Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.04.2005, Az.: 11 K 718/00
Abzug von Zuwendungen an eine Unterstützungskasse als Betriebsausgaben; Erfordernis der Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse; Zweck des Rechtsfähigkeitserfordernisses; Vorliegen der Voraussetzungen für einen Betriebsausgabenabzug im Fall des Beleihens der der Unterstützungskasse zustehenden Rechte durch diese oder der Inanspruchnahme von Vorauszahlungen der Versicherung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 05.04.2005
- Aktenzeichen
- 11 K 718/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 14883
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0405.11K718.00.0A
Rechtsgrundlage
- § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG
Fundstellen
- EFG 2005, 1671-1672 (Volltext mit amtl. LS)
- NWB direkt 2005, 4
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1991 und 1992
Betriebsausgabenabzug von Zuwendungen an eine Unterstützungskasse und die Bedeutung des Beleihungsverbots
Redaktioneller Leitsatz
Die Voraussetzungen für die Einordnung von Zuwendungen an eine Unterstützungskasse als Betriebsausgaben liegen beim Trägerunternehmen nicht vor, wenn die Unterstützungskasse die ihr zustehenden Rechte aus der Rückdeckungsversicherung beleiht, abtritt oder Vorausszahlungen der Versicherung in Anspruch nimmt. In diesem Fall verschafft sich die Unterstützungskasse nicht die Mittel für ihre Versorgungsleistungen. Die Einfügung des neuen Satzes 4 in § 4d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG hat nicht zu einer Änderung der Rechtslage geführt.
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Zuwendungen an eine Unterstützungskasse als Betriebsausgaben.
Die Kläger werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit als .... Am 29. August 1991 schloss er eine Vereinbarung mit der Versorgungskasse X. Danach verpflichtete sich die X die Versorgungsleistungen an die Arbeitnehmer des Klägers zu zahlen, die durch den Kläger eine Versorgungszusage in Form einmaliger Kapitalleistungen erhalten hatten. Der Kläger leistete hierzu jährliche Zuwendungen an die X. Diese wiederum schloss für die Arbeitnehmer Lebensversicherungen - Rückdeckungsversicherung - ab. Die jährlichen Zuwendungen des Klägers verwandte die X für die Versicherungsprämien.
Die X ließ sich weiterhin von dem Rückdeckungsversicherer verzinsliche Vorauszahlungen auf die Versicherungssumme auszahlen, die sie mit gleichem Zinssatz an den Kläger als Darlehen weiterreichte.
Die Zuwendungen an die X in Höhe von ... DM in 1991 und in Höhe von ... DM in 1992 machte der Kläger in seiner Steuererklärung als Betriebsausgaben geltend. Der Betriebsausgabenabzug wurde vom Beklagten zunächst bei der Veranlagung anerkannt.
Am 30. August 1995 wurde dem Beklagten durch eine Mitteilung des damals für die X zuständigen Finanzamts Y mitgeteilt, dass der Vorstand der mit Satzung vom 20. März 1991 errichteten X entgegen der Satzung nur mit drei statt mit vier Personen besetzt gewesen sei und die X daher zunächst nicht ins Vereinsregister hätte eingetragen werden können. Die Eintragung erfolgte am 14. September 1993.
Im Rahmen einer 1996 durchgeführten Außenprüfung bei dem Kläger, wurden die Zahlungen an die X nicht als Betriebsausgaben anerkannt, weil die abgeschlossenen Versicherungen wirtschaftlich gesehen der Absicherung eines Darlehens dienten und zum Anderen die X bis 1993 mangels Eintragung noch keine rechtsfähige Unterstützungskasse war.
Die Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 wurden am 19. August 1996 dementsprechend nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO - geändert. Gegen die Änderungsbescheide legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 7. November 2000 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhoben die Kläger Klage.
Sie tragen vor, es komme nicht auf den Zeitpunkt der Eintragung an, sondern - wie sich aus § 21 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - ergebe - auf die Tatsache der Eintragung als solcher. Nach § 21 BGB erlange ein Verein die Rechtsfähigkeit durch Eintragung. Es komme daher nicht auf den Zeitpunkt an, denn sonst stünde im Gesetz statt "durch" das Wort "mit". Im Vergleich zu einer GmbH müsse auch dem Verein im Entwicklungsstadium die Fähigkeit zur Rechtsträgerschaft zugestanden werden. Auch der Vor-Verein habe bereits im Jahr 1991 vier Vorstandsmitglieder gehabt, so dass die Voraussetzungen für die Eintragung bereits 1991, spätestens im September 1991, nachdem die Nachtragsmeldungen beim Vereinsregister erfolgt waren, vorlagen. Die zeitliche Verzögerung der Eintragung könne nicht den Klägern zur Last fallen. Auch das Bundesministerium der Finanzen habe in seinem Schreiben vom 10. April 1980 ausdrücklich ausgeführt, dass auch eine nicht rechtsfähige Pensionskasse als eine Pensionskasse im Sinne des § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung anzusehen sei. Auch aus R 26 Einkommensteuerrichtlinien - EStR - ergebe sich, dass die dort genannten Voraussetzungen für die Anerkennung als Betriebsausgaben vorliegen. Die Gründung der Kasse sei schon 1991 beschlossen worden. Auch ergebe sich aus § 4 d Einkommensteuergesetz - EStG - nicht, dass die Unterstützungskasse rechtsfähig sein müsse.
Weiterhin seien die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer des Klägers im Fall der Insolvenz durch den Pensionssicherungsverein e.V. abgesichert gewesen. Auch sei dem Kläger nicht bekannt gewesen, dass die Unterstützungskasse das Darlehen wiederum durch ein Policendarlehen beschafft habe. Da die Ansprüche der Arbeitnehmer in den Streitjahren auch nicht unverfallbar gewesen seien, hätte es keiner zusätzlichen Sicherung bedurft.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 vom 19. August 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2000 dergestalt abzuändern, dass die als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge für die Unterstützungskasse von ... DM in 1991 und ... DM in 1992 anerkannt werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Voraussetzungen für die Eintragung ins Vereinsregister hätten erst im Jahr 1993 vorgelegen. Darüber hinaus sei unabhängig von der Frage der Eintragung ins Vereinsregister ein Betriebsausgabenabzug schon deshalb ausgeschlossen, weil die Ansprüche aus der Versicherung zur Sicherung der Darlehen verwandt worden seien, die der Kläger von der X erhalten habe. Auch sei nicht nachgewiesen, dass die Versorgungszusagen für die unter 30-jährigen Leistungsanwärterinnen die Voraussetzungen des § 4 d Abs. 1 Nr. 3 c Satz 3 EStG erfüllten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 vom 19. August 1996 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.
Nach § 4 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG in den für 1991 und 1992 geltenden Fassungen können Zuwendungen an eine Unterstützungskasse unter bestimmten weiteren Voraussetzungen von einem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Wie der Bundesfinanzhof - BFH - im Urteil vom 12. Juni 2002 XI R 28/01 (BFH/NV 2003, 18) entschieden hat, steht eine zunächst noch fehlende Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse dem Betriebsausgabenabzug gemäß § 4 d EStG nicht entgegen. Zwar müssen Unterstützungskassen - ebenso wie Pensionskassen - rechtsfähig sein (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - BetrAVG -). Der mit dem Rechtsfähigkeitserfordernis verbundene Zweck, das Kassenvermögen und die Versorgungsleistungen zu sichern und zugleich eine vermögensmäßige Trennung dieses Vermögens von dem Vermögen des Trägerunternehmens zu gewährleisten, werde aber bereits durch einen so genannten Vorverein erreicht.
Außerdem verlange § 4 d EStG selbst die Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse nicht ausdrücklich. Dieser Entscheidung, die dieselbe Unterstützungskasse wie im Streitfall betraf, hat sich auch der BFH in einer neueren Entscheidung angeschlossen (BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 8/02, BFH/NV 2004, 1246). Der Senat folgt dieser Rechtsauffassung.
Der Betriebsausgabenabzug scheitert nicht bereits daran, dass die X bei Leistung der Zuwendungen noch nicht im Vereinsregister eingetragen war. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Eintragung bei Antragstellung erfüllt waren oder nicht. Selbst wenn die X mangels satzungsgemäßer Besetzung des Vorstands nicht eintragungsfähig gewesen wäre, würde das allein dem Abzug der in dieser Situation geleisteten Zuwendungen an die X nicht entgegenstehen.
Der Betriebsausgabenabzug scheitert jedoch an dem so genannten Beleihungsverbot.
Nach § 4 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG in der für 1991 geltenden Fassung können Zuwendungen an eine Unterstützungskasse vom Trägerunternehmen als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Zuwendungen den Betrag der Jahresprämie nichtübersteigen, den die Kasse an einen Versicherer zahlt, soweit sie sich die Mittel für ihre Leistungen durch Abschluss einer Versicherung verschafft. Mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1991 beginnen (§ 52 Abs. 5 c EStG 1992), ist der Abzug nach einem der Vorschrift durch das Steueränderungsgesetz 1992 - StÄndG 1992 - vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) angefügten Satz 4 ausgeschlossen, wenn die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens dienen.
Bereits der für 1991 geltenden Fassung des Gesetzes war zu entnehmen, dass die Voraussetzungen für einen Betriebsausgabenabzug beim Trägerunternehmen nicht vorliegen, wenn die Unterstützungskasse die ihr zustehenden Rechte aus der Rückdeckungsversicherung beleiht oder abtritt bzw. Vorauszahlungen der Versicherung in Anspruch nimmt. In einem solchen Fall "verschafft" sich die Unterstützungskasse durch Abschluss der Rückdeckungsversicherung nicht die Mittel für ihre Versorgungsleistungen (BFH-Urteil vom 28. Februar 2002 IV R 26/00, BStBl II 2002, 358). Das mit Einfügung des neuen Satz 4 in die ab 1992 geltende Fassung des § 4 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG ausdrücklich geregelte Beleihungsverbot hat insoweit nicht zu einer Änderung der Rechtslage geführt.
Eine Änderung der Rechtslage ist durch die Neuregelung aber insoweit eingetreten, als der Betriebsausgabenabzug auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Versorgungsansprüche der Leistungsanwärter auf andere Weise sichergestellt sind. Wie der BFH in seinem Urteil in BStBl II 2002, 358 ausgeführt hat, bestand vor In-Kraft-Treten der Neuregelung die Möglichkeit, die Versorgungsansprüche durch ergänzende Vereinbarungen so abzusichern, dass eine Beleihung der Rückdeckungsversicherung bzw. die Inanspruchnahme von Vorauszahlungen nicht (mehr) als schädlich anzusehen war. Nach § 4 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Satz 4 EStG 1992 ist der Abzug indessen ausgeschlossen, wenn die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens dienen. Es besteht mithin keine Möglichkeit mehr, durch anderweitige Sicherstellung der Versorgungsansprüche die Schädlichkeit der Darlehensaufnahme bzw. gleichbedeutend der Inanspruchnahme von Vorauszahlungen zu verhindern.
Im Streitfall hat die X Vorauszahlungen auf die Rückdeckungsversicherungen in Anspruch genommen und die betreffenden Beträge in voller Höhe dem Kläger als Darlehen zur Verfügung gestellt. Für das Streitjahr 1992 folgt daraus, dass die Zuwendungen des Klägers an die X nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Für das Streitjahr 1991 scheitert der Betriebsausgabenabzug ebenfalls, weil keine besondere Vereinbarungen zur Sicherstellung der Versorgungsansprüche getroffen worden sind.
Soweit der Kläger vorträgt, dass die Ansprüche der Arbeitnehmer durch den Pensionssicherungsverein e.V. für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert seien, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Nach § 4 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG ist Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug, dass sich die Unterstützungskasse (im Gesetz "Kasse") die Mittel für ihre Leistungen durch Abschluss einer Versicherung "verschafft". Stellt aufgrund der erfolgten Vorauszahlungen die Rückdeckungsversicherung nicht die Sicherung in diesem Sinne dar, so bedarf es zusätzlicher Vereinbarungen der Unterstützungskasse, die die Versorgungsansprüche sicherstellen. Die Ansprüche der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer des Klägers gegen den Pensionssicherungsverein e.V. für den Fall der Insolvenz beruhen nicht auf solchen Vereinbarungen, sondern sind dagegen gesetzlich bestehende Ansprüche (s.§ 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsrentengesetz - BetrAVG - in der Fassung 1991 und 1992), die auch ohne Rückdeckungsversicherung der Unterstützungskasse bestanden. Sie können daher nicht als Sicherung der Versorgungsansprüche aufgrund zusätzlicher Vereinbarung durch die Unterstützungskasse angesehen werden.
Anderweitige Sicherungen der Versorgungsansprüche bestanden nicht. Der Kläger hat trotz ihm gesetzter Ausschlussfrist nach § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - zusätzliche Vereinbarungen zur Sicherstellung der Versorgungsansprüche weder nachgewiesen noch vorgetragen.
Soweit der Kläger vorträgt, er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Unterstützungskasse ihr Darlehen an den Kläger wiederum mit einem Policendarlehen abgesichert habe, kann diese Einwendung keinen Erfolg haben. Weder kommt es für die Steuerschädlichkeit auf die Kenntnis des Klägers an, noch dürfte der steuerschädliche Umstand dem Kläger unbekannt gewesen sein.
Nach § 4 des zwischen dem Kläger und der X abgeschlossenen Vereinbarung konnte die X dem Kläger ein Darlehen bis "zur Höhe des anteilig für den Kläger vorhandenen Kassenvermögens" gewährt werden. Der Kläger konnte daher davon ausgehen, dass die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung als Sicherheit für die Darlehen verwandt werden. Da die Beiträge des Klägers an die X von dieser als Beiträge an die Rückdeckungsversicherung weitergeleitet werden sollten (s. Vereinbarung mit der X), konnte zum Kassenvermögen für den Kläger erkennbar nur Mittel gehören, die die Rückdeckungsversicherung selbst wieder zur Verfügung stellte bzw. Beträge von dritter Seite, für die allein die Rückdeckungsversicherung als Sicherheit dienen konnte. Auch ergab sich aus den Geschäftsberichten der X, dass die Rückversicherungen zur Sicherung der Darlehen verwandt wurde, indem diese Vorauszahlungen an die X leisteten, die diese an den Kläger als Darlehen weiterleitete.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.