Landgericht Oldenburg
Urt. v. 28.08.2003, Az.: 16 O 1655/03
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 28.08.2003
- Aktenzeichen
- 16 O 1655/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 39638
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2003:0828.16O1655.03.0A
Fundstelle
- JWO-VerkehrsR 2004, 25
In dem Rechtsstreit
...
hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 28.08.2003 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.250,00 EUR nebst Zinsen in Hohe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betragesvorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht einen der Höhe nach unstreitigen Anspruch aus einer Fahrzeugvollversicherung wegen eines Unfalls in der Nacht zum 26. Mai 2002 geltend. Die Beklagte hält sich gemäß § 61 VVG für leistungsfrei. Mit dem Fahrzeug war ein Bekannter des Klägers gefahren, mit dem er die Nacht durchgezecht und der ihm dann in der Wohnung - nachdem der Kläger eingeschlafen war - aus einem Mantel die Autoschlüssel entwendet hatte. Der Kläger ist der Ansicht, er habe dies nicht vorhersehen können und sei überdies infolge des vorangegangenen Alkoholgenusses schuldunfähig gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.250,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 7. Februar 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie geht von einem grob fahrlässigen Verhalten des Klägers aus und leitet dies aus verschiedenen Umständen her, die sie in ihren Schriftsätzen vom 14. Juli und 14. August 2003 im einzelnen aufgeführt hat. Hierauf wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Dem Kläger stünde der eingeklagte Anspruch nur dann nicht zu, wenn er den unbefugten Gebrauch seines Pkw grob fahrlässig herbeigeführt hätte (§ 61 VVG). Grob fahrlässig ist ein Verhalten, das den Eintritt des Versicherungsfalls dringend nahelegt und deshalb als auffallend sorglos und unentschuldbar leichtsinnig zu werten ist (z.B. BGH 1980, 887 f). Darlegungs- und ggf. beweispflichtig hierfür ist die Beklagte. Der hiernach zugrunde zu legende Sachverhalt rechtfertigt nicht den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens.
Nach der unwiderlegten Darstellung des Klägers hatte sich der Autoschlüssel in seinem Mantel befunden, den er in das Gästezimmer seiner Wohnung gelegt hatte. Der Kläger hat weiter unwiderlegt vorgetragen, er sei gegen 3.00 Uhr schlafen gegangen. Im Wohnzimmer hätten sich noch sein Bekannter und eine Frau ... befunden. Der Bekannte habe dann unbemerkt die Autoschlüssel entwendet und die Wohnung verlassen, bevor sich Frau ... ebenfalls zu Bett begeben habe. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers setzte zumindest voraus, dass er Anhaltspunkte dafür hatte, dass dies geschehen konnte. Anhaltspunkte hierfür ergaben sich weder schon allein aus dem alkoholisierten Zustand des Bekannten (vgl. dazu OLG München VersR 1988, 1017) noch aus seinen Alkohol- und Drogenproblemen. Entscheidend ist, ob sich aus seinem Verhalten die naheliegende und erkennbare Gefahr ergab, dass er sich die Autoschlüssel für eine "Spritztour" aneignen würde. Der Kläger hat hierzu unwiderlegt vorgetragen, er habe dem Bekannten Fahrten mit seinem Pkw untersagt und dieser habe sich daran zuvor auch gehalten. Ein Misstrauen hätte sich hiernach für den Kläger nur aus seinem Verdacht ergeben können, der Bekannte habe ihm im Verlaufe der vorangegangenen Zechtour in einer Gaststätte 500,00 Euro aus der Geldbörse entwendet. Ein Diebstahl von Bargeld im Alkohol- und Drogenmilieu deutet aber nicht auch auf die Gefahr der unbefugten Benutzung eines Pkw in hochgradig alkoholisiertem Zustand hin. Nach alledem hatte der Kläger keinen Anlass, den Autoschlüssel besser vor seinem Beklagten zu verstecken. Ob und bis wann er noch schuldfähig war und wer dies beweisen müsste, kann deshalb offenbleiben.
Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus dem Verzug der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO (wegen der teilweisen Klagerücknahme), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.