Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 18.08.2004, Az.: 1 A 344/00
Arglist; Durchentscheiden; Einstellungsteilzeit; Ermessenschrumpfung; Ermessensreduzierung auf Null; Freiwilligkeit; Gerechtigkeit; Konsualprinzip; Lebenszeiternennung; materielle Gerechtigkeit; prozessuale Arglist; Rechtssicherheit; Teilzeit; Teilzeitanordnung; Teilzeitbeschäftigung; Unerträglichkeit; Wiederaufgreifen eines Verwaltungsverfahrens; Zwangsteilzeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 18.08.2004
- Aktenzeichen
- 1 A 344/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50851
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 48 VwVfG
- § 51 Abs 5 VwVfG
- Art 33 Abs 2 GG
- Art 33 Abs 4 GG
- Art 33 Abs 5 GG
- Art 93 Abs 1 Nr 2 GG
- § 44a BRRG
- § 80c BG ND
- § 94 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens ist dann zulässig und bei einer Ermessensreduzierung auf Null sogar geboten, wenn entsprechend schwerwiegende Gründe dafür sprechen.
2. Jeder rechtswidrige Verwaltungsakt ist im Rechtsstaat zurückzunehmen, wenn sich die Sach- und Rechtslage derart geändert hat, dass ein Festhalten am Verwaltungsakt unzumutbar und unerträglich wäre. Maßstäbe hierfür sind der Grund der Rechtswidrigkeit und seine Erkennbarkeit bzw. Offenkundigkeit.
3. Bei Vorliegen höchstrichterlicher, stattgebender Entscheidungen zu den entscheidungserheblichen Fragen ist die Rechtswidrigkeit offenkundig.
4. Die reduzierte Arbeitsleistung eines Lehrers kann diesem dann nicht entgegengehalten werden, wenn sie durch dienstrechtliche Ausgestaltung des Amtes einseitig verpflichtend auferlegt worden ist.
5. Teilzeit kann einem Lehrer nur mit dessen Zustimmung abverlangt werden.
6. Eine Vorlage gem. Art. 100 GG scheidet solange aus, wie die Gültigkeit der Norm (ggf. aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung) zu bejahen ist.
7. Keine Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens analog § 94 VwGO, wenn die Erfolgsaussichten einer Normenkontrolle gering erscheinen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebte ursprünglich eine Vollzeitbeschäftigung, nachdem ihm im August 1998 durch einseitige Verfügung nur eine Teilzeitbeschäftigung zugebilligt worden war. Nach Aufhebung dieser Zwangsteilzeit ab 1. August 2001 begehrt er die Nachzahlung der Gehaltsdifferenz für die Zeit 1998 / 2001 und einen versorgungsrechtlichen Ausgleich.
Der Kläger wurde nach dem Abitur und Studium der Erziehungswissenschaften mit Staatsprüfungen auf seine entsprechende Bewerbung zum 1. September 1998 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Realschullehrerin z.A. im Nds. Landesdienst ernannt und an der „B.“-Realschule in C.. eingesetzt. Gleichzeitig jedoch wurde durch Bescheid ohne Rechtsmittelbelehrung vom 10. August 1998 verfügt, dass er zwar Dienstbezüge der BesGr. A 13 BBesO erhalte, er aber gem. § 80 b NBG vier Jahre lang - bis zum 31. August 2002 - nur mit regelmäßig 20 statt derzeit 26,5 Wochenstunden beschäftigt werde. Erst ab 1. September 2002 erfolge eine Vollbeschäftigung. Später wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Realschullehrer ernannt. Seine Teilzeitbeschäftigung wurde zum 31. Juli 2001 aufgehoben, so dass er ab 1. August 2001 vollzeitig beschäftigt war.
Gegen die verfügte Zwangsteilzeitbeschäftigung legte der Kläger mit Schreiben vom 10. Juli 2000 Widerspruch ein und beantragte eine vollzeitige Beschäftigung nebst Nachzahlung der inzwischen entstandenen Differenzbezüge.
Durch Bescheid vom 10. August 2000 - dem Kläger zugegangen am 25. August 2000 - wurde dieser Antrag auf Vollbeschäftigung mit der Begründung zurückgewiesen, das angesprochene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei zur hessischen Regelung ergangen und daher nicht auf die niedersächsische Regelung übertragbar. Denn diese berühre zwar den Grundsatz der Vollzeitbeschäftigung und das Alimentationsprinzip, verändere sie aber nicht in ihrem Kernbestand. Durch die niedersächsische Regelung, die zeitlich befristet sei, solle der bestehende Bewerberüberhang möglichst schnell abgebaut werden. Verfassungsrechtlich sei die Regelung nicht zu beanstanden. Unter diesen Umständen sei die erstrebte Vollbeschäftigung nebst Nachzahlung ausgeschlossen.
Der dagegen erhobene Widerspruch vom 15. September 2000 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 29. September 2000 - zugestellt am 6. Oktober 2000 - mit der Begründung zurückgewiesen, die Zwangsteilzeit sei bestandskräftig festgesetzt worden, Gründe für ein Wiederaufgreifen nicht ersichtlich.
Zur Begründung seiner am 31. Dezember 2000 erhobenen Klage bezieht sich der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und legt dar, die behaupteten Differenzierungen zwischen dem Hessischen und dem Niedersächsischen Beamtengesetz könnten eine abweichende Entscheidung nicht tragen. Jedem Beamten müsse die Wahlmöglichkeit zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigung erhalten bleiben. Nicht die Teil-, sondern nur die Vollzeitbeschäftigung sei das Leitbild beamtenrechtlicher Amtsverhältnisse. Eine alternativlose Einstellung nur zu Teilzeitbedingungen stehe mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht im Einklang, da die Akzeptanz der Teilzeit kein Auswahlkriterium sein dürfe. Außerdem könne nur der Bundes-, nicht aber der Landesgesetzgeber eine Besoldung zwangsweise absenken. Bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung gem. §§ 48, 49 VwVfG hätte die Beklagte demgemäß dazu kommen müssen, dass ihr Spielraum auf Null reduziert sei. Der Kläger wurde ab 1. August 2001 vollzeitig beschäftigt, so dass er seinen Anspruch über den 1. August 2001 hinaus für erledigt erklärt hat.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. August 1998 hinsichtlich der Anordnung von Teilzeitbeschäftigung und des Bescheides vom 10. August 2000 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2000 zu verurteilen, dem Kläger die Gehaltsdifferenz zwischen 20/26,5 Anteilen der Bezüge der Besoldungsgruppe A 13 BBesO und den vollen Bezügen für 26,5 Wochenstunden rückwirkend vom 1. September 1998 bis zum 31. Juli 2001 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und ihn versorgungsrechtlich so zustellen, als wäre er seit seiner Einstellung vollzeitig beschäftigt worden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen,
weiter hilfsweise,
das Verfahren analog § 94 VwGO bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen.
Sie schließt sich der Erledigungserklärung des Klägers an und meint unter Bezug auf die ergangenen Bescheide, die angefochtene Verfügung sei nach § 58 Abs. 2 VwGO bestandkräftig geworden. Einen Anlass, diese Verfügung aufzuheben oder zu ändern, gebe es nicht. Die Sache sei gem. Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, zumindest aber sei das Verfahren bis zur Entscheidung im Verfahren 2 BvF 3/02 auszusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, begründet.
Die Klage hat insoweit Erfolg, als es um die Erstattung der Gehaltsdifferenz nebst Prozesszinsen und einen versorgungsrechtlichen Ausgleich des Klägers für die Zeit vom 1. September 1998 bis zum 31. Juli 2001 geht. Im Übrigen ist das Verfahren aufgrund der Erledigungserklärungen der Beteiligten einzustellen. Der zum 1. September 1998 zum Beamten a. Probe ernannte Kläger wird durch die (begleitend) verfügte Teil- statt Vollzeitbeschäftigung und der damit einhergehenden Kürzung der Besoldung auf nur 20 / 26,5 Anteile seit September 1998 (mit versorgungsrechtlichen Auswirkungen) in seinen Rechten verletzt, § 113 VwGO.
1. Die hier vorrangig zu beantwortende Frage, ob die Beklagte sich auf die Bestandskraft ihrer Begleitverfügung vom 10. August 1998 noch berufen und ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zugunsten des Klägers letztlich ablehnen kann, ist zu verneinen.
1.1 Bezüglich der abgelaufenen Jahresfrist mag dahinstehen, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt. Da bei der Ausgangsverfügung die Belehrung iSv § 58 Abs. 2 VwGO unterblieben ist, kommt zwar grundsätzlich die normierte Ausschlussfrist zum Zuge. Allerdings ist (§ 58 Abs. 2 S. 2 VwGO) für den Fall „höherer Gewalt“ eine Wiedereinsetzung gem. § 60 Abs. 2 VwGO möglich, wobei als solche Gewalt auch die unverschuldete Unkenntnis über das Ergehen eines Verwaltungsaktes bzw. der unverschuldete Irrtum über den Charakter eines Schreibens als regelnder Verwaltungsakt in Betracht kommen könnten. Auch dann, wenn im Vertrauen auf eine bisherige, nunmehr aber geänderte Rechtsprechung ein fristgebundener Schriftsatz nicht rechtzeitig eingelegt wurde, kann ein Fall höherer Gewalt vorliegen (so OVG Lüneburg, NVwZ 2000, 1059).
1.2. Entscheidend ist für die vorliegende Klage, ob dem Kläger letztlich die Jahresfrist - von einer Wiedereinsetzung abgesehen (s.o.) - entgegen gehalten werden kann. Das ist nicht der Fall. Denn die Beklagte ist hier zu einem Wiederaufgreifen des Verfahrens verpflichtet.
Dieses Wiederaufgreifen ist allerdings zweispurig angelegt (1.2.1 und 1.2.2). § 51 VwVfG gewährt - bei Vorliegen seiner Voraussetzungen - einerseits einen Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen (1.2.1), andererseits aber davon losgelöst noch einen Anspruch auf eine sachgerechte Ermessensentscheidung (1.2.2).
1.2.1 Soweit es um ein Wiederaufgreifen iSv. § 51 Abs. 1 VwVfG geht, ist nach dem Wortlaut des § 51 Abs. Nr. 1 VwVfG klar, dass eine Änderung der Rechtsprechung nicht auch eine Änderung der Rechtslage darstellt (vgl. BVerwG, NJW 1981, 2595). Hiernach war und ist ein Wiederaufgreifen mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 nicht geboten.
1.2.2 Allerdings regelt § 51 VwVfG das Wiederaufgreifen „nur zum Teil“ (BVerwG, NJW 1981, 2595, sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne). Daneben ist - ohne das Rechtsansprüche vermittelnde „Korsett“ des § 51 Abs. 1 VwVfG - ein Wiederaufgreifen auch dann noch zulässig (und bei Reduzierung auf Null geboten), wenn Ermessensgründe (§§ 48, 49 VwVfG) für ein solches Wiederaufgreifen sprechen (vgl. § 51 Abs. 5 VwVfG), u.zw. unabhängig von einem entsprd. Antrag auf Wiederaufgreifen (vgl. dazu VGH Kassel, NVwZ 1995, 394 f. [BVerwG 25.01.1995 - BVerwG 8 N 2.93]).
Das Ermessen hinsichtlich der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 48 VwVfG) ist davon bestimmt, dass jeder rechtswidrige Verwaltungsakt voraussetzungslos zurückgenommen werden darf und - im Rechtsstaat - sogar zurückgenommen werden muss, wenn sich die Sach- und Rechtslage so geändert hat, dass dem Bürger ein Festhalten am Verwaltungsakt nicht mehr zumutbar ist (Kopp, VwVfG-Kommentar, 8. Aufl. § 48 Rdn. 55 m.w.N.) oder aber aus anderen Gründen ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre (BVerwGE 44, 336 [BVerwG 30.01.1974 - BVerwG VIII C 20.72]; NVwZ 1985, 265). Denn der Bürger hat gem. Art. 2 Abs. 1 GG ein Recht darauf, von rechtswidrigen Verwaltungsakten verschont zu bleiben. Zudem steht der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit gleichwertig neben dem der Rechtssicherheit (BVerwGE 28, 122 f/127), ja er hat in Teilbereichen sogar herausragende und die Rechtssicherheit „überflügelnde“ Bedeutung (vgl. dazu eingehend Beaucamp, DVBl. 2004, S. 352 ff. m.w.N.), wie beispielsweise § 44 Abs. 1 SGB X zeigt. Denn es ist mit Art. 20 Abs. 3 GG schwer vereinbar, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt im Sekundärrechtsschutz nur deshalb dauerhaft noch weiter aufrechtzuerhalten, weil die Anfechtungsfristen abgelaufen sind:
„Die schnelle Erledigung von Verwaltungsverfahren kann deshalb nicht oberste Priorität haben, es kommt vielmehr auf die rechtsstaatliche Bewältigung an“ (Beaucamp, aaO., S. 353).
Materielle Gerechtigkeit - verstanden als faires Entscheidungsergebnis - ist daher ein herausragendes Element des Rechtsstaates und hat im grundgesetzlich verfassten Staat entsprechend grundlegende Bedeutung (BVerfGE 7, 89 [BVerfG 24.07.1957 - 1 BvL 23/52] / 92; BVerfGE 49, 148 [BVerfG 09.08.1978 - 2 BvR 831/76] / 164; BVerfGE 52, 131 [BVerfG 24.07.1979 - 2 BvF 1/78] / 144f.; BVerfGE 70, 297 / 308; Schnapp, in v. Münch/Kunig, GG-Kommentar, Art. 20 Rdn. 30).
Unerträglichkeit iSd Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auf diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund daher schon dann gegeben sein, wenn in anderen Fällen Anträgen stattgegeben wurde „und Art. 3 GG die Gleichbehandlung verlangt“ (Kopp, aaO.). Auch kann ein Festhalten am bestandskräftigen Verwaltungsakt als ein Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen (Kopp, aaO.) - ein Grundsatz, der hier durch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 79 BBG, § 87 NBG) unterstützt wird: Die Schutz- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 4 GG (Dienst- u. Treueverhältnis) vorgegeben und gilt als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums mit Verfassungsrang (BVerfGE 44, 249; 58, 76; 83, 89/98; Schnellenbach, ZBR 1981, 301). Der Anspruch auf Schutz und Fürsorge äußert sich u.a. darin, dass bei Ermessensentscheidungen und der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe sachlich gerecht und wohlwollend verfahren wird. Die Fürsorgepflicht, welche die Beklagte bindet, wird so in beamtenrechtlichen Verfahren zum Auslegungsprinzip (Battis, BBG-Komm. 2. Auflage, § 79 Rdn. 6 m.w.N.).
1.2.3 Nach diesen Grundsätzen ist hier die Aufrechterhaltung der angegriffenen Bescheide zur Zwangsteilzeit für einen abgekürzten Zeitraum „unerträglich“. Denn Art. 3 GG wie vor allem auch Grund und Grad der Rechtswidrigkeit (daneben auch die Fürsorgepflicht sowie Treu und Glauben) gebieten im vorliegenden Fall ein Wiederaufgreifen rechtsstaatlich und verfassungsrechtlich in einer solchen Weise, dass sich die Beklagte dem nicht mehr entziehen kann, ihr Ermessen vielmehr auf Null geschrumpft ist. Vgl. dazu VGH Mannheim NVwZ 1989, 882:
„Dem Kl. ist jedoch darin zu folgen, daß die Aufrechterhaltung des Prüfungsbescheids vom 17. 7. 1985 "schlechthin unerträglich" wäre. Insoweit sind im Rahmen der Ermessensbetätigung nach § 48 I 1 BadWürttVwVfG der Grund der Rechtswidrigkeit dieses Prüfungsbescheids und der Grad der Offenkundigkeit dieses Fehlers von Bedeutung (vgl. BVerwGE 28, 121 (127) = NJW 1968, 315 [BVerwG 19.10.1967 - BVerwG III C 54.66]). In diesem Zusammenhang hat der Senat in dem bereits erwähnten Beschluß vom 20. 3. 1986 (KMK-HSchR 1987, 93) u. a. folgendes ausgeführt....“
Dem Rechtswidrigkeitsgrund wie vor allem seiner Erkennbarkeit kommen - im Unterschied zu den gebundenen Ansprüchen auf Wiederaufgreifen (§ 51 Abs. 1 VwVfG) - herausragende Bedeutung zu für die Ermessensentscheidung, ob das Verfahren wiederaufzugreifen ist (so ganz ausdrücklich BVerwG NVwZ- RR 1990, 26). Maßgeblich dafür, ob ein Verfahren wiederaufzugreifen ist, ist letztlich eine Gewichtung von Grund und Grad der Rechtswidrigkeit anhand aller Umstände des Einzelfalles (BVerwG, aaO).
Hier gebieten weniger die Fürsorgepflicht als vielmehr Grund wie auch Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides vom 10. August 1998 ein Wiederaufgreifen:
Der Grund der Rechtswidrigkeit - ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen den durch Art. 33 Abs. 5 GG grundrechtsähnlich verbürgten Grundsatz hauptberuflicher Lebenszeitanstellung - hat hier erhebliches Gewicht. Es handelt sich nämlich bei Art. 33 Abs. 5 GG um eine spezielle Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips (AK-GG-Kittner, Art. 20 Abs. 1-3 IV Rdn. 86 m.w.N.). Dieser Verfassungsgrundsatz kann von der Beklagten nicht mit der Erwägung beiseite geschoben werden, es sei ihr um eine „Weiterentwicklung“ des Alimentationsgrundsatzes und eine „rechtlich zulässige Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses“ gegangen. Die höchstrichterliche Bewertung dieses Versuchs einer Ausgestaltung und angeblichen „Weiterentwicklung“ steht der Erwägung eindeutig entgegen (BVerwG, ZBR 2000, 210; Nds. OVG, NdsVBl. 2002, 160 und NordÖR 2002, 134). Der Grad der Offenkundigkeit dieses Fehlers - erkennbar aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung schon aus dem Jahr 1989, aber vor allem auch aus dem Jahr 2000 - war und ist extrem hoch. Die entsprechenden Gesichtspunkte waren hier im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides schon angelegt, wie z.B. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.3. 1992 (NVwZ 1992, 1098; vgl. auch BVerwGE 82, 196 f./202; DÖV 2000, 731) aufzeigt, das bereits frühzeitig die Rechtswidrigkeit einer Arbeitszeitermäßigung ohne Wahlmöglichkeit der neu einzustellenden Beamten konstatiert hat. Schon auf der Grundlage dieser - bekannten - Rechtsprechung musste der Beklagten klar sein, dass eine Zwangsteilzeit für Beamte jedenfalls doch bedenklich und nicht frei von Zweifeln ist. Deren Rechtswidrigkeit lag für die sachkundige Beklagte aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon mehr oder weniger auf der Hand. Trotz des § 80 b NBG musste daher die Beklagte mit der Rechtswidrigkeit auch ihrer neuen Einstellungspraxis rechnen, zumal der durch Art. 33 Abs. 5 GG verbürgte Grundsatz hauptberuflicher Lebenszeitanstellung gegen die Zulässigkeit einer Zwangsteilzeit sprach. Bei dieser Lage der Dinge (s.o., vgl. BVerwGE 82, 196 f.) verwundert es, dass die Beklagte noch im Jahre 2000 Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Nds. Regelung in Abrede gestellt hat.
Die entsprechenden Gesichtspunkte sind aber jetzt - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (18.08.2004) als dem einer möglichen Verpflichtung zum Wiederaufgreifen und einer Ermessensbetätigung auf Seiten der Beklagten - noch sehr viel deutlicher, ja unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.6.2002 (- 2 B 12.02 ) und der Rechtsprechung des Nds. OVG (NdsVBl. 2002, 160 und NordÖR 2002, 134) derart klar und eindeutig konturiert worden, dass ein Festhalten an den als rechtswidrig erkannten Bescheiden - noch dazu für einen überschaubaren Zeitraum - völlig unerträglich wäre (vgl. auch OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 438 = Schulrecht 2004, 138). Im genannten Beschluss v. 18.6.2002 hat das Bundesverwaltungsgericht speziell für den Fall einer niedersächs. Beamtin nochmals deutlich unterstrichen, dass eine Teilzeitbeschäftigung neu einzustellender Beamter
„nur verfassungsgemäß (ist), wenn sie zur Voraussetzung hat, dass die Teilzeitbeschäftigung mit dem Willen dieser Beamten übereinstimmt. Die Interpretation des § 80 c NBG, dass § 80 c NBG dieses Erfordernis enthält, entspricht dem, was der Senat zur Auslegung des § 85 c HBG ausgeführt hat.“
Diese Rechtsprechung kann im Staat der Gewaltenteilung nicht ignoriert werden. Wenn die Beklagte demgegenüber auf eine Interpretation des § 44 a BRRG zurückzugreifen sucht, die ihren Rechtsstandpunkt begründen können soll, so ist das inzwischen - aufgrund der aufgezeigten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte - irrelevant. Die Rechts-widrigkeit der Praxis der Beklagten ist durch die zuständigen Fachgerichte durch alle Instanzen und auch höchstrichterlich eindeutig festgestellt worden und daher jetzt nicht mehr in Frage zu stellen. Den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, auf welche die Beklagte sich bezieht, kommen insoweit derzeit nicht etwa aufschiebende oder korrigierende Wirkung zu.
Wird die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung - wie hier - durch höchstrichterliche Rechtsprechung eindeutig aufgedeckt und klar gestellt, so hat das bei der Ermessensentscheidung über das Wiederaufgreifen in einem Rechtsstaat ausschlaggebende Bedeutung:
„Zudem muss berücksichtigt werden, dass das BVerwG erst in seinen Entscheidungen v. 19.9.2001 die Nichtigkeit der TKLGebV 1997 festgestellt hat. Angesichts der Tatsache, dass die Rechtslage durch diese Entscheidungen erstmals eindeutig geklärt wurde, erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass die betroffenen Unternehmen bis dahin auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Reg TP vertrauten und erst dann die Erstattung der Lizenzgebühren geltend machten. Dies spricht dagegen, dass die Reg TP bei ihrer Ermessensentscheidung die Nichteinlegung von Rechtsbehelfen durch die betroffenen Unternehmen als ausschlaggebend berücksichtigen darf. Dass der Erlass neuer höchstrichterlicher Urteile i.R.v. § 48 Abs. 1 VwVfG zwar für sich genommen nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null führt, aber bei der Ermessensentscheidung der Verwaltung eine wesentliche Bedeutung hat, wenn und soweit hierdurch die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eindeutig aufgedeckt wird, ist i.Ü. anerkannt.28 Vorliegend ergibt sich aus der Feststellung der Nichtigkeit der TKLGebV 1997, dass sämtliche Lizenzgebührenbescheide der Reg TP zwingend rechtswidrig sind, da sie ohne gültige Ermächtigungsgrundlage erlassen wurden. Die Fehlerhaftigkeit der Gebührenbescheide ist deshalb nunmehr offensichtlich, was ebenfalls in erheblichem Maße für die Verpflichtung der Reg TP zur Rücknahme der Gebührenbescheide und die Erstattung der gezahlten Gebühren spricht.“ (so Nolte, Schreier in MMR 2003, S. 235 f).
Auch hier liegt es so, dass die Zwangsteilzeit ohne gültige, nur noch verfassungskonform auslegbare Ermächtigungsgrundlage erlassen wurde, was durch die Verwaltungsrechtsprechung als Fachgerichtsbarkeit inzwischen eindeutig klar gestellt wurde (Nds.OVG aaO, OVG Münster, aaO.). Damit ist offensichtlich, dass die angegriffenen Bescheide rechtsfehlerhaft sind, was im Rahmen der Schutz- und Fürsorgepflichten der Beklagten und unter Berücksichtigung ihres eigenen, die Rechtslage nicht stets zutreffend darstellenden Verhaltens Veranlassung für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ist. Dabei ist bedeutsam, dass Verfahrensrecht gegenüber dem materiellen Recht stets nur dienende Funktion hat. Auch fällt ins Gewicht, dass der Dienstherr des Klägers Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nds. Teilzeitregelung stets zerstreut und so bei betroffenen Beamtinnen und Beamten den Eindruck erweckt hat, Rechtsbehelfe und -mittel dagegen seien ohnehin erfolglos - obgleich die einschlägige Rechtsprechung dazu solche Zweifel nahegelegt hätte.
1.2.4. Eine Veranlassung zum Wiederaufgreifen ergibt sich hier zudem daraus, dass die Beklagte im vorliegenden Fall der Sache nach und faktisch sogar ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens bereits vorgenommen, von der Einhaltung der zuvor festgesetzten 4-Jahresfrist zugunsten des Klägers abgesehen und diese Frist aus „schulorganisatorischen Gründen“ schon zum 31.7. 2001 abgekürzt hat. Diese Neubefassung mit der Sache und Teilabkürzung der zuvor verfügten Zwangsteilzeit lässt ihren Standpunkt bei gleichzeitiger Berufung auf die (angeblich) nicht antastbare Bestandskraft ihres Bescheides vom 10. August 1998 als inkonsequent und widersprüchlich erscheinen, stand dieser von ihr verfahrenstechnisch in den Vordergrund gestellte Grundsatz doch offenbar einer Abänderung und Abkürzung der Teilzeit nicht im Wege. Die Begründung für diese Abkürzung, man habe der neueren Lage aus „schulorganisatorischen Gründen“ Rechnung tragen wollen und der „Haupttermin für das Einstellungsgeschäft“ liege eben zu Beginn des Monats August (so in der mündlichen Verhandlung v. 10.12.2003), lässt erkennen, dass eine sachgerechte Abwägung der Rechtssicherheit mit der materiellen Gerechtigkeit insoweit nicht stattgefunden hat. Auch die nachgeschobene Begründung (in der mündlichen Verhandlung v. 4.2.2004), die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Lehrer habe sich geändert und der ursprünglich festgelegte Zeitraum von 4 Jahren sei nur ein Höchstrahmen gewesen, enthält keinerlei Abwägungsmomente und Auseinandersetzung mit den Prinzipien materieller Gerechtigkeit. Befasst sich die Beklagte aber überhaupt erneut mit der angegriffenen Verfügung und reduziert sie - unter dem Eindruck der Verwaltungsrechtsprechung oder aber aus Gründen einer veränderten Sachlage, wie sie meint - die ursprünglich einmal bindend festgelegte Dauer der Teilzeit, so hat sie sich auch mit der Sache ansonsten wieder zu befassen, kann deren offenkundige Rechtswidrigkeit in einem solchen Fall nicht noch weiter - für einen verwaltungstechnisch abgegriffenen Zeitraum - aufrechterhalten.
Der eingebrachte Gesichtspunkt der reduzierten Arbeitsleistung (vgl. den Bescheid vom 10. August 2000, S. 3 unten) ignoriert die sehr eindeutige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dazu (Urt. v. 2.3.2000, ZBR 2000, 209 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) und vermengt beamtenrechtliche Amtswahrnehmung mit Zeitarbeit. Der Kläger hat das ihm urkundlich übertragene Amt wahrgenommen, wobei die Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung allein auf die ja doch einseitige „Ausgestaltung“ dieses Amtes gerade durch die Beklagte und deren Verfügung vom 10. August 1998 zurückging. Dieses dem so verpflichteten Kläger jetzt entgegen zu halten, ist nicht angängig, stellt sich vielmehr als venire contra factum proprium dar und trägt daher nicht. Die beschriebene „Ausgestaltung“ des Amtes war dem Kläger von der Beklagten einseitig gegen seinen Willen aufgezwungen worden. Hierauf sich dann im Prozess zwecks Freistellung von Zahlungsansprüchen zu berufen, ist eindeutig treuwidrig und prozessual arglistig. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG, Fürsorgegesichtspunkten, Treu und Glauben sowie Zumutbarkeitserwägungen ist das Ermessen daher reduziert auf die Entscheidung, die Sache nicht nur hinsichtlich eines zufällig herausgegriffenen Teilzeitraums, sondern insgesamt zugunsten des Klägers wieder aufzugreifen und in eine materiell-rechtliche Neubeurteilung der gesamten Zwangsteilzeit einzutreten. Vgl. insoweit VG Gera LKV 1997, S. 297 ff / 299:
"Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG anerkannt, daß in bestimmten Fällen die Behörde zur Rücknahme eines rechtswidrigen, bestandskräftigen Verwaltungsaktes gem. § 48 I 1 ThürVwVfG verpflichtet ist, obgleich keine Wiederaufnahmegründe vorliegen. Eine solche Verpflichtung besteht vor allem in den Fällen, in denen die Berufung auf die Unanfechtbarkeit eines Erstbescheides dazu führt, daß die Behörde gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. BVerwGE 44, 333 (336); Kopp, VwVfG, § 51 Rdnr. 13).
Ein Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) liegt u.a. vor, wenn sich die Behörde widersprüchlich verhält (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl. (1992), § 242 Rdnrn. 55 bis 57)."
Solche Widersprüchlichkeit liegt hier nicht nur in der sachlichen Neubefassung mit dem bestandskräftigen Ausgangsbescheid und der vorzeitigen Gewährung von Vollbeschäftigung bei rechtswidriger Aufrechterhaltung von Teilzeitbeschäftigung für die Vergangenheit, sondern auch im zunächst einseitigen Erzwingen von Teilzeitbeschäftigung von Seiten der Beklagten, was dem Kläger jetzt als Säumnis und Grund für die Freistellung von Ersatzansprüchen vorgehalten wird. Die Teilzeitbeschäftigung war seitens der Beklagten erzwungen worden - u.zw. aus Gründen des Einsparens von Haushaltsmitteln (vgl. 2.7 des Urteils der Kammer v. 13.08.2003 - 1 A 391/00 -; Kutscha, ZBR 2001, S. 160 m.w.N.).
1.2.5 Im Übrigen ist es so, dass die Beklagte in der Zeit ihrer ablehnenden Entscheidungen - im August/September 2000 - zeitgleich über Anträge und Widersprüche zu entscheiden hatte, die Antragsteller betrafen, welche später als der Kläger eingestellt und daher unter Bezug auf das gen. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2. März 2000 (zufällig) zeitgerecht - binnen 1 Jahres - gegen die sie betreffende Begleitverfügung vorgehen konnten und vorgegangen sind. Die wesentliche Sach- und Rechtslage lag - wie der vorliegende Fall deutlich zeigt - völlig gleich, der übergangene Alimentationsanspruch aus Art. 33 Abs. 5 GG stand auch bei diesen Anträgen im Mittelpunkt. Die Anträge hatten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren später Erfolg, einige bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, da die Rechtswidrigkeit der verfügten Zwangsteilzeit nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung klar zutage lag. Um nicht eine Divergenz zwischen diesen Antragstellern und dem Kläger (sowie anderen, ebenfalls früher eingestellten Beamtinnen/en) aufkommen zu lassen, sondern alle wesentlich gleich liegenden Fälle auch materiell-rechtlich gleich zu behandeln (Art. 3 GG), hätte die Beklagte sich daher - schon wegen der gegebenen materiell-rechtlichen Sonderkonstellation (Existenz einer höchstrichterlichen Rechtsprechung seit 1989, Art. 3 GG) - nur noch schwer auf die bloße Bestands-kraft der angegriffenen Ausgangsverfügung berufen können. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Gebot der Sachlichkeit (als Folgerung aus dem Rechtsstaatsprinzip). Die vorgenommene Differenzierung allein nach der mehr oder weniger zufälligen Einstellung - mit der Folge des rechtzeitigen oder verspäteten Rechtsbehelfs nach Kenntnis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 - trägt somit den Anschein einer willkürlichen, an Zufälligkeiten orientierten Handhabung in sich, zeigt aber nicht die Ausrichtung an beamtenrechtlichen Grundprinzipien und am materiellen Verfassungsrecht (Art. 33 Abs. 5 GG) auf (vgl. insoweit Urt. des BVerwG v. 2.3.00, ZBR 2000, 209/10).
Die Beklagte könnte sich allein dann noch auf die Unanfechtbarkeit der Begleitverfügung vom 26. August 1998 berufen, „wenn sich deren Rechtswidrigkeit nicht geradezu aufdrängt“ (so VGH Mannheim, VBlBW 2001, S. 23 [VGH Baden-Württemberg 13.06.2000 - 13 S 1378/98]). Das jedoch ist hier eindeutig der Fall - mit der Folge der Verpflichtung zum Wiederaufgreifen.
1.2.6 Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte den Kläger in irgendeiner Weise getäuscht oder diese eine rechtswidrige Teilzeitbeschäftigung längere Zeit widerspruchslos hingenommen hätte (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 25.9.01, - 7 A 115/01 -, S. 6 d. Urt.-Abdr.). Denn verfassungsrechtlich verankerte Grundprinzipien wie die des Art. 33 Abs. 5 GG sind nicht verzichtbar. Auch bleibt im Rechtsstaat jede Verwaltung stets an Recht und Gesetz gebunden - unabhängig davon, wie sich der Bürger verhält. Neben der Sache liegt auch der Hinweis, der Kläger sei tatsächlich nur im Umfang der herabgesetzten Arbeitszeit tätig gewesen (S. 3 des Bescheides v. 10.8.2000) - etwas, was ihm nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.3.2000 (ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) wegen pflichtgemäßer Wahrnehmung eines Amtes gerade nicht entgegen gehalten werden kann (s.u. 6) und sich eindeutig als venire contra factum proprium darstellt (s.o.); schließlich war die Teilzeit von der Beklagten selbst erzwungen worden. Auch ist nicht maßgeblich, dass die Rechtsordnung selbst Entscheidungen, die aufgrund verfassungswidriger Regelungen getroffen wurden, nicht die Wirksamkeit versagt, § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG und § 34 Abs. 2 S. 2 StaatsGHG Nds, vgl. insoweit VG Oldenburg, Urt. v. 27.2.2002, - 6 A 3840/00 -, S. 20 d. Urt-Abdr.); denn dieser Gesichtspunkt wiegt eine nach Grund und Offenkundigkeit inzwischen sehr klare Rechtswidrigkeit, die sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung u.a. aus dem Grundgesetz (Art. 33 Abs. 5 GG) ableitet, in einem Rechtsstaat mit seiner Bindung an Gesetz und Recht nicht auf. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles und ihre Gewichtung - einschließlich materieller Gerechtigkeit - entscheidend, die hier ein Wiederaufgreifen gebieten.
2. Es besteht unter diesen Umständen nicht etwa die Beschränkung, lediglich die Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen und dann die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, nunmehr das Verfahren wiederaufzugreifen und das eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß zu betätigen. Vielmehr hat das Gericht die Sache selbst voll „durchzuentscheiden“. Vgl. Neumann in NVwZ 2000, S. 1244/1254:
„Das BVerwG geht von der Pflicht des Gerichts aus, bei einer Verpflichtungsklage die Sache in vollem Umfang spruchreif zu machen. Bei rechtswidriger Verweigerung des begehrten Verwaltungsakts darf das Gericht nicht nur die ablehnende Entscheidung aufheben und der Behörde mit gewissermaßen zurückverweisender Wirkung die Prüfung und Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen aufgeben. Das BVerwG hält es nicht für gerechtfertigt, zwischen den Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens einerseits und den Voraussetzungen des Anspruchs in der Sache andererseits zu unterscheiden. Die Pflicht, die Sache spruchreif zu machen, gelte nicht nur für die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens. Dahinter steht ein bestimmtes Verständnis dieser Voraussetzungen und damit auch des Streitgegenstandes. Streitgegenstand ist der in der Sache geltend gemachte Anspruch. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 I VwVfG sind nur Voraussetzungen für den in der Sache geltend gemachten Anspruch ebenso wie dessen materielle Voraussetzungen. Ob das bestandskräftig abgeschlossene Verfahren wiederaufgegriffen werden muss, betrifft lediglich die Frage nach den Voraussetzungen des Anspruchs in der Sache, für dessen Erfüllung die Durchbrechung der Bestandskraft erforderlich ist. Es geht hingegen nicht um einen selbstständig neben diesem stehenden und eigenständig einklagbaren Anspruch auf ein Wiederaufgreifen. Der Kläger kann danach nicht bloße Klage auf Verpflichtung des Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens erheben. Für eine solche Klage müsste das BVerwG ihm das Rechtsschutzbedürfnis versagen."
Somit hat die Kammer hier „durchzuentscheiden“ und den materiellen Anspruch selbst zu prüfen.
3. In der Sache selbst hat der Kläger ohne Frage einen Anspruch auf die begehrte Besoldungsdifferenz und den versorgungsrechtlichen Ausgleich, so wie das von der Kammer bereits mehrfach entschieden worden ist (vgl. etwa Urteile der Kammer v. 18. 01.2001 - 1 A 238/00 - und v. 13.8.2003 - 1 A 391/00, 328/00, 330/00). Diese Rechtsprechung ist höchstrichterlich bestätigt worden (Nds. OVG - 5 LB 2723/01 - in NordÖR 2002, 134 = NdsVBL 2002, 130; Beschl. d. BVerwG v. 18.6.2002 - 2 B 12.02 -; vgl. auch OVG Münster, NVwZ-RR, 2004, 438 [OVG Nordrhein-Westfalen 02.10.2003 - 6 A 2089/02]), zumal sie auf das auslösende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2.3.2000 (ZBR 2000, 209 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) zurückgeht. Auch ansonsten ist stets betont worden, dass die tangierten beamtenrechtlichen Grundprinzipien (BVerfGE 71, 39 [BVerfG 15.10.1985 - 2 BvL 4/83] / 59 ff. und 55, 207 / 240) nur mit Zustimmung (Verzicht) des jeweils betroffenen Beamten abänderbar sind (sog. Konsensualprinzip, vgl. Battis, BBG-Kommentar, 2. Aufl. § 72 a Rdn. 8). Das soll insbesondere beim Berufseinstieg gelten, wo der Bewerber hinsichtlich der Gestaltung seiner „Arbeitsbedingungen“ im Allgemeinen dem Dienstherrn ausgeliefert ist und sich in einer unterlegenen Position befindet. Daher verstößt das Einstellungskriterium der Akzeptanz einer Teilzeitbeschäftigung auch gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Deshalb ist eine Teilzeitbeschäftigung von Beamten nur zulässig, „wenn ihre Freiwilligkeit auch beim Berufseinstieg gewährleistet ist“ (so Urt. d. BVerwG v. 2.3.2000, ZBR 2000, 21o).
„Immerhin gehört das Prinzip der amtsangemessenen Vollalimentation nach der Rechtsprechung des BVerfG zu denjenigen „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“, die vom Gesetzgeber strikt zu beachten sind. Als einen solchen „hergebrachten Grundsatz“ i.S. des Art. 33 V GG betrachtet das BVerfG auch, „dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche (und zwar eine der Bedeutung von Leistung und Verantwortung entsprechende) Besoldung gewährt wird“ (so Kutscha, NVwZ 2002, 946/947).
Wie Summer in seiner Anmerkg. zum Urteil des BVerwG (ZBR 2000, 211) hervorgehoben hat, ist daher eine „eiserne Grenze beim Moment der Freiwilligkeit gegeben“. Hierauf hat neben Loschelder (ZBR 2000, 89/91) auch Ziemske (ZBR 2001, 1 f./ 5) hingewiesen, der hervorhebt, dass zulässige Teilzeitbeschäftigung von Beamten stets mit einem „Element eigenverantwortlicher Entscheidung des Beamten“ korreliere und nur unter dieser Voraussetzung mit dem Alimentationsprinzip vereinbar sei, was in einer freiheitlich-demo-kratischen Grundordnung einleuchtet. Das Konzept einer nicht konsentierten, sondern völlig antragslosen Zwangsteilzeit (vgl. dazu schon BR-Drs. 89/88) stößt mithin nach wie vor auf verfassungsrechtliche Bedenken und ist höchstrichterlich nicht gebilligt, so dass es bei dieser Lage der Dinge überrascht, wenn ein entsprd. Bundesratsantrag bei der damaligen Einführung der voraussetzungslosen Antragsteilzeit (§ 72 a Abs. 1 BBG) auf eine verfassungsrechtliche Bewertung völlig verzichtete (Bredendiek/Meier, NVwZ 1996, 444). Nach Battis/ Grigoleit (ZBR 1997, 246) stellte die Einführung des (Zwangs-) Teilzeitbeamten eine „strukturelle Veränderung des Berufsbeamtentums“ dar, die von der Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG gerade ausgeschlossen wird (vgl. Gola/Hügel, DÖD 1996, 97; Battis, BBG, 2. Auflage, § 72 a Rdn. 9). Ein (zwangsweises) Teilzeitbeamtenverhältnis ist unter Art. 33 Abs. 5 GG nicht vorstellbar und „ohne Verfassungsänderung nicht zu haben“ (Battis/Grigoleit, aaO, S. 247). Denn
„die Vollzeitbeschäftigung auf Lebenszeit bildet seit jeher das Leitbild und den kennzeichnenden wesentlichen Strukturinhalt des Beamtenverhältnisses (vergl...)“. - so BVerwG, ZBR 2000, S. 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99] m.w.N.
Von diesem Vollzeitprinzip als Regelfall beamtenrechtlicher Amtstätigkeit abgesehen stünde bei einer (Zwangs-) Einstellungsteilzeit eine einseitig abverlangte Bereitschaft dazu auch nicht mehr mit Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang (dazu Battis, BBG, 2. Aufl. § 72 a Rdn. 9). Denn die den Bewerbern alternativlos abverlangte Akzeptanz der Teilzeitbeschäftigung hat mit den Kriterien der Eignung, Befähigung und Leistung nichts zu tun.
Damit erlaubt § 80 c NBG nur eine solche Teilzeitbeschäftigung, die vom freien Willen des jeweils betroffenen Bewerbers getragen ist und bei der ihm die Wahl der Vollzeitbeschäftigung eingeräumt wird. Nur mit diesem (reduzierten) Sinngehalt ist § 80 c NBG im Lichte und Wirkungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG anwendbar, so dass die hier angegriffene Verfügung, mit welcher eine Teilzeitarbeit durch die Begleitverfügung zur beamtenrechtlichen Ernennung aufgezwungen wurde, insoweit der Rechtsgrundlage entbehrt. Vgl. Kutscha (NVwZ 2002, S. 946/947).
„Die künftig je nach Bundesland variierende Besoldung lässt sich mithin ebenso wie die oben beschriebene Flexibilisierung anderer Elemente des Beamtenrechts als schrittweise Abkehr von den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 V GG werten. Dabei fällt allerdings auf, dass diese Abkehr nur diejenigen Grundsätze betrifft, die die Stellung und die Unabhängigkeit des Beamten schützen sollen, nicht dagegen die spezifischen Pflichtenbindungen wie das Streikverbot oder die Disziplinargewalt. Die ins Werk gesetzte „Modernisierung“ des Beamtenrechts wirkt sich also recht einseitig aus, nämlich überwiegend zu Lasten der Staatsdiener und zu Gunsten der Dienstherren. Eines aber kann die Gesellschaft nicht verlangen, wie Lecheler zu Recht bemerkt: „uneigennützige und unabhängige Amtsführung auf der einen Seite, welche die Gesellschaft offenbar nach wie vor von einem Beamten vor allem erwartet, und zugleich den Abbau ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Sicherung“.“ (so Kutscha, NVwZ 2002, 946/947).
Soweit die Beklagte den Eindruck zu erwecken sucht, die von ihr verfügte Zwangsteilzeit habe vor allem der Einstellung von Bewerbern um das Lehramt gedient, ist dem entgegen zu treten: Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2001 in einem ähnlich gelagerten Verfahren wie dem vorliegenden hat sich herausgestellt, dass das niedersächsische Modell vorrangig nicht dazu diente, die Arbeitslosigkeit im Lehrerbereich abzubauen. Denn nach dem damals vorgelegten statistischen Material (vgl. „Die niedersächsischen allgemein bildenden Schulen in Zahlen“, Stand: Schuljahr 1999/2000, Nds. Kultusministerium) und seiner Interpretation muss davon ausgegangen werden, dass das Nds. Kultusministerium den Lehrerbedarf - berechnet in Vollzeitlehrereinheiten - trotz deutlich gestiegener Schülerzahlen (von 859.869 im Jahre 1993 auf 968.535 im Jahre 1999) durch mehrere, miteinander verwobene Maßnahmen beständig - vor allem vor und in der Phase der Einführung der hier streitigen Einstellungsteilzeit - abgesenkt hat, u.zw. von 57.437 Vollzeitlehrereinheiten im Jahre 1993 auf 57.019 Vollzeitlehrereinheiten im Jahre 1999. Damit sind die angeführten „zusätzlichen“ Einstellungen von 14oo Lehrkräften (12oo im allgemeinbildenden und 2oo im berufsbildenden Bereich) bei 64oo Gesamteinstellungen auf Teilzeitbasis nur und erst auf der Grundlage eines durch die gen. Maßnahmen verminderten Lehrerbedarfs bzw. -solls zu sehen. Die Schüler-Lehrer-Relation ist in den entsprechenden Jahren von 15 auf 17 angestiegen, die durchschnittliche Klassenfrequenz von 20,5 auf 21,4 angewachsen. Zu den Absenkungs-Maßnahmen zählen vor allem:
- 1998 die Einführung eines „verpflichtenden“ Arbeitszeitkontos (1 Stunde unbezahlte, später verrechenbare Mehrarbeit pro Lehrkraft unter 50 Jahren) bzw. „freiwilligen“ Arbeitszeitkontos (ebs. für Lehrkräfte über 50 Jahre)
- die beständige Veränderung der Vor- und Maßgaben für die Unterrichtsversorgung (Verringerung der Höchststundenzahlen, Abbau von Förderstunden, Ermäßigung der klassenfrequenzabhängigen Lehrerstunden - vgl. z.B. den Erlass v. 31.3.92/SVBl. 92, S. 161)
- die Aufstockung der Pflichtstundenzahlen für Lehrer
- die Abschaffung der Personalratsfreistellungen.
Angesichts solcher Absenkung der Lehrer-Bedarfszahlen in den 90er Jahren kann es sich bei den 1998/99 vorgenommenen Einstellungen somit allenfalls um eine Kompensation der zuvor kontinuierlich erfolgten Bedarfsabsenkung im Lehrerbereich handeln. Ein nennenswerter „Abbau von Arbeitslosigkeit“ hat bei einer langfristigen Betrachtung auf der Grundlage der genannten Zahlen wegen der vorgenommenen Absenkung der Sollzahlen tatsächlich gar nicht stattgefunden. Bei einem Vergleich mit dem - noch nicht abgesenkten - Lehrersoll der vorangehenden Jahre sind „zusätzliche“ Einstellungen im Lehrerbereich dann jedenfalls nicht mehr feststellbar. Die Unterrichtsversorgung hat gleichbleibend bei rd. 97 % (1993/1999) gelegen, nachdem sie in den 80er Jahren noch bei 103-104 % gelegen hatte (vgl. das o.a. Zahlenwerk). In der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2001 wurde denn auch unter dem Eindruck dieser statistischen Zahlen vorgetragen, es seien nicht „mehr“ Lehrer eingestellt worden, sondern diese seien nur - zeitverschoben - einige Jahre „früher“ eingestellt worden als das ohne Einstellungsteilzeit möglich gewesen wäre.
Das Absenken des Bedarfs an Lehrkräften in Niedersachsen überrascht deshalb, weil die Schülerzahlen im gleichen Zeitraum um ca. 100.000 Schüler angestiegen sind. Auf dieser Grundlage eines abgesenkten Lehrerbedarfs bei gleichzeitig gestiegenen Schülerzahlen kann nicht davon gesprochen werden, dass es um den „Abbau von Lehrerarbeitslosigkeit“ gegangen sei. Eine Gesamtbetrachtung der miteinander verwobenen Maßnahmen legt vielmehr nahe, dass es vor allem um das Einsparen von Haushaltsmitteln ging (so Kutscha, ZBR 2001, S.156 ff - u.a. auch Fußn. 58).
Sozialstaatliche Rechtfertigungen einer arbeitsmarktpolitischen Teilzeitbeschäftigung können jedoch nur dann Geltung beanspruchen, wenn die arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit eindeutig außer Zweifel steht, was bei zeitgleichen Bedarfsverminderungen, Stellenkürzungen und -einsparungen gerade nicht der Fall ist (Lang/ Bürsch, Teilzeitarbeit in deutschen Behörden und Betrieben, 1996, S. 22; Hanau, ZBR 1996, 199/ 200). Das nimmt dem Modell die arbeitsmarktpolitische Überzeugungskraft.
Dass es sich beim Modell der Einstellungsteilzeit eher um eine Maßnahme des Sparens und der Haushaltskonsolidierung gehandelt hat und handelt, wird durch Überlegungen gestützt, die einer Lehrer-Verbeamtung den Vorzug vor der Beschäftigung von Lehrern im Angestelltenverhältnis allein deshalb geben, weil Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung nicht abzuführen sind (vgl. die Diskussion im Thüring. Landtag im Oktober 1997, vgl. dazu auch die aus Gründen des Sparens angestellten Überlegungen in Schleswig-Holstein). Die Beschäftigung von beamteten Lehrern in „Zwangsteilzeit“ bei zugleich abgesenktem Lehrerbedarf (s.o.) ist mithin erheblich sparsamer als die von angestellten Lehrern in vergleichbaren (Teilzeit-) Beschäftigungsverhältnissen. Das dürfte denn auch der Grund dafür gewesen sein, weshalb der vorgeblich verfolgte „Abbau der Arbeitslosigkeit“ bzw. der Abbau eines Bewerberüberhangs nicht mit teilzeitbeschäftigten Lehrkräften im Angestelltenverhältnis, sondern mit solchen im Beamtenstatus verfolgt wurde, obgleich doch mit jenen das Ziel problemloser - ohne Tangieren des Art. 33 Abs. 5 GG und bundesrechtlicher Grundsätze - hätte verfolgt und erreicht werden können (vgl. dazu Kutscha, ZBR 2001, S. 160). Es überzeugt deshalb nicht, wenn behauptet wird, die Einstellungsteilzeit beamteter Lehrer sei notwendig (gewesen), um Lehrerarbeitslosigkeit abzubauen (Kutscha, ZBR 2001, S. 160 Fußn. 62 und Fußn. 18).
4. Die bei dieser Lage der Dinge seitens der Beklagten mit ihrem Hilfsantrag begehrte Aussetzung und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG scheidet aus. Denn weder der Kläger noch die Beklagte noch aber das erkennende Gericht - also niemand - geht von einer Verfassungswidrigkeit des § 80 c NBG aus. Die Norm ist gültig.
Eine Pflicht zur Vorlage aus Art. 100 GG besteht erst dann, wenn das erkennende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Norm überzeugt ist. Eine Vorlage scheidet dagegen aus, „wenn das VG die Gültigkeit der vom BVerfG zu prüfenden Norm in Übereinstimmung mit der Rspr. des BverwG bejaht“ (so ausdrücklich BVerwG, B. v. 6.12.1999 - 3 B 55.99 - in Buchholz 31o Verfahrensrecht § 94 VwGO Nr. 13). So liegt es hier (vgl. BVerwG, ZBR 2000, 209 f. [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).
5. Auch die mit dem weiteren Hilfsantrag begehrte Aussetzung des Verfahrens analog § 94 VwGO, die mit Blick auf das Normbestätigungsverfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 f BVerfGG rechtlich zwar möglich, aber nicht zwingend geboten ist, kommt bei Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen nicht in Betracht (so auch VG Osnabrück, Urt. v. 15.1. 2003 - 3 A 132/00 -; VG Oldenburg, Beschl. v. 30.1.2003 - 6 A 4598/02 -; a.A. Nds. OVG, Beschl. v. 13.3.2003 - 5 LB 2863/01 -, das eine Aussetzung für sachgerecht hält). Im Urteil des VG Osnabrück v. 15.1.2003 heißt es insoweit:
„Die eine analoge Anwendung der Vorschrift rechtfertigenden Gesichtspunkte der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen gebieten im Widerstreit mit dem gegebenenfalls artikulierten Parteiinteresse an effektivem und zeitnahem Rechtsschutz eine Aussetzung nur, wenn das aussetzungswillige Gericht sich keine abschließende Meinung über die Verfassungsmäßigkeit der im Normenkontrollverfahren zu überprüfenden Gesetzesbestimmung gebildet hat und das Verfahren vor dem Normenkontrollgericht nicht offensichtlich aussichtslos erscheint. Letzteres anzunehmen gibt es hier gute Gründe: Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte; sie sind der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (BVerfG, B. v. 9.2.2001 - 1 BvR 781/98 -, DVBl. 2001, 892; stRspr. seit BVerfGE 18, 85).
6. Der Anspruch des Klägers auf die nachzuzahlende Gehaltsdifferenz (1.9.1998 bis 31.7.2001) ergibt sich daraus, dass die neben der einschränkungslos erfolgten beamtenrechtlichen (Voll-)Ernennung noch rechtswidrig verfügte Teilzeitbeschäftigung (angesichts der verfassungskonformen Reduktion des § 80 c NBG) rückwirkend wieder entfällt. Damit kommen die Rechte des Klägers aus seinem durch eine wirksame Ernennung zum Beamten auf Probe begründeten (vollen) Beamtenstatus zur Geltung, die ihm durch die angefochtene Begleitverfügung - ohne gesetzliche Grundlange, da § 80 c NBG die Verfügung nicht trägt (s.o.) - unzulässig vorenthalten worden waren. Eine Verknüpfung der beamtenrechtlichen Ernennung mit der verfügten Teilzeitbeschäftigung in der Weise, dass mit Wegfall der Teilzeitbeschäftigung auch die durch Aushändigung einer Urkunde bewirkte beamtenrechtliche Ernennung wieder entfiele, ist trotz eines Zusammenhangs zwischen beiden Verwaltungsakten rechtlich nicht möglich (BVerwG, aaO). Die Besoldungsdifferenz ist daher wegen der Wahrnehmung des Amtes (nach Weisung der Beklagten) nachzuzahlen, ohne dass eine zusätzliche, etwa an der einseitig verfügten Unterrichtsverpflichtung bzw. Arbeitszeit orientierte Arbeitsleistung seitens des Dienstherrn noch verlangt werden kann (BVerwG, aaO, S. 211). Der Kläger ist besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er ab 1. September 1998 für seine pflichtgemäße, nach Weisung der Beklagten erfolgte Wahrnehmung des Lehramtes beamtenrechtlich alimentiert worden (Folgenbeseitigung gem. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO, Grundlage: Art. 19 Abs. 4 GG iVm dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung). Dazu gehört auch der Zinsanspruch in der geltend gemachten Höhe hinsichtlich der seit dem 19. April 1999 vorenthaltenen Gehaltsteile (§§ 288, 291 BGB n.F.).
Die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten beruht auf einer Billigkeitsentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO sowie auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Berufungszulassung liegen hier nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO).