Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 18.07.2003, Az.: 6 T 733/02

Abgabe der Erklärung zum Vermögensverzeichnis in der Zwangsvollstreckung nach Verhaftung des Schuldners; Sofortige Beschwerde ; Angemessenheit des Festhaltens des erklärungsbereiten verhafteten Schuldners von höchstens zwei Stunden

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
18.07.2003
Aktenzeichen
6 T 733/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 33415
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2003:0718.6T733.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Cloppenburg - 14.06.2002 - AZ: 17 M 1914/02

Fundstelle

  • InVo 2004, 121 (Volltext mit red. LS)

In der Zwangsvollstreckungssache
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
am 18.07.2003
durch
den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cloppenburg vom 14.06.2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 600,- EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Nachdem der Schuldner zu einem Termin zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung am 14.02.2002 nicht erschienen war, erhielt der Gerichtsvollzieher von der Gläubigerin den Auftrag, den Schuldner zu verhaften, versehen mit der Anmerkung "unter Berücksichtigung des Fragerechts". Der Gerichtsvollzieher bestimmte dem Schuldner erneut einen Termin in seinem Büro, um den Schuldner zu verhaften und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu erzwingen. Wider Erwarten des Gerichtsvollziehers erschien der Schuldner um 11.00 Uhr, wurde vom Gerichtsvollzieher sogleich verhaftet und erklärte sich sodann bereit, das Vermögensverzeichnis abzugeben. Der Gläubigervertreter, dessen Büro von dem des Gerichtsvollziehers rd. 110 km entfernt ist, wurde von dem angesetzten Termin und er Verhaftung nicht informiert. Mit der Erinnerung begehrte er die erneute Ladung und ggfls. Verhaftung des Schuldners, damit er die Möglichkeit habe, ergänzende Fragen zu stellen. Der Gerichtsvollzieher habe versäumt, ihn anzurufen, damit er nach Cloppenburg habe kommen können. Das Amtsgericht wies mit dem angefochtenen, hiermit in Bezug genommenen Beschluss die Erinnerung zurück, wobei es sich ausführlich mit den vom Gläubigervertreter angekündigten Frage auseinandersetzte. Dagegen wendet sich der Gläubigervertreter mit der sofortigen Beschwerde, mit der er rügt, dass er am Termin nicht habe teilnehmen können; entgegen dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses habe sich die Erinnerung nicht auf die Zulässigkeit bestimmter Fragen bezogen.

2

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber gem. § 903 Abs. 1, Satz 3 ZPO unbegründet. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, das stellt der Gläubigervertreter in der Beschwerdeschrift nochmals klar, ist ausschließlich die Frage, ob der Gerichtsvollzieher den Gläubigervertreter nach Verhaftung des Schuldners hätte anrufen müssen, damit dieser von Nienburg nach Cloppenburg hätte kommen können. Die unterlassene Information verletzte zwar die Gläubigerin in ihrem Recht, dem Schuldner zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses Fragen zu stellen. In der damaligen Situation - nach Verhaftung des Schuldners - war es aber unverhältnismäßig, den Schuldner über eine Dauer von mindestens 1 1/2 Stunden, eher sogar 2 Stunden festzuhalten, um auf den Gläubigervertreter zu warten. Die Abnahme der Eidestattlichen Versicherung hätte dann nicht ohne Verzug im Sinne der Regelung erfolgen können. Die gerichtsbekannte Entfernung von Nienburg nach Cloppenburg mit rd. 110 km erfordert eine Fahrzeit von geschätzten 1 1/2 Stunden. Hinzuzurechnen wäre die Zeit für den Anruf und die Vorbereitungszeit des Gläubigervertreters (Abschluss der gegenwärtigen Tätigkeit, Entnahme der Akten des vorliegenden Verfahrens, Verlassen des Büros pp.), was ohne weiteres zusätzliche 30 Minuten dauern kann. Dabei unterstellt das Gericht, dass sich der Gläubigervertreter, entsprechend seinem Vortrag, in seinem Büro befand und sich auch sofort von dort hätte entfernen können, sich also nicht etwa in einem Mandantengespräch befand. Konkret trägt der Gläubigervertreter dazu nicht vor. In der Kommentarliteratur wird ein Festhalten des erklärungsbereiten, verhafteten Schuldners von höchstens 2 Stunden als angemessen angesehen. (Vgl. MünchKom.-Eickmann, § 902 Rn. 5; Stein/Jonas-Münzberg, 21. Aufl., § 902, Rn. 3, der zwar von "einigen Stunden" spricht, aber dazu die Fundstelle von Eickmann zitiert) Entscheidend für die Zeitdauer sind aber die Umstände des Einzelfalls, wie etwa sehr hohe Gläubigerforderungen oder vielseitiges Schuldnervermögen, wobei im Zweifel das Interesse des Schuldners auf persönliche Freiheit überwiegt (vgl. Zöller-Stöber, 23. Aufl. § 902 Rn. 5). Aufgrund der Forderungshöhe von "nur" 2.409,- EUR, den bislang erteilten Auskünften des Schuldners zu seinen Vermögensverhältnissen und den angekündigten Fragen der Gläubigerin, die sich Anfang 2002 im wesentlichen auf Auftragsverhältnisse bis Oktober 1999 beziehen, was hinsichtlich der generellen Offenbarungspflicht nach diesem Zeitablauf schon zweifelhaft erscheint, hier aber nicht zu entscheiden ist, lag kein Fall vor, der ein Festhalten des Schuldners auch nur von 2 Stunden rechtfertigen könnte, denkbar wäre allenfalls 1 Stunde. Dieser Zeitraum hätte für das Erscheinen des Gläubigervertreters nicht ausgereicht. Dass er in kürzerer Zeit in der Lage gewesen wäre, zu erscheinen, indem er etwa einen in Cloppenburg ansässigen Vertreter in die Befragung hätte entsenden wollen, trägt er nicht vor. Die Art der Ausführungen in der Erinnerung und der sofortigen Beschwerde machen im übrigen deutlich, dass für den Gläubigervertreter es nicht in Betracht gekommen wäre, telefonisch dem Gerichtsvollzieher Ergänzungsfragen zu übermitteln, die dieser dann hätte stellen können, dazu trägt der Gläubigervertreter letztlich aber auch nicht vor. (Vgl. zu dieser Möglichkeit: Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 902 Rn. 5)

3

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 600,- EUR festgesetzt.

Dr. Raschen