Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 04.03.2008, Az.: 3 A 6111/07
Eignung; Kindeswohlgefährdung; Personensorge
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 04.03.2008
- Aktenzeichen
- 3 A 6111/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 55136
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 27 SGB 8
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Wenn eine Fremdunterbringung des Kindes von dem personensorgeberechtigten Elternteil abgelehnt wird, ist diese Hilfeart aus subjektiven Gründen nicht geeignet. Der Jugendhilfeträger muss dann die effektivste der verbleibenden geeigneten Hilfen gewähren, auch wenn diese keine optimale Sicherung des Kindeswohles gewährleistet.
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08.11.2007 verpflichtet, der Klägerin für ihre Kinder D. und E. F. Hilfe zur Erziehung in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Hilfe zur Erziehung in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe für ihre Kinder D. und E..
Die 1977 geborene Klägerin ist alleinerziehende Mutter von vier Söhnen im Alter von drei bis zehn Jahren. Sie hat bereits seit Jahren verschiedene Hilfen zur Erziehung von der Beklagten erhalten, da es insbesondere bei den beiden älteren Söhnen G. (geboren 1997) und H. (geboren 2000) zu massiven Verhaltensauffälligkeiten gekommen war. G. ist seit März 2006 in einer Pflegefamilie untergebracht.
Am 04.07.2007 nahm die Beklagte die verbliebenen drei Kinder H., D. (geboren 2003) und E. (geboren 2005) in Obhut, weil sie das Wohl der Kinder akut gefährdet sah. Sie stützte sich auf Hinweise darauf, dass die Klägerin Drogen konsumiere und die Kinder Kontakten zum Drogenmilieu ausgesetzt seien, sich im Haushalt der Klägerin ein Kampfhund aufhalte, die Klägerin sich in einem psychisch labilen Zustand befinde und die Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder sie überfordere.
Am 05.07.2007 stellte die Beklagte beim Amtsgericht Holzminden einen Eilantrag auf Entziehung der elterlichen Sorge für die Kinder. Die Eilanträge wurden abgelehnt, weil die Klägerin sich zwischenzeitlich damit einverstanden erklärt hatte, dass die drei jüngeren Kinder zunächst im I. Kinderheim verblieben und dort an einer Ferienmaßnahme teilnähmen, und G. bereits fremdplaziert war (Beschlüsse d. AG Holzminden v. 13.07.2007 im Verfahren 12 F 377/07 SO (G. u. H.), v. 19.07.2007 im Verfahren 12 F 378/07 SO (D.) u. v. 20.07.2007 im Verfahren 12 F 384/07 SO (E.)).
Am 03.08.2007 kehrten D. und E. in den Haushalt der Klägerin zurück. H. verblieb im I. Kinderheim, um seine Diagnose und den Hilfebedarf abzuklären.
Ab September 2007 unterzog die Klägerin sich einem monatlichen Urintest auf verschiedene Drogen, der durchgängig negative Ergebnisse erbrachte. Ein einmalig im Oktober durchgeführter Haartest führte zum Nachweis, dass die Klägerin innerhalb des Zeitraums der zurückliegenden zwölf Monate Amphetamine konsumierte hatte.
Mit Schreiben vom 13.09.2007 beantragte die Klägerin Hilfe zur Erziehung für ihre Kinder E. und D.. Sie stelle sich vor, eine sozialpädagogische Familienhilfe zu installieren, wenn möglich durch eine lebens- und berufserfahrene Fachkraft.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 19.09.2007 ab, weil die beantragte Hilfeform nicht geeignet sei, den Gefährdungen der Kinder im Haushalt der Klägerin vorzubeugen. Zur weiteren Begründung bezog sie sich auf ihre Stellungnahmen im familiengerichtlichen Verfahren sowie auf den Bericht des dortigen Verfahrenspflegers vom 07.09.2007. Darüber hinaus führte sie aus, dass die Klägerin sich der Möglichkeit einer Mutter-Kind-Betreuung gem. § 19 SGB VIII gegenüber sehr aufgeschlossen gezeigt habe und benannte konkrete Aufnahmemöglichkeiten. Um die derzeit bestehende Gefahr abzuwenden sei eine Hilfe gem. § 34 SGB VIII erforderlich. Jede ambulante Hilfe sei nicht ausreichend.
Mit Beschluss vom 09.10.2007 ordnete das Amtsgericht Holzminden in den D. und E. betreffenden Verfahren die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Fragen an, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliege und wie ihr gegebenenfalls begegnet werden könne. Nach ersten Ermittlungen informierte der bestellte Gutachter das Gericht telefonisch davon, dass er keine akute Kindeswohlgefährdung sehe, und bat mit Schreiben vom 17.10.2007 darum, seinen Auftrag um folgende Punkte zu erweitern: 1. Fortsetzung der Begutachtung für sechs Monate unter Einsatz begleitender Maßnahmen, 2. Einsetzung einer sozialpädagogischen Familienhilfe für Erziehungsfragen, 3. lückenloses Drogenscreening (insbesondere Amphetamine), 4. evtl. Erziehungsberatungsgespräche mit Frau Dr. J. (Psychologin in der Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des K.). Dieser Bitte kam das Amtsgericht mit Beschluss vom 29.10.2007 nach. Auf Beschwerde der Beklagten ergänzte das Oberlandesgericht Celle diesen Beschluss dahin, dass dem Jugendamt der Beklagten daraus keine Verpflichtung zur Gewährung von sozialpädagogischer Familienhilfe oder zur Durchführung von Erziehungsberatungsgesprächen erwächst.
Im Zuge dieser Entwicklung beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 29.10.2007 erneut die Bewilligung einer sozialpädagogischen Familienhilfe. Sie stützte sich darauf, dass der Gutachter im familiengerichtlichen Verfahren keine Kindeswohlgefährdung für D. und E. erkannt und die Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe für erforderlich gehalten habe. Der Verfahrenspfleger im familiengerichtlichen Verfahren befürworte diese Vorgehensweise ebenso wie Frau Dr. J. vom L..
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.11.2007 - zugestellt am 12.11.2007 - ab. Zur Begründung bezog sie sich auf die Ausführungen ihres Bescheides vom 19.09.2007. Ergänzend führte sie aus, die Klägerin habe die zahlreichen ambulanten Hilfen, die die Beklagte ihr im Verlauf der vergangenen Jahre angeboten habe, wenn überhaupt sehr zeitverzögert angenommen und nie durchhalten können. Sie sichere zwar stets Mitarbeitsbereitschaft zu, wechsele ihre Auffassung aber häufig. Alle - im Einzelnen benannten - Hilfen seien deshalb gescheitert. Auch die angekündigte Abkehr vom Drogenmilieu habe nicht stattgefunden und die aktuelle Haaranalyse beweise, wie weit die Klägerin von einem Leben ohne Drogen entfernt sei. In diesem Umfeld und bei diesen Rahmenbedingungen seien D. und E. im Haushalt der Klägerin akut gefährdet. Geeignete Hilfen wären die Betreuung in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter und Kinder nach § 19 SGB VIII oder die Unterbringung der Kinder in Vollzeitpflege oder in einem Heim nach §§ 33, 34 SGB VIII.
Seither weigerte sich die Klägerin, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beklagten Zutritt zu ihrer Wohnung zu verschaffen.
Am 12.12.2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, dass sie keine Drogen mehr nehme, was durch die laufenden Urinproben belegt werde. Von dem Freund, mit dem sie im Sommer und Herbst 2007 zusammen war, habe sie sich zwischenzeitlich getrennt. Im Vergleich zu früher habe sich die Situation verändert, weil jetzt nicht mehr vier sondern nur noch zwei Kinder bei ihr lebten, zumal die beiden älteren Kinder äußerst verhaltensauffällig gewesen seien. Sie sehe sich in der Lage, die beiden jüngeren Kinder zu versorgen, benötige aber Hilfe in der Erziehung, um die nötige Konsequenz zu trainieren. Zwar habe sie seit Januar 2008 wöchentlich ein Gespräch in der Erziehungsberatungsstelle. Dies sei aber nicht ausreichend, da der Umfang zu gering sei und die beratende Person lediglich Ferndiagnosen stellen könne. Sie brauche laufende Unterstützung vor Ort. Zudem habe sie auch Bedarf nach Hilfe beim Umgang mit Institutionen. So habe sie sich nun selbst um eine Psychotherapie gekümmert und durch die Vermittlung von Frau Dr. J. auch eine Therapeutin gefunden. Dort stehe sie jetzt aber auf der Warteliste und könne voraussichtlich erst in sechs bis acht Monaten mit der Therapie beginnen. Da sowohl der Sachverständige im familiengerichtlichen Verfahren als auch der dortige Verfahrenspfleger die Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe für förderlich und geeignet hielten, sei die Ablehnung durch die Beklagte unverständlich. Mit einer Fremdunterbringung von D. und E. sei sie nicht einverstanden. Sie sei auch nicht dazu bereit, in eine gemeinsame Wohnform nach § 19 SGB VIII zu ziehen, weil sie dort eine Kontrolle befürchte, die sie nicht ertragen könne.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2007 aufzuheben und ihr die beantragte Hilfe zur Erziehung gemäß § 31 SGB VIII zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung des angegriffenen Bescheides. Weiterhin führt sie aus, dass ihr bei der Entscheidung über die geeignete und notwendige Hilfeart ein Beurteilungsspielraum zustehe. Das Gericht sei auf die Prüfung beschränkt, ob sie den Eignungsbegriff nicht generell verkannt habe, sie von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen sei, allgemein gültige Beurteilungsmaßstäbe eingehalten sowie keine sachfremden Erwägungen angestellt habe. Dieser Prüfung halte ihre Entscheidung stand. Geeignet sei diejenige Hilfe, die prognostisch die Einschätzung erlaube, dass mit ihr am besten die jeweilige erzieherische Mängellage behoben werden könne. Die beantragte sozialpädagogische Familienhilfe sei nicht geeignet, da damit die akut bestehende Gefährdung des Kindeswohles von D. und E. nicht abgewendet werden könne. Nach ihren Erfahrungen und den Berichten der verschiedenen mit der Klägerin betrauten Institutionen böten die Einstellung und das Verhalten der Klägerin keine Basis für die beantragte Hilfe. Das gelte sowohl für die vorbereitenden Maßnahmen wie Hilfeplangespräche, wie auch für die Durchführungsphase. Die Klägerin halte sich nicht zuverlässig an Vereinbarungen und könne Kritik nicht akzeptieren. In der momentanen Situation könne eine sozialpädagogische Familienhilfe weder verantwortet noch gesteuert werden. Dass die Klägerin von ihrem Persönlichkeitsbild her nicht in der Lage sei, ihre Kinder zu erziehen, belege auch das zu H. erstellte Gutachten des I. Kinderheims vom 01.12.2007. Zudem müsse auch die negative Entwicklung der beiden älteren Kinder berücksichtigt werden, die Rückschlüsse auf die Erziehungskompetenz der Klägerin zulasse und die Befürchtung nahe lege, dass D. und E. den gleichen Entwicklungsweg vor sich hätten. Bereits jetzt zeigten beide eine erhebliche Entwicklungsverzögerung. Dass die Klägerin jetzt nur noch zwei anstelle von vier Kinder zu betreuen habe, ändere die Einschätzung nicht, da sie bei der missglückten Erziehung der beiden älteren Kinder zunächst auch nur diese beiden gehabt habe. Die Einhaltung der allgemein gültigen Beurteilungsmaßstäbe bei der Entscheidung ergebe sich bereits daraus, dass die Würdigung der Gesamtsituation und die Entwicklung der Lösungsansätze in kollegialer Fachberatung und in Zusammenarbeit mit den beteiligten Institutionen geschehen sei. Sachfremde Erwägungen seien auch von der Klägerin nicht gerügt worden.
Im familiengerichtlichen Verfahren hat der dort bestellte Sachverständige am 31.01.2008 ein vorläufiges psychologisches Gutachten zur Frage erstellt, ob Eilmaßnahmen geboten seien. Er kommt zu dem Ergebnis, dass ein Verbleib der Kinder im Haushalt der Klägerin derzeit keine Kindeswohlgefährdung bedeute. Die bestehenden Defizite erschienen durch flankierende Kontrollen (Drogenscreening) sowie ambulante Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungskompetenz behebbar.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 15.02.2008 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und familiengerichtlichen Verfahrensakten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15.02.2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß §§ 87 a Abs. 2, 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe für D. und E. aus §§ 27 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 31 SGB VIII. Der ablehnende Bescheid vom 08.11.2007 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes Anspruch auf Hilfe, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet oder notwendig ist. Hilfe zur Erziehung wird gemäß § 27 Abs. 2 S. 1 SGB VIII insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. § 31 SGB VIII sieht vor, dass sozialpädagogische Familienhilfe durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben soll. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind hier erfüllt.
Ein pädagogischer Hilfebedarf der Kinder D. und E. liegt unstreitig vor. Auch die Klägerin räumt ein, dass sie mit einer sachgerechten Erziehung ihrer Kinder allein überfordert ist.
Die beantragte sozialpädagogische Familienhilfe ist geeignet und notwendig.
Es kann offen bleiben, ob dem Jugendamt bei der Auswahl der geeigneten und erforderlichen Hilfe ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht (dafür BVerwG, Urt. v. 24.06.1999, Az. 5 C 24/98, FEVS 51, 152 ff.; dagegen Nds. OVG, Urt. v. 10.04.2002, Az. 4 LB 53/02, FEVS 54, 130 ff.), da er hier auf die Entscheidung für die beantragte Hilfeform reduziert wäre.
Die Installation einer sozialpädagogischen Familienhilfe ist geeignet.
Geeignet ist eine Maßnahme, mit der das angestrebte Ziel - jedenfalls teilweise - erreicht werden kann. Durch den Einsatz eines sozialpädagogischen Familienhelfers oder einer sozialpädagogischen Familienhelferin im Haushalt der Klägerin könnte die Klägerin jeweils in den konkreten Erziehungssituationen angeleitet werden. Zudem könnte die Hilfsperson Defizite beobachten und analysieren und die Klägerin unterstützen, andere erforderliche Hilfen - wie beispielsweise die angestrebte Psychotherapie - zeitnah zu erhalten. Insbesondere könnte die Hilfsperson auch Gefahren für die Kinder entdecken und auf ihre Beseitigung hinwirken.
Das Gericht meint nicht, dass eine sozialpädagogische Familienhilfe deshalb ungeeignet ist, weil die Klägerin nicht zuverlässig mit der Beklagten zusammenarbeitet. Zwar hat die Klägerin in der Vergangenheit wiederholt Vereinbarungen nicht oder verspätet umgesetzt. Sie hat aber andererseits auch immer wieder zufriedenstellend kooperiert (vgl. z.B. Hilfeplanfortschreibung für G. v. 18.12.2006, Situationsbericht der Erziehungsstelle M. v. 23.01.2007, Vermerk d. Jugendamtes d. Bekl. zu H. v. 04.05.2007, Gesprächsprotokoll der Schule am N. (FESE) v. 16.01.2007, Entwicklungsbericht des Kindergartens O. über D. v. 04.07.2007). Die Annahme der Beklagten, dass sämtliche bisher geleisteten Hilfen wegen der unzureichenden Mitarbeit der Klägerin gescheitert seien, wird ebenfalls durch die vorliegenden Unterlagen nicht bestätigt (vgl. z.B. Bericht der Erziehungsstelle P. über G. v. 14.03.2007, demzufolge die dortige Hilfe an der Persönlichkeit von G. scheiterte, oder Bericht der Tagesgruppe Q. über H. v. 22.08.2007, die diese Hilfe aufgrund des Bedarfs von H. für nicht ausreichend hielt) . Die Klägerin hat sich einer Zusammenarbeit mit der Beklagten in der Vergangenheit nicht vollständig verschlossen. Sie hat auch in den vergangenen Monaten verschiedene Schritte zugunsten ihrer Kinder unternommen, die zwar ebenfalls teilweise zögerlich aber doch immerhin überhaupt erfolgten (Drogenscreening, Beginn des Kindergartenbesuchs von E., Antrag auf Frühförderung für beide Kinder, Durchführung der Frühförderung für D., Wahrnehmung von Erziehungsberatung, Anbahnung einer Psychotherapie). Es kann daher nicht angenommen werden, dass sie zu dem für eine konstruktive Hilfe erforderlichen Mindestmaß an Kooperation nicht bereit und in der Lage ist. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass die Klägerin die im Jahr 2004 bewilligte Familienhilfe von sich aus abgebrochen habe, da dieses Verhalten zu lange zurückliegt, um daraus entgegen den aktuellen Bemühungen der Klägerin um die begehrte Hilfe abzuleiten, dass sie sie nicht durchhalten würde.
Einer sozialpädagogischen Familienhilfe kann hier die Eignung auch nicht abgesprochen werden, weil die Klägerin persönlichkeitsbedingt nicht in der Lage wäre, ihre Kinder zu erziehen. Dass ihre Erziehungskompetenz sehr eingeschränkt und verbesserungsbedürftig ist, hat auch die Klägerin eingeräumt. Eine nicht behebbare persönlichkeitsbedingte Unfähigkeit zur Erziehung ist hingegen bislang nicht erwiesen und wird auch durch das Gutachten des I. Kinderheims vom 01.12.2007 nicht festgestellt. Dort wird nur begründet, warum die Klägerin der zukünftigen Erziehung ihres verhaltensauffälligen Sohnes H. nicht gewachsen sei.
Sofern die Beklagte darauf abstellt, dass nur die diejenige Hilfe geeignet sei, mit der voraussichtlich am besten die jeweilige erzieherische Mängellage behoben werden könne, legt sie einen unzutreffenden Eignungsbegriff zugrunde. Geeignet ist jede Maßnahme, die die Mängel lindern kann. Die Auswahl der optimalen Hilfe aus verschiedenen geeigneten Möglichkeiten folgt erst in einem weiteren Schritt.
Die begehrte sozialpädagogische Familienhilfe ist auch notwendig.
Von den in Betracht kommenden geeigneten Maßnahmen ist sie die wirksamste. Als weitere geeignete Hilfe steht hier lediglich die bereits von der Klägerin in Anspruch genommene Erziehungsberatung zur Auswahl. Angesichts des massiven Hilfebedarfs von D. und E. reicht diese jedoch nicht aus.
Die von der Beklagten favorisierten Betreuung der Klägerin und der Kinder in einer Mutter-Kind-Einrichtung oder die Unterbringung der Kinder in einer Pflegefamilie oder in einem Heim wird von der personensorgeberechtigten Klägerin abgelehnt und ist daher aus subjektiven Gründen nicht geeignet. Zwar spricht vieles für die Auffassung der Beklagten, dass ambulante Hilfen nicht ausreichen, um den Hilfebedarf der Kinder zu decken. Solange der Klägerin jedoch die Personensorge für D. und E. zusteht, können stationäre Hilfen gegen ihren Willen nicht durchgesetzt werden und scheiden daher aus der Auswahl aus.
Bei dieser Sachlage muss der Klägerin für ihre Kinder die effektivste der geeigneten Hilfen gewährt werden, auch wenn sie keine optimale Sicherung des Kindswohles gewährleistet. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass hier zahlreiche Hinweise für eine akute Gefährdung des Wohles von D. und E. vorliegen. Es hält auch die Stellungnahme des Gutachters im familiengerichtlichen Verfahren vom 31.01.2007 für wenig tragfähig, da dort weder der Einsatz standardisierter Methoden dokumentiert ist, noch eine ausgeglichene Würdigung aller vorliegender Erkenntnisse vorgenommen wird. So finden weder der Kurzbericht des I. Kinderheims vom 13.08.2007 über Verhaltensauffälligkeiten von D. und E. noch die Förder- und Behandlungspläne der Lebenshilfe Q. vom 05.12.2007, in denen für beide Kinder sowohl eine drohende seelische als auch eine drohende körperliche Behinderung festgestellt wurde, Berücksichtigung. Zudem gibt der Gutachter unkritisch die Angaben der Klägerin zu ihrem Drogenkonsum als gegebenen Sachverhalt wieder. Den Einwand der Beklagten, sie könne eine sozialpädagogische Familienhilfe nicht verantworten, versteht das Gericht dahin, dass die Beklagte sich außerstande sieht, allein mit dieser Maßnahme die volle Verantwortung für die Kinder zu übernehmen. Dieser Einschätzung ist beizupflichten. Der Beklagten sind jedoch in der bestehenden Situation die Hände gebunden, mehr für die Kinder zu tun, sofern sie sich nicht zu einer erneuten Inobhutnahme entschließt. Deshalb muss sie das Machbare veranlassen und kann sich nicht darauf zurückziehen, die immerhin mögliche Hilfe - mit der damit verbundenen Kontrolle - zu verweigern.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 S. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.