Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.04.2005, Az.: 11 K 11705/03
Ansatz der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei teilweiser Nichtunternehmung der Fahrt wegen Nutzung eines möblierten Zimmers am Arbeitsort; Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten; Tatsächliches Hinbewegen zur Arbeitsstätte als Voraussetzung für den Ansatz der Entfernungspauschale; Besonderheiten beim Verfügen des Arbeitnehmers über zwei Wohnungen; Weite Auslegung des Begriffs "Wohnung"; Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung; Abzug von in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehenden Ausgaben als Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.04.2005
- Aktenzeichen
- 11 K 11705/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 15039
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0419.11K11705.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, 5 EStG
- § 3c Abs. 1 EStG
Fundstellen
- EFG 2005, 1676-1677 (Volltext mit amtl. LS)
- INF 2005, 484
- NWB direkt 2005, 7
- NZG 2005, VI Heft 14 (Kurzinformation)
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 2002
Amtlicher Leitsatz
Die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG setzt tatsächlich durchgeführte Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte voraus.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG sind für jeden Arbeitstag, an dem die Arbeitsstätte aufgesucht wird anzusetzen, unabhängig davon wie oft die Strecke je Arbeitstatg zurückgelegt, welches Verkehrsmittel benutzt und welche Kosten tatsächlich angefallen sind. Die Entfernungspauschale gilt nicht für fiktive Fahrten zwischen einer weiter entfernten Wohnung und der Arbeitsstätte, wenn der Steuerpflichtige die Fahrt tatsächlich von einer näher gelegenen Zweitwohnung angetreten hat.
- 2.
Aufwendungen für die Anmietung eines Zimmers sowie Fahrtkosten zur Heimatwohnung sind im Rahmen der dopppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen. Hat der Arbeitgeber steuerfreie Zuschüsse für die Fahrten zwischen Wohnung, Zimmer und Arbeitsstätte gezahlt, so sind sie in Ansatz zu bringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der gewährte Zuschuss die steuerlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen dem Zimmer und dem Arbeitsplatz um ein Vielfaches übersteigen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Entfernungspauschale für Fahrten eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch dann anzusetzen ist, wenn der Arbeitnehmer die geltend gemachten Fahrten teilweise nicht unternommen hat, weil er während der Woche ein möbliertes Zimmer am Arbeitsort nutzt.
Der Kläger ist ledig, hat seine Wohnung in H und ist als Schweißer bei der P-GmbH beschäftigt. Sein regelmäßiger Arbeitplatz befindet sich in S. Während der Woche hält sich der Kläger in einem angemieteten Zimmer in T auf.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. eine Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltend. Dabei gab er an, an 222 Tagen mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw gefahren zu sein und dabei eine einfache Entfernung von 182 km zurückgelegt zu haben. Er arbeite fünf Tage in der Woche und sei im Streitjahr wegen Urlaubs oder Krankheit an 30 Tagen nicht zur Arbeit erschienen. Die von seiner Arbeitgeberin steuerfrei ausgezahlten Leistungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 2.552,29 EUR rechnete er gegen. Die nach den Angaben auf seiner Lohnsteuerkarte vom Arbeitgeber steuerfrei ausgezahlte Leistung für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von 2.496,91 EUR berücksichtigte er in seiner Erklärung nicht.
Der Beklagte erkannte die geltend gemachten Aufwendungen nicht in voller Höhe als Werbungskosten an. Die Aufwendungen für die geltend gemachten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wurden auf 0,00 EUR gekürzt, weil der Kläger nach den Ermittlungen des Beklagten aus den Vorjahren eine Entfernung von nur 10 km pro Tag zurückzulegen hätte. Den so berechneten Werbungskosten in Höhe von 800,00 EUR (222 Tage x 10 Entfernungskilometer x 0,36 EUR) stellte der Beklagte die steuerfrei erhaltene Leistung des Arbeitgebers gegenüber. Insgesamtüberstiegen die Werbungskosten nicht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag.
Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Kläger Einspruch. Zur Begründung trug er vor, dass er seine Wohnung in H unterhalte. In T nutze er zwar ein Zimmer, das aber über keine Kochgelegenheit verfüge, nicht mit einer Waschmaschine ausgestattet sei und nur eine Duschgelegenheit habe. Tatsächlich sei er an 44 Tagen von seiner Wohnung aus direkt zum Arbeitsplatz gefahren. In den übrigen Tagen während der Woche habe er den Arbeitsplatz von seinem Zimmer in T aus aufgesucht. Für die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sei es nicht erforderlich, dass dem Steuerpflichtigen Aufwendungen entstanden seien. Deshalb mache er für 178 Tage Fahrten zwischen seiner Wohnung in H und seiner Arbeitsstätte in S geltend, obwohl er solche Fahrten gar nicht unternommen habe. Zusammen mit den Aufwendungen für die tatsächlich durchgeführten Fahrten errechnete sich der Kläger Werbungskosten für Fahrten in Höhe von 8.297,60 EUR.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass seine Wohnung in H für die Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG entscheidend sei, weil er dort unstreitig seinen Lebensmittelpunkt habe. Der Beklagte verkenne, dass der Kläger seine Arbeitsstätte an jedem Werktag tatsächlich aufgesucht habe. Weitere Voraussetzungen enthalte die Vorschrift nicht. Wenn der Beklagte für die Ermittlung der Entfernungspauschale auf das Zimmer in T abstelle, so verkenne er, dass nach R 42 Abs. 1 Satz 3 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) Wege von und zur Arbeitsstätte von einer weiter entfernt liegenden Wohnung aus dann berücksichtigt werden, wenn dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege. Dies sei bei ihm der Fall.
Er mache nunmehr hilfsweise auch seine Aufwendungen für seine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend. Für sein Zimmer in T seien ihm Mietaufwendungen in Höhe von 14,50 EUR pro Tag entstanden, sodass bei 178 Übernachtungen ein Aufwand in Höhe von 2.581,00 EUR zu berücksichtigen sei. Ferner habe er 44 Familienheimfahrten mit einer einfachen Entfernung von 182 km im Streitjahr unternommen. Diese Aufwendungen habe er im bisherigen Verfahren nicht geltend gemacht, weil er den doppelten Haushalt bereits seit mehr als zwei Jahren unterhalten habe. Mit Schreiben vom ... hat der Kläger seinen Hilfsantrag konkretisiert und zahlenmäßig beziffert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2002 vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und den anderen von ihm in seiner Erklärung geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten in Höhe von 3.684,40 EUR an Stelle des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu mindern;
hilfsweise
den Einkommensteuerbescheid 2002 vom ... in Gestalt des Einspruchsbescheids vom ... zuändern und dabei Werbungskosten in Höhe von 3.667,91 EUR an Stelle des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest.
Einwände gegen die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht erhoben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom ... und der Einspruchsbescheid vom ... sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit bei der Festsetzung der Einkommensteuer Aufwendungen in Höhe von 1.965,00 EUR nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt wurden und stattdessen der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Abzug gebracht wurde.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der Hauptantrag des Klägers ist unbegründet.
Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, soweit sie auf die fiktiven Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers in H und seiner Arbeitsstätte in S entfallen, zu Recht nicht als Werbungskosten anerkannt.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,36 EUR für die ersten zehn Kilometer und von 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen. Danach ist für jeden Arbeitstag, an dem die Arbeitsstätte aufgesucht wird, der sich aus der Entfernung zur Wohnung ergebende Betrag anzusetzen, und zwar unabhängig davon, wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt wird, welches Verkehrsmittel benutzt wird und welche Kosten tatsächlich angefallen sind. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer Entstehungsgeschichte sowie ihrem Sinn und Zweck (BFH, Beschluss vom 11. September 2003 VI B 101/03, BStBl II 2003, 893). Entgegen der Auffassung des Klägers folgt aus der Norm nicht, dass die Entfernungspauschale auch für fiktive Fahrten zwischen einer weiter entfernten Wohnung und der Arbeitsstätte anzusetzen ist, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich die Fahrt von einer näher gelegenen Zweitwohnung angetreten hat.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG wird die Entfernungspauschale für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, unter Berücksichtigung der Entfernung zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte gewährt. Voraussetzung für den Ansatz ist somit, dass der Arbeitnehmer sich tatsächlich zur Arbeitsstätte hinbewegt hat. Die Literatur zieht aus dieser Formulierung den Schluss, dass die Pauschalwirkung der Norm sich auf die Wahl des Beförderungsmittels bezieht und es sogar genügend ist, wenn dem Arbeitnehmer wegen der Art des gewählten Fortbewegungsmittels gar keine Kosten entstanden sind (vgl. Claßen, in: Lademann/Söffing/Brockhoff, EStG, Loseblattsammlung, Stand: April 2003, § 9 Rdnr. 79 b; Stark/Zimmer, in: Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Loseblattsammlung, Stand: August 2004, § 9 Rdnr. 821; von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, 4. Aufl. 2004, § 9 Rdnr. 182; Frotscher, in: Frotscher, EStG, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2002, § 9 Rdnr. 115, 136).
Dieses Auslegungsergebnis wonach der Steuerpflichtige nur für tatsächlich zurückgelegte Wege zur Arbeitsstätte die Pauschale beanspruchen kann wird ferner durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG gestützt, wonach für die Berechnung grds. auf die kürzeste Entfernung zwischen den beiden Orten abzustellen ist und eine Ausnahme nur für den Fall zugelassen wird, dass der Arbeitnehmer den verkehrsgünstigeren längeren Weg regelmäßig benutzt.
Das Gesetz hat die Konstellation, dass ein Arbeitnehmer über zwei Wohnungen verfügt, von denen er abwechselnd die Wege zur Arbeitsstätte antritt, ausdrücklich in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG geregelt. Danach sind die Wege von der Wohnung, die nicht der Arbeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn diese weiter entfernte Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass zunächst die tatsächlich zurückgelegten Wege von und zur näheren Wohnung immer berücksichtigt werden können. Die Vorschrift enthält für solche Arbeitstage, an denen der Steuerpflichtige seinen Weg von der entfernteren Wohnung aus antritt, weitere einengende Voraussetzungen, stellt also dabei wiederum darauf ab, dass der Arbeitnehmer die weitere Strecke zu seiner Arbeitsstätte tatsächlich zurückgelegt hat. R 42 Abs. 1 Satz 3 der LStR, auf die sich der Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Rechtsansicht beruft, wiederholt diese einengenden Tatbestandsmerkmale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG nur, ohne die Grundbedingung - dass entsprechende Wege auch tatsächlich zurückgelegt worden sein müssen zu negieren.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das vom Kläger in T angemietete Zimmer als zweite Wohnung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Begriff der Wohnung weit auszulegen und umfasst alle irgendwie gearteten Unterkünfte, die von einem Arbeitnehmer regelmäßig zur Übernachtung genutzt werden und von denen aus er seinen Arbeitsplatz aufsucht (BFH, Urteile vom 20. Dezember 1982 VI R 64/81, BStBl II 1983, 306; vom 25. März 1988 VI R 207/84, BStBl II 1988, 706; vom 26. August 1988 VI R 92/85, BStBl II 1989, 144).
Der Beklagte hat die zu berücksichtigenden Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für die Fahrten des Klägers zwischen der Wohnung in H bzw. seiner Unterkunft in T und seiner Arbeitsstätte in S in seinem Schreiben vom ... zutreffend mit 3.984,80 EUR berechnet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf dieses Schreiben verwiesen. Unter Anrechnung der steuerfrei ausgezahlten Leistungen des Arbeitgebers in Höhe von insgesamt 5.049,20 EUR und der im Übrigen vom Kläger in seiner Steuererklärung geltend gemachtenübrigen Werbungskosten wird der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 1.044,00 EUR nicht überschritten.
Der Hilfsantrag ist demgegenüber teilweise begründet.
Der Kläger kann im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG seine Aufwendungen für die Anmietung des Zimmers in T sowie die Fahrtkosten für die wöchentlichen Fahrten zwischen seiner Wohnung in H und seinem Zimmer in T als Werbungskosten geltend machen. Daneben sind die Aufwendungen für die Fahrten zwischen seinem Zimmer und seiner Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG zu berücksichtigen. Entgegen seiner Ansicht sind die steuerfrei ausgezahlten Zuschüsse des Arbeitgebers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte neben denen für die doppelte Haushaltsführung von den ermittelten Aufwendungen abzuziehen. Die weiter geltend gemachten Aufwendungen für den Mitgliedsbeitrag zur Gewerkschaft, die Kontoführungsgebühren und die Reinigung der Arbeitskleidung sind als Werbungskosten zu berücksichtigen, letztere aber nur mit einem Betrag von 103,00 EUR.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers, die ihm wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Steuerpflichtige im Streitjahr in H als lediger Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG unterhalten hat, weil sich dort sein Lebensmittelpunkt befindet. Der Beklagte hat die entsprechenden Angaben des Klägers, die dieser im Rahmen des Einspruchsverfahrens in seinem Schreiben vom ... zu seinen Verbindungen in H gemacht hat, nicht angezweifelt und ihm mit Schreiben vom ... nahegelegt, die Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung zu belegen. Auch im Klageverfahren hat der Beklagte die Angaben des Klägers insoweit nicht bestritten. Für den Senat besteht kein Anlass, die Schilderung der privaten Lebensumstände durch den Kläger nicht als richtig zu bewerten. Durch die Anmietung des Zimmers in T hat der Kläger die Fahrtstrecke zu seinem Arbeitsplatz erheblich verkürzt, sodass die dortige Wohnung aus beruflichen Gründen begründet und im Streitjahr beibehalten worden ist. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG, der eine zeitliche Begrenzung auf zwei Jahre vorschrieb, ist im Streitfall nicht mehr anwendbar (§ 52 Abs. 12 Satz 4 EStG).
Als Werbungskosten sind die vom Kläger getragenen Mietaufwendungen als Kosten der Unterkunft in Höhe von 2.581,00 EUR zu berücksichtigen, weil er glaubhaft im Einspruchs- und Klageverfahren vorgetragen hat, an 178 Tagen in seinem Zimmer in T übernachtet und hierfür einen täglichen Mietzins in Höhe von 14,50 EUR entrichtet zu haben. Weiterhin sind die Fahrtkosten für 44 Familienheimfahrten mit einer Entfernung von 182 km mit einer Pauschale von je 0,40 EUR/km nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 EStG mit einem Gesamtbetrag von 3.204,00 EUR anzusetzen. Kosten für notwendigen Verpflegungsmehraufwand hat der Kläger nicht geltend gemacht. Sie wären auch nicht berücksichtigungsfähig, weil der doppelte Haushalt zu Beginn des Streitjahres schon mehr als zwei Jahre geführt worden war (vgl. R 43 Abs. 8 LStR). Für die Fahrten zwischen dem Zimmer und seinem Arbeitsplatz sind Werbungskosten in Höhe von unstreitig 800,00 EUR angefallen (222 Tage x 10 Entfernungskilometer x 0,36 EUR). Insgesamt sind somit grundsätzlich Werbungskosten aus diesem Komplex in Höhe von 6.585,00 EUR zu berücksichtigen.
Von diesen Aufwendungen sind die steuerfrei vom Arbeitgeber ausgezahlten Zuschüsse in Höhe 5.049,00 EUR nach § 3 c Abs. 1 EStG abzuziehen. Dies gilt entgegen der Ansicht des Klägers auch für den Anteil, den der Arbeitgeber ausdrücklich zum Ersatz der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geleistet hat.
Nach § 3 c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Nach dieser Vorschrift ist eine steuerlicher Berücksichtigung von Ausgaben ausgeschlossen, die nach ihrer Entstehung oder Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Zusammenhang stehen. Die Vorschrift dient der Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Steuerpflichtigen durch die steuerliche Freistellung von Bezügen einerseits und den Abzug von Werbungskosten andererseits. Ein finaler Zusammenhang zwischen den Ausgaben und den Einnahmen ist nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr die Feststellung einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung, die im Einzelfall zu prüfen ist (BFH, Urteil vom 26. März 2002 VI R 26/00, BStBl II 2002, 823).
Steuerfreie Einnahmen sind dabei alle Zuflüsse in Geld oder Geldeswert, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart zufließen und entweder einer gesetzlichen Befreiungsvorschrift unterliegen oder aber von einem Arbeitgeber rechtsirrig steuerfrei ausgezahlt werden (BFH, Urteil vom 14. November 1986 VI R 209/82, BStBl II 1989, 351). Werden Aufwendungen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt, können Werbungskosten nur in Höhe der Differenz zwischen den angefallenen Kosten beim Arbeitnehmer und dem erhaltenen Zuschuss berücksichtigt werden (BFH, Urteile vom 14. November 1986 VI R 226/80, BStBl II 1987, 385; vom 15. November 1991 VI R 81/88, BStBl II 1992, 367). Es ist dabei nicht angängig, eine einheitlich zu beurteilende Erstattung - z.B. von Reisekosten - aus dem Gesamtzusammenhang herauszulösen und in ihre Einzelbestandteile aufzuspalten, um dann Erstattungsbeträgen für Teilaufwendungen die tatsächlichen Kosten gegenüberzustellen (BFH, Urteil vom 15. November 1991 VI R 81/88, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat wegen der Höhe der gewährten Zuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte davon überzeugt, dass der Arbeitgeber des Klägers mit diesem Zuschuss sich nicht nur an den Kosten für die Fahrten zwischen dem Zimmer in T und der Arbeitsstätte in S beteiligen wollte, sondern auch an denen für die Fahrten von und nach H. Schließlich übersteigt der gewährte Zuschuss die steuerlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen dem Zimmer und dem Arbeitsplatz um ein Vielfaches. Es ist daher geboten, die steuerfreien Leistungen des Arbeitgebers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - soweit sie nicht die eigenen Aufwendungen des Klägers abdecken mit dem gewährten Zuschuss für die doppelte Haushaltsführung als einheitlicher Erstattung zusammenzurechnen und mindernd bei den dortigen Aufwendungen gegen zu rechnen.
Zusätzlich zu den danach verbleibenden Werbungskosten in Höhe von 1.536,00 EUR sind die bereits im Veranlagungsverfahren vom Beklagten nicht beanstandeten Gewerkschaftsbeiträge in Höhe von 310,00 EUR, die geltend gemachten Kontoführungsgebühren in Höhe von 16,00 EUR und die vom Beklagten akzeptierte Pauschale für die Reinigung von Arbeitskleidung in Höhe von 103,00 EUR anzusetzen, sodass sich für den Kläger im Streitjahr insgesamt 1.965,00 EUR als Werbungskosten an Stelle des Arbeitnehmer-Pauschbetrags steuermindernd auswirken. Eine weitergehende Erhöhung der pauschal geltend gemachten Reinigungskosten um 7,00 EUR scheidet aus, weil der Ansatz von 103,00 EUR (früher 200,00 DM) auf allgemeinen Erfahrungswerten des Beklagten beruht und daher als Schätzung nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), soweit der Kläger im Klageverfahren unterlegen ist. Soweit der Kläger obsiegt hat, waren ihm die Kosten nach § 137 Satz 1 FGO ebenfalls aufzuerlegen, weil er eine Aufstellung seiner Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung im Einspruchsverfahren hätte vorlegen können, zumal der Beklagte ihm dies nahegelegt hatte.