Landgericht Oldenburg
Urt. v. 20.06.2003, Az.: 2 O 3035/00
Schadensersatz aufgrund eines Flugunfalls aus übergegangenem Recht; Mangelhafte Überprüfung der Funktionsfähigkeit einer Maschine als Ursache eines späteren Flugzeugsabsturzes; Kausalität zwischen Handeln und schädigendem Ereignis oder Verletzung eines Schutzgesetzes als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs bei einem Flugzeugunfall
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 20.06.2003
- Aktenzeichen
- 2 O 3035/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 36874
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2003:0620.2O3035.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 116 SGB X
- § 119 SGB X
- § 28 LuftBO
- § 30 Abs. 3 Ziff. 3e LuftBO
- § 30 Abs. 4 S. 2, 3 LuftBO
- § 278 BGB
- § 823 Abs. 2 BGB
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz aufgrund eines Flugunfalls vom 19.08.1997
In dem Rechtsstreit
...
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 30.5.2003
durch
die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der Beklagte zu 3) und die Beklagte zu 4) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 50.947,32 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 48.046,07 EUR seit dem 20.7.2000 sowie auf weitere 2.901,26 EUR seit dem 10.10.2000 zu zahlen.
- 2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden aus dem Flugunfall ihres Versicherten Reinhard Bärsch vom 19.8.1997 zu ersetzen.
- 3.
Die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) sowie 5) und 6) wird abgewiesen.
- 4.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 2), 5) und 6). Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 3) und 4) 1/3. Von den Gerichtskosten trägt die Klägerin 2/3 und die Beklagten zu 3) und 4) 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz ausübergegangenem Recht aufgrund des Flugunfalls ihres Versicherungsnehmers ... vom 19.08.1997. Das Landgericht hat am 17.5.2001 ein Teil-Urteil erlassen, auf dessen Tatbestand zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 10.10.2001 (Band II, Bl. 93) das Teil-Urteil nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auch auf den Tatbestand dieses Urteils Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 50.947,32 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 48.046,07 EUR seit dem 20.7.2000 sowie auf weitere 2.901,26 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 2.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden aus dem Flugunfall ihres Versicherten ... zu ersetzen.
Die Beklagten zu 1)-6) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen .... Auf dieses Gutachten vom 12.4.2002 sowie auf die Ergänzungen vom 19.7.2002, 16.12.2002 und 23.1.2003 (Band II, Bl. 2, Band III, Bl. 55, 83 und 92) wird Bezug genommen, ebenfalls auf die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen im Termin vom 30.5.2003. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Oldenburg, Az. 183 Js 41408/97, hat das Gericht beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Beklagten zu 3) und 4) haften als Gesamtschuldner auf Erstattung des von der Klägerin aus übergegangenem Recht gemäß §§116, 119 Sozialgesetzbuch Teil 10 geltend gemachten Schadens, während die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) sowie 5) und 6) unbegründet ist.
1.)
Entscheidend für die Frage der Haftung ist die Ursache des Flugzeugabsturzes. In Übereinstimmung mit den ausführlichen, nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ... kommt das Gericht dabei zu dem Ergebnis, dass nicht ein Mangel der elektrischen Zusatzpumpe, sondern ein Defekt am Vergaser zu einem Abfall der Drehzahl im Steigflug, verursacht durch zu geringe Treibstoffzufuhr und dadurch ein Aussetzen des Triebwerks, geführt hat und es so zu dem Absturz gekommen ist.
Bei der Untersuchung des Flugzeuges bzw. seiner Bestandteile nach dem Absturz vom 19.8.1997 wurden sowohl Mängel am Vergaser als auch an der elektrischen Zusatzpumpe festgestellt. Aus dem Bericht des Luftfahrtbundesamtes, datiert auf den 22.5.1997 (wohl 1998), auf den Bezug genommen wird (Sonderband Ermittlungsakte II/44) ergibt sich, das die mechanische Kraftstoffpumpe nicht defekt war. Die elektrische Zusatzpumpe war fehlerhaft und setzte nach längerem Lauf oder bei der Reduzierung der Betriebsspannung um 2 Volt aus. Am Vergaser wurden als wesentliche Mängel festgestellt, dass die Schwimmerlagerung starkes Spiel hatte und dadurch der Schwimmer in der Schwimmerkammer schliff. Die Drosselklappenwelle war in den Buchsen eingelaufen und das Venturi an einem Versteifungssteg eingerissen. Es konnte nicht mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden, dass die Mängel am Vergaser den Triebwerksausfall verursacht haben. Im Ergebnis stellte das Luftfahrtbundesamt fest, dass eine Ursache für den Triebwerksausfall nicht ermittelt werden konnte. Die unmittelbare Ursache für den Absturz des Flugzeugs sei darin zu suchen, dass der Flugzeugführer nicht auf die Fluggeschwindigkeit achtete, die wegen der zu geringen Drehzahl des Propellers sank, so dass aufgrund des Strömungsabrisses das Flugzeug abstürzte.
Der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zugezogene Sachverständige Wartemann, auf dessen Gutachten vom 10.11.1998 ebenfalls Bezug genommen wird (Band I, Bl. 28 d.A.), meint, dass beide Mängel zu dem Unfall geführt haben können und stützt sich dabei auf die Untersuchung der Komponenten durch die Firma .... Der Sachverständige hält einen Zusammenhang zwischen dem Fehler an der elektrischen Zusatzpumpe und dem Absturz für "sehr wahrscheinlich".
Demgegenüber kommt der Sachverständige ... zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen dem Mangel an der elektrischen Zusatzpumpe und dem Aussetzen des Triebwerkes bzw. der Störung am Triebwerk nicht besteht. Ein solcher Zusammenhang ist jedenfalls nicht nachgewiesen. Da unstreitig keine Mängel an der mechanischen Hauptpumpe vorlagen, diese - ebenso wie die Zusatzpumpe - aber so ausgelegt ist, dass sie alleine und unabhängig von der elektrischen Zusatzpumpe unter sämtlichen Flugbedingungen für eine ausreichende Kraftstoffversorgung ausreicht, würde ein Mangel an der Zusatzpumpe nicht ohne weiteres zu einem Aussetzen oder zu einer Störung am Triebwerk führen.
Zwar sind beide Pumpen in Reihe geschaltet, jedoch kann ausgeschlossen werden, dass z.B. bei einer Störung der einen Pumpe die zweite deshalb völlig ausfällt bzw. der Treibstoffzufluss gesperrt wird. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, ist ihm ein solcher Fall weder aus der Literatur noch aus eigener Erfahrung bekannt. Wäre eine solche Folge durch den Einbau einer Zusatzpumpe möglich, so wäre darauf im Rahmen der Flugsicherung längst reagiert worden.
Der bei der Untersuchung durch die Firma ... festgestellte Defekt an der Zusatzpumpe kann nach Auffassung des Sachverständigen ohne weiteres auch durch den Aufprall entstanden sein, zumal die Zusatzpumpe aus mehreren filigranen Teilen besteht, wie die Inaugenscheinnahme der Bestandteile im Verhandlungstermin vom 30.5.2003 ergeben hat.
Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, dass nicht reproduzierbare Fehlfunktionen an der elektrischen Zusatzpumpe verschiedene Ursachen haben können. So kann Korrosion die Ursache dafür sein, dass die elektrische Ansteuerung der Pumpe fehlschlägt, ohne dass die Pumpe selbst defekt ist. Es können auch Erdungsfehler vorkommen oder Spannungsschwankungen der Batterie. Derartige Störungen könnten nach Auffassung des Sachverständigen ... erklären, warum der Beklagte zu 5) bei seinem Flug am 6.8.1997 das typische Klicken beim Zuschalten der elektrischen Zusatzpumpe nicht hörte, ohne dass deshalb die Pumpe defekt gewesen sein muss.
Dass die elektrische Zusatzpumpe nicht schon am 6.8.1997 tatsächlich defekt gewesen sein kann, ergibt sich auch daraus, dass nach diesem Flug vom 6.8.1997 bis zum Absturz des Flugzeuges 6 Flüge mit 9 Starts und Landungen erfolgreich verliefen, d.h., bei 18 An- und Ausschaltungen der elektrischen Zusatzpumpe wurden keine Beanstandungen gemeldet. Die Anzahl der Flüge und Starts ergibt sich aus dem Bordbuch, wobei allerdings nicht festgehalten wurde, ob die Zusatzpumpe tatsächlich arbeitete. Andererseits kann daraus geschlossen werden, dass Beanstandungen nicht gemeldet wurden, obwohl der Beklagte zu 5) eine entsprechende Notiz auf einem Zettel ins Bordbuch gelegt hatte, und dadurch eine erhöhte Aufmerksamkeit der nachfolgenden Benutzer des Flugzeugs hervorgerufen wurde. Geht man davon aus, dass die jeweiligen Flugzeugführer sich nach den Regeln des Handbuches verhielten, so mussten sie vor dem Start die elektrische Zusatzpumpe zuschalten, so dass in der Regel ein Klicken zu hören ist, welches aufhört, wenn der Benzindruck aufgebaut ist. Letzteres wird an der entsprechenden Armatur für den Flugzeugführer angezeigt.
2.)
Aus alledem folgt, dass der Beklagte zu 5) nicht auf Schadensersatz haftet, da sein Verhalten nicht kausal für den späteren Absturz des Flugzeuges GROB 115 war. Als der Beklagte zu 5) am 6.8.1997 das Klickgeräusch der Zusatzpumpe vermisste, notierte er dies auf einem Zettel und informierte den Beklagten zu 1) als technischen Leiter der Beklagten zu 2) von seiner Beobachtung. Er äußerte damit sozusagen einen Anfangsverdacht, ohne dass es sich um einen festgestellten und damit eintragungspflichtigen Defekt am Flugzeug handelte. Der Defekt war nicht reproduzierbar und trat auch bei den o.a. späteren Flügen nicht wieder auf. Gemäß §30 Abs. 4 S. 2, 3 i.V.m. Abs. 3 Ziff. 3 e LuftBO ist ein Luftfahrzeugführer zwar für die Eintragungen technischer Störungen und/oder besonderer Vorkommnisse während seines Fluges verantwortlich und hat die Eintragung alsbald und dauerhaft vorzunehmen. Eine Eintragung ist jedoch nicht vorzunehmen, wenn eine festgestellte Störung im weiteren Verlauf nicht wieder auftritt, nicht reproduzierbar ist und eine Ursache nicht festgestellt werden kann. Das Gericht bewertet diese Vorschrift als ein Schutzgesetz im Sinne des §823 Abs. 2 BGB, denn diese Vorschrift hat, anders als das Landgericht noch im Teil-Urteil vom 17.5.2001 meint - nicht nur den Sinn, dieÜberprüfung des ordnungsgemäßen Betriebes des Flugzeuges durch die Behörden zu gewährleisten, sondern nachfolgende Luftfahrzeugführer sollen sich auch anhand der Eintragungen im Bordbuchüber den technischen Zustand des Luftfahrzeuges informieren können, was entscheidend für die Unfallverhütung sein kann. Wenn die Flugzeugübergabe nicht persönlich erfolgt, ist der Informationsaustausch über das Bordbuch die einzige Möglichkeit, derartige Informationen gesichert weiterzuleiten, zumal es vor Beginn eines Fluges auch einzusehen ist. Wenn das Bordbuch nur geführt werden müsste, um den nach der Prüfordnung für Luftgeräte zuständigen Stellen eine Prüfung zu ermöglichen, so wäre es nicht erforderlich, z.B. auch besondere Vorkommnisse einzutragen. Die Auslegung der Vorschrift als Schutzgesetz mit dem Zweck, Unfälle zu verhüten, führt weiter zu einer Auslegung dahin, dass mit einer "alsbaldigen Eintragung" spätestens der Zeitpunkt gemeint ist, in dem das Flugzeug aus der Hand gegeben wird und die Möglichkeit für Dritte geschaffen wird, das Flugzeug zu nutzen. Eine Auslegung dahin, dass eine Eintragung auch am nächsten Tag noch "alsbald" ist, würde dem Schutzzweck nicht gerecht werden. Voraussetzung aber ist, dass es sich bei einer Beobachtung um eine eintragungspflichtige Störung handelt. Das durch den Beklagten zu 5) festgestellte fehlende Klickgeräusch stellte eine solche eintragungspflichtige Störung nicht dar, so dass der Beklagte zu 5) auch gegen ein Schutzgesetz nicht verstoßen hat. Andere Umstände, die für ihn zu einer Verpflichtung zum Schadensersatz führen könnten, sind nicht ersichtlich.
3.
Auch den Beklagten zu 6) trifft kein Verschulden an dem späteren Absturz des Flugzeuges. Der Beklagten zu 6) hat plausibel erklärt, dass er bei seinem Startversuch am 18.8.1997 vergessen hatte, den Brandhahn zu öffnen, so dass der Benzinfaden riss und er das Flugzeug nicht unmittelbar wieder starten konnte. Mit dem Sachverständigen ... geht das Gericht davon aus, dass es sich hierbei um eine ungewollt herbeigeführte Störung beim Betrieb eines Luftfahrzeuges handelt, die nicht in das Bordbuch einzutragen ist, weil die Ursache bekannt ist und sich daraus in der Folge keine technischen Maßnahmen oder Untersuchungen bzw. Reparaturen ableiten lassen. Aufgrund der Sachverhaltsdarstellung des Beklagten zu 6) und der Tatsache, dass mit Hilfe eines "Technikertricks" anschließend das Triebwerk wieder gestartet werden konnte, hat das Gericht keine Zweifel daran, dass der geschlossene Brandhahn Ursache des Fehlstarts war und nicht etwa eine andere Ursache vorlag. Das Verhalten des Beklagten zu 6) war nicht kausal für den Unfall und er hat Schutzgesetze nicht verletzt, so dass die gegen ihn gerichtete Klage unbegründet ist.
4.
Demgegenüber haftet der Beklagte zu 3) auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz, welches insbesondere den nachfolgenden Flugzeugführer ... schützen sollte. Der Beklagte zu 3) hätte die von ihm anlässlich seines Fluges vom 18.8.1997 festgestellten Störungen in das Bordbuch eintragen müssen, bevor er den Schlüssel für das Flugzeug abgibt und den Flugplatz verlässt, §30 Abs. 4 S. 2 LuftBO. Der Beklagte zu 3) hatte nach dem Start festgestellt, dass die Drehzahl des Motors im Steigflug abnahm. Daraufhin hatte er Pumpbewegungen mit dem Gashebel vollführt und die Nase des Flugzeuges heruntergedrückt, was angesichts der erreichten Flughöhe möglich war, und er konnte so wieder ein ruhiges Laufen des Triebwerks erreichen und eine Kurve zurück zum Flugplatz fliegen. Er landete das Flugzeug und entschloss sich, es nicht, wie er vorgehabt hatte, zur Flugzeugwerft zu überführen, sondern die Reparaturen am Flugplatz amübernächsten Tag vorzunehmen. Der Beklagte zu 3) hat also erkannt, dass es sich um eine ernsthafte Störung bei dem Flugzeug handelte, deren Ursache noch näher festzustellen war. Gemäß §28 LuftBO hätte der Beklagte zu 3) als Luftfahrzeugführer dem Halter, also dem Beklagten zu 2), diese festgestellten Mängel unverzüglich anzeigen müssen. Eine Information des Halters und die Eintragung in das Bordbuch hat der Beklagte zu 3) versäumt und sich dadurch haftbar gemacht. Nach dem oben Gesagten hätte es auch nicht genügt, die Eintragung in das Bordbuch zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Er ist seiner Pflicht auch nicht etwa dadurch nachgekommen, dass er das Bordbuch auf die Haube des Flugzeugs legte mit den Worten: "Ich leg das hier oben drauf, damit kein Weiterer damit fliegt". Die vier anwesenden Vereinsmitglieder, die diese Worte hörten, waren nicht zuständige Empfänger einer entsprechenden Anweisung und sie haben diese Mitteilung auch nicht weitergetragen; der Beklagte zu 3) hatte sie auch nicht etwa darum gebeten. In Fliegerkreisen ist es auch nicht allgemein bekannt, dass Flugzeuge, bei denen das Bordbuch auf der Haube liegt, nicht mehr geflogen werden dürften. Dem Beklagten zu 3) war es möglich und zumutbar, eine entsprechende Eintragung im Bordbuch vorzunehmen und bei der Rückgabe des Schlüssels im Tower darauf hinzuweisen, dass das Flugzeug nicht mehr geflogen werden dürfte. Durch sein Verhalten hat der Beklagte zu 3) gegen ein Schutzgesetz im Sinne des §823 Abs. 2 BGB verstoßen (s.o.), so dass er für die Unfallfolgen haftet. Dieses hochgradig unbedachte Verhalten war auch kausal für den späteren Absturz. Die Kausalität wurde auch nicht dadurch unterbrochen, dass das Flugzeug eventuell schon zuvor nicht mehr flugtüchtig war, weil die Lebensdauer der Schläuche und Gurte abgelaufen war. Insoweit wird auf die Ausführungen unten zu Ziffer 6 verwiesen.
Ein evtl. geringes Mitverschulden des Geschädigten selbst tritt demgegenüber zurück. Allerdings hatte der Geschädigte ... eine geringe Flugerfahrung auf dem Muster, d.h. auf dem Flugzeug GROB 115. Bei einer Gesamtflugerfahrung von 399 Stunden war der Geschädigte ... mit der GROB 115 erst 13 Stunden geflogen und in den letzten 90 Tagen war er gar nicht geflogen. Er hatte sich also in letzter Zeit wenig in Übung gehalten. Gesetzliche Vorgaben zum Inübunghalten existieren nicht, jedoch existieren vereinsinterne Anweisungen, nach denen der Geschädigte ... vorab eine Platzrunde mit einem Fluglehrer hätte fliegen sollen. Dies hat er nicht getan. Aufgrund mangelnder Übung hat der Geschädigte ... nicht auf die Mindestfluggeschwindigkeit geachtet, die unter keinen Umständen unterschritten werden darf, wenn ein Absturz verhindert werden soll. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Pilot mit mehr Erfahrung, wie z.B. der Beklagte zu 3) am Tag zuvor, eine Notlandung auf einem der angrenzenden Felder hätte durchführen können, und es ist weiter nicht ausgeschlossen, dass die Schäden dann geringer gewesen wären. Andererseits ist zu bedenken, dass die erforderliche Reaktion des "Drückens" bei der geringen bislang erreichten Flughöhe und angesichts der angrenzenden Hindernisse durch Bäume bzw. durch das Bauernhaus problematisch war. Die genaue Flughöhe zum Zeitpunkt der Störung ist nicht festgestellt; das Luftfahrt-Bundesamt geht von ca. 60 Fuß über N.N. aus. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, lassen sich solche Notlagen nur schwer simulieren und entsprechen schwer einüben, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch ein geübterer Pilot so wie der Geschädigte ... reagiert hätte und diese Reaktion ihm nicht als Mitverschulden angelastet werden kann. Auch sind die Beklagten beweisbelastet dafür, dass ein Mitverschulden des Geschädigten zu dem Unfall beigetragen hat bzw. für die schwereren Unfallfolgen ursächlich war. Ein derartiger Beweis ist hier nicht erbracht. Es ist unbekannt, in welcher Flughöhe der Geschädigte ... sich befand, als das Triebwerk aussetzte bzw. die Drehzahl sank. Wie sich aus den Ausführungen des Sachverständigen, der eine Ortsbesichtigung durchgeführt hat, ergibt, waren Hindernisse in Form von Bäumen und eines Bauernhauses zu überwinden, so dass auch bei der an sich richtigen Reaktion, nämlich einem Herunterdrücken der Nase des Flugzeugs, ein Zusammenprall mit Hindernissen vermutlich kaum hätte vermieden werden können. Ein Unfall als solcher war also unvermeidbar. Selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, so träte doch angesichts des überwiegenden Verschuldens des Beklagten zu 3) der Mitverursachungsbeitrag des Geschädigten selbst dahinter zurück.
Der Klaganspruch gegen den Beklagten zu 3) ist nicht verjährt. Die 3-jährige Verjährungsfrist des §852 a.F. BGB war noch nicht abgelaufen, als die Klage am 2.10.2000 anhängig gemacht wurde und am 10.10.2000 dem Beklagten zu 3) zugestellt wurde. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (u.a. BGH NJW 2000, 1114 [BGH 16.12.1999 - VII ZR 392/96]) kommt es für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des Sachbearbeiters der Regressabteilung an. Die Klägerin hat dazu ein Schreiben ihres Sachbearbeiters aus der Regressabteilung vom 7.4.2000 (Band I, Bl. 186 d.A.) vorgelegt, wonach Kenntnis seit dem 2.10.1997 bestand. Der Beklagte zu 3) hat die die Einrede der Verjährung erhoben und er ist in tatsächlicher Hinsicht darlegungs- und beweisbelastet. Gegenteilige Daten zum Verjährungsbeginn hat er nicht mitgeteilt oder unter Beweis gestellt. Nach alledem ist Verjährung nicht eingetreten.
5.
Die Beklagte zu 4) haftet ebenfalls auf Schadensersatz nach den Vorschriften der positiven Vertragsverletzung, denn ihr ist das Verhalten ihres Mitarbeiters, des Beklagten zu 3), gemäß §278 BGB zuzurechnen. Hinsichtlich des Mitverschuldens und der Verjährung gelten die oben gemachten Ausführungen.
6.
Der Beklagte zu 1) haftet nicht auf Schadensersatz, da ihn ein Verschulden nicht trifft. Zwar hatte er vom Beklagten zu 5) von den Problemen mit der elektrischen Zusatzpumpe erfahren. Dies aber war nicht kausal für den späteren Unfall. Eine Eintragungspflicht oder die Pflicht, den Halter zu informieren oder eine Reparatur vorzunehmen bzw. das Flugzeug stillzulegen ergab sich daraus nicht. Auch wusste er von den Startproblemen des Beklagten zu 6) vom 18.8.1997, jedoch war auch dies nicht kausal für den späteren Unfall. Demgegenüber war ihm von dem Flugversuch des Beklagten zu 3) und der folgenden Notlandung keine Mitteilung gemacht worden, so dass er nicht die Möglichkeit hatte einzugreifen.
Allerdings behauptet die Klägerin, die sich den entsprechenden Sachvortrag der Beklagten zu 3) und 4) zu Eigen macht, dass das Flugzeug schon am 11.3.1997 mangels Lufttüchtigkeit hätte stillgelegt werden müssen, so dass den Beklagten zu 1) der Vorwurf der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht treffe. Sie beruft sich dabei auf einen Befundbericht der Firma ... vom 11.3.1997 (Band I, Bl. 74 d.A.), wonach am 10.3.1997 bei dem betreffenden Flugzeug GROB 115 die Lebensdauer sowohl der Bremsschläuche und der Kraftstoffschläuche als auch der Gurte abgelaufen war; der Kunde sei darüber informiert worden.
Die Lufttüchtigkeit eines Flugzeugs entfiel nach damaliger Rechtslage, wenn die Daten dieser Komponenten abgelaufen sind und die Schläuche und Gurte nicht erneuert werden. Eine Erneuerung hat offenbar nicht stattgefunden. Dieser Frage ist das Gericht jedoch nicht weiter nachgegangen und es hat die sog. Lebenslaufakte, in welcher sämtliche Arbeiten an einem Luftfahrzeug von seiner Entstehung bis zur endgültigen Stillegung verzeichnet werden müssen, nicht durch die Beklagten zu 1) und 2) vorlegen lassen, da eine Ausforschung und Aufklärung insoweit für die Beurteilung der Haftung nicht von Bedeutung ist.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben durch Vorlage von Urkunden (Band III, Bl. 158 ff. d.A.) nachgewiesen, dass die alljährlich erforderliche Jahresnachprüfung bei dem betreffenden Flugzeug stattgefunden hat. Der Prüfer des Luftfahrtbundesamtes Wiebusch hat am 24.9.1996 die Lufttüchtigkeit bestätigt, und zwar unter Verwendung der Betriebszeitenübersicht der Firma .... In dieser Betriebszeitenübersicht (Band III, Bl. 163 d.A.) ist für die "Schläuche" und "Gurte" eine Restlaufzeit von weiteren 30 bzw. 38 Monaten bis März 1999 bzw. November 1999 aufgeführt. Die Beklagten zu 1) und 2) durften sich grundsätzlich darauf verlassen, dass der Prüfbericht des Luftfahrtbundesamtes zutrifft.
Allerdings wäre die Kundeninformation der Firma ... ein Anlass gewesen, diesen Punkt erneut zu prüfen. Falls sich dabei herausgestellt hätte, dass die Lufttüchtigkeit tangiert war, so hätten die Beklagten zu 1) und 2) das Flugzeug sicherlich nicht monatelang bis August 1997 stillgelegt, sondern sie hätten den Hinweis ignoriert oder die relativ geringfügigen Arbeiten durchführen lassen, so dass bei Hinzudenken dieser durchaus wahrscheinlichen Reaktion die Kausalitätskette insofern unterbrochen ist. Weder die Schläuche selbst noch die Gurte sind in irgendeiner Weise unmittelbar ursächlich für den Unfall geworden, ein Mangel daran wurde auch nicht festgestellt.
Der Beklagte zu 1) musste auch nicht damit rechnen, dass wegen der (evtl.) abgelaufenen Lebensdauer von Schläuchen oder Gurten es zu einem Unfall wie hier kommen würde, so dass - falls man die Kausalität entgegen dem oben Gesagten bejaht und auf das Unterlassen der Stillegung stützt - jedenfalls die Adäquanz zwischen einer (eventuellen) Pflichtverletzung und dem späteren Unfall fehlt.
Nach alledem ist ein Verschulden des Beklagten zu 1) an dem schweren Unfall nicht ersichtlich.
7.
Eine Haftung des Beklagten zu 2) als Halter entfällt nach dem unter Ziff. 6) Gesagten mangels Verschuldens des technischen Leiters ... Andere Haftungsgründe, z.B. aufgrund eines Organisationsverschuldens sind nicht ersichtlich.
8.
Die Schadenshöhe ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Klägerin verlangt Zahlung der im Zeitraum vom 1.2.1998 bis 31.8.2000 an den Geschädigten ... gezahlten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Trägerbeiträge zur Pflegeversicherung und zur Krankenversicherung der Rentner sowie Ersatz des Beitragsschadens vom 20.8.1997 bis 31.8.2000 wegen der unfallbedingten Unfähigkeit des Geschädigten ..., seine ebenfalls kranke Ehefrau zu pflegen. Die Umrechnung der Klagforderung von 101.894,64 DM ergibt den von der Klägerin geltend gemachten EUR-Betrag.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§286, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§92 Abs. 1, 709 ZPO.