Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.06.1996, Az.: I 548/90

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
24.06.1996
Aktenzeichen
I 548/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 26868
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0624.I548.90.0A

In dem Rechtsstreit

wegen Vermögensteuer auf den 01.01.1986

hat der I. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 24. Juni 1996, an der mitgewirkt haben:

Vorsitzender Richter . am Finanzgericht

Richter am Finanzgericht .

Richter am Finanzgericht .

ehrenamtlicher Richter .

ehrenamtlicher Richter .

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Tatbestand:

1

Die Parteien streiten über die Höhe des steuerpflichtigen Vermögens des Klägers.

2

Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter der Firma . Vertriebs-GmbH. Der gemeine Wert der Anteile dieser Gesellschaft auf den 31. Dezember 1985 ist durch Bescheid vom 24. Januar 1991 auf 0 DM festgestellt worden. In seiner Vermögensteuererklärung auf den 1. Januar 1986 ist ein Hinweis auf die Firma . oder eine gegen sie gerichtete Kapitalforderung nicht enthalten. Die Veranlagung auf den 01.01.1986 (Hauptveranlagung) wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt. Bei einer Überprüfung der Vermögensverhältnisse des Klägers wertete das Finanzamt die Steuerakten der Firma . aus und stieß dabei im Jahre 1989 auf ein Darlehn, daß der Kläger der Gesellschaft gewährt hatte. Das Finanzamt erließ daraufhin einen Änderungsbescheid,. in dem es die Darlehnsforderung gegen die Firma Wightman in Höhe von 724. 502 DM als Kapitalforderung erfaßte.

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Dagegen hat der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, mit der er sich gegen den Ansatz dieser Forderung wendet. Die Forderung sei nicht werthaltig. Die Firma Wightman sei überschuldet und damit konkursreif gewesen. Tatsächlich habe er deshalb auch nie versucht, die Forderung einzutreiben. Das habe er aus rechtlichen Gründen auch nicht können, denn der Versuch, die Forderung einzutreiben, hätte ihn der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung wegen Untreue ausgesetzt. Um das zu verhindern, habe er in einer Vereinbarung mit der Gesellschaft am 18. Juli 1984 zunächst auf sämtliche Zinszahlungen mit Wirkung vom 1. Januar 1981 verzichtet. Außerdem habe er zur Vermeidung einer Überschuldung mit Erklärung vom 25. September 1984 auf die Darlehnsforderung solange und soweit verzichtet, wie der Zustand der Überschuldung der Gesellschaft anhalte. Das Darlehn habe kapitalersetzenden Charakter.

4

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Vermögensteuerbescheides auf den 01.01.1986 vom 11. Dezember 1989 und Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 19. November 1990 die Vermögensteuer auf 1. 905 DM herabzusetzen.

5

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Der Beklagte ist der Auffassung, daß die Forderung gegen die Firma Wightman gemäß § 12 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) grundsätzlich mit dem Nennbetrag anzusetzen sei. Davon sei nach Abs. 2 der Norm nur dann abzusehen, wenn die Forderung uneinbringlich sei. Im Streitfall sei die Forderung des Klägers gegen die Firma . nicht uneinbringlich. Die Firma . sei nicht zahlungsunfähig gewesen und habe auch nie einen Konkursantrag gestellt. Selbst 1984 habe das Unternehmen die Forderung eines Dritten mit mehr als 550. 000 DM bedient. Außerdem sei die Krise der Firma . nur vorübergehender Natur gewesen. Nach dem GmbH-Gesetz sei die Rückzahlung eines Darlehns an den Gesellschafter nur solange nicht zulässig, wie sich die Gesellschaft in einer Krise befinde. Am streitigen Stichtag habe keine Krisensituation mehr bestanden.

7

Wegen des Vortrages der Parteien im übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klageverfahren sowie im Vorverfahren verwiesen.

Gründe

8

I.

Die Klage hat keinen Erfolg.

9

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 Vermögensteuergesetz (VStG) unterliegt bei unbeschränkt Steuerpflichtigen das Gesamtvermögen der Vermögensteuer. Zum Gesamtvermögen gehören gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1 BewG verzinsliche und unverzinsliche Kapitalforderungen jeder Art.

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Eine derartige Kapitalforderung ist die Darlehnsforderung des Klägers gegen die Firma . GmbH. Sie ist deshalb im Gesamtvermögen des Klägers zu erfassen. Dabei mag dahinstehen, ob die Forderung -; wie der Kläger vorträgt -; kapitalersetzenden Charakter im Sinne der §§ 30 ff. GmbHG hat. Selbst wenn das der Fall sein sollte, hätte das auf die Zuordnung der Forderung zum steuerpflichtigen Vermögen des Klägers keinen Einfluß. Der Senat stützt sich dabei auf die Gründe der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Februar 1992 I R 127/90, BFHE 166, 356, BStBl. II 1992, 532. Darin hat der BFH erkannt, daß Zinszahlungen für ein eigenkapitalersetzendes Darlehn bei der Gesellschaft grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Das beruhe darauf, daß die Beurteilung eines Gesellschafterdarlehns als eigenkapitalersetzendes weder die Umwandlung des Darlehns in haftendes Kapital noch dessen interne Gleichstellung mit Eigenkapital bedeute. Die sich aus der analogen Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG ergebende Rechtsfolge beschränke sich darauf, die Geltendmachung der Verbindlichkeit in der Krise auszuschließen, die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft würden im Verhältnis zu den Ansprüchen anderer Gläubiger zurückgestuft. Für das Innenrecht einer GmbH bleibe das eigenkapitalersetzende Darlehn allerdings -; auch im Lichte der im Steuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise -; Fremdkapital. Etwas anderes könne sich allenfalls im Hinblick auf § 42 Abgabenordnung (AO) ergeben, wenn, was für den Streitfall allerdings nicht zutrifft, z. B. die Gesellschaft eine auf rechenbare Einlageforderung gegen den Gesellschafter habe.

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Zur Überzeugung des erkennenden Senats haben die diesem Urteil zugrundeliegenden Rechtsgrundsätze Bedeutung über das Körperschaftssteuerrecht der Gesellschaft hinaus. Wenn nach der Erkenntnis des BFH ein kapitalersetzendes Darlehn weiterhin Fremdkapital der Gesellschaft bleibt, dann muß es korrespondierend dazu dem Vermögen des Gesellschafters zugeordnet werden. Ist es nach diesen Grundsätzen ertragsteuerlich dem Gesellschafter und nicht der Gesellschaft zugeordnet, dann besteht kein Grund, für den Bereich der Substanzsteuern eine andere Zuweisung vorzunehmen. Zutreffend hat deshalb der Bundesminister der Finanzen im Anschluß an das vorgenannte Urteil des BFH und mit ausdrücklichem Bezug darauf mit Erlaß vom 16. September 1992 IV B 7-S2742-61/92, BStBl. I 1992, 653 seinen früheren Erlaß vom 16. März 1987 IV B 7-S2742-3/87, BStBl. I 1987, 373 aufgehoben und damit verdecktes Nennkapital wieder als abziehbaren Schuldposten bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zugelassen. Dagegen regelt der weitere Erlaß vom 14. April 1994 IV B2-S2244-29/94, BStBl. 1994, 257, auf den der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verwiesen hat, einen anderen hier nicht vergleichbaren Sachverhalt.

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2. Nach alledem ist das streitige Darlehn Teil des steuerpflichtigen Gesamtvermögens des Klägers. Es ist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BewG grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen. Angesichts der Tatsache, daß die Gesellschaft über den Veranlagungszeitpunkt hinaus anderweitigen finanziellen Verpflichtungen hat nachkommen können, sieht das Gericht keine Veranlassung, von dieser Regelung abzuweichen.

13

Damit erweist sich der angefochtene Bescheid als zutreffend.

14

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.