Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.02.2011, Az.: 10 WF 18/11
Berücksichtigungsfähigkeit von Ratenzahlungen auf eine Geldbuße bei der Ermittlung des Einkommens im Rahmen eines Antrags auf Prozesskostenhilfe
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 16.02.2011
- Aktenzeichen
- 10 WF 18/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 11375
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:0216.10WF18.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 04.11.2010 - AZ: 602 F 4947/10
Rechtsgrundlage
- § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO
Fundstellen
- FamFR 2011, 159
- FamRZ 2011, 1159
- MDR 2011, 627
Amtlicher Leitsatz
Die vom Bundesgerichtshof (Beschluss vom 12. Januar 2011 - XII ZB 181/10 - zur Veröffentlichung vorgesehen) aufgestellten Grundsätze zur fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit von auf eine Geldstrafe zu zahlenden Raten bei der Einkommensermittlung gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO gelten entsprechend für Raten auf eine Geldbuße.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Dem Antragsgegner ist für das vorliegende Verfahren vom Amtsgericht mit Beschluß vom 4. November 2010 die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt worden. zugleich ist ihm ab Januar 2011 die Zahlung monatlicher Raten auf die Verfahrenskosten in Höhe von 115 € aufgegeben worden.
Mit seiner fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde erstrebt der Antragsgegner eine Herabsetzung der Raten auf monatlich 15 € und beruft sich dafür auf die vermeintliche Berücksichtigungsnotwendigkeit weiterer Positionen. dabei handelt es sich zum einen um Monatsraten von 209 € auf einen - erst im laufenden Verfahren aufgenommenen - Kredit sowie um einen weiteren Betrag von monatlich 100 € (nicht wie in die eigene Berechnung eingestellt 117,88 € als einmalig im Dezember 2010 zu leistender Betrag), die er für eine wegen einer Trunkenheitsfahrt gegen ihn festgesetzte Geldbuße von 1.000 € sowie die entsprechenden Verfahrenskosten zu leisten hat.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und die monatliche Ratenzahlungsverpflichtung auf 60 € herabgesetzt. dabei ist es insofern von einem verringerten einzusetzenden Einkommen ausgegangen, als es zusätzliche Darlehensaufwendungen in Höhe von 175,96 € berücksichtigt hat, die der Antragsgegner zuvor als Zinszahlungen für sein überzogenes Girokonto zu erbringen hatte (wobei das Amtsgericht versehentlich von einer monatlichen Belastung in der genannten Höhe ausgeht, obwohl es sich tatsächlich um den vierteljährlich geleisteten Betrag handelt). Die Zahlungen auf die Geldbuße hat das Amtsgericht dagegen - auch unter Hinweis auf eine OLGEntscheidung - als nicht berücksichtigungsfähig erachtet und die verbliebene Beschwerde mit Verfügung vom 11. Januar 2011 dem Senat vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben.
1. Zutreffend hat das Amtsgericht eine Berücksichtigung vom Antragsgegner auf eine Geldbuße zu leistender Zahlungen bei der Berechnung der von ihm auf die Verfahrenskosten zu leistenden Raten abgelehnt.
a. Die in Rechtsprechung wie Literatur bislang nicht einheitlich beurteilte Frage einer derartigen Berücksichtigungsfähigkeit von Geldstrafen ist durch eine zwischenzeitlich ergangene Leitsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschluß vom 12. Januar 2011 - XII ZB 181/10 - veröffentlicht bislang nur auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes. vgl. dort zum bisherigen Meinungsstand TZ 10 f.) geklärt. der BGH hat dahin erkannt, daß es grundsätzlich nicht angemessen ist, die auf eine Geldstrafe zu zahlende Rate bei der Einkommensermittlung gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigen (aaO., Leitsatz 1). er hat zugleich festgestellt, daß insofern durch die in § 42 StGB i.V.m. § 459a StPO eröffnete Möglichkeit von Zahlungserleichterungen sichergestellt ist, daß dem Bedürftigen nicht der Zugang zu den Gerichten versperrt wird (aaO., Leitsatz 2).
b. Nichts anderes kann aber für eine - wie vorliegend in Rede stehende - Geldbuße gelten, die bereits in der bisherigen Rechtsprechung (soweit ersichtlich) durchgehend als nicht berücksichtigungsfähig angesehen wurde (vgl. Beschluß des OLG Brandenburg vom 3. September 2003 - 9 WF 153/03 - FamRZ 2004, 646 und Beschluß des OLG Koblenz vom 10. Juli 1996 - 13 WF 567/96 - JurBüro 1997, 30). die gegen die Berücksichtigungsfähigkeit einer Geldstrafe maßgeblichen Erwägungen in der aktuellen Entscheidung des BGH gelten insofern gleichermaßen.
Im Hinblick auf eine Geldbuße ist zudem ebenso wie bei einer Geldstrafe sichergestellt, daß das Unterbleiben der Berücksichtigung entsprechender Raten bei der Einkommensermittlung nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO dem Bedürftigen den Zugang zu den Gerichten nicht faktisch versperrt: den bei Geldstrafen den Zugang zu den Gerichten sichernden Regelungen in §§ 42 StGB, 459a StPO entsprechen bei Geldbußen die - im Wesentlichen sogar wortgleichen - Regelungen in §§ 18, 93 OWiG. Im übrigen unterstreicht vorliegend auch der vom Antragsgegner vorgelegte Stundungs/Ratenzahlungsbescheid der Vollstreckungsbehörde vom 4. November 2010, in dem er eigens auf seine Mitteilungspflicht hingewiesen wird, falls die fristgerechte Zahlung eines Teilbetrages nicht möglich sein sollte, daß für ihn die Möglichkeit einer weitergehenden Stundung und Herabsetzung der Raten besteht.
2. Eine - weitergehend als bereits vom Amtsgericht vorgenommene - Herabsetzung der auf die Verfahrenskosten zu leistenden Raten kommt jedenfalls auch nicht im Hinblick auf die Umschuldung des Antragstellers in Betracht. die im laufenden Verfahren erfolgte Kreditaufnahme ist gut doppelt so hoch wie die unmittelbar zuvor bestehende Kontoüberziehung, ohne daß hinsichtlich des Mehrbetrages eine Notwendigkeit auch nur ansatzweise dargetan oder ersichtlich wäre. soweit das Amtsgericht zugunsten des Antragsgegners bereits versehentlich das Dreifache der bisherigen tatsächlichen Aufwendungen für die Kontoüberziehung berücksichtigt hat, ist selbst der Notwendigkeit einer Zurückführung äußerst großzügig Rechnung getragen, ohne daß es insofern in Ansehung des im Beschwerdeverfahren zu beachtenden Verschlechterungsgebotes weiterer Überlegungen zur angemessenen Höhe bedarf.