Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.06.1996, Az.: VII 533/95

Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs im Sinne des Einkommensteuerrechts; Gewerbliche Einordnung der Anfertigung und des Verkaufs von Schiffsmodellen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
26.06.1996
Aktenzeichen
VII 533/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18746
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0626.VII533.95.0A

Fundstelle

  • ZKF 1998, 58

Verfahrensgegenstand

Anfertigung und Verkauf von Schiffsmodellen als Gewerbebetrieb

Einkommensteuer 1990 und 1991

In dem Rechtsstreit
hat der VII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung am 26. Juni 1996
durch
den Richter am Finanzgericht ... als Berichterstatter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger mit der Veräußerung von Schiffsmodellen die private Vermögensverwaltung überschritten hat und bereits in den Streitjahren gewerblich tätig war.

2

Der Kläger war seit 1980 bis Ende 1991 mit kurzen Unterbrechungen arbeitslos. 1992 hat er bei der Stadt P. ein Gewerbe mit der Tätigkeit Bau und Verkauf von Schiffsmodellen (Kunsthandwerk) angemeldet.

3

Durch eine Antrage im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Sozialgerichts ... wurde dem Finanzamt bekannt, daß der Kläger bereits ab 1985 Schiffsmodelle gegen Entgelt für die M.-Werft in P. gebaut hat. Im Rahmen der daraufhin angeforderten Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen ab 1985 erklärte der Kläger folgende Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit

19851988198919901991
DMDMDMDMDM
Brutto-Einnahmen12.0002.50010.00038.00041.400
./. Betriebsausg.1.2002501.0003.8004.140
10.8002.2509.00034.20037.260
4

Der Beklagte besteuerte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden vom 30. November 1993 entsprechend Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1990 in Höhe von 34.200 DM und für 1991 in Höhe von 37.260 DM. Der Kläger beantragte, die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre zu ändern. Er trug dazu vor, daß er sein Gewerbe erst im Mai 1992 angemeldet habe. Diese Gewerbeanmeldung sei erfolgt, nachdem der Werftleiter M. ihm gegenüber erklärt habe, daß er mit weiteren Aufträgen rechnen könne. Ihm sei in Aussicht gestellt worden, für den Werftbetrieb in P. eine größere Anzahl von Schiffsmodellen zu fertigen. Bis dahin hätten sich die von ihm gefertigten Schiffsmodelle in seinem Privatvermögen befunden. Sie seien nicht in der Absicht hergestellt worden, diese später zu veräußern. Insbesondere habe er keine werdende Tätigkeit ausgeübt, sondern der Werftleiter M. habe nur zufällig von den Schiffsmodellen Kenntnis erlangt.

5

Mit Bescheid vom 8. September 1994 lehnte der Beklagte die Änderung der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre ab. Er wies darauf hin, daß nach seinen Unterlagen der Kläger aus eigener Initiative an die M.-Werft herangetreten und in deren Auftrag tätig geworden sei.

6

Der Kläger legte Einspruch ein. Er wiederholte sein Vorbringen, daß er bis Ende 1991 noch unentschlossen gewesen sei, ob er wiederholt handeln und die Schiffsmodelle verkaufen wolle. Da erst Ende 1991 seitens der M.-Werft deutlich gemacht worden sei, daß diese - einzige Abnehmerin seiner Schiffsmodelle - auch zukünftig bereit sei, Schiffsmodelle von ihm anzukaufen, habe er seine gewerbliche Tätigkeit erst 1992 begonnen.

7

Mit Einspruchsbescheid vom 10. August 1995 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte führte im einzelnen aus, daß der Kläger nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt und damit einen Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 2 EStG betrieben habe. Dem stehe nicht entgegen, daß der Kläger seine Tätigkeit nur für einen einzigen Abnehmer, nämlich die M.-Werft ausgeübt habe. Nachhaltig sei die Tätigkeit, weil sie auf Wiederholung angelegt gewesen sei. Der Kläger habe bei sich bietender Gelegenheit seine Schiffsmodelle verkaufen wollen. Den Bereich der privaten Vermögensverwaltung habe der Kläger in dem Moment verlassen, wo er unternehmerische Initiative entfaltet habe, d.h. plan- und zweckmäßig miteinander verbünden mit dem objektiv erkennbaren Ziel einer kurzfristigen Wertschöpfung aus Umschichtung von Vermögen gehandelt habe. Dadurch erhalte sein Handeln gewerblichen Charakter (Urteil des BFH vom 10. August 1983 I R 120/80, BStBl II 1984, 137). Kennzeichnend für den Gewerbebetrieb sei die planmäßige Realisierung selbst geschaffenen Mehrwerts. Es trete die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte entscheidend in den Vordergrund (Urteil des BFH vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BStBl II 1988, 277, 279).

8

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger hält im wesentlichen an seinem Vorbringen fest. Er weist darauf hin, daß bei einer Veräußerung der Schiffsmodelle nicht entsprechend die Grundsätze der sog. Drei-Objekt-Grenze des gewerblichen Grundstückshandels angewandt werden könnten. Zur Vermögensverwaltung gehöre auch eine gelegentliche Vermögensumschichtung, um sein Vermögen ertragreicher zu nutzen. Da er seine Übungsmodelle veräußert habe, habe er keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt.

9

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Der Beklagte hält im wesentlichen an dem Vorbringen des Vorverfahrens fest.

12

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79 a Abs. 3, 4 FGO) einverstanden erklärt.

13

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten (Steuernummer ...).

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist nicht begründet.

15

Zu Recht hat der Beklagte die Gewinne aus dem Verkauf der Schiffsmodelle schon in den Streitjahren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG besteuert, denn der Kläger hat bereits in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb unterhalten. Nach § 15 Abs. 2 EStG ist ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und es sich dabei weder um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit handelt. Außerdem müssen die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten sein (Urteil des BFH vom 11. März 1992 XI R 17/90, BStBl II 1992, 107 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.

16

Zu Recht weist der Kläger darauf hin, daß bei Anfertigung der ersten Schiffsmodelle und ihrer Veräußerung in den Jahren 1985 bis 1989 noch keine gewerbliche Tätigkeit vorgelegen hat. Zunächst war entsprechend dem Vortrag des Klägers davon auszugehen, daß er die Schiffsmodelle gebaut hat, um die Arbeitslosigkeit zu überbrücken. Dies änderte sich erst, als der Kläger feststellte, daß er sich bei einer weiteren Beschäftigung mit dem Schiffbau erfolgreich der Tätigkeit als Modellbauer widmen könne. Dieser Umschwung ist nach Auffassung des Gerichts spätestens eingetreten, nachdem der Kläger 1989 sein drittes Schiff an die M.-Werft zu einem Preis von 10.000 DM verkauft hat. Dies zeigen die in der Folgezeit gebauten und veräußerten Schiffsmodelle, deren Erlöse beständig gestiegen sind. Zur Überzeugung des Gerichts steht damit fest, daß der Kläger spätestens ab 1990 gezielt Schiffsmodelle angefertigt hat, um sie zu veräußern. Damit hat der Kläger spätestens im Streitjahr 1990 seine gewerbliche Tätigkeit begonnen. Die Gewerbeanmeldung erst 1992 ist ohne Belang. Wegen der weiteren Begründung insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dem Einspruchsbescheid Bezug genommen (§ 105 Abs. 5 FGO).

17

Danach konnte die Klage keinen Erfolg haben und war abzuweisen.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.