Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.02.2011, Az.: 10 UF 159/10
Gerichtsgebühren für die Nachholung des Versorgungsausgleichs über eine einzelne Anwartschaft im Beschwerdeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.02.2011
- Aktenzeichen
- 10 UF 159/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 11379
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:0221.10UF159.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - AZ: 616 F 6215/09
Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG
- § 57 Abs. 1 FamGKG
Fundstellen
- FamRZ 2011, 1325-1326
- JurBüro 2011, 310
- RVGreport 2011, 197
Amtlicher Leitsatz
1. Hat das Familiengericht bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich einen Antrag auf externe Teilung einer Anwartschaft übergangen oder Anrechte, über die eine Auskunft erteilt worden ist, bei seiner Entscheidung übersehen, so sind für das allein deswegen betriebene Beschwerdeverfahren Gerichtsgebühren gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG nicht zu erheben.
2. Hat sich das Oberlandesgericht im Rahmen seiner Beschwerdeentscheidung nicht zur Frage der Nichterhebung der Gerichtsgebühren verhalten, kann ein Kostenschuldner mit dem Ziel der Anordnung der Nichterhebung Erinnerung gemäß § 57 Abs. 1 FamGKG einlegen.
Tenor:
1. Für das Beschwerdeverfahren sind Gerichtsgebühren nicht zu erheben.
2. Die Geschäftsstelle des Oberlandesgerichtes wird angewiesen, die Schlusskostenrechnung vom 1. November 2010 entsprechend Ziffer 1 zu ändern. das Amtsgericht wird angewiesen, die Kostenrechnung vom 16. November 2010 entsprechend der wie vorstehend zu ändernden Schlusskostenrechnung zu ändern.
Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 57 Abs. 8 FamGKG).
Gründe
I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. hat der Senat mit Beschluß vom 5. Oktober 2010 die Verbundentscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 26. April 2010 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich teilweise geändert. Hintergrund war, daß das Amtsgericht versehentlich Anrechte des Antragstellers auf Beteiligungsrente I sowie II unberücksichtigt gelassen und hinsichtlich der Anrechte auf Grundversorgung statt der vom Versorgungsträger begehrten externen Teilung eine interne Teilung angeordnet hatte. Der Senat hat weiter ausgesprochen, daß die Kosten des Beschwerdeverfahrens zwischen den beteiligten Ehegatten gegeneinander aufgehoben werden, jedoch die weiteren Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, sowie den Beschwerdewert auf 3.150 € festgesetzt.
Die Geschäftsstelle des Oberlandesgerichtes hat die Schlußkostenrechnung vom 1. November 2010 dahin erstellt, daß Antragstellerin und Antragsgegner Kostenschuldner für je 145,50 € sind - die Hälfte der nach dem festgesetzten Wert anfallenden Beschwerdegebühr nach VK FamGKG 1130 in Höhe von 291 €. Die entsprechenden Beträge hat das Amtsgericht für die Beschwerdeinstanz unter lfd. Nr. 2 in seine Kostenrechnung vom 16. November 2010 eingestellt.
Mit Schreiben vom 19. November 2010 hat sich die Antragstellerin gegen diese Kostenrechnung gewendet, soweit sie für das Beschwerdeverfahren in Anspruch genommen wird und auf den dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Fehler des Amtsgerichtes verwiesen.
Der Kostenbeamte hat - entsprechend der eingeholten Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Oberlandesgericht vom 30. November 2010 - der Erinnerung nicht abgeholfen, da die Kostenrechnung die Kostenentscheidung aus dem Senatsbeschluß vom 19. November 2010 zutreffend umsetze, und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der als Einzelrichter gemäß § 57 Abs. 5 Satz 1 FamGKG originär zur Entscheidung berufene Berichterstatter hat das Erinnerungsverfahren gem. § 57 Abs. 5 Satz 2 FamGKG wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen.
II. Die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Ansatz von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
1. Die mit dem - alleinigen - Ziel der Nichterhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren gemäß § 20 Abs. 1 FamGKG eingelegte Erinnerung ist zulässig.
Das Begehren eines Kostenschuldners auf Nichterhebung von Kosten wegen sachwidriger Behandlung durch ein Gericht ist auch im Geltungsbereich desFamGKG nach Zugang der Kostenrechnung als Erinnerung gegen den Kostenansatz anzusehen (vgl. unter der Geltung des - entsprechenden - seinerzeitigen § 5 GKG a.F. BGH - Beschluß vom 10. März 2003 - IV ZR 306/00 - NJWRR 2003, 1294 m.w.N. aus der BGHRechtsprechung. zum weitgehend wortgleichen § 66 GKGBFH, Beschluß vom 19. Oktober 2009 - X E 11/09 - juris. unter der Geltung von § 14 KostO a.F. BayObLG - Beschluß vom 8. Juli 1993 - 3Z BR 95/93 - JurBüro 1994, 394), mit der gerade auch die Nichterhebung von Gerichtskosten gemäß § 20 FamGKG geltend gemacht werden kann (Schneider/Wolf/VolpertN. Schneider, FamGKG § 20 Rz. 29).
Im Streitfall ist zur Frage der Nichterhebung der Gerichtskosten auch noch keine Entscheidung gemäß § 20 Abs. 2 FamGKG ergangen. Eine solche kann zwar auch bereits in der Entscheidung zur Hauptsache erfolgen (vgl. Schneider/Wolf/VolpertN. Schneider, aaO. Rz. 32), dies ist aber vorliegend im Senatsbeschluß vom 19. November 2010 erkennbar nicht geschehen, so daß insofern noch durch gesonderten Beschluß zu befinden ist.
2. Die Erinnerung ist in der Sache auch begründet.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG werden (ebenso wie nach den wortgleichen Vorschriften § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG und § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Nach den zu den genannten Vorschriften in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen ist von einer unrichtigen Sachbehandlung auszugehen, wenn das Gericht einen offensichtlichen Verstoß gegen eine klare gesetzliche Regelung begeht (BGHZ 98, 318, 320 [TZ 5]) bzw. wenn erkennbare Versehen oder offensichtliche Verstöße gegen eindeutige Vorschriften vorliegen (BFH -Beschluß vom 19. Oktober 2009 - X E 11/09 - juris).
Nach diesen Maßstäben sind im Streitfall gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben. dadurch, daß das Familiengericht versehentlich bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich einen Antrag auf externe Teilung einer Anwartschaft übergangen und Anrechte, über die eine Auskunft erteilt worden ist, bei seiner Entscheidung übersehen hat, hat es offensichtlich gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen.
3. Insofern muss die Erinnerung vorliegend zu der Entscheidung in Ziffer 1 des Tenors hinsichtlich der Nichterhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren führen. Da sich die Auswirkung dieses Ausspruches nicht auf die mit der Erinnerung beim Senat angefallene Kostenrechnung gegenüber der Antragstellerin beschränkt, sind die Geschäftsstelle des Oberlandesgerichtes sowie das Amtsgericht anzuweisen, ihre Kostenrechnungen dem Ausspruch zu Ziffer 1 entsprechend neu zu fassen.