Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.11.2010, Az.: L 4 KR 468/10 B ER
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.11.2010
- Aktenzeichen
- L 4 KR 468/10 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 47911
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 24.08.2010 - AZ: S 61 KA 358/10 ER
Tenor:
Der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 24. August 2010 wird geändert.
Die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners zu 2) vom 9. März 2010 wird vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem Sozialgericht Hannover mit dem Aktenzeichen S 61 KA 294/10 angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auf 150.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist als Hochschulklinik ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 1 Sozialgesetzbuch –Fünftes Buch- (SGB V). Der Antragsgegner zu 2) erteilte ihr mit Datum vom 9. März 2010 die Bestimmung zur ambulanten Behandlung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken im Rahmen des § 116b SGB V. Der Antragsgegner zu 1), der niedergelassener Vertragsarzt mit Schwerpunkten im Bereich HIV/AIDS und Suchtmedizin in Hannover ist, hat die Erteilung der Bestimmung mit der am 10. Mai 2010 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage (AZ: S 61 KA 294/10) angefochten.
Die Antragstellerin hat am 7. Juni 2010 bei dem SG um einstweiligen Rechtsschutz mit folgendem Antrag nachgesucht: Das SG möge im Wege der einstweiligen Anordnung regeln, dass der am 6. Mai 2010 verfassten Klage des Antragsgegners zu 1) gegen das Schreiben des Antragsgegners zu 2) vom 9. März 2010 zur Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Leistungserbringung gegenüber Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS nach § 116b Abs. 2 SGB V keine aufschiebende Wirkung zukomme, hilfsweise, die sofortige Vollziehung des Schreibens des Antragsgegners zu 2) zur Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Leistungserbringung gegenüber Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS nach § 116b Abs. 2 SGB V anzuordnen.
Das SG hat dem Antrag durch Beschluss vom 24. August 2010 insoweit im Sinne des Hilfsantrages stattgegeben, als es die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners zu 2) vom 9. März 2010 zur Bestimmung der Antragstellerin zur ambulanten Leistungserbringung gegenüber Patientinnen und Patienten mit HIV/AIDS nach § 116b Abs. 2 SGB V für die Zeit bis 28. Februar 2011 mit der Maßgabe angeordnet hat, dass ambulante Leistungen ausschließlich gegenüber Patientinnen und Patienten erbracht werden dürfen, deren ambulante Betreuung durch die Antragstellerin vor der Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber der Antragstellerin begonnen worden ist. Im Übrigen hat das SG die Anträge abgewiesen.
Gegen diesen ihr am 27. August 2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 20. September 2010 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, sie benötige bis zur Entscheidung des Rechtsstreits im Verfahren S 61 KA 294/10 Rechtssicherheit dahingehend, dass der Klage im Hinblick auf ihre Bestimmung keine aufschiebende Wirkung zukomme. Ihr Antrag sei begründet, weil die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) gewähre das Grundrecht der freien Berufswahl bzw. der Berufsausübung keinen Schutz vor Konkurrenz. Die Bestimmung nach § 116b SGB V erfolge unabhängig von einer Bedarfsprüfung. Dem Interesse der von ihr behandelten Patienten an einer Fortführung ihrer Behandlung sowie der Patienten, die sie im Wege der freien Arztwahl aufsuchen wollten, sei ein höheres Gewicht beizumessen als dem Interesse des Antragsgegners zu 1) auf Schutz vor Konkurrenz.
Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 24. August 2010 abzuändern und im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der am 6. Mai 2010 erhobenen Klage des Antragsgegners zu 1) gegen den Bescheid des Antragsgegners zu 2) keine aufschiebende Wirkung zukommt,
hilfsweise,
die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin zu 2) vom 9. März 2010 anzuordnen.
Der Antragsgegner zu 1) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er macht unter anderem geltend, dass zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin der Spruchkörper des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen zuständig sei, der über Angelegenheiten des Vertragsarztrechtes zu entscheiden habe. Das SG habe zu Recht entschieden, dass der von der Antragstellerin gestellte Hauptantrag unzulässig sei, weil er gegenüber dem Hilfsantrag subsidiär sei. Die der Antragstellerin erteilte Bestimmung zur ambulanten Behandlung von Patienten mit HIV/AIDS sei rechtswidrig, weil sie in seine Rechtstellung als niedergelassener Vertragsarzt, der etwa 20 % seines Umsatzes mit der Behandlung ebensolcher Patienten erziele, in unzulässiger Weise eingreife. Die Bestimmung des Antragsgegners zu 2) verletze den Grundsatz, dass die ambulante Behandlung gesetzlich Krankenversicherter durch niedergelassene Ärzte zu erfolgen habe. Die Vorschrift des § 116 b SGB V und die darauf beruhende Bestimmung des Antragsgegners zu 2) beinhalteten einen Systembruch einer nicht folgerichtigen staatlichen Regulierung, die dem Gesamtsystem der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter an der Schnittstelle zwischen den Sektoren ein Mindestmaß an Konsistenz bzw. Kohärenz nehme.
Der Antragsgegner zu 2) und die Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Akten des einstweiliges Rechtsschutzverfahrens (AZ.: L 4 KR 468/10 B ER) und des Hauptsacheverfahrens (AZ: S 61 KA 294/10) wie auf die Verwaltungsakten der Antragstellerin verwiesen.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist in dem im Tenor festgelegten Umfang begründet.
Der erkennende Senat ist für Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts und des Rechts der Vertragsärzte zuständig. Der Senat hat bereits entschieden, dass er in dieser Zuständigkeit zur Entscheidung über eine Beschwerde betreffend die Anordnung des Sofortvollzugs einer Bestimmung nach § 116b Abs. 2 SGB V berufen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Mai 2009, AZ: L 4 KR 116/09 B ER). Der Senat ist damit der Rechtsprechung des LSG Hamburg gefolgt, nach der die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung von Katalogerkrankungen nach § 116b SGB V als Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung zu werten ist (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 11. Februar 2008, AZ: L 2 B 485/07 ER KA, veröffentlicht in juris Das Rechtsportal). Es handelt sich nicht um eine Angelegenheit, die den Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten (Vertragsarztrecht), einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände, zuzuordnen ist und für die nach § 10 Abs. 2 SGG bei den Sozialgerichten eigene Fachkammern und nach § 31 Abs. 2 SGG bei den Landessozialgerichten eigene Senate zu bilden sind.
Zu diesem Ergebnis ist der Senat unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik im Vierten Kapitel, Vierter Abschnitt des SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl I 378) und der Begründung des Gesetzgebers zu diesem Normenkomplex gelangt. Bei der Bestimmung nach § 116b SGB V handelt es sich um eine Regelung, die im Vierten Kapitel („Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern“), Vierter Abschnitt („Beziehungen zu Krankenhäusern und Vertragsärzten“) des SGB V enthalten ist. Sie betrifft eine Entscheidung im Bereich der Krankenhausplanung. Sie ist zu Gunsten des Krankenhauses zu erteilen, wenn das Krankenhaus für die Durchführung der beabsichtigten Behandlungen geeignet ist. Das wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Dort wird ausdrücklich betont, dass eine Bedarfsprüfung nicht erfolgt (vgl. BT-Drucksache 16/3100, Seite 139 linke Spalte). Die Auffassung, dass es sich um eine Angelegenheit handelt, die den Beziehungen der Krankenkassen zu zugelassenen Krankenhäusern zuzuordnen ist, und nicht um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts, hat auch der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Vorlagebeschluss vom 10. März 2010 (AZ: B 3 KR 36/09 B) an den Großen Senat des BSG vertreten (vgl. Beschluss vom 10. März 2010, Umdruck Rdnr. 33 mit weiteren Nachweisen). Der erkennende Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, solange der Große Senat des BSG über den Vorlagebeschluss des 3. Senates des BSG nicht anderweitig entschieden hat.
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Hauptantrag gegenüber dem Hilfsantrag subsidiär ist. Er verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Anordnung des Sofortvollzuges kann in entsprechender Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG angeordnet werden, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegt.
Die Anordnung des Sofortvollzuges ist wegen des überwiegenden Interesses der Antragstellerin geboten.
§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erfasst ausschließlich Verwaltungsakte mit Drittwirkung. Dabei handelt es sich um Verwaltungsakte, die den Adressaten begünstigen und einen Dritten belasten. Wenn in diesem Fall der Dritte einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung einlegt, kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 9. Auflage 2008, § 86b Rdnr. 4).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts (SG), wonach es sich bei der Erteilung einer Bestimmung gemäß § 116b SGB V um einen Verwaltungsakt handelt. Denn sie erlaubt es dem begünstigten Krankenhaus, bestimmte Krankheiten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen zu behandeln und die Kosten direkt mit den zuständigen Krankenkassen abzurechnen. Die Bestimmung entfaltet demnach Rechtswirkung nach außen. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 31 Sozialgesetzbuch –Zehntes Buch- (SGB X) liegen vor.
Die Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b SGB V zur Durchführung und Abrechnung der ambulanten Behandlung bestimmter Erkrankungen entfaltet Drittwirkung. Denn sie eröffnet im Bereich der ambulanten Behandlung von Krankheiten, der in der Vergangenheit im Wesentlichen den niedergelassenen Vertragsärzten vorbehalten war, die Leistungserbringung durch andere Anbieter. Sie erweitert die Rechtsposition des Krankenhauses und wirkt dadurch auch auf die Rechtsposition der niedergelassenen Ärzte im Einzugsgebiet des Krankenhauses ein.
Der Antragsgegner zu 1) hat gegen die der Antragstellerin durch den Antragsgegner zu 2) am 9. März 2010 erteilte Bestimmung nach § 116b Abs. 2 SGB V Anfechtungsklage erhoben. Diese bei dem SG Hannover unter dem Aktenzeichen S 61 KA 294/10 anhängige Anfechtungsklage hat gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung. Denn die Bestimmung nach § 116b Abs. 2 SGB V gehört nicht zu den in § 86a Abs. 2 SGG genannten Ausnahmetatbeständen, in denen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfällt. Sie ist auch nicht durch besonderes Gesetz ausgeschlossen.
Der erkennende Senat ordnet in Abänderung des angefochtenen Beschlusses des SG die sofortige Vollziehung der Bestimmung in Gänze vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens an, weil er bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen lediglich summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Vollziehung der Bestimmung für gegeben hält.
Für den Antragsgegner zu 2) ist keine Drittbetroffenheit im Sinne einer Beeinträchtigung eigener Rechte gegeben. Das gilt schon deshalb, weil er die Bestimmung vom 9. März 2010 selbst erlassen hat.
Der Senat verneint aber auch eine Drittbetroffenheit des Antragsgegners zu 1) im Sinne eines rechtswidrigen Eingriffs in geschützte Rechtspositionen durch die Bestimmung vom 9. März 2010.
Der Antragsgegner zu 1) macht mit seiner im Hauptsacheverfahren erhobenen Klage im Wesentlichen geltend, der Antragsgegner zu 2) habe bei der Erteilung der Bestimmung zu Gunsten der Antragstellerin die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht ausreichend geprüft und insbesondere die vertragsärztliche Versorgungssituation in Hannover nicht hinreichend berücksichtigt. Sinngemäß wird damit eingewandt, durch die Etablierung der neuen Versorgungsstruktur im Bereich der ambulanten Behandlung HIV-Infizierter bzw. AIDS-Erkrankter in Hannover werde eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse in diesem Marktbereich herbeigeführt. Die bisher bestehenden Konkurrenzverhältnisse betreffen zwar grundsätzlich Positionen der in das System der vertragsärztlichen Versorgung eingebundenen Leistungserbringer (vgl. Bundesverfassungsgericht –BVerfG-, Beschluss vom 17. August 2004, AZ: 1 BvR 378/00, Rdnr. 14 ff, veröffentlicht auf der Internetseite des BVerfG), und zwar im Hinblick auf die Freiheit der Berufswahl bzw. Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz -GG-). Das BVerfG hat aber dargelegt, dass die Berufsausübung eines Vertragsarztes in einem staatlich regulierten Markt stattfinde. Im Interesse der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung würden die Rechte der Vertragsärzte aber in vielfältiger Weise eingeschränkt. Zur Sicherung der Qualität und Wirtschaftlichkeit müsse der Vertragsarzt Einschränkungen seines Behandlungsspektrums ebenso hinnehmen wie Regelungen, die seine Niederlassungsfreiheit, seine Fallzahlen und seine Vergütung begrenzten. Diese Eingriffe könnten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Gemeinwohlbelang der Sicherstellung der Versorgung der gesetzlich Versicherten gerechtfertigt werden (vgl. BVerfG, aaO, Rdnrn. 24 und 25). So liegt es hier.
Bei der gebotenen summarischen Prüfung gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bestimmung gemäß § 116b Abs. 2 SGB V zu Gunsten der Antragstellerin vorliegen. Er hält die Bestimmung mit höherrangigem Recht für vereinbar. Der Gesetzgeber hat die Überwindung der sektoralen Grenzen bei der medizinischen Versorgung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz –GMG-) vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) damit begründet, dass durch den damit verbundenen Wettbewerb Innovationen beschleunigt und Effizienzreserven erschlossen würden (vgl. BT-Drucksache 15/1525, Seite 74). Dies sei erforderlich, weil der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen zu einem Ausgabenanstieg geführt hätten, hinter dem die Entwicklung der Einnahmen zurückbliebe (vgl. Gesetzesbegründung, aaO, Seite 1). Da die Krankenkassen von dem ihnen nach dem GMG eingeräumten Recht, entsprechende Verträge mit zugelassenen Krankenhäusern abzuschließen, kaum Gebrauch gemacht hatten, hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz –GKV-WSG-) vom 26. März 2007 (BGBl I 378) die Vertragskompetenz der Krankenkassen zurückgezogen und den Ländern im Rahmen der Krankenhausplanung das Recht zur Bestimmung geeigneter Krankenhäuser zur Erbringung von Leistungen nach § 116b SGB V übertragen (vgl. BT-Drucksache 16/3100, Seite 139). Er hat damit dem Gemeinwohlbelang der Aufrechterhaltung der Sicherstellung der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter Rechnung getragen.
Dass der Antragsgegner zu 2) bei der Bestimmung der Antragstellerin zur Erbringung von ambulanten Leistungen bei der Behandlung HIV-Infizierter bzw. AIDS-Erkrankter rechtswidrig gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Die notwendigen Beteiligungen wurden durchgeführt. Insbesondere fanden die Belange der niedergelassenen Vertragsärzte im Einzugsbereich der Antragstellerin Berücksichtigung. Denn die Antragstellerin hat sich unter Beteiligung der Beigeladenen zu 1) in einer Vereinbarung mit der 'Niedersächsischen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V.' zu einer Selbstbeschränkung auf 500 Fälle je Quartal verpflichtet und zur Rückgabe der vom Zulassungsausschuss der Beigeladenen zu 1) an Prof. Dr. D. bisher erteilten Ermächtigung zur Behandlung dieses Patientenguts. Damit ist den Belangen des Antragsgegners zu 1) bereits über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus Rechnung getragen worden. Denn eine Bedarfsprüfung im Sinne des Zulassungsrechts der Kassenärztlichen Vereinigungen hat im Rahmen des § 116b Abs. 2 SGB V in diesem Zusammenhang gerade nicht zu erfolgen. Deshalb ist es auch nicht von Belang, dass der Antragsgegner zu 1) nicht Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist. Abgesehen davon hat der Antragsgegner zu 1), der Facharzt für Allgemeinmedizin ist, selbst dargelegt, dass die Behandlung der HIV/AIDS-Patienten nur etwa ein Fünftel seines Umsatzes ausmacht. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass seine wirtschaftliche Position bei Erteilung der Bestimmung für die Antragstellerin ernsthaft in Gefahr geriete.
An der Geeignetheit der Antragstellerin zur Erbringung der Leistungen hat der Senat keinen Zweifel, zumal Prof. Dr. D. seit Mitte der neunziger Jahre vom zuständigen Zulassungsausschuss der Beigeladenen zu 1) regelmäßig Ermächtigungen -wenn auch mit Einschränkungen hinsichtlich der Fallzahlen- erhalten hat.
Vor diesem Hintergrund erachtet der Senat die Erfolgsaussicht der vom Antragsgegner zu 1) gegen die Erteilung der Bestimmung erhobenen Klage als eher gering. Daher überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung des Sofortvollzuges das Interesse des Antragsgegners zu 1) an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Der Senat hat eine zeitliche Begrenzung der aufschiebenden Wirkung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens für sachgerecht gehalten. Zwar hat das SG eine zeitliche Befristung bis Ende Februar 2011 für angemessen erachtet. Dem folgt der Senat jedoch nicht. Denn einerseits ist angesichts der erheblichen Arbeitsbelastung der Sozialgerichtsbarkeit nicht davon auszugehen, dass das Hauptsacheverfahren bis zum Ablauf des Monats Februar 2011 beendet ist. Andererseits hat die Antragstellerin einer Selbstbeschränkung von 500 Fällen pro Quartal zugestimmt. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin und auch die betroffenen Patienten ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen sicher sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in entsprechender Anwendung. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass der Antragsteller zu 1) Veranlassung zu dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegeben hat.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat ist dabei davon ausgegangen, dass im Bereich des Zulassungsrechtes der Leistungserbringer regelmäßig von dem dreifachen Jahresbetrag der mit dem Verfahrensgegenstand verbundenen Einnahmen auszugehen ist. Der Antragsgegner hat insoweit einen jährlichen Umsatz von 200.000,- € genannt. Bei Berücksichtigung hiervon abzuziehenden Kosten im Umfang der Hälfte des Umsatzes bleiben Jahreseinnahmen von 100.000,- €. Der Streitgegenstand der Hauptsache beliefe sich deshalb auf 300.000,- €. Dieser ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senates im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf die Hälfte zu reduzieren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).