Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.02.2011, Az.: 10 UF 250/10

Beteiligung der Erben eines geschiedenen Ehegatten am Abänderungsverfahren nach § 51 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
03.02.2011
Aktenzeichen
10 UF 250/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 11373
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2011:0203.10UF250.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 15.09.2010 - AZ: 620 F 1753/10

Fundstellen

  • FamFR 2011, 180
  • FamRZ 2011, 1656
  • NJW 2011, 1888-1889

Amtlicher Leitsatz

1. Zum Abschluss einer Vereinbarung im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG.

2. Erben eines geschiedenen Ehegatten sind am Abänderungsverfahren nach den §§ 51, 52 VersAusglG nicht beteiligt. Hinterbliebene sind nur dann beteiligt, wenn sich die Abänderungsentscheidung auf eine Hinterbliebenenversorgung auswirken kann.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 15. September 2010 zu I des Tenors wie folgt geändert:

Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 23. August 1990 (600/620 F 362/90) wird gemäß §§ 51, 52 VersAusglG mit Wirkung vom 1. April 2010 wie folgt abgeändert:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes KH Z bei dem Land Niedersachsen, vertreten durch die Oberfinanzdirektion Niedersachsen, ..., zugunsten der Ehefrau R Z auf deren Versicherungskonto ... bei der Deutschen Rentenversicherung BraunschweigHannover ein Anrecht in Höhe von monatlich 540,68 €, bezogen auf den 31. Januar 1990, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Beschwerdewert: 1.000 €.

Gründe

1

I. Die am 12. Oktober 1963 geschlossene Ehe des Antragstellers mit Frau R Z wurde durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 23. August 1990 rechtskräftig geschieden. Zugleich wurde der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass zu Lasten des Anrechts des Ehemannes auf Beamtenversorgung bei dem Land Niedersachsen für die Ehefrau eine gesetzliche Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 1.316,76 DM (= 673,25 €), bezogen auf den 31. Januar 1990 als Ende der Ehezeit, begründet wurde.

2

Der Antragsteller erhält seit dem 1. Dezember 1988 Ruhegehalt. Die geschiedene Ehefrau bezog vom 1. Dezember 2000 bis zu ihrem Tod am 5. Februar 2010 eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Hinterbliebene erhalten keine Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

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Der Ehemann hat mit Schriftsatz vom 31. März 2010, der am gleichen Tag beim Amtsgericht einging, die Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich beantragt. Das Amtsgericht hat die in dem Schriftsatz als Antragsgegnerinnen bezeichneten Erben der Ehefrau sowie die Versorgungsträger beider Ehegatten am Verfahren beteiligt. Die eingeholten neuen Auskünfte der Versorgungsträger ergaben bezogen auf das Ehezeitende (31. Januar 1990) eine ehezeitliche Anwartschaft des Ehemannes auf Beamtenversorgung von monatlich 1.125,97 € (statt im Erstverfahren 1.375,95 €) und eine ehezeitbezogene gesetzliche Rentenanwartschaft der Ehefrau von 2,2733 Entgeltpunkten entsprechend monatlich 44,62 € (statt im Erstverfahren monatlich 29,45 €). Daraufhin hat das Amtsgericht die im Urteil vom 23. August 1990 getroffene Entscheidung zum Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass im Wege externer Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemannes auf Beamtenversorgung für die Ehefrau eine gesetzliche Rentenanwartschaft von monatlich (1.125,97 € : 2 =) 562,99 € begründet und ausgesprochen wurde, dass hinsichtlich des von der Ehefrau erworbenen Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung kein Wertausgleich stattfinde. Diesen Ausschluss des Ausgleichs hat das Amtsgericht damit begründet, der Ausgleich wäre unwirtschaftlich, weil der Ehemann Beamter auf Lebenszeit sei. Deshalb sei das Anrecht nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG als nicht ausgleichsreif anzusehen.

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Gegen diese Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde eingelegt, mit der er die Auffassung vertreten hat, es sei grob unbillig, sein ehezeitliches Anrecht in vollem Umfang auszugleichen, da das Anrecht der Ehefrau vom Wertausgleich ausgeschlossen worden sei.

5

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragstellers hat im Ergebnis Erfolg, nachdem die Beteiligten eine wirksame Verrechnungsvereinbarung geschlossen haben, die der Senat vollzieht.

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1. Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abänderung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs vorliegen. Gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG ist eine Entscheidung über den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich, die nach früherem Recht getroffen worden ist, bei einer wesentlichen Wertänderung auf Antrag abzuändern. Gemäß § 51 Abs. 2 VersAusglG i.V. mit § 225 Abs. 2 und 3 FamFG liegt eine wesentliche Wertänderung schon dann vor, wenn sich der Ausgleichswert (d.h. die Hälfte des Ehezeitanteils) eines in den Ausgleich einbezogenen Anrechts um mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts und um mindestens 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV geändert hat. Diese Voraussetzungen sind bezüglich des Anrechts des Ehemannes erfüllt. Dessen Ausgleichswert hat sich von monatlich (1.375,95 € : 2 =) 687,98 € auf (1.125,97 € : 2 =) 562,99 €, also um 124,99 € und damit um mehr als 5 % und auch um mehr als 1 % der bei Ehezeitende maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV

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(16,82 €) verringert.

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Der Ehemann ist auch antragsberechtigt (§ 52 Abs. 1 VersAusglG i.V. mit § 226 Abs. 1 FamFG), und die zeitliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags nach § 52 Abs. 1 VersAusglG i.V. mit § 226 Abs. 2 FamFG ist ebenfalls erfüllt, da beide Ehegatten bereits Versorgungsleistungen aus den in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechten beziehen oder bezogen haben.

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Entgegen der Auffassung des Ehemannes und des Amtsgerichts sind allerdings die Erben der verstorbenen Ehefrau nicht am Abänderungsverfahren beteiligt. Nach dem Tod eines Ehegatten kommt vielmehr nur eine Beteiligung seiner Hinterbliebenen in Betracht (vgl. § 226 Abs. 1 FamFG). Hinterbliebene in diesem Sinne sind jedoch nur diejenigen Angehörigen eines Ehegatten, auf deren Versorgung sich die Abänderung des Versorgungsausgleichs vorteilhaft oder nachteilig auswirken kann (vgl. FAKommFamR/Wick, 4. Aufl., § 52 VersAusglG, Rn. 2. Keidel/Weber, FamFG, 16. Aufl., § 226, Rn. 2). Soweit bekannt, war die Ehefrau nicht wiederverheiratet. Ihre Kinder haben bereits das 27. Lebensjahr vollendet. Wie der zuständige Rentenversicherungsträger auf Anfrage mitgeteilt hat, wurde auch keine Hinterbliebenenrente beantragt. Daher waren keine Hinterbliebenen am Verfahren zu beteiligen.

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2. Der Auffassung des Ehemannes, die hälftige Teilung seiner ehezeitlich erworbenen Beamtenversorgungsanwartschaft sei grob unbillig und müsse daher gemäß § 27 VersAusglG gekürzt werden, hätte nur dann gefolgt werden können, wenn das Amtsgericht die gesetzliche Rentenanwartschaft der Ehefrau zutreffend als nicht ausgleichsreif angesehen und deshalb in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen hätte. Unwirtschaftlich wäre die interne Teilung der Rentenanwartschaft nur dann, wenn der Ehemann nicht in der Lage wäre, die zum Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erforderliche Wartezeit zu erfüllen. Zwar würde die Übertragung einer gesetzlichen Rentenanwartschaft von monatlich (44,62 € : 2 =) 22,31 € nicht ausreichen, um die erforderliche Wartezeit von 60 Monaten zu erfüllen. Das Amtsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Ehemann vor der Ehezeit bereits eigene gesetzliche Rentenanwartschaften erworben hatte. Außerdem hätte er nunmehr auch als Ruhestandsbeamter die Möglichkeit, eine durch den Versorgungsausgleich erhaltene gesetzliche Rentenanwartschaft durch freiwillige Beiträge so weit aufzustocken, dass er die Wartezeit erfüllt (§ 282 Abs. 2 SGB VI i.d.F. des Gesetzes vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127).

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3. Diese Fragen bedürfen indes keiner Klärung mehr, nachdem der Ehemann sowie die beteiligten Versorgungsträger auf Vorschlag des Senats eine Vereinbarung dahingehend getroffen haben, dass zur Vermeidung eines Hin und HerAusgleichs die Ausgleichswerte der Anrechte beider Ehegatten miteinander verrechnet werden und der Ausgleich in der Form stattfinden soll, dass das Anrecht des Ehemannes nur in Höhe der Differenz der Ausgleichswerte beider Anrechte von (562,99 € - 22,31 € =) 540,68 € gemäß § 16 Abs. 1 VersAusglG extern geteilt und das Anrecht der Ehefrau nicht geteilt wird. Diese Vereinbarung bedurfte nicht der Form des § 7 VersAusglG, weil sie nicht im Zusammenhang mit der Scheidung, d.h. vor Rechtskraft der (erst) Entscheidung über den Wertausgleich geschlossen wurde. Auch sonst bestehen gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung keine Bedenken, so dass der Senat gemäß § 6 Abs. 2 VersAusglG daran gebunden ist.

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Dem gemäß war der Wertausgleich unter Abänderung der früheren Entscheidung über den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich entsprechend der geschlossenen Vereinbarung durchzuführen.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG, 81 Abs. 1 S. 1 FamFG, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 50 Abs. 1 FamGKG.