Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2001, Az.: L 8 AL 368/00

Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld (AlG); Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bei Freistellung von Arbeitsleistungen auf Grund eines Aufhebungsvertrages; Altersteilzeit und deren Auswirkung auf Ansprüche gegenüber dem Arbeitsamt

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
13.12.2001
Aktenzeichen
L 8 AL 368/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 15886
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2001:1213.L8AL368.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - 08.08.2000 - AZ: S 20 AL 40/00

Verfahrensgegenstand

In dem Rechtsstreit

Prozessführer

XXX

Prozessgegner

Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg,

den Präsidenten des Landesarbeitsamtes Niedersachsen-Bremen, Altenbekener Damm 82, 30173 Hannover,

hat der 8. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle

auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2001

durch

die Richter D. - Vorsitzender -, E. und F. sowie

die ehrenamtlichen Richter G. und H.

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. August 2000 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000. Ab 1. Januar 2001 bezieht der Kläger Altersrente.

2

Der im Dezember 1939 geborene Kläger war jahrelang bei der Firma J. K. GmbH beschäftigt gewesen. Mit Antrag vom 25. November 1999 meldete der Kläger sich arbeitslos und begehrte Leistungsgewährung ab 1. Januar 2000. Laut Arbeitsbescheinigung war der Kläger vom 1. April 1973 bis 31. Dezember 1999 im Außendienst tätig gewesen, das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Jahres 1999 war mit jeweils 3.252,00 DM bescheinigt. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit betrug 37 Wochenstunden, die maßgebliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug sechs Monate zum Ende des Vierteljahres. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 5. März 1997 zum 31. Dezember 1999 beendet unter Zahlung einer Abfindung in Höhe von 113.988,97 DM. Zum Abschluss des Aufhebungsvertrages gab der Kläger an, dass in seiner Branche - Vertrieb von Tonträgern - Außendienstmitarbeiter ständig abgebaut worden seien; weiterhin sei seine Beschäftigungsfirma von der Firma L. übernommen worden und habe alte Mitarbeiter entlassen, ab April 1997 habe er 70 vH seines seinerzeitigen Gehaltes bis zum 31. Dezember 1999 weitergezahlt erhalten.

3

Der Kläger wurde tatsächlich seit dem 1. April 1997 nicht mehr beschäftigt und war von Arbeitsleistungen freigestellt. Der Aufhebungsvertrag vom 5. März 1997 lautet folgendermaßen:

1.
Das zwischen der J. K. GmbH und Ihnen bestehende Anstellungsverhältnis vom 1. April 1973 wird aus betriebsbedingten Gründen (Rationalisierungsmaßnahme Ihres Arbeitsplatzes) einvernehmlich zum 31. Dezember 1999 aufgelöst.

2.
Sie werden ab 1. April 1997 bis 31. Dezember 1999 unwiderruflich von der Arbeit freigestellt. Mit dem Zeitraum der Freistellung vom 1. April 1997 bis 31. Dezember 1999 sind sämtliche entstandenen oder bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses noch entstehenden Urlaubsansprüche von Ihnen abgegolten. Vom 1. April 1997 bis 30. September 1997 erhalten Sie Ihre bisherigen Bezüge und ab 1. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1999 ein monatliches Nettogehalt von ca 2.400,00 DM.

3.
Sie übergeben Ende März 1997 an die J. sämtliche der J. gehörenden und in Ihrem Besitz befindlichen Gegen­stände - Dienstwagen uä - sowie Arbeitsmaterialien zurück.

4.
Sie verpflichten sich, spätestens mit Erreichen des 61. Lebensjahres in den Ruhestand zu treten und die gesetzliche Altersrente zu beantragen bzw sich nur vom 60. bis 61. Lebensjahr arbeitslos zu melden.

5.
Als Ausgleich für alle Nachteile, die sich für Sie aus dem Verlust des Arbeitsplatzes ergeben, zahlt die J. Ihnen Ende September 1997 eine Abfindung gemäß § 3 Ziff 9 EStG in Verbindung mit den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von brutto für netto 100.000,00 DM. Das steuerliche Risiko trägt die J. K. GmbH.

7.
Sie haben aus der betrieblichen Altersversorgung der J. eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen erworben, die in gesonderten Versorgungszusagen festgelegt sind. Nach Vorlage Ihres Rentenbescheides wird die J. die Berechnung Ihrer betrieblichen Altersversorgung vornehmen.

8.
Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche beiderseitigen Ansprüche aus dem am 1. April 1973 begonnenen und zum 31. Dezember 1999 endenden Arbeitsverhältnis, gleichgültig auf welchem Rechtsgrunde sie im Einzelnen beruhen mögen, vollständig abgegolten, ausgenommen der Anspruch auf Aushändigung der Arbeitspapiere.

4

Mit Bescheid vom 28. Dezember 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab. Ab dem 1. April 1997 habe der Kläger in keinem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden, da er gemäß Nr 2 der Vereinbarung seit dem 1. April 1997 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1999 von der Arbeitsleistung freigestellt worden sei. Der Umstand, dass Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden seien, sei unbeachtlich. Der Kläger legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass sein Anstellungsverhältnis bis zum 31. Dezember 1999 angedauert habe, sodass er die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Er sei in der Zeit vom 1. April 1997 bis 31. Dezember 1999 unter Fortzahlung seiner Bezüge lediglich von der Arbeit freigestellt gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2000 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

5

Der Kläger hat am 4. Februar 2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben und nochmals vorgetragen, dass sein Beschäftigungsverhältnis bis Ende des Jahres 1999 fortbestanden habe.

6

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 8. August 2000 abgewiesen. Es hat sich der Ansicht der Beklagten angeschlossen, wonach der Kläger die für die Alg-Gewährung nötige Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe.

7

Das Urteil wurde dem Kläger am 17. August 2000 zugestellt.

8

Der Kläger hat am 4. September 2000 Berufung eingelegt. Er wiederholt vertiefend seine bisherige Begründung.

9

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. August 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 1999 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2000 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihm - dem Kläger - auf seinen Antrag vom 25. November 1999 ab 1. Januar bis 31. Dezember 2000 Arbeitslosengeld zu gewähren.

10

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie trägt vertiefend vor, dass insbesondere unter Berücksichtigung der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in der Zeit der Freistellung nicht bejaht werden könne.

12

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung ist zulässig.

14

Der Berufungsbeschwerdewert von 1.000,00 DM des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist überschritten, da bei einem Bruttoarbeitsentgelt von 3.252,00 DM der Jahresbetrag des Alg für das Jahr 2000 den Betrag von 1.000,00 DM ohne Weiteres übersteigt. Die Berufung ist weiterhin in der Frist und Form des § 151 Abs 1 SGG eingelegt worden.

15

Die Berufung ist nicht begründet.

16

Der Kläger befand sich in der Zeit vom 1. April 1997 bis zum 31. Dezember 1999 nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Er hat daher ab dem 1. Januar 2000 keinen Anspruch auf Alg, weil er in der dreijährigen Rahmenfrist des § 124 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1999 die Anwartschaftszeit des § 123 Satz 1 Nr 1 SGB III nicht erfüllt hat, nämlich nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis des § 24 Abs 1 SGB III gestanden hat.

17

Für die Zeit ab 1. Januar 2001 besteht bereits deshalb kein Anspruch auf Zahlung von Alg, weil der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen ab diesem Zeitpunkt eine Altersrente bezieht, sodass ein etwaiger Anspruch gemäß § 142 Abs 1 Nr 4 SGB III ruht. Der Kläger hat daher aus diesem Grunde seinen Anspruch zu Recht auf das Jahr 2000 beschränkt.

18

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Alg ist § 117 Abs 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die beiden erstgenannten Voraussetzungen sind offensichtlich erfüllt. Denn der Kläger hatte sich zum 1. Januar 2000 arbeitslos gemeldet und strebte ab diesem Zeitpunkt eine versicherungspflichtige Beschäftigung an.

19

Allerdings hat der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Nach § 123 Abs 1 Nr 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt grundsätzlich drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg, § 124 Abs 1 SGB III, hier also am 31. Dezember 1999. Die Rahmenfrist umfasste hier daher den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1999. Während dieser Zeit hat der Kläger nur vom 1. Januar bis 31. März 1997 (drei Monate) in einem Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigter gemäß § 24 Abs 1 SGB III gestanden. In der sich anschließenden Zeit vom 1. April 1997 bis zum 31. Dezember 1999 hat der Kläger tatsächlich eine Beschäftigung nicht ausgeübt; in dieser Zeit befand er sich nicht in dem für die Gewährung von Alg notwendigen Versicherungspflichtverhältnis des § 24 Abs 1 SGB III.

20

In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind; weiterhin bestimmt § 25 Abs 1 SGB III, dass versicherungspflichtig Personen sind, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung). Damit entsprechen die Regelungen des SGB III der Vorgängervorschrift des § 168 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Durch die Übergangsvorschrift des § 425 SGB III wird sichergestellt, dass auch die vor Inkrafttreten des SGB III (1. Januar 1998) geltenden Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung zur Erfüllung der Anwartschaftszeit herangezogen werden können. Denn nach dieser Vorschrift gelten Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung sowie sonstige Zeiten der Beitragspflicht nach dem AFG in der zuletzt geltenden Fassung als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses.

21

Zum Verständnis und zur Auslegung der jetzt geltenden Vorschriften kann somit die Rechtsprechung zu den Vorgängervorschriften herangezogen werden, da sich insoweit inhaltliche Änderungen nicht ergeben haben.

22

Der Begriff Beschäftigungsverhältnis stimmt im Versicherungsrecht nicht völlig mit dem gleichlautenden Begriff im Leistungsrecht überein. Er ist nicht abschließend für alle Gebiete gleichermaßen bestimmbar; vielmehr kann er je nach Zweck der einzelnen Norm, in der er steht, unterschiedliche Bedeutung haben (vgl Niesel/Brandt, Kommentar zum SGB III, 1998, § 25 Rdnr 3, Hauck/Noftz/Valgolio, Kommentar zum SGB III, Loseblattsammlung, § 118 Rdnr 11). Für die Begriffsbestimmung ist weiterhin § 7 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) heranzuziehen, der auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung gilt, § 1 Abs 1 SGB IV. Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

23

Die Rechtsprechung des BSG unterscheidet einen leistungsrechtlichen Be-griff des Beschäftigungsverhältnisses, der an den tatsächlichen Verhältnissen ausgerichtet ist und einen beitragsrechtlichen bzw versicherungsrechtlichen Begriff, der im Wesentlichen mit den Merkmalen des Arbeitsverhältnisses übereinstimmt und der Unterbrechungen der tatsächlichen Beschäftigung "von begrenzter Dauer" für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, solange das Arbeitsverhältnis fortbesteht und Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen (vgl BSG, Urteil vom 3. Dezember 1998 - B 7 AL 108/97 R - SozR 3-4100 § 104 AFG Nr 16 Seite 74 mwN = Breithaupt 1999, Seite 972). Die Vorschrift des § 104 Abs 1 AFG knüpft danach, ebenso wie die Vorschrift des § 25 Abs 1 SGB III, für die Anwartschaftszeit an den beitragsrechtlichen Begriff der Beschäftigung an. Beitragspflichtig waren nach § 168 Abs 1 AFG grundsätzlich Personen, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt sind. Mit Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, gemeint. Diese arbeitsrechtliche Komponente, die auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abstellt, fand ihren Niederschlag auch in § 104 Abs 1 AFG, jetzt ebenso § 123 SGB III.

24

Grundsätzlich sollen nur diejenigen Versicherungsschutz erhalten, die bei Eintritt der Arbeitslosigkeit der Solidargemeinschaft über eine gewisse Zeit als Arbeitnehmer angehört haben. Von dem grundsätzlichen Erfordernis der Beitragspflicht des Arbeitnehmers bzw seiner Beschäftigung gegen Entgelt wird nur in den Fällen abgesehen, in denen für eine Zeit von begrenzter Dauer kein Arbeitsentgelt gezahlt, aber gleichwohl Beschäftigung fortbesteht.

25

Dies entspricht nach den Darlegungen des BSG dem bisherigen, am Arbeitsverhältnis ausgerichteten Begriffsverständnis, wonach vorübergehende Unterbrechungen der tatsächlichen Arbeitsleistungen bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich unberührt lassen, weil der Beschäftigung in diesem Sinne die Funktion zukommt, den Versicherungsschutz zu gewährleisten (vgl BSG, Urteil vom 3. Dezember 1998, aaO, Seite 75). Von diesem Verständnis ausgehend ist der Fortbestand eines Beschäftigungsverhältnisses angenommen worden bei Krankheit, bezahltem Urlaub, Freistellung von der Arbeit bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts, unbezahltem Urlaub, Streik und unentschuldigtem Fehlen, aber jeweils von begrenzter Dauer (vgl BSG, aaO; Urteil vom 18. April 1991 - 7 RAr 106/90 - BSGE Band 68, Seite 236, 240 = SozR 3-4100 § 104 AFG Nr 6 mwN; siehe auch T. Voelzke in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherung 1999, § 16 RN 98 f, Seite 406 f).

26

Allerdings hat es das BSG in dieser Entscheidung als unerheblich angesehen, dass der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Arbeit nicht absehbar war. Der Kläger jenes Falles war in der DDR inhaftiert und wegen Spionage zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Arbeitgeber hat das Gehalt trotz der Inhaftierung bis zu einem gewissen Zeitpunkt weitergezahlt. Insbesondere daraus hat das BSG abgeleitet, dass ein Beschäftigungsverhältnis weiter bestanden habe (BSGE aaO, Seite 241).

27

Die Grundsätze dieser Entscheidung lassen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Zwar ist die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung nicht stets notwendige Voraussetzung für den Fortbestand eines Beschäftigungsverhältnisses. Doch hat das BSG immer zum Ausdruck gebracht, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Willen haben müssen, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen, solange das Arbeitsverhältnis fortbesteht (vgl BSGE aaO, Seite 240). Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen also den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen (vgl BSG, Urteil vom 19. März 1992 - 7 RAr 82/91 ?, Die Beiträge 1992, 351 = DBlR 3919a, AFG/§ 104; insbesondere auch Beschluss vom 21. August 1997 - 12 BK 63/97 - nicht veröffentlicht; Hauck/Noftz/Valgolio, aaO, § 118 Rdnr 13 f). Insbesondere aus der Entscheidung des BSG vom 21. August 1997 (aaO) wird ersichtlich, dass zwar die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung nicht stets notwendige Voraussetzung für die Begründung und den Fortbestand eines Beschäftigungsverhältnisses sind (unter Hinweis auf BSGE Bd 68, 236, 240; BSGE Bd 75, 277, 281). Zugleich wird betont, dass bei Fehlen der tatsächlichen Arbeit ein Beschäftigungsverhältnis nur angenommen werden kann, wenn die charakteristischen Merkmale der Beschäftigung weiterhin gegeben sind, also die persönliche Abhängigkeit, die sich in der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausdrückt.

28

Daran fehlt es hier. Der Kläger wurde ab 1. April 1997 von der Arbeit freigestellt. Eine Rückkehr an seinen bisherigen Arbeitsplatz war weder gewollt noch erwünscht. Damit fehlte es ab dem 1. April 1997 an dem charakteristischen und notwendigen Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses. Die persönliche Abhängigkeit, die sich in der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausdrückt, war vollständig entfallen. Eine Wiederaufnahme der Beschäftigung war auf Grund des Vertrages vom 5. März 1997 ausgeschlossen. Vielmehr wurde erwartet, dass der Kläger spätestens zum 1. Januar 2001 einen Rentenantrag stellt. Sämtliche Gegenstände, die mit seiner Arbeitstätigkeit im Zusammenhang standen, waren an die ehemalige Beschäftigungsfirma zurückzugeben. Aus diesen Gestaltungen des Aufhebungsvertrages vom 5. März 1997 wird ersichtlich, dass keine der Vertragsparteien die Absicht hatte, das Beschäftigungsverhältnis jemals wieder aufleben zu lassen. Der Kläger wurde bei objektiver Betrachtungsweise gleichsam in einen finanziell abgepolsterten Vorruhestand entlassen. Ein Beschäftigungsverhältnis lag daher ab dem 1. April 1997 nicht mehr vor.

29

Selbst wenn man die Zeit bis zum 30. September 1997 als Anwartschaftszeit ansieht, weil der Kläger bis dahin nach seiner Freistellung die bisherigen Bezüge weiter erhalten hat (so Nr 2 Satz 3 des Vertrages vom 5. März 1997), wird dadurch ein Anspruch auf Alg nicht begründet. Denn auch bei dieser Betrachtungsweise wird die nötige zwölfmonatige Anwartschaftszeit nicht erreicht, weil der Zeitraum von Januar bis September 1997 lediglich 9 Monate umfasst.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

31

Da der Kläger unterliegt, hat die Beklagte Kosten nicht zu erstatten.