Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 18.08.2004, Az.: 1 A 253/04

Alimentationsprinzip; Arglist; Aussetzung des Verfahrens; Besoldungsdifferenz; Einstellungsteilzeit; Ermessen; Haushaltskonsolidierung; Lebenszeitanstellung; Lehrerarbeitszeit; materielle Gerechtigkeit; reduzierte Arbeitsleistung; Teilzeit; Teilzeitanordnung; Unerträglichkeit; Vollalimentation; Vollzeitbeschäftigung; Wiederaufgreifen; Wiederaufgreifen des Verfahrens; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Zwangsteilzeit für Lehrer

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
18.08.2004
Aktenzeichen
1 A 253/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50868
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Materielle Gerechtigkeit ist ein herausragendes Element des Rechtsstaates, so dass der Bürger grundsätzlich ein Recht darauf hat, von rechtswidrigen Verwaltungsakten verschont zu bleiben.

2. Die Aufrechterhaltung zwangsweise auferlegter - bestandskräftiger - Teilzeitbeschäftigung ist dann unerträglich, wenn deren Rechtswidrigkeit erkennbar, aufgrund bekannter Urteile der Fachgerichte (hier des Nds. OVG und des BVerwG) sogar offenkundig ist und auf der Hand liegt; dann kommt nur ein Wiederaufgreifen des Verfahrens in Betracht (§ 51 Abs. 5 VwVfG).

3. Auf eine Bestandskraft kann sich die Behörde dann nicht mehr berufen, wenn sie selbst den bestandskräftigen Bescheid bereits angetastet und abgeändert hat.

4. Der Vorhalt, der Beamte habe wegen einer zwangsweise (rechtswidrig) herabgesetzten und dementsprechend auch nur abgeleisteten Arbeitszeit (als Folge reduzierter Unterrichtsverpflichtungen) auch nur entsprechend reduzierte Schadensersatzansprüche, ist in hohem Maße treuwidrig und arglistig iSv § 242 BGB.

5. Die "widerspruchslose Hinnahme" rechtswidrig erzwungener Teilzeitbeschäftigung führt nicht zu einem (angeblichen) "Verzicht" auf verfassungsrechtlich verankerte Grundprinzipien.

6. Eine Zwangsteilzeit ist dem Beamtenrecht mit seinem Prinzip der hauptberuflichen Lebenszeitanstellung grundsätzlich fremd.

7. Eine sozialstaatliche Rechtfertigung arbeitsmarktpolitischer Teilzeitbeschäftigung kann nur dann Geltung beanspruchen, wenn die arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit eindeutig außer Zweifel steht. Das ist bei bloßen Haushaltssanierungs- und Sparmaßnahmen nicht der Fall.

8. Solange die verfassungskonforme Auslegung einer Norm in Betracht kommt, scheidet eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht aus.

Tatbestand:

1

Die Klägerin erstrebte ursprünglich eine Vollzeitbeschäftigung, nachdem ihr durch einseitige Verfügung der Beklagten nur eine Teilzeitbeschäftigung aufgezwungen worden war. Nach deren Aufhebung zum 31. Juli 2002 begehrt sie noch die Nachzahlung der Gehaltsdifferenz für die Zeit 1998 bis 2002 und einen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Ausgleich.

2

Die 1972 in F. geborene und 1975 eingebürgerte Klägerin wurde nach Abitur und Studium mit Staatsprüfungen durch Urkunde vom 12. August 1998 zum 1. September 1998 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin z.A. im Nds. Landesdienst ernannt und an der Grundschule W. / U. eingesetzt. Gleichzeitig jedoch wurde durch Bescheid ohne Rechtsmittelbelehrung vom 6. August 1998 verfügt, dass sie zwar Dienstbezüge der BesGr. A 12 BBesO erhalte, sie aber gem. § 80 b NBG zunächst - bis zum 31. August 2002 - nur mit regelmäßig 21 statt derzeit 28 Wochenstunden beschäftigt werde. Erst ab 1. September 2002 erfolge eine Vollbeschäftigung. Mit Bescheid vom 21. Oktober 1998 wurde die Stundenzahl zum 1. Januar 1999 auf 22,5 angehoben. Mit Wirkung vom 1. September 1999 wurde sie - unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit - zur Lehrerin ernannt. Ab 1. August 2002 wurde sie vorzeitig schon mit voller Stundenzahl beschäftigt.

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Gegen die verfügte Teilzeitbeschäftigung wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 6. April 2000, da die „zwangsweise Teilzeitbeschäftigung für rechtswidrig gehalten wird“; sie beantragte die Einweisung in eine volle Beamtenstelle nebst Nachzahlung der Differenzbezüge zu einer vollen Stelle. Mit Schreiben vom 5. Juli 2000 verwies sie ergänzend darauf, dass ihr eine Wahlfreiheit nicht zur Verfügung gestanden habe.

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Durch Bescheid vom 21. August 2000 wurde diese Eingabe nebst Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Festsetzung einer 4-jährigen Teilzeitbeschäftigung sei inzwischen bestandskräftig geworden, weil nicht binnen eines Jahres Widerspruch eingelegt worden sei (§ 58 Abs. 2 VwGO). Es bestehe auch kein Anlass, das Verfahren wieder aufzugreifen und die festgelegte Teilzeitbeschäftigung abzuändern. Insbesondere folge das nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht v. 2. März 2000, das zum Hessischen, nicht aber zum Niedersächsischen Beamtengesetz ergangen sei; es sei nicht auf die Nds. Regelung übertragbar. § 80 c NBG (früher: § 80 b NBG) berühre zwar beamtenrechtliche Grundsätze, lasse sie aber wegen der zeitlichen Beschränkung in ihrem Kernbestand unverändert. Unter diesen Umständen scheide ein Wiederaufgreifen gem. §§ 1 Abs. 1 NdsVwVfG, 51 Abs. 1 VwVfG aus, zumal sich die Sach- und Rechtslage nicht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich geändert habe. Außerdem sei sie tatsächlich nur im „Umfang der herabgesetzten Arbeitszeit tätig gewesen“, was nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.

5

Gegen diesen Bescheid, der lt. Rechtsmittelbelehrung den Widerspruch eröffnete, legte die Klägerin unter Bezug auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 nochmals mit Schreiben vom 19. September 2000 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 27. September 2000 mit der Begründung zurückgewiesen wurde, Gründe für ein Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, so dass auf den vorangegangenen Bescheid verwiesen werde.

6

Zur Begründung ihrer am 27. Oktober 2000 erhobenen Klage bezieht sich die Klägerin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2.März 2000 (ZBR 2000, 209 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) und legt dar, die von der Beklagten vorgetragenen Differenzierungen zwischen dem Hessischen und dem Niedersächsischen Beamtengesetz könnten eine von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweichende Entscheidung nicht tragen. Die Beklagte verkenne die Reichweite des ergangenen Urteils, das die Unzulässigkeit einer Zwangsteilzeit ganz allgemein feststelle. Nicht die Teil-, sondern gerade die Vollzeitbeschäftigung sei das Leitbild beamtenrechtlicher Amtsverhältnisse. Eine einseitige Gestaltung der „Rahmenbedingungen“ eines öffentlichen Amtes sei der Beklagten wegen Art. 33 Abs. 5 GG und des dort verankerten Grundsatzes der vollzeitigen Amtswahrnehmung bzw. der Vollzeitbeschäftigung verwehrt. Eine Teilzeitbeschäftigung komme nur bei Zubilligung einer Wahlfreiheit in Betracht. Bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung gem. §§ 48, 49 VwVfG hätte die Beklagte demgemäß dazu kommen müssen, dass ihr Spielraum auf Null reduziert sei, zumal schon seit BVerwGE 82, 196 ff. bekannt gewesen sei, dass nur bei Wahrung der Freiwilligkeit und Wahlfreiheit eine Kürzung der Arbeitszeit nebst Besoldung und Versorgung möglich sei. Mit Wirkung vom 1. August 2002 an unterrichtete die Klägerin mit voller Stundenzahl. Die Klägerin hat daher ihren Anspruch auf eine künftige Vollzeitbeschäftigung über den 31. Juli 2002 hinaus für erledigt erklärt.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. August 1998 hinsichtlich der Anordnung von Teilzeitbeschäftigung und des Bescheides vom 21. August 2000 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2000 zu verurteilen, der Klägerin die Gehaltsdifferenz zwischen 21/28 Anteilen der Bezüge der Besoldungsgruppe A 12 BBesO und den vollen Bezügen für 28 Wochenstunden rückwirkend vom 1. September 1998 bis zum 31. Dezember 1998 und daneben die Gehaltsdifferenz zwischen 22,5/28 Anteilen der Bezüge der Besoldungsgruppe A 12 BBesO und den vollen Bezügen für 28 Wochenstunden rückwirkend vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2002 nebst 5 Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und sie versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre sie seit ihrer Einstellung vollzeitig beschäftigt worden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgerichts vorzulegen und

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weiter hilfsweise das Verfahren analog § 94 VwGO bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen.

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Sie schließt sich der Erledigungserklärung des Klägers hinsichtlich der Zeit über den 31. Juli 2002 hinaus an und meint - ohne noch weiter auf die Frage eines Wiederaufgreifens einzugehen - im Übrigen, die Klägerin habe in der Sache selbst keinen Anspruch auf eine rückwirkende Vollbeschäftigung und Nachzahlung der Differenzbezüge, u.zw. weil § 80 c NBG anzuwenden sei, der die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in seinem Kernbestand strukturell nicht verändere. Es werde angeregt, das Verfahren entweder gem. Art. 100 GG auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, oder aber es analog § 94 VwGO auszusetzen, da die Nds. Landesregierung beim Bundesverfassungsgericht ein Normbestätigungsverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG eingeleitet habe, von dessen Ausgang eine Klärung des Handlungsspielraums des Nds. Landesgesetzgebers erwartet werde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, auch begründet.

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Die Klage hat insoweit Erfolg, als es um die Erstattung der Gehaltsdifferenz nebst Prozesszinsen und einen versorgungsrechtlichen Ausgleich für die Zeit von 1998 bis zum 31. Juli 2002 geht. Im Übrigen - hinsichtlich der ursprünglich erstrebten Vollzeitbeschäftigung - ist das Verfahren aufgrund der Erledigungserklärungen der Beteiligten einzustellen. Die 1998 zur Beamtin a. Probe ernannte Klägerin wird durch die (begleitend) verfügte Teil- statt Vollzeitbeschäftigung und der damit einhergehenden Kürzung der Besoldung von 100 % auf nur 21 / 28 bzw. - ab 1.1.1999 - auf 22,5 / 28 Anteile (mit versorgungsrechtlichen Auswirkungen) in ihren Rechten verletzt, § 113 VwGO.

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1. Die Beklagte kann sich nicht auf die Bestandskraft ihres Ausgangsbescheides berufen und ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zugunsten der Klägerin letztlich ablehnen.

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1.1 Zunächst einmal scheidet hier bezüglich der abgelaufenen Jahresfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Da beim Ausgangsbescheid die Belehrung iSv § 58 Abs. 2 VwGO unterblieben ist, kommt grundsätzlich die Ausschlussfrist zum Zuge. Allerdings ist für den Fall „höherer Gewalt“ eine Wiedereinsetzung gem. § 60 Abs. 2 VwGO möglich (§ 58 Abs. 2 S. 2 VwGO), wobei als Gewalt auch die unverschuldete Unkenntnis über das Ergehen eines Verwaltungsakts bzw. der unverschuldete Irrtum über den Charakter eines Schreibens als Verwaltungsakt gelten soll (Kopp, VwGO-Komm. § 58 Rdn. 20 m.w.N.). Allerdings kann bei der Klägerin davon ausgegangen werden, dass sie die Verfügung im Rahmen einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ als verbindliche Regelung gewertet und sie so „laienhafte“ Kenntnis vom Ergehen eines Verwaltungsaktes hatte.

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1.2. Mangels Wiedereinsetzung kommt es somit auf eine Beseitigung der Bestandskraft durch die Beklagte im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens an. Dieses Wiederaufgreifen ist allerdings zweispurig angelegt (1.2.1 und 1.2.2). § 51 VwVfG gewährt - bei Vorliegen seiner Voraussetzungen - einerseits einen Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen (1.2.1), andererseits aber davon losgelöst noch einen Anspruch auf eine sachgerechte Ermessensentscheidung (1.2.2).

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1.2.1 Soweit es um ein Wiederaufgreifen iSv. § 51 Abs. 1 VwVfG geht, ist nach dem Wortlaut des § 51 Abs. Nr. 1 VwVfG klar, dass eine Änderung der Rechtsprechung nicht auch eine Änderung der Rechtslage darstellt (vgl. BVerwG, NJW 1981, 2595). Hiernach war und ist ein Wiederaufgreifen mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 nicht geboten.

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1.2.2 Allerdings regelt § 51 VwVfG das Wiederaufgreifen „nur zum Teil“ (BVerwG, NJW 1981, 2595, sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne). Daneben ist - ohne das Rechtsansprüche vermittelnde „Korsett“ des § 51 Abs. 1 VwVfG - ein Wiederaufgreifen auch dann noch zulässig (und bei Reduzierung auf Null geboten), wenn Ermessensgründe (§§ 48, 49 VwVfG) für ein solches Wiederaufgreifen sprechen (vgl. § 51 Abs. 5 VwVfG), u.zw. unabhängig von einem entsprd. Antrag auf Wiederaufgreifen (vgl. dazu VGH Kassel, NVwZ 1995, 394 f. [BVerwG 25.01.1995 - BVerwG 8 N 2.93]).

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Das Ermessen hinsichtlich der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 48 VwVfG) ist davon bestimmt, dass jeder rechtswidrige Verwaltungsakt voraussetzungslos zurückgenommen werden darf und muss, wenn sich die Sach- und Rechtslage so geändert hat, dass dem Bürger ein Festhalten am Verwaltungsakt nicht mehr zumutbar ist (Kopp, VwVfG-Kommentar, 8. Aufl. § 48 Rdn. 55 m.w.N.) oder aber aus anderen Gründen ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre (BVerwGE 44, 336 [BVerwG 30.01.1974 - BVerwG VIII C 20.72]; NVwZ 1985, 265). Denn der Bürger hat gem. Art. 2 Abs. 1 GG ein Recht darauf, von rechtswidrigen Verwaltungsakten verschont zu bleiben. Zudem steht der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit gleichwertig neben dem der Rechtssicherheit (BVerwGE 28, 122 f/127), ja er hat sogar herausragende und die Rechtssicherheit „überflügelnde“ Bedeutung (vgl. dazu eingehend Beaucamp, DVBl. 2004, S. 352 ff. m.w.N.), wie beispielsweise § 44 Abs. 1 SGB X zeigt. Denn es ist mit Art. 20 Abs. 3 GG schwer vereinbar, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt im Sekundärrechtsschutz nur deshalb dauerhaft aufrechtzuerhalten, weil die Anfechtungsfristen abgelaufen sind:

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„Die schnelle Erledigung von Verwaltungsverfahren kann deshalb nicht oberste Priorität haben, es kommt vielmehr auf die rechtsstaatliche Bewältigung an“ (Beaucamp, aaO., S. 353).

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Materielle Gerechtigkeit - verstanden als ein faires Entscheidungsergebnis - ist daher ein herausragendes Element des Rechtsstaates und hat daher im grundgesetzlich verfassten Staat entsprechend grundlegende Bedeutung (BVerfGE 7, 89 [BVerfG 24.07.1957 - 1 BvL 23/52] / 92; BVerfGE 49, 148 [BVerfG 09.08.1978 - 2 BvR 831/76] / 164; BVerfGE 52, 131 [BVerfG 24.07.1979 - 2 BvF 1/78] / 144f.; BVerfGE 70, 297 / 308; Schnapp, in v. Münch/Kunig, GG-Kommentar, Art. 20 Rdn. 30).

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Unerträglichkeit iSd Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auf diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund daher schon dann gegeben sein, wenn in anderen Fällen Anträgen stattgegeben wurde „und Art. 3 GG die Gleichbehandlung verlangt“ (Kopp, aaO.). Auch kann ein Festhalten am bestandskräftigen Verwaltungsakt als ein Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen (Kopp, aaO.) - ein Grundsatz, der hier durch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 79 BBG, § 87 NBG) unterstützt wird: Die Schutz- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 4 GG (Dienst- u. Treueverhältnis) vorgegeben und gilt als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums mit Verfassungsrang (BVerfGE 44, 249; 58, 76; 83, 89/98; Schnellenbach, ZBR 1981, 301). Der Anspruch auf Schutz und Fürsorge äußert sich u.a. darin, dass bei Ermessensentscheidungen und der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe sachlich gerecht und wohlwollend verfahren wird. Die Fürsorgepflicht, welche die Beklagte bindet, wird so in beamtenrechtlichen Verfahren zum Auslegungsprinzip (Battis, BBG-Komm. 2. Auflage, § 79 Rdn. 6 m.w.N.).

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Nach diesen Grundsätzen ist hier die Aufrechterhaltung der angegriffenen Bescheide zur Zwangsteilzeit für einen abgekürzten Zeitraum „unerträglich“. Denn Art. 3 GG wie vor allem auch Grund und Grad der Rechtswidrigkeit (daneben auch die Fürsorgepflicht sowie Treu und Glauben) gebieten im vorliegenden Fall ein Wiederaufgreifen rechtsstaatlich und verfassungsrechtlich in einer solchen Weise, dass sich die Beklagte dem nicht mehr entziehen kann, ihr Ermessen vielmehr auf Null geschrumpft ist. Vgl. dazu VGH Mannheim NVwZ 1989, 882:

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„Dem Kl. ist jedoch darin zu folgen, daß die Aufrechterhaltung des Prüfungsbescheids vom 17. 7. 1985 "schlechthin unerträglich" wäre. Insoweit sind im Rahmen der Ermessensbetätigung nach § 48 I 1 BadWürttVwVfG der Grund der Rechtswidrigkeit dieses Prüfungsbescheids und der Grad der Offenkundigkeit dieses Fehlers von Bedeutung (vgl. BVerwGE 28, 121 (127) = NJW 1968, 315 [BVerwG 19.10.1967 - BVerwG III C 54.66]). In diesem Zusammenhang hat der Senat in dem bereits erwähnten Beschluß vom 20. 3. 1986 (KMK-HSchR 1987, 93) u. a. folgendes ausgeführt....“

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Dem Rechtswidrigkeitsgrund wie vor allem seiner Erkennbarkeit kommen - im Unterschied zu den gebundenen Ansprüchen auf Wiederaufgreifen (§ 51 Abs. 1 VwVfG) - herausragende Bedeutung zu für die Ermessensentscheidung, ob das Verfahren wiederaufzugreifen ist (so ganz ausdrücklich BVerwG NVwZ- RR 1990, 26). Maßgeblich dafür, ob ein Verfahren wiederaufzugreifen ist, ist letztlich eine Gewichtung von Grund und Grad der Rechtswidrigkeit anhand aller Umstände des Einzelfalles (BVerwG, aaO).

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Hier gebieten weniger die Fürsorgepflicht als vielmehr Grund wie auch Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides vom 17. August 1998 ein Wiederaufgreifen:

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Der Grund der Rechtswidrigkeit - ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen den durch Art. 33 Abs. 5 GG grundrechtsähnlich verbürgten Grundsatz hauptberuflicher Lebenszeitanstellung - hat hier ganz erhebliches Gewicht. Es handelt sich nämlich bei Art. 33 Abs. 5 GG um eine spezielle Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips (AK-GG-Kittner, Art. 20 Abs. 1-3 IV Rdn. 86 m.w.N.). Dieser Verfassungsgrundsatz kann von der Beklagten nicht mit der Erwägung beiseite geschoben werden, es sei ihr um eine „rechtlich zulässige Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses“ gegangen. Die höchstrichterliche Bewertung dieses Versuchs einer Ausgestaltung steht der Erwägung eindeutig entgegen (BVerwG, ZBR 2000, 210; Nds. OVG, NdsVBl. 2002, 160 und NordÖR 2002, 134). Der Grad der Offenkundigkeit dieses Fehlers - erkennbar aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung schon aus dem Jahr 1989, aber vor allem auch aus dem Jahr 2000 - war und ist extrem hoch. Die entsprechenden Gesichtspunkte waren hier im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides schon angelegt, wie z.B. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.3. 1992 (NVwZ 1992, 1098; vgl. auch BVerwGE 82, 196 f.) aufzeigt, das bereits die Rechtswidrigkeit einer Arbeitszeitermäßigung ohne Wahlmöglichkeit der neu einzustellenden Beamten konstatiert hat. Schon auf der Grundlage dieser - der Beklagten bekannten - Rechtsprechung musste der Beklagten klar sein, dass eine Zwangsteilzeit für Beamte jedenfalls doch bedenklich und nicht frei von Zweifeln ist. Deren Rechtswidrigkeit lag für die sachkundige Beklagte aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon mehr oder weniger auf der Hand. Trotz des § 80 b NBG musste daher die Beklagte mit der Rechtswidrigkeit auch ihrer neuen Einstellungspraxis rechnen, zumal der durch Art. 33 Abs. 5 GG verbürgte Grundsatz hauptberuflicher Lebenszeitanstellung gegen die Zulässigkeit einer Zwangsteilzeit sprach. Bei dieser Lage der Dinge (s.o., vgl. BVerwGE 82, 196 f.) verwundert es, dass die Beklagte noch im Jahre 2000 Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Nds. Regelung in Abrede gestellt hat.

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Die entsprechenden Gesichtspunkte sind aber jetzt - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (03.05.2004) als dem einer möglichen Verpflichtung zum Wiederaufgreifen und einer Ermessensbetätigung auf Seiten der Beklagten - noch sehr viel deutlicher, ja unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.6.2002 (- 2 B 12.02 ) und der Rechtsprechung des Nds. OVG (NdsVBl. 2002, 160 und NordÖR 2002, 134) derart klar und eindeutig konturiert worden, dass ein Festhalten an den als rechtswidrig erkannten Bescheiden - noch dazu für einen überschaubaren Zeitraum - völlig unerträglich wäre. Im genannten Beschluss v. 18.6.2002 hat das Bundesverwaltungsgericht speziell für den Fall einer niedersächs. Beamtin nochmals deutlich unterstrichen, dass eine Teilzeitbeschäftigung neu einzustellender Beamter

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„nur verfassungsgemäß (ist), wenn sie zur Voraussetzung hat, dass die Teilzeitbeschäftigung mit dem Willen dieser Beamten übereinstimmt. Die Interpretation des § 80 c NBG, dass § 80 c NBG dieses Erfordernis enthält, entspricht dem, was der Senat zur Auslegung des § 85 c HBG ausgeführt hat.“

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Diese Rechtsprechung kann nicht - wie die Beklagte das versucht - im Staat der Gewaltenteilung einfach ignoriert werden; sie ist vielmehr überzeugend. Wenn die Beklagte demgegenüber auf eine Interpretation des § 44 a BRRG zurückzugreifen sucht, die ihren Rechtsstandpunkt begründen können soll, so ist das inzwischen - aufgrund der aufgezeigten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte - irrelevant. Die Rechtswidrigkeit der Praxis der Beklagten ist durch die zuständigen Fachgerichte durch alle Instanzen und auch höchstrichterlich festgestellt worden und daher jetzt nicht mehr in Frage zu stellen.

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Wird die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung - wie hier - durch höchstrichterliche Rechtsprechung eindeutig aufgedeckt und klar gestellt, so hat das bei der Ermessensentscheidung über das Wiederaufgreifen in einem Rechtsstaat ausschlaggebende Bedeutung:

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„Zudem muss berücksichtigt werden, dass das BVerwG erst in seinen Entscheidungen v. 19.9.2001 die Nichtigkeit der TKLGebV 1997 festgestellt hat. Angesichts der Tatsache, dass die Rechtslage durch diese Entscheidungen erstmals eindeutig geklärt wurde, erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass die betroffenen Unternehmen bis dahin auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Reg TP vertrauten und erst dann die Erstattung der Lizenzgebühren geltend machten. Dies spricht dagegen, dass die Reg TP bei ihrer Ermessensentscheidung die Nichteinlegung von Rechtsbehelfen durch die betroffenen Unternehmen als ausschlaggebend berücksichtigen darf. Dass der Erlass neuer höchstrichterlicher Urteile i.R.v. § 48 Abs. 1 VwVfG zwar für sich genommen nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null führt, aber bei der Ermessensentscheidung der Verwaltung eine wesentliche Bedeutung hat, wenn und soweit hierdurch die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eindeutig aufgedeckt wird, ist i.Ü. anerkannt.28 Vorliegend ergibt sich aus der Feststellung der Nichtigkeit der TKLGebV 1997, dass sämtliche Lizenzgebührenbescheide der Reg TP zwingend rechtswidrig sind, da sie ohne gültige Ermächtigungsgrundlage erlassen wurden. Die Fehlerhaftigkeit der Gebührenbescheide ist deshalb nunmehr offensichtlich, was ebenfalls in erheblichem Maße für die Verpflichtung der Reg TP zur Rücknahme der Gebührenbescheide und die Erstattung der gezahlten Gebühren spricht.“ -

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 (so Nolte, Schreier in MMR 2003, S. 235 f).

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Auch hier liegt es so, dass die Zwangsteilzeit ohne gültige, nur noch verfassungskonform auslegbare Ermächtigungsgrundlage erlassen wurde, was durch die Verwaltungsrechtsprechung als Fachgerichtsbarkeit inzwischen eindeutig klar gestellt wurde. Damit ist es offensichtlich, dass die angegriffenen Bescheide fehlerhaft sind, was im Rahmen der Schutz- und Fürsorgepflichten der Beklagten und unter Berücksichtigung ihres eigenen, die Rechtslage nicht stets zutreffend darstellenden Verhaltens Veranlassung für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ist.

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Eine Veranlassung zum Wiederaufgreifen ergibt sich hier daneben noch daraus, dass die Beklagte im vorliegenden Fall der Sache nach und faktisch sogar ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens bereits vorgenommen, von der Einhaltung der zuvor ausdrücklich festgesetzten Frist - 1.09.2002 - zugunsten der Klägerin abgesehen und diese Frist von sich aus abgekürzt hat. Diese Neubefassung mit der Sache und Teilabkürzung der verfügten Zwangsteilzeit lässt ihren Standpunkt bei gleichzeitiger Berufung auf die nicht antastbare Bestandskraft ihres Ausgangsbescheides als inkonsequent und widersprüchlich erscheinen, stand dieser von ihr in den Vordergrund gestellte Grundsatz doch offenbar einer Abänderung und Abkürzung der Teilzeit nicht im Wege. Befasst sich die Beklagte aber überhaupt erneut mit der angegriffenen Verfügung und reduziert sie - unter dem Eindruck der Verwaltungsrechtsprechung - die ursprünglich einmal festgelegte Dauer der Teilzeit, so hat sie sich auch mit der Sache ansonsten wieder zu befassen, kann deren offenkundige Rechtswidrigkeit in einem solchen Fall nicht noch weiter - für einen Zeitraum von über 3 Jahren - aufrechterhalten.

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Der insoweit vordergründig eingebrachte Gesichtspunkt der reduzierten Arbeitsleistung (S. 3 d. Bescheides v. 21.8.2000) ignoriert die eindeutige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 2.3.2000, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) dazu und vermengt die Wahrnehmung eines Amtes mit arbeitsvertraglicher Zeitarbeit. Die Klägerin hat das ihr urkundlich übertragene Amt wahrgenommen, wobei die Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung allein auf die ja doch einseitige und rechtswidrige „Ausgestaltung“ des Amtes durch die Beklagte zurückging. Es geht nun nicht an, der Klägerin seitens der Beklagten eben jene Unterrichtsreduzierung vorzuhalten, die ihr von der Beklagten zuvor selbst aufgezwungen worden war. Das stellt sich eindeutig als „venire contra factum proprium“ dar : Die der Klägerin aufgezwungene Teilzeit kann nicht ausgerechnet von der Beklagten, die sie der Klägerin rechtswidrig abverlangt hat, zum Vorwurf gewendet und noch für ihre Zwecke genutzt werden. Hierauf sich im Prozess zwecks Freistellung von Zahlungsansprüchen zu berufen, ist unfair und treuwidrig / arglistig. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG, Fürsorgegesichtspunkten, Treu und Glauben sowie Zumutbarkeitserwägungen ist das Ermessen daher reduziert auf die Entscheidung, die Sache nicht nur hinsichtlich eines abgegriffenen Teilzeitraums, sondern insgesamt zugunsten der Klägerin wieder aufzugreifen und in eine materiell-rechtliche Neubeurteilung der gesamten Zwangsteilzeit einzutreten. Vgl. insoweit VG Gera LKV 1997, S. 297 ff / 299:

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"Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG anerkannt, daß in bestimmten Fällen die Behörde zur Rücknahme eines rechtswidrigen, bestandskräftigen Verwaltungsaktes gem. § 48 I 1 ThürVwVfG verpflichtet ist, obgleich keine Wiederaufnahmegründe vorliegen. Eine solche Verpflichtung besteht vor allem in den Fällen, in denen die Berufung auf die Unanfechtbarkeit eines Erstbescheides dazu führt, daß die Behörde gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. BVerwGE 44, 333 (336); Kopp, VwVfG, § 51 Rdnr. 13).

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Ein Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) liegt u.a. vor, wenn sich die Behörde widersprüchlich verhält (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl. (1992), § 242 Rdnrn. 55 bis 57). "

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Solche Widersprüchlichkeit liegt hier in der sachlichen Neubefassung mit dem angeblich bestandskräftigen Ausgangsbescheid und der - unter Abänderung des Ausgangsbescheides - vorzeitigen Gewährung von Vollzeitbeschäftigung bei rechtswidriger Aufrechterhaltung von Teilzeitbeschäftigung (BVerwG, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) für die Vergangenheit.

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Im Übrigen ist es so, dass die Beklagte in der Zeit ihrer ablehnenden Entscheidungen - im August/September 2000 - zeitgleich über Anträge und Widersprüche zu entscheiden hatte, die Antragsteller betrafen, welche später als die Klägerin eingestellt und die daher unter Bezug auf das gen. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2. März 2000 (zufällig) zeitgerecht - binnen 1 Jahres - gegen die sie betreffende Begleitverfügung vorgehen konnten und vorgegangen sind. Die wesentliche Sach- und Rechtslage lag gleich, der übergangene Alimentationsanspruch aus Art. 33 Abs. 5 GG stand auch bei diesen Anträgen im Mittelpunkt. Die Anträge hatten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren später Erfolg, einige bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, da die Rechtswidrigkeit der verfügten Zwangsteilzeit nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung klar zutage lag. Um nicht eine Divergenz zwischen diesen Antragstellern und der Klägerin (sowie anderen, ebenfalls früher eingestellten Beamtinnen/en) aufkommen zu lassen, sondern alle wesentlich gleich liegenden Fälle auch materiell-rechtlich gleich zu behandeln (Art. 3 GG), hätte die Beklagte sich daher - schon wegen der gegebenen materiell-rechtlichen Sonderkonstellation (Existenz einer höchstrichterlichen Rechtsprechung, Art. 3 GG) - nur noch schwer auf die bloße Bestandskraft des Ausgangsbescheides berufen können. Die vorgenommene Differenzierung allein nach der mehr oder weniger zufälligen Einstellung - mit der Folge des rechtzeitigen oder verspäteten Rechtsbehelfs nach Kenntnis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 - trägt somit den Anschein einer willkürlichen, an Zufälligkeiten orientierten Handhabung in sich, zeigt aber nicht die Ausrichtung an beamtenrechtlichen Grundprinzipien und am materiellen Verfassungsrecht auf (s.o.; vgl. insoweit Urt. des BVerwG v. 2.3.00, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).

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Die Beklagte könnte sich allein dann noch auf die Unanfechtbarkeit des Ausgangsbescheides berufen, „wenn sich deren Rechtswidrigkeit nicht geradezu aufdrängt“ (so VGH Mannheim, VBlBW 2001, S. 23 [VGH Baden-Württemberg 13.06.2000 - 13 S 1378/98]). Das jedoch ist hier der Fall, so dass die Verpflichtung zum Wiederaufgreifen wegen klar erkennbarer Rechtswidrigkeit besteht.

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Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte die Klägerin in irgendeiner Weise getäuscht oder diese die ihr rechtswidrig aufgezwungene Teilzeitbeschäftigung längere Zeit widerspruchslos hingenommen hätte (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 25.9.01, - 7 A 115/01 -, S. 6 d. Urt.-Abdr.). Denn verfassungsrechtlich verankerte Grundprinzipien sind nicht verzichtbar. Auch bleibt die Verwaltung stets an Recht und Gesetz gebunden - unabhängig davon, wie sich der Bürger verhält. Neben der Sache liegt auch der Hinweis, die Klägerin sei tatsächlich nur im Umfang der herabgesetzten Arbeitszeit tätig gewesen - etwas, was ihr wegen der damit verbundenen Arglist (s.o.) und auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.3.2000 (ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) wegen der Wahrnehmung des Amtes gerade nicht entgegen gehalten werden kann (s.u. 6). Auch ist nicht allein maßgeblich, dass die Rechtsordnung selbst Entscheidungen, die aufgrund verfassungswidriger Regelungen getroffen wurden, nicht die Wirksamkeit versagt, § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG und § 34 Abs. 2 S. 2 Staats-GHGNds, vgl. insoweit VG Oldenburg, Urt. v. 27.2. 2002, - 6 A 3840/00 -, S. 20 d. Urt-Abdr.); denn dieser Gesichtspunkt wiegt eine nach Grund und Offenkundigkeit augenfällige Rechtswidrigkeit, die sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus dem Grundgesetz (Art. 33 Abs. 5 GG) ableitet, in einem Rechtsstaat nicht auf. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles und ihre Gewichtung - einschließlich materieller Gerechtigkeit (vgl. oben Grund und Grad der Rechtswidrigkeit) - entscheidend.

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2. Es besteht unter diesen Umständen nicht etwa die Beschränkung, lediglich die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung (zum Wiederaufgreifen) vom 10. August 2000 (idF des Widerspruchsbescheides v. 20. Sept. 2000) und dann die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, nunmehr das Verfahren wiederaufzugreifen. Vielmehr hat das Gericht die Sache selbst voll „durchzuentscheiden“. Vgl. Neumann in NVwZ 2000, S. 1244/1254:

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„Das BVerwG geht von der Pflicht des Gerichts aus, bei einer Verpflichtungsklage die Sache in vollem Umfang spruchreif zu machen. Bei rechtswidriger Verweigerung des begehrten Verwaltungsakts darf das Gericht nicht nur die ablehnende Entscheidung aufheben und der Behörde mit gewissermaßen zurückverweisender Wirkung die Prüfung und Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen aufgeben. Das BVerwG hält es nicht für gerechtfertigt, zwischen den Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens einerseits und den Voraussetzungen des Anspruchs in der Sache andererseits zu unterscheiden. Die Pflicht, die Sache spruchreif zu machen, gelte nicht nur für die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens. Dahinter steht ein bestimmtes Verständnis dieser Voraussetzungen und damit auch des Streitgegenstandes. Streitgegenstand ist der in der Sache geltend gemachte Anspruch. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 I VwVfG sind nur Voraussetzungen für den in der Sache geltend gemachten Anspruch ebenso wie dessen materielle Voraussetzungen. Ob das bestandskräftig abgeschlossene Verfahren wiederaufgegriffen werden muss, betrifft lediglich die Frage nach den Voraussetzungen des Anspruchs in der Sache, für dessen Erfüllung die Durchbrechung der Bestandskraft erforderlich ist. Es geht hingegen nicht um einen selbstständig neben diesem stehenden und eigenständig einklagbaren Anspruch auf ein Wiederaufgreifen. Der Kläger kann danach nicht bloße Klage auf Verpflichtung des Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens erheben. Für eine solche Klage müsste das BVerwG ihm das Rechtsschutzbedürfnis versagen."

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3. In der Sache selbst hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Besoldungsdifferenz und den versorgungsrechtlichen Ausgleich, so wie das von der Kammer bereits mehrfach zutreffend entschieden worden ist (vgl. etwa Urteile der Kammer v. 18. 01.2001 - 1 A 238/00 - und v. 13.8.2003 - 1 A 391/00, 328/00, 330/00). Dabei mag nochmals unterstrichen werden, dass es nicht auf den Gestaltungswillen des parlamentarischen Gesetzgebers ankommt, sondern allein auf das Gesetz, seinen Text und seine normative Auslegung. Diese Rechtsprechung ist höchstrichterlich bestätigt worden (Nds. OVG - 5 LB 2723/01 - in NordÖR 2002, 134 = NdsVBL 2002, 130; OVG Münster, NVwZ-RR 204, 438; Beschl. d. BVerwG v. 18.6.2002 - 2 B 12.02 -). Sie geht auf das auslösende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2.3. 2000 (ZBR 2000, 209) zurück. Auch ansonsten ist betont worden, dass die beamtenrechtlichen Grundprinzipien (BVerfGE 71, 39 [BVerfG 15.10.1985 - 2 BvL 4/83] / 59 ff. und 55, 207 / 240) nur mit Zustimmung (Verzicht) des jeweils betroffenen Beamten abänderbar sind (sog. Konsensualprinzip, vgl. Battis, BBG-Kommentar, 2. Aufl. § 72 a Rdn. 8). Das gilt insbesondere beim Berufseinstieg, wo der Bewerber hinsichtlich der Gestaltung seiner „Arbeitsbedingungen“ im Allgemeinen dem Dienstherrn ausgeliefert ist und sich in einer unterlegenen Position befindet. Deshalb ist eine Teilzeitbeschäftigung von Beamten nur zulässig, „wenn ihre Freiwilligkeit auch beim Berufseinstieg gewährleistet ist“ (so Urt. d. BVerwG v. 2.3.2000, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).

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„Immerhin gehört das Prinzip der amtsangemessenen Vollalimentation nach der Rechtsprechung des BVerfG zu denjenigen „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“, die vom Gesetzgeber strikt zu beachten sind. Als einen solchen „hergebrachten Grundsatz“ i.S. des Art. 33 V GG betrachtet das BVerfG auch, „dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche (und zwar eine der Bedeutung von Leistung und Verantwortung entsprechende) Besoldung gewährt wird“ - (so Kutscha, NVwZ 2002, 946/947).

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Wie Summer in seiner Anmerkg. zum Urteil des BVerwG (ZBR 2000, 211) hervorgehoben hat, ist daher eine „eiserne Grenze beim Moment der Freiwilligkeit gegeben“. Hierauf hat neben Loschelder (ZBR 2000, 89/91) auch Ziemske (ZBR 2001, 1 f./ 5) hingewiesen, der hervorhebt, dass zulässige Teilzeitbeschäftigung von Beamten stets mit einem „Element eigenverantwortlicher Entscheidung des Beamten“ korreliere und nur unter dieser Voraussetzung mit dem Alimentationsprinzip vereinbar sei. Das Konzept einer nicht konsentierten, sondern völlig antragslosen Zwangsteilzeit (vgl. dazu schon BR-Drs. 89/88) stößt mithin nach wie vor auf verfassungsrechtliche Bedenken und ist höchstrichterlich nicht gebilligt, so dass es bei dieser Lage der Dinge überrascht, wenn ein entsprd. Bundesratsantrag bei der damaligen Einführung der voraussetzungslosen Antragsteilzeit (§ 72 a Abs. 1 BBG) auf eine verfassungsrechtliche Bewertung völlig verzichtete (Bredendiek/Meier, NVwZ 1996, 444). Nach Battis/ Grigoleit (ZBR 1997, 246) stellte die Einführung des (Zwangs-) Teilzeitbeamten eine „strukturelle Veränderung des Berufsbeamtentums“ dar, die von der Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG gerade ausgeschlossen wird (vgl. Gola/Hügel, DÖD 1996, 97; Battis, BBG, 2. Auflage, § 72 a Rdn. 9). Ein (zwangsweises) Teilzeitbeamtenverhältnis ist unter Art. 33 Abs. 5 GG nicht vorstellbar und „ohne Verfassungsänderung nicht zu haben“ (Battis/Grigoleit, aaO, S. 247). Denn

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„die Vollzeitbeschäftigung auf Lebenszeit bildet seit jeher das Leitbild und den kennzeichnenden wesentlichen Strukturinhalt des Beamtenverhältnisses (vergl...)“. - so BVerwG, ZBR 2000, S. 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99] m.w.N.

52

Von diesem Vollzeitprinzip als Regelfall beamtenrechtlicher Amtstätigkeit abgesehen stünde bei einer (Zwangs-) Einstellungsteilzeit eine einseitig abverlangte Bereitschaft dazu auch nicht mehr mit Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang (dazu Battis, BBG, 2. Aufl. § 72 a Rdn. 9), weil die abverlangte Bereitschaft zur Teilzeitbeschäftigung bei der Einstellung nichts mit den verfassungsrechtlich (allein) zulässigen Einstellungskriterien zu tun hat.

53

Damit erlaubt § 80 c NBG nur eine solche Teilzeitbeschäftigung, die vom Willen des jeweils betroffenen Bewerbers getragen ist und bei der ihm die Wahl der Vollzeitbeschäftigung eingeräumt wird. Nur mit diesem (reduzierten) Sinngehalt ist § 80 c NBG im Lichte und Wirkungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG anwendbar, so dass die hier angegriffene Verfügung, mit welcher eine Teilzeitarbeit durch die Begleitverfügung zur beamtenrechtlichen Ernennung aufgezwungen wurde, insoweit der Rechtsgrundlage entbehrt. Vgl. Kutscha (NVwZ 2002, S. 946/947).

54

„Die künftig je nach Bundesland variierende Besoldung lässt sich mithin ebenso wie die oben beschriebene Flexibilisierung anderer Elemente des Beamtenrechts als schrittweise Abkehr von den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 V GG werten. Dabei fällt allerdings auf, dass diese Abkehr nur diejenigen Grundsätze betrifft, die die Stellung und die Unabhängigkeit des Beamten schützen sollen, nicht dagegen die spezifischen Pflichtenbindungen wie das Streikverbot oder die Disziplinargewalt. Die ins Werk gesetzte „Modernisierung“ des Beamtenrechts wirkt sich also recht einseitig aus, nämlich überwiegend zu Lasten der Staatsdiener und zu Gunsten der Dienstherren. Eines aber kann die Gesellschaft nicht verlangen, wie Lecheler zu Recht bemerkt: „uneigennützige und unabhängige Amtsführung auf der einen Seite, welche die Gesellschaft offenbar nach wie vor von einem Beamten vor allem erwartet, und zugleich den Abbau ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Sicherung“.“ (so Kutscha, NVwZ 2002, 946/947).

55

Soweit die Beklagte den sachlich nicht zutreffenden Eindruck zu erwecken sucht, die von ihr verfügte Zwangsteilzeit habe vor allem der Einstellung von Bewerbern um das Lehramt gedient, ist dem entgegen zu treten: Sozialstaatliche Rechtfertigungen einer arbeitsmarktpolitischen Teilzeitbeschäftigung können nur dann Geltung beanspruchen, wenn die arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit eindeutig außer Zweifel steht, was bei zeitgleichen Bedarfsverminderungen, Stellenkürzungen und -einsparungen gerade nicht der Fall ist (Lang/ Bürsch, Teilzeitarbeit in deutschen Behörden und Betrieben, 1996, S. 22; Hanau, ZBR 1996, 199/ 200).

56

Dass es sich beim Modell der Einstellungsteilzeit um eine Maßnahme des Sparens und der Haushaltskonsolidierung gehandelt hat, wird durch Überlegungen gestützt, die einer Lehrer-Verbeamtung den Vorzug vor der Beschäftigung von Lehrern im Angestelltenverhältnis allein deshalb geben, weil Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung nicht abzuführen sind (vgl. die Pläne des Landes Berlin zur „Verbeamtung„ von Lehrern / Berliner Zeitung v. 29.6.2004; ebs. die Diskussion im Thüring. Landtag im Oktober 1997, vgl. dazu auch die aus Gründen des Sparens angestellten Überlegungen in Schleswig-Holstein). Die Beschäftigung von beamteten Lehrern in „Zwangsteilzeit“ bei zugleich abgesenktem Lehrerbedarf (s.o.) ist mithin erheblich sparsamer als die von angestellten Lehrern in vergleichbaren (Teilzeit-) Beschäftigungsverhältnissen. Das dürfte denn auch der Grund dafür gewesen sein, weshalb der angeblich verfolgte „Abbau der Arbeitslosigkeit“ bzw. der Abbau eines Bewerberüberhangs nicht mit teilzeitbeschäftigten Lehrkräften im Angestelltenverhältnis, sondern mit solchen im Beamtenstatus verfolgt wurde, obgleich doch mit jenen das Ziel problemloser - ohne Tangieren des Art. 33 Abs. 5 GG und bundesrechtlicher Grundsätze - hätte verfolgt und erreicht werden können (vgl. dazu Kutscha, ZBR 2001, S. 160). Es überzeugt deshalb nicht, wenn behauptet wird, die Einstellungsteilzeit beamteter Lehrer sei notwendig (gewesen), um Lehrerarbeitslosigkeit abzubauen (Kutscha, ZBR 2001, S. 160 Fußn. 62 und Fußn. 18).

57

4. Die bei dieser Lage der Dinge seitens der Beklagten mit ihrem Hilfsantrag begehrte Aussetzung und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG scheidet aus. Denn weder die Klägerin noch die Beklagte noch aber das erkennende Gericht - also niemand - geht von einer Verfassungswidrigkeit des § 80 c NBG aus. Die Norm ist gültig. Wenn sie zur Erhaltung des gesetzgeberischen Maximums an Regelungen nur in einem bestimmten Sinne (verfassungskonform) anwendbar ist, zwingt das nicht mehr, die Sache dem Verfassungsgericht vorzulegen, BVerfGE 48, 45/46. Eine Pflicht zur Vorlage aus Art. 100 GG kommt erst zum Zuge, wenn das erkennende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Norm überzeugt ist - bloße Zweifel reichen dafür nicht aus. Zudem scheidet eine Vorlage dann aus, „wenn das VG die Gültigkeit der vom BVerfG zu prüfenden Norm in Übereinstimmung mit der Rspr. des BverwG bejaht“ (so ausdrücklich BVerwG, B. v. 6.12.1999 - 3 B 55.99 - in Buchholz 310 Verfahrensrecht § 94 VwGO Nr. 13). So liegt es hier (vgl. BVerwG, ZBR 2000, 209 f. [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).

58

5. Auch die seitens der Beklagten begehrte Aussetzung des Verfahrens analog § 94 VwGO, die mit Blick auf das Normbestätigungsverfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 f BVerfGG rechtlich zwar möglich, aber nicht zwingend geboten ist, kommt unter Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen hier nicht in Betracht (so auch VG Osnabrück, Urt. v. 15.1. 2003 - 3 A 132/00 - und VG Oldenburg, Beschl. v. 30.1.2003 - 6 A 4598/02 -; Urteile der Kammer v. 4.2.2004 - u.a. 1 A 293/00 - und v. 3.3.2004 - u.a. 1 A 334/00 -; a.A. Nds. OVG, Beschl. v. 13.3.2003 - 5 LB 2863/01 -).

59

6. Der Anspruch der Klägerin auf die nachzuzahlende Gehaltsdifferenz ergibt sich daraus, dass die neben der beamtenrechtlichen (Voll-)Ernennung verfügte Teilzeitbeschäftigung rückwirkend entfällt und damit auch die Auswirkungen auf die Besoldung und Versorgung rückwirkend entfallen. Es kommen die Rechte der Klägerin aus ihrem durch Ernennung zur Beamtin auf Probe begründeten Beamtenstatus zur Geltung, die ihr durch die angefochtene Begleitverfügung - ohne gesetzliche Grundlange, da § 80 c NBG die Ausgangsverfügung nicht trägt (s.o.) - unzulässig vorenthalten worden waren. Eine Verknüpfung der Ernennung mit der Anordnung der Teilzeitbeschäftigung in der Weise, dass mit Wegfall der Teilzeitbeschäftigung auch die durch Aushändigung einer Urkunde bewirkte beamtenrechtliche Ernennung (nebst Alimentationsanspruch) wieder entfiele, ist trotz eines Zusammenhangs zwischen beiden Verwaltungsakten nicht möglich (BVerwG, aaO). Die Besoldungsdifferenz ist daher wegen des Alimentationsgrundsatzes nachzuzahlen, ohne dass eine zusätzliche, etwa an der Arbeitszeit - nicht an der Wahrnehmung des Amtes - orientierte Arbeitsleistung seitens des Dienstherrn, der sie selbst rechtswidrig eingeschränkt hat, noch verlangt werden kann (BVerwG, aaO, S. 211). Die Klägerin ist besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie ab 1. September 1998 für die ihr aufgetragene Wahrnehmung des Lehramtes alimentiert worden (Folgenbeseitigung gem. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO, Grundlage: Art. 19 Abs. 4 GG iVm dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung). Dazu gehört auch der Zinsanspruch in der geltend gemachten Höhe hinsichtlich der vorenthaltenen Gehaltsanteile (§§ 288, 291 BGB n.F.).

60

Die Kostenentscheidung beruht auf einer Billigkeitsentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO sowie auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Berufungszulassung liegen hier nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO).