Landgericht Oldenburg
Urt. v. 08.05.2003, Az.: 1 O 46/03

Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Qualifizierung einer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung als unerlaubte Handlung gerichteten Feststellungsklage bei bereits entsprechend titulierter Forderung

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
08.05.2003
Aktenzeichen
1 O 46/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 33937
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2003:0508.1O46.03.0A

Fundstellen

  • ZVI 2003, 291
  • ZVI (Beilage) 2004, 28 (amtl. Leitsatz)

In dem Rechtsstreit
...
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 03.04.2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Petirsch-Boekhoff,
den Richter am Landgericht vom Brocke und
die Richterin Schöneborn
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihre im Verbraucherinsolvenzverfahren zur Tabelle angemeldete Forderung eine Verbindlichkeit aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist.

2

Der Beklagte ist aufgrund des streitgegenständlichen Sachverhaltes von dem Amtsgericht Westerstede (...) wegen Untreue in zwei Fällen rechtskräftig verurteilt worden. In dem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Oldenburg (8 O 2519/96) ist der Beklagte zur Rückzahlung von 60.000,- DM aufgrund Unterschlagung gem. § 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 246 StGB rechtskräftig verurteilt worden.

3

Der Beklagte ist nunmehr Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren, das am 24.05.2002 vor dem Amtsgericht Cloppenburg eröffnet wurde. Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 17.07.02 ihre Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung des Schuldners i.H.v. 30.763,72 EUR zur Insolvenztabelle an. Gegen die Feststellung, dass die Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stamme, hat der Beklagte im Prüfungstermin vom 16.08.2002 Widerspruch erhoben.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, das Rechtsschutzbedürftnis ihrer Feststellungsklage ergebe sich aus § 181 InsO, der ausdrücklich die Feststellung nach dem Grund der Forderung zulasse.

5

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass die Forderung der Klägerin in Höhe von 30.763,72 EUR als Verbindlichkeit des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gemäß § 302 Nr. 1 InsO im Verbraucherinsolvenzverfahren des Amtsgerichts Cloppenburg, Aktenzeichen ..., zur Insolvenztabelle besteht,

  2. 2.

    hilfsweise festzustellen,
    dass der durch den Beklagten eingelegte Widerspruch vom 16.08.2002 gegen die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung, Geschäftsnummer..., unbegründet ist.

  3. 3.

    äußerst hilfsweise,
    den Rechtsstreit an das Amtsgericht Cloppenburg -Insolvenzgericht - zu verweisen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, der Feststellungsklage fehle das Rechtsschutzbedürfnis.

7

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage hat keinen Erfolg, da der Feststellungsantrag bereits unzulässig ist.

9

Der Klägerin steht ein Rechtsschutzbedürfnis an der beantragten Feststellung nicht zu. Das Rechtsschutzbedürfnis ist dann nicht gegeben, wenn die Klägerin ihr Rechtsschutzziel auf einfacherem und billigerem Wege erreichen könnte. Die Klage zielt darauf ab, festzustellen, dass der zur Insolvenztabelle angemeldete Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammt. Hieran hat die Klägerin jedoch angesichts des rechtskräftigen, zivilrechtlichen Titels in dem Verfahren ... des Landgerichts Oldenburg, welcher über das konkrete Streitverhältnis vorliegt, kein schutzwürdiges Interesse. Aus den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt sich, dass der Anspruch aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung besteht. Insofern geht es hier nicht um eine "andere rechtliche Qualifizierung eines bereits titulierten Anspruchs", da das Urteil des Landgerichts Oldenburg auf den §§ 823 Abs. 1 und 2 BGB, 246 StGB basiert (vgl. Zöller, 23. Aufl., § 850f, Rdnr. 9). Im übrigen liegt eine vergleichbare Situation wie in den von Zöller (§ 256 Rdnr. 8b) zitierten Fällen nicht vor, da begründete Einwendungen im Vollstreckungsverfahren aufgrund der Rechtskraft des Urteils nicht zu erwarten sind (vgl. auch Uhlenbruck, § 302 Rdnr. 24). Die Rechtslage für die Klägerin als Gläubigerin ist eindeutig. Die streitige Verbindlichkeit ist nach § 302 Nr. 1 InsO nicht von der Restschuldbefreiung erfasst.

10

Aus denselben rechtlichen Erwägungen vermag die Klägerin auch mit den hilfweise gestellten Anträgen nicht durchzudringen.

11

Die Nebenentscheidungen ergeben sich bei einem Streitwert in Höhe von 6.200 EUR aus § 91 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Petirsch-Boekhoff
vom Brocke
Schöneborn