Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.06.1996, Az.: XII 443/94

Steuerfreiheit einer Wiedereingliederungsbeihilfe für Pastoren; Wiedereingliederungsbeihilfe als Entschädigung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
21.06.1996
Aktenzeichen
XII 443/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 16464
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0621.XII443.94.0A

Fundstellen

  • EFG 1996, 1200-1201 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB DokSt 1998, 689

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1991

In dem Rechtsstreit
hat der XII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
durch
den Richter im Finanzgericht ... als Berichterstatter am 21. Juni 1996
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Steuerfreiheit einer Wiedereingliederungsbeihilfe nach § 19 des Auslandsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland.

2

Streitjahr ist das Jahr 1991.

3

Der Kläger ist Pastor im Dienste der evangelischen Kirche. In dieser Eigenschaft war der Kläger bis zum 14.05.1991 in Brasilien im Außendienst eingesetzt. Nach seiner Rückkehr erhielt er eine Wiedereingliederungsbeihilfe in Höhe von 37.988,00 DM.

4

Der Beklagte (das Finanzamt - FA-) versteuerte diesen Betrag als laufenden Arbeitslohn des Klägers.

5

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger gegen diese Entscheidung Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, daß die Wiedereingliederungsbeihilfe nicht der Besteuerung zu unterwerfen sei, hilfsweise tarifbegünstigt zu besteuern sei. Die Evangelische Kirche in Deutschland vertrete die Auffassung, daß es sich bei der Wiedereingliederungsbeihilfe nicht um eine Entschädigung im Sinne des§ 24 EStG handele. Der Anspruch auf Wiedereingliederungsbeihilfe bestehe deshalb bereits bei der Ausreise. Da die Entsendungszeiten von vornherein festgelegt seien, stehe vom Beginn des Auslandsdienstes an fest, wie hoch die Wiedereingliederungsbeihilfe sein werde. Im übrigen liege in der Besteuerung der Wiedereingliederungsbeihilfe ein Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, da eine Wiedereingliederungsbeihilfe, die Entwicklungshelfern gewährt werde, nach§ 3 Nr. 61 EStG ausdrücklich steuerfrei gestellt werde, dieses jedoch nicht für Pastoren gelte. Da grundsätzlich die Tätigkeiten von Pastoren und Entwicklungshelfern, die mehrere Jahre im Auslandsdienst eingesetzt seien, vergleichbar seien und die Zahlung der Wiedereingliederungsbeihilfe auf der gleichen Rechtsgrundlage erfolge, müsse auch eine entsprechende steuerliche Gleichbehandlung erfolgen.

6

Lediglich hilfsweise werde beantragt, die Wiedereingliederungsbeihilfe als Entschädigung gemäß § 24 EStG in Verbindung mit § 34 Abs. 1 EStG zu behandeln. Entsprechend sei bereits von anderen Finanzämtern bei anderen Steuerpflichtigen verfahren worden.

7

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 29.08.1994 und Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 04.11.1992

  1. 1.

    die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 37.988,00 DM herabzusetzen und die Steuer entsprechend zu mindern,

  2. 2.

    hilfsweise:

    die Wiedereingliederungsbeihilfe in Höhe von 37.988,00 DM als Entschädigung gemäß § 24 EStG zu behandeln und hierauf den ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 EStG anzuwenden.

8

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Eine Steuerfreiheit entsprechend § 3 Nr. 61 EStG komme nicht in Betracht, da sich diese Vorschrift ausdrücklich nur auf Entwicklungshelfer beziehe. Eine Gleichsetzung mit Pastoren komme deshalb nicht in Betracht. Diese Handhabung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, da sie alle Pastoren gleichermaßen betreffe, während es sich bei den Entwicklungshelfern um eine andere Berufsgruppe handele. Ein ermäßigter Steuersatz nach § 34 EStG käme nur für Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG in Betracht, also für Entschädigungen, die gezahlt würden als Ersatz für entgangene Einnahmen. Nach einer im Veranlagungsverfahren eingereichten Bescheinigung der EKD werde die Wiedereingliederungsbeihilfe jedoch zum Aufbau eines neuen Hausstandes geleistet und nicht direkt als Ersatz für die entgangenen Einkünfte in Inlandshöhe. Hierbei stünden offensichtlich soziale Aspekte im Vordergrund. Weitere Voraussetzung für die Annahme einer Entschädigung im Sinne des§ 24 EStG sei, daß der Anspruch auf die Wiedereingliederungsbeihilfe nicht schon bereits bei der Verpflichtung zur Aufnahme der Tätigkeit im Ausland bestanden habe. Dieses sei hier nicht der Fall. Ein Anspruch auf Zahlung der Wiedereingliederungsbeihilfe bestehe lt. Bescheinigung der EKD bereits lt. Gesetz vom 18.03.1954. Auch eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit im Sinne des§ 34 Abs. 3 EStG und der damit verbundenen Steuerermäßigung komme nicht in Betracht.

10

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Bezug genommen wird insbesondere auf die zu den Steuerakten gereichte Bescheinigung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom 31.01.1992 (Blatt 3 u. 4 der Einkommensteuerakte des Beklagten).

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist nicht begründet.

12

Die dem Kläger gewährte Wiedereingliederungsbeihilfe gehört zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem.§ 19 EStG. Die Wiedereingliederungsbeihilfe, die der Kläger nach seiner Rückkehr aus Brasilien in Höhe von 37.988,00 DM erhalten hat, ist nicht als steuerfrei zu behandeln. Insbesondere ergibt sich die Steuerfreiheit nicht aus § 3 Nr. 61 EStG. Nach dieser Vorschrift sind steuerfrei die Leistungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 3, §§ 9, 10 Abs. 1,§§ 13, 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Die Vorschrift begünstigt demgemäß ausdrücklich nur bestimmte Leistungen nach dem Entwicklungshelfergesetz (BGBl. I 69, 549). Wiedereingliederungsbeihilfen für Pastoren sind darin nicht genannt, so daß eine Anwendung dieser Vorschrift auf den Streitfall schon aus diesem Grunde nicht in Betracht kommt.

13

Zutreffend weist das FA im übrigen auch darauf hin, daß die Wiedereingliederungsbeihilfe nicht als Entschädigung im Sinne des § 24 EStG behandelt werden kann. In Betracht käme hier allenfalls eine Entschädigung, die gewährt wird als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1 a EStG). Wie die EKD in ihrer Bescheinigung vom 31.01.1992 ausdrücklich ausführt, erhalten aus dem Auslandsdienst in Übersee zurückkehrende Pastoren eine Wiedereingliederungsbeihilfe zum Aufbau eines neuen Hausstandes in Deutschland. Damit ist gleichzeitig deutlich gemacht, daß die Wiedereingliederungsbeihilfe nicht für entgehende oder entgangene Einnahmen im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG gezahlt wird. Eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 24 Nr. 1 a in Verbindung mit § 34 Abs. 1 EStG kommt demgemäß nicht in Betracht.

14

Auch eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 scheidet aus. Danach beträgt die Einkommensteuer auf Einkünfte, die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit sind, das dreifache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Drittels dieser Einkünfte. Erforderlich ist demgemäß, daß die Vergütung grundsätzlich für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlt wird. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn schon nach dem Wortlaut der Vorschrift muß die Vergütung geradefür die mehrjährige Tätigkeit gezahlt worden sein. Dies ist indes nicht der Fall, denn entsprechend der Bescheinigung der EKD vom 31.01.1992 wurde der Betrag von 37.988,00 DM ausdrücklich zum Aufbau eines neuen Hausstandes an den Kläger gezahlt.

15

Nach alldem konnte die Klage keinen Erfolg haben. Eine Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, denn die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

16

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

17

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Hiergegen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover Beschwerde eingelegt werden. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.