Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 25.08.2004, Az.: 1 A 209/02

Anstellungsvertrag; Arbeitsverhältnis; Aufbauhilfe; Beschäftigungsverhältnis; Erwerbseinkommen; Neubegründung; privater Anstellungsvertrag; Ruhensregelung; Verlängerung ; Versorgungsbezüge

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
25.08.2004
Aktenzeichen
1 A 209/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50858
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Anwendung der Ruhensregelung gemäß § 53 BeamtVG auf sein Ruhegehalt ohne Berücksichtigung der Übergangsregelung in § 4 Abs. 1 BeamtVÜV ab dem 1. April 2002.

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Der am 4. Januar 1939 geborene Kläger erhält aus seinem früheren Amt als Stadtdirektor seit dem 1. April 1997 ein Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Er ist daneben seit dem 1. April 1997 aufgrund eines privaten Anstellungsvertrages als Verwaltungsdirektor der B. zu H. tätig und erzielt daraus ein Erwerbseinkommen. Der am 20. Dezember 1996 unterzeichnete Anstellungsvertrag war nach § 9 Abs. 1 Satz 1 für die Zeit vom 1. April 1997 bis 31. März 2002 geschlossen worden. Eine einvernehmliche Verlängerung war nach § 9 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages möglich. Unter dem 8. April 2001 wurde die Verlängerung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen bis zum 31. August 2003 vereinbart.

3

Während die Beklagte das Ruhegehalt des Klägers in der Zeit vom 1. April 1997 bis 31. 2002 der Ruhensregelung nach § 53 BeamtVG i.V.m. § 4 Abs. 1 BeamtVÜV unterwarf mit der Folge, dass eine „Kürzung“ nicht vorgenommen werden musste, teilte sie dem Kläger mit Bescheid vom 23. April 2002 mit, dass ab dem 1. April 2002 die Ruhensregelung allein nach § 53 BeamtVG erfolge. Die günstigere Ruhensregelung des § 4 Abs. 1 BeamtVÜV könne nicht mehr angewendet werden, da diese nur für Verträge gelte, die vor dem 31. Dezember 1999 begründet worden seien. Die Verlängerung des bis zum 31. März 2002 befristeten Vertrages am 8. April 2001 stelle einen Neuvertrag dar, für den § 4 BeamtVÜV nicht mehr gelte. Im Übrigen erfülle die Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31. März 2002 hinaus nicht mehr die Kriterien der Aufbauhilfe. Der errechnete Ruhensbetrag betrug 1.549,72 EUR monatlich.

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Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und führte im Wesentlichen an: Die Verlängerung seines Anstellungsvertrages zu den bisherigen Bedingungen stelle nicht die Begründung eines neuen Vertrages dar. Vielmehr handele es sich bei der Verlängerung nur um die Fortführung der mit Wirkung vom 1. April 1997 begründeten Tätigkeit, so dass seine Tätigkeit weiterhin der Regelung des § 4 Abs. 1 BeamtVÜV unterfalle. Die von ihm fortzuführende Tätigkeit als Verwaltungsdirektor der C. erfülle auch weiterhin das Kriterium der Aufbauhilfe im Sinne der Beamtenversorgungsübergangsverordnung.

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Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2002 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die sogenannte Verlängerung des bis zum 31. März 2002 befristeten Vertrages rechtlich eine Neubegründung darstelle mit der Folge, dass § 4 Abs. 1 BeamtVÜV nicht mehr anwendbar sei. Auf die Frage, ob die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit noch die Merkmale der Aufbauhilfe erfülle, komme es daher nicht an.

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Am 4. Juli 2002 hat der Kläger Klage erhoben.

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Während des Klageverfahrens ist eine weitere Verlängerung des Vertrages bis zum 30. September 2003 erfolgt.

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Zur Begründung der Klage wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Vorverfahren; er legt insbesondere nochmals dar, dass auch seine weitere Tätigkeit bei den B. als Aufbauhilfe zu qualifizieren sei.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm bis zur Beendigung des mit den C. bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Ruhegehalt unter Anwendung von § 53 BeamtVG i.V.m. § 4 Abs. 1 BeamtVÜV zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

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Der Bescheid der Beklagten vom 23. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch darauf, dass sein Ruhegehalt ab dem 1. April 2002 weiterhin unter Berücksichtigung der Ruhensregelung gemäß § 53 BeamtVG i.V.m. § 4 Abs. 1 BeamtVÜV berechnet wird.

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Gemäß § 53 BeamtVG werden Versorgungsbezüge neben Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen nur bis zu einer Höchstgrenze gezahlt. Diese Höchstgrenze ergibt sich im Regelfall aus § 53 Abs. 2 BeamtVG. Für Beamte und Richter im Ruhestand, die wegen ihrer besonderen Fachkenntnisse zum Zwecke der Aufbauhilfe im Beitrittsgebiet verwendet werden, findet hingegen § 53 BeamtVG ab dem 1. August 1991 nur insoweit Anwendung, als die Summe von Versorgungsbezüge und Verwendungseinkommen eine Höchstgrenze von 130 v.H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge überschreitet, nach denen sich das Ruhegehalt bemisst (§ 4 Abs. 1 BeamtVÜV). Diese Bevorzugung von Beschäftigungsverhältnissen zum Zwecke der Aufbauhilfe gilt jedoch nur für solche Beschäftigungsverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2000 begründet wurden (§ 4 Abs. 3 BeamtVÜV).

18

Die Beklagte hat zutreffend dargelegt, dass die am 8. April 2001 zwischen dem Kläger und der D. vereinbarte „Verlängerung“ seines Anstellungsvertrages eine Neubegründung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 4 BeamtVÜV darstellt, so dass diese Sonderregelung seit dem 1. April 2002 auf den Kläger nicht mehr anwendbar ist. Der ursprüngliche Anstellungsvertrag vom 20. Dezember 1996 ist nach § 9 Abs. 1 Satz 1 für die Zeit vom 1. April 1997 bis zum 31. März 2002 begründet worden. Dieser ausdrücklich befristete Vertrag endete rechtlich mit Ablauf des 31. März 2002 (§ 620 Abs. 1 BGB). Der bloße Hinweis in § 9 Abs. 1 Satz 2, dass der Vertrag einvernehmlich verlängert werden könne, stellt, wie die Beklagte zutreffend erkannt hat, lediglich eine Option dar. Bei Wahrnehmung dieser Option handelt es sich rechtlich gesehen um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses - wenn auch mit denselben Bedingungen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der befristete Vertrag die Regelung enthalten hätte, dass er sich automatisch verlängere, wenn er nicht gekündigt werde oder ein Beteiligter sein entsprechendes Wahlrecht ausübe. Eine derartige Regelung enthält der Vertrag aber gerade nicht. Zur weiteren Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid Bezug, denen sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

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Liegt somit rechtlich die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach dem 31. Dezember 1999 vor, kann die Frage, ob die weitere Tätigkeit des Klägers eine solche zum Zwecke der Aufbauhilfe darstellt, letztlich offen bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 10.6.1999 - 2 C 3.99 -, ZBR 2000, 39) ist Aufbauhilfe im Sinne des § 3 Abs. 1 BeamtVÜV Hilfe beim Aufbau neuer oder bei der Umgestaltung vorhandener, jedoch den Anforderungen einer rechtstaatlichen und effektiven Verwaltung oder Justiz nicht genügender organisatorischer Strukturen. Aufgrund der Beschreibung der Tätigkeiten des Klägers ist es zumindest nicht ganz zweifelfrei, ob seine weitere Tätigkeit bei den B. tatsächlich noch dem Aufbau neuer organisatorischer Strukturen für die B. dient. Man könnte auch daran denken, dass es nunmehr lediglich noch um die Konsolidierung bereits geschaffener Strukturen geht. Hierauf kommt es aber, da von einer Neubegründung eines Beschäftigungsverhältnisses auszugehen ist, nicht mehr an.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

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Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.