Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 05.03.2008, Az.: 4 B 4646/07

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
05.03.2008
Aktenzeichen
4 B 4646/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 45437
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2008:0305.4B4646.07.0A

In der Verwaltungsrechtssache

...

Streitgegenstand: Anordnung einer Sanierungsuntersuchung

- Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO -

hat das Verwaltungsgericht Hannover - 4. Kammer - am 5. März 2008 beschlossen:

Tenor:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.

  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60 000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine bodenschutzrechtliche Anordnung, mit der ihr die Erstellung einer Sanierungsuntersuchung und des Entwurfs eines Sanierungsplans für eine Altablagerung aufgegeben wird.

2

Die Antragstellerin war bis zum Jahre 1977 Eigentümerin eines aus den Flurstücken 94/1 , 94/2 und 94/3 bestehenden Grundstücks zwischen den Ortschaften Gehrden und Ditterke ("Badeanstalt Ditterke"). Auf dem Grundstück ist wohl um das Jahr 1900 herum Lehm abgebaut worden. Später, etwa in den Jahren zwischen 1920 und 1950, ist es als Badeanstalt genutzt worden. Anschließend - wohl bis Anfang der 70er Jahre - ist das Grundstück mit Müll verfüllt worden, wobei die genauen Einzelheiten offenbar nicht mehr aufklärbar und streitig sind. Anschließend wurde das Gelände von der Antragstellerin einplaniert, um es einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Im Jahre 1977 wurde es von der Antragstellerin an einen Landwirt veräußert, der das Grundstück landwirtschaftlich nutzt.

3

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das Gelände in den Jahren 1951 bis 1954 von der Antragstellerin als Hausmüllplatz benutzt wurde. Im Jahre 1954 trat die Antragstellerin dem Müllabfuhr-Zweckverband des Landkreises Hannover bei. Danach wurde die Müllabfuhr nicht mehr von der Antragstellerin vorgenommen, sondern vom Müllabfuhr-Zweckverband. Wahrscheinlich, wenngleich nicht sicher ist, dass in den Folgejahren auch der vom Müllabfuhr-Zweckverband, dem Rechtsvorgänger des Beigeladenen, eingesammelte Hausmüll auf die Deponie verbracht wurde. Diese Praxis wurde aber offenbar bald eingestellt, weil die zum Müllplatz führenden Wege nicht für den Verkehr mit schweren Lkw's geeignet waren.

4

Streitig zwischen den Beteiligten ist, von wem der Müllplatz ab dem Jahre 1954 betrieben wurde. Die Antragstellerin behauptet, mit dem Beitritt zum Müllabfuhr-Zweckverband sei dieser für den Betrieb des Müllplatzes zuständig geworden. Antragsgegnerin und Beigeladener machen geltend, der Müllabfuhr-Zweckverband habe zur damaligen Zeit keine eigenen Deponien betrieben. Der Zweckverband sei zuständig gewesen für die Müllabfuhr, nicht aber auch für den Betrieb von Müllplätzen. Dies sei weiterhin Sache der verbandsangehörigen Gemeinden gewesen. Verbandseigene Deponien habe es erst ab dem Jahre 1967 gegeben. Die streitbefangene Deponie habe nie dazugehört.

5

Ende der 50er Jahre und in den 60er Jahren ist es weiterhin zu Ablagerungen auf dem Deponiegelände gekommen. Von wem die Ablagerungen vorgenommen wurden, lässt sich im Einzelnen nicht aufklären. Offenbar wurde die Deponie als "wilde Müllkippe" genutzt und zwar durch Privatpersonen und Firmen wie etwa die in Gehrden ansässige Firma Vorwerk, die dort Abfälle abgelagert und wohl auch verbrannt hat. Nach Berichten von Zeitzeugen soll es im Einzelfall auch zu Ablagerungen durch Tanklastwagen gekommen sein. In diesem Zusammenhang angestellte polizeiliche Ermittlungen führten zu keinem Ergebnis im Hinblick auf mögliche Verursacher. In Teilen war die Deponie wohl noch von dem Zaun der alten Badeanstalt umgeben. Inwieweit die Deponie vollständig umzäunt und gegen den unbefugten Zugang Dritter gesichert war, lässt sich nicht mehr aufklären.

6

Mit Vermerk vom 11.01.2005 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die abfallrechtliche Nachsorgephase gemäß § 36 Abs. 5 KrW-/AbfG für die Anlage seit dem 11.01.2005 beendet ist.

7

Im Rahmen ihres "Altablagerungsprogramms 2005/2006" führte die Antragsgegnerin unter anderem Untersuchungen an 20 landwirtschaftlich genutzten Altablagerungen durch, bei denen bekannt war, dass dort auch Hausmüll abgelagert wurde. Es sollte geklärt werden, ob die jeweiligen Standorte für eine landwirtschaftliche Nutzung in Betracht kommen. Dabei ist auch das Gelände der "Badeanstalt Ditterke" untersucht worden. In einer vom Beigeladenen in Auftrag gegebenen Untersuchung kam die Firma ukon Umweltkonzepte in einem Gutachten vom 10.07.2006 zu dem Ergebnis, dass im Grundwasser der durch Grundwassermessstellen erfassten Teilabströme der Altablagerung eine Beeinflussung durch Abfälle und in einem Teilabstrom eine deutliche Kontamination mit LCKW festzustellen sei. Zu der Verunreinigung des Grundwassers seien weitere Untersuchungen erforderlich. In einem weiteren Gutachten der Firma ukon Umweltkonzepte vom 06.12.2006 wurde die LCKW-Fahne kartiert. Bei dieser Untersuchung wurde eine massive Belastung des Grundwassers durch LHKW festgestellt. Weiter gelang es, die horizontale und eingeschränkt die vertikale Schadstoffausbreitung zu erfassen sowie ein deutlich abgegrenztes Schadenszentrum zu ermitteln. Im Schadenszentrum wurden erhebliche LCKW-Gehalte festgestellt. Das Schadenszentrum befindet sich nach dieser Untersuchung ungefähr in der Mitte der westlichen Grundstücksgrenze. Das Gutachten belegt einen im Bereich der Deponie sehr hohen und im Grundwasserabstrombereich in Richtung Nordnordwest (Ditterke) noch hohen Gehalt an LCKW und damit eine gravierende Belastung des Grundwassers. Für den Grundwasserpfad bestehe Sanierungsbedarf.

8

In einem dritten Gutachten vom 24.05.2005 ist aufgrund eines Zeitzeugenberichts ein Verdachtsbereich im Südosten der Altablagerung ohne Ergebnis untersucht worden. Ein weiteres Gutachten ist von der Firma ukon Umweltkonzepte im Oktober 2007 erstellt worden. Dabei ging es um die Untersuchung des Einflusses der Altablagerung auf dem Vorfluter "Haferriede", der nördlich und nordwestlich der Altablagerung verläuft. Das Ergebnis gab keinen signifikanten Hinweis auf eine Beeinflussung der "Haferriede".

9

Nach Angaben des Beigeladenen sind diese Gutachten von ihm in Auftrag gegeben und bezahlt worden, weil es für derartige Aufträge Haushaltsmittel in Form von Überschüssen aus Gebühreneinnahmen gemäß § 12 Abs. 2 S. 3 NAbfG gebe. Insgesamt hätten die Aufwendungen für die Gutachten 35 576,04 € betragen. Für eine Verwendung gemäß § 12 Abs. 7 NAbfG stünden bei dem Beigeladenen in den Haushaltsjahren 2006, 2007 und 2008 jeweils 180 000,00 € zur Verfügung. Der Ansatz sei im Wesentlichen für Kosten der Erkundung und Gefährdungsabschätzung kalkuliert worden, Sanierungskosten für Altanlagen seien in der zugrunde liegenden Gebührenbedarfsrechnung nicht berücksichtigt worden.

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Mit Verfügung vom 09.08.2007 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin nach Verhandlungen und nach Anhörung gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG i.V.m. § 6 Abs. 3 Nds. SOG sowie § 9 Abs. 2 und § 13 BBodSchG die Erstellung einer Sanierungsuntersuchung und des Entwurfs eines Sanierungsplanes für die Altablagerung "Alte Badeanstalt" mit dem Ziel auf, Sanierungsmaßnahmen zu ermitteln, mit denen dauerhaft und sicher eine von der Altablagerung ausgehende Belastung des Grundwassers mit leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) unterbunden werden könne. Der Auftrag für die Sanierungsuntersuchung und der Sanierungsplan sei binnen eines Monats nach Zustellung der Verfügung an einen fachlich qualifizierten unabhängigen Gutachter zu erteilen, der Entwurf des Sanierungsplans sei der Antragsgegnerin binnen vier Monaten nach Zustellung der Verfügung vorzulegen. Zugleich ordnet die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung an. Darüber hinaus gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf, durch einen fachlich qualifizierten unabhängigen Gutachter den Grundwasser-Abstrombereich der Altablagerung mit weitergehender Erkundung des betroffenen Grundwasserleiters nach Maßgabe einer Anlage zu untersuchen und den Ergebnisbericht bis zum 31.12.2007 vorzulegen (insofern wurde der Sofortvollzug nicht angeordnet). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, im Zuge systematischer Untersuchungen von Altablagerungen mit landwirtschaftlicher Nutzung habe sich ergeben, dass auf dem Grundstück in einem Schadenszentrum hohe LHKW-Konzentrationen vorlägen, die einen erheblichen Grundwasserschaden verursachten. Eine weitere Untersuchung von zwei am Ortsrand von Ditterke gelegenen Hausbrunnen habe ergeben, dass die Grenzwerte auch dort überschritten würden. Aus den mit LHKW belasteten Hausbrunnen dürfe kein Wasser für den menschlichen Gebrauch mehr gefördert werden. Bei der untersuchten Fläche handele es sich um eine Altablagerung i.S.v. § 2 Abs. 5 BBodSchG. Die Antragstellerin als öffentlich-rechtliche Betreiberin der Deponie hätte Vorkehrungen für einen gefahrlosen Betrieb der Deponie treffen müssen, insbesondere hätte sie Sicherungsmaßnahmen ergreifen müssen, die geeignet gewesen wären, wilde Ablagerungen während und oder nach der offiziellen Betriebszeit wirksam zu vermeiden. Daher sei sie gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG als Gesamtrechtsnachfolgerin der damaligen Samtgemeinde Gehrden als Verursacher verantwortlich, und zwar unabhängig davon, ob sie selbst die das Grundwasser belastenden Stoffe eingebracht habe oder nicht. Mit der Aufgabe der Erstellung einer Sanierungsuntersuchung und des Entwurfs eines Sanierungsplanes solle ermittelt werden, welche Maßnahmen im bestehenden Schadensfall am besten geeignet und angemessen seien. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, da im Rahmen der Gefahrenabwehr die fortschreitende Migration der Schadstoffe in das Grundwasser so schnell wie möglich unterbunden werden müsse, um mögliche Schäden für die Gesundheit der Einwohner des Ortsteils Ditterke abzuwenden. Eine weitere Verzögerung sei im öffentlichen Interesse nicht hinnehmbar. Die genaue Ausbreitung der Schadstofffahne und die Abbaukinetik der Schadstoffe im Grundwasser seien noch gründlicher zu untersuchen, um abschließend beurteilen zu können, ob eine Sanierung des bereits kontaminierten Grundwassers erforderlich sei.

11

Gegen die Verfügung legte die Antragstellerin am 10.09.2007 Widerspruch ein.

12

Am 24.09.2007 hat sie um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Bescheid vom 19.10.2007 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin am 19.11.2007 Klage erhoben (Az.: 4 A 5738/07), über die noch nicht entschieden ist.

13

Zur Begründung macht die Antragstellerin geltend:

14

Die Frist von einem Monat zur Beauftragung eines Gutachters zur Erstellung einer Sanierungsuntersuchung sowie eines Sanierungsplanes sei unangemessen kurz, weil sie aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben nicht in der Lage sei, einen solchen Auftrag auszulösen. Weder Mittel für die Beauftragung eines Gutachters (in Höhe von geschätzten 120 000 €) noch die Sanierungskosten, die mit ca. 4 Millionen Euro im Gespräch seien, stünden zur Verfügung oder könnten beschafft werden.

15

Vor allem aber sei die Verfügung rechtswidrig, weil es keine gesetzliche Grundlage gebe, auf die sie gestützt werden könne. Als Zustandsstörer könne die Antragstellerin nach den Bestimmungen des Bundesbodenschutzgesetzes nicht in Anspruch genommen werden, da sie das Grundstück in den 70er Jahren und damit vor Inkrafttreten des Gesetzes am 01.03.1999 veräußert habe. Auch als Handlungsstörer könne sie nicht in Anspruch genommen werden. Sie habe die vorhandenen Boden- und Grundwasserkontaminationen nicht selbst verursacht und zu keiner Zeit eine Rechtspflicht gehabt, das Entstehen dieser Kontamination zu verhindern. Ab dem Beitritt zum Müllabfuhr-Zweckverband habe die Antragstellerin keinen Müll auf dem fraglichen Grundstück entsorgt. Dazu hätten ihr bereits die logistischen Mittel gefehlt. Die Deponie sei vielmehr zunächst durch den Zweckverband mit Hausmüll und anschließend mit Bauschutt verfüllt worden. Nach Zeitzeugenberichten sei das Gewässer der alten Badeanstalt bis Ende der 60er Jahre ein intaktes Gewässer gewesen. Ein Zeitzeuge habe berichtet, dass anschließend Bauschutt, Schlachtabfälle, Automotoren und Flüssigkeiten aus Tanklastwagen in das Gewässer der alten Badeanstalt abgelassen worden seien. Dies alles sei der Antragstellerin nicht bekannt gewesen. In Anspruch zu nehmen sei vielmehr der Beigeladene als Rechtsnachfolger des Müllabfuhr-Zweckverbandes, der die Deponie betrieben habe.

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Die Inanspruchnahme sei auch unverhältnismäßig, da die Antragstellerin über keinen ausgeglichenen Haushalt verfüge.

17

Darüber hinaus sei ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Sofortvollzug der angeordneten Maßnahmen nicht zu erkennen. Daran fehle es bereits deswegen, weil die Antragsteller selbst ein überwiegendes öffentliches Interesse an einem ausgeglichenen Haushalt habe. An einer besonderen Eilbedürftigkeit fehle es auch deswegen, weil die Kontaminationen bereits vor 40 Jahren verursacht worden seien.

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Die Antragstellerin beantragt,

  1. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Anordnung der Antragsgegnerin vom 09.08.2007 wieder herzustellen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. den Antrag abzulehnen.

20

Die Antragstellerin sei verantwortlich i.S.v. § 4 Abs. 3 BBodSchG. Sie habe die Deponie zunächst als Hausmülldeponie bis 1954 genutzt und anschließend offenbar als offene Deponie für den Bürger bis Anfang der 70er Jahre in eigener Verantwortung. Selbst wenn der Müllabfuhr-Zweckverband evtl. für kurze Zeit Hausmüll in der alten Badeanstalt abgelagert habe, könne daraus nicht abgeleitet werden, dass der Müllabfuhr-Zweckverband die Deponie selbst betrieben habe. Die Bereitstellung von Müllplätzen habe laut Beschluss der Verbandsversammlung ausschließlich bei den Gemeinden gelegen. Die Antragstellerin sei also Betreiber der Deponie gewesen. Sie sei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, wirksam die Ablagerung schädlicher Abfälle zu unterbinden. Selbst wenn der Müllplatz eingezäunt gewesen sei, habe dies offenbar keine ausreichende Sicherung gegen wilde Müllablagerungen dargestellt, da nach Zeugenaussagen sogar Tankwagen vorgefahren seien, um Flüssigkeiten in das Ende der 60er Jahre noch vorhandene Wasserbecken einzuleiten. Es sei auch nicht ermessensfehlerhaft gewesen, die Antragstellerin als Störerin heranzuziehen. Derjenige, der die Kontamination durch unmittelbares Einleiten verursacht habe, sei trotz polizeilicher Ermittlungen nicht zu ermitteln gewesen. Eine Heranziehung des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer scheide aus, da dieser nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts zur Haftung von Grundstückseigentümern für Altablagerungen nicht herangezogen werden könne. Die Frage, ob sich der Beigeladene als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger aus Gebührenzuschlägen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 7 NAbfG an den Kosten zur Beseitigung der bestehenden Boden- und Grundwasserkontaminierung beteilige, liege im Ermessen des Beigeladenen. Im Zuge dieses Verfahrens könne darüber nicht entschieden werden. Beim Beigeladenen stünden zudem nur Mittel für die Gefahrerforschung von Altablagerungen zur Verfügung, nicht auch für die Sanierung.

21

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt,

  1. schließt sich aber der Auffassung der Antragsgegnerin an, dass der Müllabfuhr-Zweckverband nicht für die Deponie verantwortlich gewesen sei. Eine Inanspruchnahme des Beigeladenen scheide daher aus.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

23

II.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ist zulässig aber unbegründet. Dabei versteht die Kammer den Eilantrag dahingehend, dass er sich lediglich gegen die unter Nr. 1 der angefochtenen Verfügung getroffene Anordnung richtet, weil nur insoweit die sofortige Vollziehung angeordnet wurde.

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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung der angegriffenen Verfügung verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an ihrer Vollziehung überwiegt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung kommt es maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache an. An der Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts, der einen Beteiligten in seinen Rechten verletzt, wird regelmäßig kein öffentliches Interesse bestehen. Umgekehrt besteht kein schutzwürdiges privates Interesse, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts verschont zu bleiben. Diese Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus, weil nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage die Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

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Die Antragsgegnerin gibt der Antragstellerin auf der Grundlage von § 4 Abs. 3, § 9 Abs. 2 und § 13 BBodSchG auf, eine Sanierungsuntersuchung sowie den Entwurf eines Sanierungsplans für die Altablagerung mit dem Ziel zu erstellen, Sanierungsmaßnahmen zu ermitteln, mit denen dauerhaft und sicher eine von der Altablagerung ausgehende Belastung des Grundwassers unterbunden werden kann. Die Anordnung erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

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Gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG ist der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast verpflichtet, durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Veränderungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Besteht auf Grund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, kann die zuständige Behöre anordnen, dass die in § 4 Abs. 3 genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen (§ 9 Abs. 2 BBodSchG), wobei gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG verlangt werden kann, dass die Sanierungsuntersuchung sowie der Sanierungsplan von einem Sachverständigen erstellt werden.

27

Die angefochtene Verfügung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in den genannten Bestimmungen. Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor (dazu unter 1.), die Verfügung erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft (dazu unter 2.).

28

1. Die Regelungen des Bodenschutzrechts finden Anwendung. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG finden die Vorschriften zwar nur insoweit Anwendung, als die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen zur Beseitigung von Abfällen sowie über die Stillegung von Deponien Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Nach § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG finden aber für die Sanierung die Vorschriften des BBodSchG Anwendung, wenn der Verdacht besteht, dass von einer stillgelegten Deponie schädliche Bodenverunreinigungen oder Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen. Die "Badeanstalt Ditterke" ist - das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig - seit vielen Jahren stillgelegt, ohne dass es einer genaueren Betrachtung bedarf, welche Anforderungen an die Stillegung einer Deponie zu stellen sind. Ablagerungen sind dort allenfalls bis Ende der 60er Jahre vorgenommen worden, Anfang der 70er Jahre ist die Deponie einplaniert worden, mit Vermerk vom gleichen Tag hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass die abfallrechtliche Nachsorgephase nach § 36 Abs. 5 KrW/-AbfG seit dem 11.01.2005 beendet ist. Da abfallrechtliche Spezialvorschriften keine Anwendung finden, gelten die Vorschriften des BBodSchG.

29

Die Altablagerung weist schädliche Bodenveränderungen auf, die zu einer Verunreinigung des Grundwassers führen. Das ergibt sich aus den von der Firma ukon Umweltkonzepte erstellten Gutachten und wird von der Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt. Die sachlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten der Antragsgegnerin liegen damit vor.

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Auch die persönlichen Voraussetzungen liegen vor. Die Antragstellerin ist zur Sanierung verpflichtet. Sie hat zwar das Eigentum an dem Grundstück im Jahre 1977 an einen Landwirt übertragen, so dass sie gemäß § 3 Abs. 6 BBodSchG nicht als Zustandsstörer zur Sanierung verpflichtet ist. Die Antragstellerin ist aber als Verursacher im Sinne von § 4 Abs. 3 BBodSchG zur Sanierung verpflichtet.

31

Die Kammer geht wie die Beteiligten davon aus, dass die LHKW-haltigen Abfälle, die zu der Kontamination des Grundwassers führen, Ende der 60er Jahre von einem privaten Anlieferer abgelagert wurden, der nicht mehr zu ermitteln ist. Nach den im Verfahren vorgelegten Unterlagen ist der Müllplatz in den 60er Jahren weder von der Antragstellerin noch von der Beigeladenen für die Ablagerung von Hausmüll genutzt worden. Nachdem - wohl ab Mitte der 50er Jahre - der von der Antragstellerin bzw. dem Rechtsvorgänger des Beigeladenen eingesammelte Hausmüll nicht auf den Müllplatz verbracht wurde, wurde dieser offenbar von Privaten und Firmen für die Ablagerung von Abfällen genutzt. Das belegen die von der Firma ukon Umweltkonzepte in dem Gutachten vom 06.12.2006 vorgenommenen Luftbildauswertungen. Die Luftbildauswertung für das Jahr 1957 (Anlage 2.2 des Gutachtens) zeigt Gruben mit Verfüllspuren im südlichen Bereich des Grundstücks, während es im übrigen Bereich noch größere Gruben gibt, die mit Wasser gefüllt sind. Die weiteren Luftbildauswertungen für die Jahre 1963, 1969 und 1971 zeigen, die die verfüllten Flächen immer größer und die Wasserflächen innerhalb der Grube immer kleiner werden. Das Grundstück ist also nach 1957 bis Anfang der 70er sukzessive und von Behörden offenbar unkontrolliert mit Abfällen verfüllt worden. Das belegen auch die Feststellungen in einem Gutachten des Dipl.-Ing. Tope aus dem Jahr 1970. Insbesondere die von Herrn T.... gefertigten Lichtbildaufnahmen lassen erkennen, dass dort bis offenbar in die jüngere Zeit vor Fertigung der Aufnahmen Abfall abgelagert wurde und sogar in Brand gesteckt wurde (Bl. 296 der Beiakte A). Nach Zeitzeugenaussagen sind sogar Tanklastwagen vorgefahren und haben Flüssigkeiten in die Gruben abgelassen. Es ist davon auszugehen, dass dabei industrielle Abfälle abgelagert wurden, die die Kontamination verursacht haben.

32

Der Begriff des Verursachers entspricht dem überkommenen Begriff des Verursachers, d.h. des Handlungs- bzw. Verhaltensstörers im allgemeinen Polizeirecht (vgl. Bay VGH, Urt. vom 28.11.2007, 22 BV 02.1560 ). Verursacher ist (auch) derjenige, der für die Verursachung einer Gefahr oder Störung verantwortlich ist, weil er es unterlässt, eine Gefahr zu verhindern oder eine Störung zu beseitigen, obwohl eine Rechtspflicht zum Handeln besteht. Eine solche Handlungspflicht kann sich (unter anderem) aus der Nähe eines Verhaltens zur Gefahr ergeben. Als Störer kommt etwa in Betracht, wer sein Grundstück zu einem gefahrgeneigten Zweck (nämlich zu Deponiezwecken) verpachtet (vgl. Bay VGH, a.a.O.). Wann eine solche Garantenstellung gegeben ist, bedarf einer wertenden Betrachtung und ist jeweils eine Frage des Einzelfalls. Nach Auffassung der Kammer ist sie jedenfalls dann gegeben, wenn ein Grundstück von einer entsorgungspflichtigen Körperschaft zunächst als Müllplatz genutzt wird und die Körperschaft anschließend keine wirksamen Maßnahmen dagegen ergreift, dass das Grundstück von Privaten und Gewerbetreibenden als "wilde Müllkippe" genutzt wird.

33

So liegt es im vorliegenden Fall. Das streitbefangene Grundstück ist von der Antragstellerin, die seinerzeit - bis zum Inkrafttreten des Abfallgesetzes im Jahre 1972 - entsorgungspflichtig war, unstreitig Anfang der 50er Jahre als "Hausmüllkippe" genutzt worden. Die Antragstellerin war damit Betreiber des Müllplatzes. Daran hat sich - jedenfalls nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sachlage - durch den Beitritt zum Müllabfuhr-Zweckverband, dem Rechtsvorgänger des Beigeladenen, nichts geändert. Der Müllabfuhr-Zweckverband ist nicht Betreiber der Deponie geworden. Nach § 2 der Satzung des Müllabfuhr-Zweckverbandes vom 07.07.1952 hatte der Zweckverband die Aufgabe, eine wirtschaftliche Müllbeseitigung mittels Spezialfahrzeugen zu ermöglichen und laufend zu fördern. Er hatte des Weiteren für die jederzeitige Erhaltung der Müllabfuhreinrichtungen in gebrauchsfähigem Zustande Sorge zu tragen.

34

Der Satzungstext spricht - auch wenn er nicht in jeder Hinsicht eindeutig ist - dafür, dass sich die Aufgabe des Zweckverbandes auf die Abfuhr des Mülls beschränkte und die Ablagerung nicht erfasste. Die Satzung vom 06.05.1965 regelte die Ablagerung ebenfalls nicht.

35

Unabhängig davon, ob die Satzungsbestimmungen einen Betreiberwechsel erlaubt hätten, gibt es jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Betreiberwechsel in tatsächlicher Hinsicht erfolgt wäre. Sämtliche von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen legen den Schluss nahe, dass der Müllplatz auch im Anschluss an den Beitritt zum Müllabfuhr-Zweckverband nicht vom Zweckverband, sondern von der Antragstellerin betrieben wurde.

36

Besonderen Aufschluss gibt ein "Strategiepapier" zur "Müllbeseitigung in Gegenwart und Zukunft", das sich mit den Problemen einer zunehmenden Auffüllung der vorhandenen Müllplätze und der Schwierigkeiten bei der Bereitstellung neuer Ablagerungsstätten beschäftigt. Dieses Papier war Gegenstand einer Befassung der Verbandsversammlung des Müllabfuhr-Zweckverbandes am 16.10.1969. In diesem Papier wird ausgeführt, die Verpflichtung zur Bereitstellung von Müllplätzen liege laut Beschluss der Verbandsversammlung ausschließlich bei den Gemeinden. Aus diesem Papier ergibt sich weiter, dass vom Verband erst seit 1967 eigene Plätze bereit gestellt und betrieben wurden. Der Müllplatz in Gehrden gehörte danach nicht zu den verbandseigenen Müllplätzen.

37

Weitere Indizien stützen dies, so etwa ein Schreiben des damaligen Verbandes Großraum Hannover an die Antragstellerin vom 24.09.1963, in dem es um die von der Antragstellerin geplante Einrichtung eines Müllplatzes in Lemmie geht. Der Verband Großraum Hannover hält Bedenken gegen die Einrichtung eines Müllplatzes in Lemmie aufrecht und verweist darauf, dass das streitbefangene Grundstück für eine Müllablagerung geeigneter erscheine. Noch im Jahre 1963 bemühte sich die Antragstellerin offenbar um die Errichtung eines eigenen Müllplatzes. Mit Schreiben vom 26.02.1971 teilt der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, "bei der Überprüfung Ihres Müllplatzes" sei festgestellt worden, dass ein westlich der Anlage verlaufender Graben nicht mehr vorhanden sei, und fordert sie zur Wiederherstellung auf. Schließlich ist das Gelände des Müllplatzes von der Antragstellerin Anfang der 70er Jahre einplaniert worden, um es einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen.

38

Ob und inwieweit der Müllplatz ab dem Jahre 1954 vom Rechtsvorgänger des Beigeladenen zur Ablagerung von Müll genutzt wurde, könnte allenfalls von Bedeutung sein, wenn diese Ablagerungen für die Kontamination des Grundwassers verantwortlich sein könnten. Das allerdings erscheint nach den Gutachten der Firma ukon Umweltkonzepte als ausgeschlossen.

39

Die Antragstellerin stellt ihre Verantwortung für den Müllplatz mit zwei weiteren Erwägungen in Abrede: Sie selbst habe ab dem Jahre 1954 keine Ablagerungen vorgenommen. Und: Die Ablagerungen, die zu der Grundwasserkontamination geführt hätten, seien von Privaten zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden, als das Grundstück insgesamt nicht mehr zur Ablagerung von Hausmüll genutzt worden sei. Für solche illegalen Ablagerungen könne sie nicht verantwortlich gemacht werden.

40

Die Kammer folgt dem nicht. Weil die Antragstellerin den Müllplatz zunächst betrieben hatte, traf sie die Pflicht, nach Aufgabe der Nutzung sicher zu stellen, dass das Grundstück nicht weiterhin für die Ablagerung von Müll genutzt wird. Ein Grundstück, das zur Ablagerung von Müll genutzt wurde, bot gerade in den 50er und 60er Jahren, als das Bewusstsein um die Gefahren der Ablagerung von Abfällen nicht wie heute ausgeprägt war, die Gelegenheit für Privatpersonen und Gewerbetreibende, ihren (Sperr-)Müll illegal zu entsorgen. Darin unterscheidet sich ein solches Grundstück von anderen Grundstücken. Nur eine wirksame Absicherung hätte eine weitere Nutzung des Grundstücks als "wilde Müllkippe" verhindern können. Dazu war die Antragstellerin nach Auffassung der Kammer auch verpflichtet. Eine solche Absicherung hat die Antragstellerin nicht vorgenommen. Es kann dahinstehen, ob das Grundstück (teilweise) eingezäunt war, möglicherweise noch durch den Zaun der alten Badeanstalt. Wirksamen Schutz gewährte dieser Zaun offensichtlich nicht. Sowohl die Augenzeugenberichte als auch die Luftbildauswertungen der Firma ukon Umweltkonzepte belegen, dass das Grundstück in den 50er und 60er Jahren kontinuierlich zur Ablagerung von Müll genutzt wurde, ohne dass die Antragstellerin Maßnahmen ergriffen hätte. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, die Ablagerungen durch Private seien ihr nicht bekannt gewesen. Die Ablagerungen sind nicht vereinzelt, sondern kontinuierlich und in offenbar großem Umfang vorgenommen worden. Weite Teile des Grundstücks sind erst nach Abschluss der offiziellen Nutzung als Hausmüllkippe verfüllt worden. In größerem Umfang ist dort Müll sogar verbrannt worden. Die Rauchfahne war - wie sich einem Lichtbild des Gutachtens Tope entnehmen lässt - weit zu sehen. Es ist eine vollkommen abwegige Vorstellung, dass sich diese Nutzung ohne Kenntnis der Antragstellerin vollzogen hätte. Wie sich der Kammer der Sachverhalt darstellt, hat die Antragstellerin die Nutzung des Grundstücks durch Privatpersonen und Firmen als Müllplatz vielmehr hingenommen, ohne Maßnahmen zur Verhinderung zu ergreifen.

41

Es entlastet die Antragstellerin auch nicht, dass die Gefährlichkeit von chlorierten Kohlenwasserstoffen oder anderen Stoffe zu jener Zeit nicht (vollständig) bekannt war. Die Antragstellerin hat wilde Ablagerungen jahrelang zugelassen, ist damit Verursacher im Sinne des Polizeirechts und kann gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG in Anspruch genommen werden.

42

Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil von der Antragstellerin Unmögliches verlangt würde. Die Antragstellerin macht insofern geltend, die Fristen könnten nicht eingehalten werden. In der Verfügung wird der Antragstellerin aufgegeben, den Auftrag für die Sanierungsuntersuchung und den Sanierungsplan innerhalb eines Monats an einen Gutachter zu erteilen. Die Kammer hält den Einwand der Antragstellerin für unsubstantiiert. Eine Frist von einem Monat zur Beauftragung eines Gutachters ist angemessen. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Mit den von der Firma ukon Umweltkonzepte erstellten Gutachten gibt es bereits umfangreiche Arbeiten, die einen Rahmen geben für die Sanierungsuntersuchung und den Sanierungsplan. Zudem ist der Antragstellerin die Problematik bereits seit längerer Zeit bekannt. Und schließlich duldet die Angelegenheit wegen der Gefahren, die mit der Kontamination des Grundwassers verbunden sind, keinen Aufschub. Dies alles rechtfertigt eine kurze Frist. Auch Haushaltsprobleme stehen der Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht entgegen. Die Beteiligten gehen von Kosten für die Erstellung der Sanierungsuntersuchung und des Sanierungsplans in Höhe von 120 000,00 € aus. Es ist nicht erkennbar, dass es der Antragstellerin nicht möglich wäre, trotz bestehender Haushaltsprobleme diese Kosten aufzubringen, zumal diese nicht innerhalb eines Monats fällig wären. Das Gutachterhonorar dürfte vollständig erst mit Erstellung des Sanierungsplans fällig werden, der binnen vier Monaten nach Zustellung der Verfügung vorzulegen ist. Die Antragstellerin trägt auch lediglich vor, wie sich eine Belastung mit den Sanierungskosten auf den Haushalt auswirke würde. Ob Sanierungskosten in Höhe von 4 Mio. € zur Handlungsunfähigkeit der Antragstellerin führen würden, ist aber für das vorliegende Verfahren irrelevant, weil die Durchführung der Sanierung nicht Gegenstand der Verfügung ist.

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2. Die angefochtene Verfügung erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft.

44

Nicht zu beanstanden ist zunächst die von der Antragsgegnerin getroffene Störerauswahl. Der Anlieferer, der die Kontamination verursacht hat, lässt sich nicht ermitteln. Von einer Heranziehung des Landwirts, der das Grundstück von der Antragstellerin erworben hat, hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur bodenschutzrechtlichen Haftungsbegrenzung ( BVerfG, Beschluss vom 16.02.2000, 1 BvR 242/91  u.a.) in ermessensfehlerfreier Weise Abstand genommen. Eine Heranziehung des Beigeladenen als Verursacher kommt aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, weil es an einer Rechtsgrundlage für die Heranziehung fehlt.

45

Die Ermessensentscheidung ist auch im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Satz 3, Abs. 7 NAbfG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Diese Bestimmungen geben der entsorgungspflichtigen Körperschaft die Möglichkeit, einen Lenkungszuschlag zu erheben (§ 12 Abs. 2 Satz 3 NAbfG) zu erheben und u.a. für die Sanierung von Altablagerungen und der durch diese verursachten nachteiligen und nachhaltigen Veränderungen des Wassers, des Bodens und der Luft zu verwenden (§ 12 Abs. 7 NAbfG).

46

Die Antragsgegnerin macht im Widerspruchsbescheid geltend, sie habe darauf keinen Einfluss; eine Beteiligung nach § 12 Abs. 7 NAbfG stehe vielmehr allein im Ermessen des Beigeladenen. Die Kammer hat Zweifel, ob sich die Antragsgegnerin darauf zurückziehen kann. Zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 NAbfG i.V.m. § 8 Abs. 8 GRegH die Antragsgegnerin, nicht aber auch die ebenfalls am Zweckverband beteiligte Landeshauptstadt Hannover. Die Verbandsordnung des Beigeladenen trägt dem Rechnung, indem sie zwischen A-, B- und C-Aufgaben unterscheidet. Bei den in die ausschließliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin fallenden B-Aufgaben ist in der Verbandsversammlung nur der Vertreter der Antragsgegnerin stimmberechtigt. Letztlich trifft also die Antragsgegnerin die Entscheidung nach § 12 Abs. 7 NAbfG. Dann aber erscheint zweifelhaft, ob nicht im Rahmen einer Ermessensausübung eine Kostentragung durch den Beigeladenen gemäß § 12 NAbfG von der Antragsgegnerin erwogen werden muss.

47

Die Antragsgegnerin trägt in der Antragserwiderung vor, Mittel im Sinne des § 12 Abs. 7 NAbfG stünden beim Beigeladenen nur für Zwecke der Gefahrerforschung, nicht auch für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Dies sei eine Entscheidung der Verbandsversammlung, in der der Vertreter der Antragsgegnerin entsprechend gestimmt habe. Der Beigeladene macht ebenfalls geltend, Gebührenmittel für Sanierungskosten stünden nicht zur Verfügung stehen. Für die Jahre 2006 bis 2008 gebe es jeweils Mittel in Höhe 180 000,00 €, die im Wesentlichen für Kosten der Erkundung und Gefährdungsabschätzung kalkuliert worden seien. Die Kammer hat - zumal im Eilverfahren - keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln. Eine weitere Aufklärung - vor allem der Frage, vor welchem Hintergrund die Antragsgegnerin eine Kostenteilung der mutmaßlichen Sanierungskosten zwischen Antragstellerin und Beigeladenem vorgeschlagen hat - kann gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren erfolgen.

48

Daraus folgt: Mittel für eine Sanierung stehen beim Beigeladenen aufgrund einer Ermessensentscheidung der Verbandsversammlung, Überschüsse nicht für Sanierungsmaßnahmen zu verwenden, nicht zur Verfügung. Vor dem Hintergrund dieser rechtlich nicht zu beanstandenden Entscheidung gab es für die Antragsgegnerin keine andere Möglichkeit, als die Antragstellerin heranzuziehen.

49

Der Antrag hat auch nicht deswegen Erfolg, weil es an einem besonderen Vollzugsinteresse fehlen würde. Widerspruch und Klage gegen bodenschutzrechtliche Anordnungen haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nur dann, wenn die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet wird. Es bedarf also eines besonderes Vollzugsinteresses, das über das generelle Interesse am Vollzug eines rechtmäßigen Verwaltungsakts hinaus geht. Dieses Interesse muss ein besonderes Gewicht haben, das es rechtfertigt, den grundsätzlich zugunsten des Betroffenen eintretenden Suspensiveffekt von Widerspruch und Klage zu überwinden: Bei der Ermittlung des besonderen Vollzugsinteresse sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ein solches besonderes Vollzugsinteresse liegt aus den von der Antragsgegnerin in dem Bescheid angeführten Gründen vor. Die bereits durchgeführten Untersuchungen belegen, dass es zu einer gravierenden Belastung des Grundwassers gekommen ist. Hausbrunnen in der etwa einen Kilometer entfernt gelegenen Ortschaft Ditterke sind so stark mit LHKW belastet, dass aus ihnen Wasser für den menschlichen Gebrauch nicht mehr gefördert werden darf. Ohne Sanierung droht eine weitere Kontamination des Grundwassers. Diese Gefahren für Mensch und Umwelt rechtfertigen im öffentlichen Interesse eine Anordnung der sofortigen Vollziehung. Nach Auffassung der Antragstellerin liegt ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht vor, weil die Verunreinigung des Boden wahrscheinlich schon vor ungefähr 40 Jahren stattgefunden, sich die Situation unbemerkt über die Jahre langsam entwickelt habe und mit einer unmittelbaren Verbesserung der Gewässerqualität auch bei einer Sanierung nicht zu rechnen sei. Dem folgt die Kammer nicht. Es hat keinen Einfluss auf das Gewicht einer Gefährdung, wann diese entdeckt wurde. Es kommt nicht darauf an, dass auch eine unverzügliche Sanierung nicht unmittelbar eine Beseitigung des Schadens zur Folge hätte. Entscheidend ist, dass zur Zeit weiterhin Schadstoffe in das Grundwasser gelangen und sich verbreiten mit der Folge, dass das Grundwasser für den menschlichen Gebrauch nicht mehr geeignet ist. Eine Verbesserung dieses Zustandes durch eine Sanierung duldet keinen Aufschub. Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung könnte es sich gegebenenfalls über Jahre hinziehen, bis rechtskräftig über die Rechtmäßigkeit einer entsprechenden Verfügung entschieden wäre und mit der Erstellung eines Sanierungsplans und anschließend der Sanierung begonnen werden könnte.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene einen Antrag nicht gestellt hat und sich damit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass seine außergerichtlichen Kosten nicht als erstattungsfähig anzusehen sind. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der für das Hauptsacheverfahren anzusetzende Streitwert in Höhe der mutmaßlichen Kosten für die Erstellung der Sanierungsuntersuchung und des Sanierungsplans ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

Behrens
Schraeder
Kleine-Tebbe