen vermochte, hält der Senat seine Leistungseinschätzung für überzeugend, wonach die Klägerin noch vollschichtig leichte Tätigkeiten im Sitzen mit der Gelegenheit zum Haltungswechsel ausüben könne, sofern sie - was bei Telefonisten-Arbeitplätzen der beschriebenen Art auszuschließen ist - sich nicht häufiger bücken müsse, ein dauernder Gebrauch der Hände über Kopf und eine Blickwendung nach oben, Witterungseinflüsse sowie Wechselschicht zu vermeiden seien. Diese Einschätzung steht im Übrigen in Übereinstimmung mit den Beurteilungen im Reha-Entlassungsbericht vom August 1998 sowie im orthopädischen Fachgutachten des Dr. J. vom Oktober 1997, wo insbesondere ebenfalls jeweils die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung gefordert worden ist (Reha-Entlassungsbericht: Schreibtisch- und Computertätigkeit mit häufigem Wechsel der Haltungsart im Umfang von 2/3 zu 1/3; Gutachten: wechselnde Körperhaltung).

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Mit der Beschränkung auf körperlich leichte Arbeit bei Möglichkeit zum Haltungswechsel kann auch den vertebragenen (wirbelsäulenbedingten) Schmerzen Rechnung getragen werden, die bei der Klägerin bestehen, nach Dr. Stalmann insbesondere in Form von rezidivierenden bzw. gelegentlichen Symptomatiken. Ob dieses Schmerzsyndrom allein durch die organischen Befunde der Wirbelsäule ausgelöst wird (vertrebragenes Syndrom) oder aber - wie die Klägerin meint - auch durch die bestehende Depression (dazu sogleich) zumindest verstärkt wird, kann dabei dahinstehen, da diese Frage allein die Diagnosestellung betrifft, während sich die Beurteilung der rentenrechtlichen Leistungsfähigkeit maßgeblich nach den Auswirkungen im Erwerbsleben zu richten hat.

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Auch auf (rein) psychiatrischem Fachgebiet sind keine Leistungseinschränkungen nachweisbar, die die Berufstätigkeit der Klägerin im Verweisungsberuf ausschlössen. So hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M. in seinem Gutachten vom Mai 2000 überzeugend ausgeführt, dass die bestehende reaktive Depression nicht zu mnestischen Einschränkungen geführt habe und die Klägerin über eine sichere Auffassungsgabe, eine stetig anhaltende Konzentrationsfähigkeit sowie über eine hohe allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit verfüge. Der Senat hält es deshalb für überzeugend, wenn der Sachverständige die Klägerin auch auf psychischem Gebiet noch für vollschichtig leistungsfähig hält für geistig normale Tätigkeiten auch mit gehobener Verantwortung, sofern Nacht- und Wechselschicht, besonderer Zeitdruck, emotionale Belastung und Akkorddruck vermieden werden. Dem von der Klägerin gem. § 109 SGG beantragten Gutachten der Frau Diplom-Psychologin L., nach dem das Leistungsvermögen der Klägerin aufgehoben sei, weil sie jeglichem Leistungsdruck und Stress nicht mehr ausgesetzt werden dürfe, vermag sich der Senat hingegen nicht anzuschließen. Zwar ist nachvollziehbar, dass eine emotionale Unterversorgung in der Kindheit bei gleichzeitiger hoher leistungsorientierter Erwartungshaltung im Elternhaus eine stetige psychovegetative Anspannung auslösen kann, wie sie Frau L. als Ursache für die derzeitigen Leistungseinschränkungen erklärt hat. Dem hingegen vermag nicht zu überzeugen, dass diese Einschränkung (Umgang mit Leistungsdruck) bei der Klägerin uneingeschränkt im gesamten Berufsleben und bei allen seinen Anforderungen vorhanden sein soll. Denn es darf nicht verkannt werden, dass die Klägerin von 1964 bis 1998 mit einer Unterbrechung wegen Kindererziehung von ca. 8 Jahren, also immerhin insgesamt ca. 26 Jahre lang, berufstätig war, ohne dass der nach der Diplom-Psychologin bereits in der Kindheit angelegte fehlerhafte Umgang mit Leistungsdruck sich erkennbar abträglich auf die Berufstätigkeit ausgewirkt hätte. Hiermit steht in Übereinstimmung, dass nach der eigenen anamnestischen Erhebung der Frau Diplom-Psychologin L. die Klägerin vor allem deshalb erst seit ca. 1993 eine "Misere" am Arbeitsplatz verspürt habe, weil zu dieser Zeit die Umstellung der Arbeit auf PC erfolgt sei und sie sich nicht ausreichend geschult und sodann gegenüber jüngeren Kollegen überfordert gefühlt habe. Danach aber dürfte es ein akutes Geschehen am konkreten Arbeitsplatz gewesen sein, dass die (subjektiv empfundene) Erwerbsbeeinträchtigung der Klägerin ausgelöst hat. Dies ist für die Annahme von Erwerbsminderung im rentenrechtliche Sinn nicht ausreichend, da hierfür - wie bereits ausgeführt - nicht die Betrachtung des konkreten Arbeitsplatzes maßgeblich ist. Und im Übrigen kann gerade dieser - subjektiven - Überforderung durch PC-Arbeit nach den geschilderten Ausführungen des berufskundigen Sachverständigen im Verweisungsberuf Rechnung getragen werden.

23

Nach allem ist die Klägerin nicht berufsunfähig.

24

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der medizinische Sachverhalt geklärt und der Senat sieht sich nicht zu weiterer Beweiserhebung gedrängt, insbesondere nicht zur Einholung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens. Zwar hat der Facharzt für Orthopädie Dr. L. in seinem Gutachten vom Februar 2000 die Einholung einer psychologischen Stellungnahme angeregt. Jedoch hat zum einen der vom SG daraufhin beauftragte und in der Erstellung sozialmedizinischer Rentengutachten erfahrene Sachverständige M. in seinem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom Mai 2000 keinen weiteren Ermittlungsbedarf festgestellt. Zum anderen liegen testpsychologische Untersuchungsergebnisse über die Klägerin bereits vor, die einen weiteren Ermittlungsbedarf auch für den Senat nicht erkennen lassen. So hat der Gutachter M. anlässlich seiner Begutachtung testpsychologische Reihen erstellt (vgl. S. 24 und 25 des Gutachtens), und es sind bereits zuvor von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. in seinem Befundbericht vom 12. Februar 1999 Ergebnisse der von ihm durchgeführten psychologischen Tests mitgeteilt worden. Dr. L. kam - wie ausgeführt - zum Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens mit qualitativen Leistungseinschränkungen, Dr. P. teilte unauffällige Werte mit und erklärte, die Klägerin sei auf die von ihr gesehene Arbeitsunfähigkeit fixiert. Ausserdem hat auch das von der Klägerin gemäß § 109 SGG beantragte Gutachten der Frau Diplom-Psychologin L. insoweit keine neuen Erkenntnisse erbracht.

25

Waren somit aufgrund der erhobenen Beweise die Voraussetzungen einer Rente wegen BU nicht gegeben, so sind auch die Voraussetzungen einer Rente wegen EU oder voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht erfüllt, da diese Voraussetzungen noch weitergehende Einschränkungen als bei einer Rente wegen BU verlangen, insbesondere Einschränkungen des zeitlichen Leistungsvermögens, die bei der Klägerin nicht feststellbar sind.

26

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.