Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.04.2005, Az.: 6 KO 3/05

Berechnung der Gebühr für das Aussetzungsverfahren vor dem Finanzgericht; Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen in dem Kostenfestsetzungsbeschluss

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
27.04.2005
Aktenzeichen
6 KO 3/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 25301
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2005:0427.6KO3.05.0A

Fundstellen

  • DStRE 2005, 1366-1367 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2005, 1803 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB 2005, 4116 (Kurzinformation)
  • RVGreport 2006, 29 (Volltext mit red. LS)

Redaktioneller Leitsatz

Die Gebühr für das Aussetzungsverfahren vor dem Finanzgericht berechnet sich gem. Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 VV RVG nach den Gebühren des Abschn. 3.1 VV RVG. Für das AdV-Verfahren ist daher die Verfahrensgebühr mit dem 1,3-fachen Satz gem. Nr. 3100 VV RVG zu berechnen.

Tatbestand

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I.

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Rückforderung von Kindergeldzahlungen. Die im Hauptverfahren beklagte Familienkasse hatte gegen den Kläger einen Rückforderungsbescheid erlassen, da nach Auffassung der Familienkasse Kindergeldbeträge zu Unrecht ausgezahlt worden seien. Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage und stellte einen Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung. Diesem Aussetzungsantrag half die beklagte Familienkasse ab. Die Kosten für das Aussetzungsverfahren wurden der Familienkasse durch Beschluss vom 15. November 2004 auferlegt. Der Streitwert für das Aussetzungsverfahren wurde auf 246,40 EUR festgesetzt. Mit Antrag vom 10. Januar 2005 beantragte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten, die Kosten für das Aussetzungsverfahren mit netto 48 EUR zuzüglich Umsatzsteuer festzusetzen. Dabei wurde eine 1,6fache Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 3200 Vergütungsverzeichnis (VV) i.H.v. 40 EUR nebst Post- und Telekommunikationspauschale i.H.v. 8 EUR geltend gemacht.

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Mit Beschluss vom 3. Februar 2005 setzte der Kostenbeamte die zu erstattenden Aufwendungen mit einem Betrag von netto 39 EUR zuzüglich Umsatzsteuer fest. Dabei ging der Kostenbeamte von einer 1,3fachen Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV (= 32,50 EUR) zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale mit 20 v.H. (= 6,50 EUR) aus.

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Hiergegen erhob der Antragsteller den Rechtsbehelf der Erinnerung und machte zur Begründung geltend, dass die Verfahrensgebühr zu Unrecht nicht mit dem 1,6fachen, sondern lediglich mit dem 1,3fachen Satz berechnet worden sei. Nach der Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 VV RVG seien die nach Nr. 3200 VV RVG in allen Verfahren vor dem Finanzgericht und somit auch im Aussetzungsverfahren anzuwenden sein.

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Der Kostenbeamte half der Erinnerung nach Anhörung der Beklagten nicht ab, sondern legte sie zur Entscheidung vor.

Gründe

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II.

Die Erinnerung ist unbegründet. In dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Februar 2005 sind die zu erstattenden Aufwendungen zu Recht i.H.v. netto 39 EUR zuzüglich Umsatzsteuer (6,24 EUR) festgesetzt worden. Der Kostenbeamte hat zutreffend die Verfahrensgebühr mit dem 1,3fachen Satz gemäß Nr. 3100 VV RVG berechnet.

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Zwar berechnen sich die Gebühren in Verfahren vor dem Finanzgericht grundsätzlich gemäß Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG nach Abschnitt 3.2 des Vergütungsverzeichnisses. Gemäß Nr. 3204 VV RVG ergibt sich danach die Gebühr nach dem 1,6fachen Satz des nach § 13 RVG gültigen Betrages.

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Allerdings sind nach Vorbemerkung 3.2. Abs. 2 VV RVG in Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz, in denen das Berufungsgericht das Gericht der Hauptsache ist, die Gebühren nach Abschnitt 3.1 zu berechnen. Die in der Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 VV RVG enthaltene Regelung entspricht damit der Regelung des zuvor gültigen § 40 Abs. 3 BRAGO. Nach dieser Vorschrift berechneten sich die Gebühren im Verfahren über den erstmalig in einer höheren Instanz beantragten vorläufigen Rechtsschutz ebenfalls nach den für die niedrigere Instanz geltenden Gebührensätzen. Entsprechendes gilt auch für das Aussetzungsverfahren vor dem Finanzgericht. Durch die Regelung des Abschnittes 3.2.1 Abs. 1 Nr. 1 VV wurde lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Finanzgerichte auf der Ebene der Oberlandesgerichte eingerichtet sind. So heißt es ausdrücklich in der Gesetzesbegründung zum RVG und zum Vergütungsverzeichnis: "Abs. 1 Nr. 1 der Vorbemerkung sieht in Abkehr von geltendem Recht darüber hinaus vor, dass der Rechtsanwalt in Zukunft auch in erstinstanzlichen Verfahren vor den Finanzgerichten die für die Rechtsmittelverfahren erhöhten Gebühren nach Abschnitt 2 erhalten soll. Das Finanzgericht ist seiner Struktur nach ein Obergericht wie das Oberverwaltungsgericht....Die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Finanzgerichtsprozess ist daher nicht vergleichbar mit seinen Tätigkeiten vor den sonstigen erstinstanzlichen Gerichten. Sie ist vielmehr vergleichbar mit der anwaltlichen Tätigkeit vor den Berufungsgerichten."

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Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG vollzieht daher lediglich den Schritt der gebührenrechtlichen Gleichstellung der Finanzgerichte mit den übrigen Obergerichten. Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung ist jedoch nicht beabsichtigt, auch das Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz im Verfahren vor dem Finanzgericht höher zu vergüten, als bei anderen Gerichten höherer Instanz. Entsprechend berechnet sich daher die Gebühr für das Aussetzungsverfahren vor dem Finanzgericht gemäß Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 VV RVG nach den Gebühren des Abschnittes 3.1 VV RVG.

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Daher hat der Kostenbeamte zu Recht die Gebühren gemäß Nr. 3100 VV RVG mit dem 1,3fachen Satz der nach § 13 RVG geltenden Gebühr angesetzt. Entsprechend war auch die 20 %ige Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte von der 1,3fachen Gebühr zu berechnen.