Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.11.2010, Az.: L 2 R 435/10
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.11.2010
- Aktenzeichen
- L 2 R 435/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 38504
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2010:1117.L2R435.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 21.07.2010 - AZ: S 3 R 111/07
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Juli 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 04. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2007 sowie vom 19. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2009 werden geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, die in dem Rentenbescheid vom 04. September 2006 dem Grunde nach berücksichtigten Beitragszeiten für den Zeitraum vom 06. Januar 1959 bis zum 08. August 1989 als nachgewiesene Beitragszeiten in nicht nach § 22 Abs. 3 FRG gekürzter Höhe zu berücksichtigen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der aus der früheren Sowjetunion stammende 1944 geborene Kläger begehrt eine Neubewertung der im Heimatland zurückgelegten - nach Maßgabe des FRG im Bundesgebiet zu berücksichtigenden - Versicherungszeiten. Der Kläger ist Inhaber eines Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge der Kategorie A.
Zur Schulausbildung trägt der Kläger vor, dass er die Schule nach Abschluss der 7. Klasse verlassen habe. Von 1962 bis 1967 habe er neben der Berufstätigkeit im Rahmen einer Abendschule die Klasen 8 und 9 absolviert; die 10. Klasse habe er 1968 nach dem Militärdienst abgeschlossen.
Der Kläger hat bis zu seiner Ausreise im August 1989 in seinem Heimatland nach Maßgabe des Arbeitsbuches folgende Beschäftigungszeiten durchlaufen: Im Alter von 15 Jahren wurde er zum 1. Juni 1959 als Arbeiter in einer Sowchose eingestellt. Am 27. November 1960 begann er einen Traktoristenlehrgang. Nach dessen Beendigung arbeitete er vom 16. April 1961 bis zum 5. März 1963 als Traktorist. Einer Tätigkeit als Hammerschmied vom 2. April 1963 bis zum 25. November 1964 schloss sich bis zum 25. September 1967 der Wehrdienst an.
Vom 2. Oktober 1967 bis zum 9. September 1969 war er als Setzergehilfe in der Reparaturabteilung bzw. als Schlosser in einer Zuckerfabrik tätig; anschließend arbeitete er dort bis zum 12. Februar 1970 als Laborantgehilfe. In der Folgezeit übte er im Bereich der Rentabilitätsverwaltung die Tätigkeit eines Befestigungsmaschinisten aus. Vom 7. September 1973 bis zum 9. Februar 1979 war er Traktorist der Kategorie 4 bei einer Zuckerfabrik tätig, wobei er 1974 ein Diplom als Baggerführer und am 13. Juli 1978 nach dem Besuch eines Abendlehrganges im Zeitraum vom 2. Januar bis 23. Juni 1977 den Führerschein als Traktorführer der Klasse 1 erwarb.
Es folgte vom 2 März 1979 bis 28. August 1979 eine Tätigkeit als Schlosser der Kategorie 3 in der Experimentalabteilung eines Experimentalwerkes für Kommunaleinrichtungen. Im Anschluss daran wurde er als Schlosser der Kategorie 6 in der gleichen Abteilung eingesetzt. Am 24. Dezember 1980 wurde er zum Werkzeugmacherschlosser der Kategorie 3 befördert, um zum 1. März 1980 als Schlosser der Kategorie 3 versetzt zu werden.
Vom 9. Juni 1980 bis zum 3. März 1986 war der Kläger als Traktorist der Kategorie 1 bei der Landwirtschaftschemieverwaltung in J. und nachfolgend vom 17. März bis 1. November 1986 als Traktorist in der dortigen Brotfabrik tätig. Vom 19. November 1986 bis zu seiner Ausreise arbeitete er schließlich als Traktorist der Kategorie 1 in der Agroindustrieverwaltung in J ...
Mit Bescheid vom 4. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Wirkung vom 1. September 2006 unter Heranziehung von 31,3392 Entgeltpunkten in Höhe eines anfänglichen monatlichen Zahlbetrages von 742,74 EUR. Dabei wurden die in der Sowjetunion zurückgelegten Beschäftigungszeiten jeweils der Qualifikationsgruppe 5 (angelernte und ungelernte Tätigkeiten) im Sinne der Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet und als lediglich glaubhaft gemachte Zeiten nach § 22 Abs. 3 Fremdrentengesetz (FRG) nur mit 5/6 der Entgeltpunkte berücksichtigt. Die danach unter Heranziehung des FRG berücksichtigten Entgeltpunkte wurden in Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG nur zu jeweils 60 % in die weitere Berechnung eingestellt.
Zur Begründung stellte die Beklagte insbesondere darauf ab, dass die Bezeichnung Traktorist der Kategorie 3 bzw. 1 lediglich Hinweise auf die erworbenen Führerscheinklassen gebe. Da die vom Kläger besuchten Führerscheinkurse keine vollwertige Facharbeiterausbildung vermittelt hätten und da die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit durch das Führen der Fahrzeuge und nicht von Reparaturarbeiten geprägt gewesen sei, könne nicht von Beschäftigungen auf Facharbeiterniveau ausgegangen werden.
Zur Begründung der am 7. März 2007 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er von 1972 bis 1973 als Brigadier tätig gewesen sei und in dieser Funktion 19 bis 12 Mitarbeiter bei Reparaturtätigkeiten habe anleiten und überwachen müssen. Nach dem Erwerb des Traktorführerscheins der Klasse 2 im März 1972 habe er als Brigadier einer Brigade von 10 bis 12 Traktoren vorgestanden. Sie hätten zur Verbesserung der Bewässerung Felder geebnet. Von November 1986 bis August 1989 habe er als Brigadier bei der Lieferung gearbeitet. Sie hätten technische Geräte und Ersatzteile an die Betriebe geliefert; er selbst habe den Traktoristen ihre Arbeit zugewiesen und Tabellenlisten für die ganze Brigade geführt.
Als Traktorist der 1. Klasse habe er Reparaturarbeiten an allen Fahrzeugteilen unter Einschluss auch der Fahrzeugelektrik durchführen und die Fahrzeuge bei Bedarf aus- und umrüsten müssen. Auch Getriebe und Motoren habe er reparieren und bei Bedarf zerlegen müssen. Seine Fahrberechtigung habe nicht nur einzelne, sondern sämtliche Fahrzeuge aus den entsprechenden Kategorien umfasst. Zur Weiterbildung zum Traktoristen Klasse 1 sei nur zugelassen worden, wer zuvor die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Traktoristen Klasse 3 und 2 erworben habe.
Die Rentenversicherung ihrerseits habe in anderen Rentenverfahren unter Heranziehung eines Gutachtens von Prof. Dr. K. L. vom 28. Januar 1995 einen Traktoristen der Klasse 1 der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet. Der Kläger hat ein Schreiben der DRV Westfalen vom 13. Februar 2009 vorgelegt, wonach die Qualifikation eines Traktoristen der 1. Klasse der eines Landmaschinenschlossers mit umfassenden Kenntnissen entspreche.
Er habe über viele Jahre hinweg immer wieder Ausreiseanträge gestellt; weshalb er und seine Familie erhebliche Anfeindungen erlitten hätten. Er habe ständig seinen Arbeitsplatz wechseln müssen.
Das Berufsausbildungssystem der ehemaligen Sowjetunion sei mit dem deutschen nicht zu vergleichen.
Er hat eine Zeugenerklärung seiner Schwester M. N. betreffend den Besuch der Abendschule von 1962 bis 1968 vorgelegt. In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, dass die Abendschule bereits in die Berufsrichtung des Traktoristen geführt habe.
Zudem ergebe sich aus den vom Bundessozialgericht im Urteil vom 21. August 2008 - B 13/4 R 25/07 R - dargelegten Grundsätzen, dass seine in der Sowjetunion zurückgelegten Beitragszeiten nicht nur als glaubhaft gemacht, sondern auch als nachgewiesen anzusehen seien und daher in vollem Umfang zu berücksichtigen seien. Seine dortigen Arbeitgeber hätten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Form eines auf die Gesamtbruttolohnsumme aller Arbeiter bezogenen Prozentsatzes entrichtet.
Einen vom Kläger im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 27. Juni 2007, beim Sozialgericht eingegangen am 2. Juli 2007, zugleich gestellten Überprüfungsantrag mit dem Ziel einer ungekürzten Berücksichtigung der sowjetischen Beitragszeiten lehnte die Beklagte (a) bezogen auf die Kürzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 4 FRG mit Bescheid vom 17. September 2007, der aus ihrer Sicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens wurde, und (b) bezogen auf die Kürzung der Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 3 FRG mit Bescheid vom 19. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2009 ab. Im letzteren Bescheid stellte sie zur Begründung darauf ab, dass das vorgelegte Arbeitsbuch keine Rückschlüsse auf Krankheitszeiten oder andere Unterbrechungstatbestände zulasse.
Die dagegen am 18. Mai 2009 erhobene weitere Klage (S 34 R 201/09) ist mit Beschluss des Sozialgerichts vom 16. Juni 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
Der Kläger hat hervorgehoben, dass er nur sehr selten krank gewesen sei.
Mit Urteil vom 21. Juli 2010, dem Kläger zugestellt am 2. August 2010, hat das Sozialgericht Lüneburg die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4. Er habe keine dreijährige Berufsausbildung durchlaufen und habe überdies zwischen den Tätigkeiten eines Traktoristen, eines Schlossers und eines Maschinisten gewechselt. Zu Recht habe die Beklagte die streitigen Zeiten auch nur als glaubhaft gemachte Beitragszeiten in einem Umfang von 5/6 berücksichtigt, da der Kläger keine durchgehende (Vollzeit-)Arbeitsleistungen für die LPG nachgewiesen habe.
Mit der am 18. August 2010 eingelegten Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Als Traktorist der Klasse 1 habe er - letztlich vergleichbar einem Werkstattleiter - auch die Verantwortung für die von den nachgeordneten Traktoristen der Klassen 2 und 3 durchgeführten Reparaturen übernehmen müssen.
Die sowjetischen Beitragszeiten seien auch in vollem Umfang anzurechnen. Das vorgelegte Arbeitsbuch belege insbesondere, dass er während der dort bescheinigten Beschäftigungszeiten nicht arbeitslos gewesen sei. Auch könne es nicht darauf ankommen, dass im Krankheitsfall eine dem Krankengeld vergleichbare Leistung nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Sozialversicherungsfond erbracht worden sei.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2009 sowie den Bescheid vom 19. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 4. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2007 zu ändern und
2. die in dem Rentenbescheid vom 4. September 2006 dem Grunde nach berücksichtigten Beitragszeiten
a) im Zeitraum vom 13. Juli 1978 bis zum 8. August 1989 unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 4 zu bewerten und
b) für den Zeitraum vom 6. Januar 1959 bis zum 8. August 1989 in ungekürzter Höhe zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat nur teilweise Erfolg. Weder die Qualifikationsgruppeneinstufung des Klägers noch die Kürzung der für die Zeiten vor der Ausreise in Anwendung des FRG ermittelten Entgeltpunkte um 40 % nach § 22 Abs. 4 FRG begegnet rechtlichen Bedenken. Hingegen durfte die Beklagte die nach Maßgabe des FRG ermittelten Entgeltpunkt nicht noch darüber hinaus in Anwendung des § 22 Abs. 3 FRG um ein weiteres Sechstel kürzen.
1. Der Kläger kann bezogen auf den diesbezüglich zur Überprüfung gestellten Zeitraum vom 13. Juli 1978 bis zum 8. August 1989 keine Ermittlung von Entgeltpunkten unter Heranziehung der Qualifikationsgruppe 4 beanspruchen. Der zum Personenkreis des § 1 Fremdrentengesetz (FRG) gehörende Kläger hat nach Maßgabe der §§ 15, 16 FRG einen Anspruch darauf, dass bei der Berechnung der ihm zuerkannten Altersrente auch die von ihm in der früheren UdSSR zurückgelegten Versicherungs- und Beitragszeiten berücksichtigt werden. Dabei sind nach § 22 Abs. 1 S. 1 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 S. 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI zu ermitteln.
Die in Bezug genommene Regelung des § 256b Abs. 1 S. 1 erster Halbsatz SGB VI hat folgenden Inhalt: Für (glaubhaft gemachte) Pflichtbeitragszeiten nach dem 31. Dezember 1949 werden zur Ermittlung von Entgeltpunkten als Beitragsbemessungsgrundlage für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittsverdienste berücksichtigt, die sich 1. nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und 2. nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche für dieses Kalenderjahr ergeben.
Für die demnach vorzunehmende Zuordnung der ausgeübten Beschäftigungen zu (insgesamt fünf) Qualifikationsgruppen enthält die Anlage 13 zum SGB VI folgende Vorgaben:
Definition der Qualifikationsgruppen
Versicherte sind in eine der nachstehenden Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte auf Grund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen.
Qualifikationsgruppe 1: Hochschulabsolventen
1. Personen, die in Form eines Direkt-, Fern-, Abend- oder externen Studiums an einer Universität, Hochschule, Ingenieurhochschule, Akademie oder an einem Institut mit Hochschulcharakter ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben.
2. Personen, denen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder wissenschaftlicher Leistungen ein wissenschaftlicher Grad oder Titel zuerkannt worden ist (z.B. Attestation im Bereich Volksbildung, Dr. h. c., Professor).
3. Inhaber gleichwertiger Abschlusszeugnisse staatlich anerkannter höherer Schulen und Universitäten.
Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium (z.B. Teilstudium), das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss.
Qualifikationsgruppe 2: Fachschulabsolventen
1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist.
2. Personen, denen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist.
3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen.
4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten.
Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.
Qualifikationsgruppe 3: Meister
Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen auf Grund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde.
Hierzu zählen nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder den Begriff "Meister" als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z.B. Platzmeister, Wagenmeister).
Qualifikationsgruppe 4: Facharbeiter
Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen auf Grund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist.
Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.
Qualifikationsgruppe 5: Angelernte und ungelernte Tätigkeiten
1. Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind.
2. Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind.
3. Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit.
Auch wenn § 22 Abs. 1 FRG idF des RÜG von einer unmittelbaren "Anwendung" des § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI und damit auch der Qualifikationsgruppenmerkmale der Anlage 13 zum SGB VI spricht, kann mit Blick auf Sachverhalte in Vertreibungsgebieten letztlich nur eine analoge Anwendung erfolgen. Die Bestimmung der maßgeblichen Qualifikationsgruppe der Anlage 13 zum SGB VI erfolgt deshalb ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems. Sodann ist zu fragen, welcher Qualifikationsgruppe - übertragen auf die Verhältnisse in der DDR - diese berufliche Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht. Dabei kann es dienlich sein - weil z. T. die Merkmale der jeweiligen Qualifikationsgruppe entsprechend formuliert sind - diese Merkmale in dem Sinn zu lesen, dass an Stelle der DDR das jeweilige Herkunftsland eingesetzt wird (BSG, U. v. 12.11.2003 - B 8 KN 2/03 R - SozR 4-5050 § 22 Nr. 3 m. w. N.).
Der erläuterte Tatbestand hat zum einen die Erfüllung von (formellen) Qualifikationsmerkmalen i. S. einer der fünf Qualifikationsgruppen zur Voraussetzung, zum anderen wird die tatsächliche Ausübung einer diesen Merkmalen entsprechenden Tätigkeit verlangt. Die Tatbestandsvoraussetzungen werden durch die Bezugnahme auf die Anlagen 13 und 14, die inkorporierte "Untertatbestände" sind, konkretisiert (BSG, U. v. 24. Juli 2003 - B 4 RA 61/02 R - SozR 4-2600 § 256b Nr. 2).
Dabei kennt das Gesetz neben der Regelausbildung - bestehend aus Vollzeitberufsschule und/oder Lehre am Arbeitsplatz (vgl. BSG, U. v. 14. Mai 2003 - B 4 RA 26/02 R - SozR 4-2600 § 256b Nr. 1) - zwei weitere Zugangsmöglichkeiten zur Qualifikationsgruppe 4: Zum einen kann einem Arbeitnehmer "auf Grund langjähriger Berufserfahrung" entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Vertreibungsgebiet die Facharbeiterqualifikation (förmlich) zuerkannt werden (vgl. die Legaldefinition des Facharbeiters, dort Absatz 1); zum anderen genügt auch der faktische Erwerb von gleichwertigen Fähigkeiten "auf Grund langjähriger Berufserfahrung" und die tatsächliche Ausübung einer dem höheren (durch langjährige Berufserfahrung erworbenen) Qualifikationsniveau entsprechenden Tätigkeit (vgl. Satz 2 der Anlage 13).
Die Anlage 13 zum SGB VI definiert bezüglich beider Zugangsmöglichkeiten das Tatbestandsmerkmal der "langjährigen Berufserfahrung" nicht. Da diese Regelung die Grundsätze fortschreibt, die die Ausgestaltung der früheren Leistungsgruppen zum FRG geprägt haben, kann auf die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Eine "langjährige" Berufserfahrung ist anzunehmen, wenn der höherwertige Beruf während eines Zeitraumes ausgeübt wurde, der ausreicht, um die theoretischen und praktischen Fähigkeiten für eine vollwertige Berufsausübung auch ohne formelle Ausbildung zu vermitteln. Hierfür kommt es jeweils auf den ausgeübten Beruf an (BSG, U. v. 24. Juli 2003 - B 4 RA 61/02 R - SozR 4-2600 § 256b Nr. 2). Langjährigkeit kann jedenfalls regelmäßig nicht vor dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem der Versicherte solange mit Arbeiten eines Facharbeiters betraut war, wie es der Regelausbildung für einen Facharbeiter im jeweiligen Zeitraum entsprach (BSG, U. v. 14. Mai 2003 - B 4 RA 26/02 R - SozR 4-2600 § 256b Nr. 1).
Nach Maßgabe der vorstehend erläuterten gesetzlichen Vorgaben waren die Entgeltpunkte für die Beitragszeiten im insoweit streitigen Zeitraum vom 13. Juli 1978 bis zum 8. August 1989 unter Heranziehung (nur) der Qualifikationsgruppe 5, also ausgehend lediglich von einer un- oder angelernten Tätigkeit, zu ermitteln. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vermag sich der Senat nicht, und zwar auch nicht nur im Sinne einer Glaubhaftmachung, davon zu überzeugen, dass der Kläger die Qualifikation eines Facharbeiters erworben hatte und auch eine der Facharbeiterqualifikation entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat.
Die erläuterte - sich auf den Normalfall der Regelausbildung beziehende - gesetzliche Definition (Legaldefinition des Facharbeiters in der Anlage 13 zum SGB VI, dort Abs. 1 erste Alt.), wonach der Facharbeiter nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden habe und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sein muss, bedarf im vorliegenden Zusammenhang der Konkretisierung. Der Gesetzeswortlaut lässt offen, nach welchen Kriterien im Einzelnen zwischen einer Facharbeiterprüfung und einer Prüfung in einem Anlernberuf und daran anknüpfend zwischen einem Facharbeiterzeugnis und einem Zeugnis in einem Anlernberuf sowie zwischen einem Ausbildungsberuf und einem Anlernberuf zu unterscheiden sein soll.
Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, das Merkmal eines Facharbeiters in der früheren DDR eine umfassende Berufsausbildung gewesen sei, die es ihm ermöglicht habe, komplizierte Tätigkeiten zu verrichten (vgl. Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen DAngVers 1995, 354, 364), hilft dies letztlich auch nicht wesentlich weiter. Auch ausgehend von diesem Ansatz bleibt die genaue Grenzziehung zwischen einer "umfassenden" und einer sonstigen Berufsausbildung bzw. zwischen einer "komplizierten" und einer eher "unkomplizierten" Tätigkeit unklar. Bezeichnenderweise wird in der Literatur eingeräumt, dass die Anwendung der erläuterten gesetzlichen Kriterien mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sei, soweit ein Beruf mit unterschiedlichen Qualifikationen ausgeübt werden könne (Müller, aaO., S. 354).
Entscheidendes Gewicht kommt jedenfalls der Ausbildungsdauer zu. In der früheren DDR, auf deren Verhältnisse die erläuterte Regelung des § 256b SGB VI im Ausgangspunkt abstellt, dauerte eine anerkannte Facharbeiterausbildung im Rahmen der Regelausbildung je nach Ausbildungsberuf und schulischer Vorbildung zwischen eineinhalb und vier Jahren (vgl. Müller, aaO., S. 364). Schon diese erhebliche Spanne der für die einzelnen Facharbeiterberufe erforderlichen Ausbildungsdauer macht deutlich, dass der Facharbeiterbegriff in der früheren DDR eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Qualifikationsniveaus umfasste.
Dabei ist klarzustellen, dass Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren nach westdeutschen Maßstäben keine Facharbeiterqualifikation vermitteln, sondern den Anlernberufen zuzurechnen sind (vgl BSG vom 18. Januar 1995 - 5 RJ 18/94 - SozVers 1996, 49, veröffentlicht auch bei Juris, mwN). Dies macht deutlich, dass die Abgrenzung zwischen der Qualifikationsgruppe 4 für Facharbeiter und der Qualifikationsgruppe 5 für angelernte (und ungelernte) Tätigkeiten nicht immer mit der Differenzierung zwischen Facharbeitertätigkeiten und angelernten Tätigkeiten in Anwendung des sich an den westdeutschen Maßstäben ausrichtenden sog. Drei-Stufen-Schemas des BSG (vgl. etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr 140 und 143; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 5 und 61) übereinstimmen muss.
Bezogen auf die frühere Sowjetunion wird die Abgrenzung zwischen den Qualifikationsgruppen 4 und 5 noch dadurch erschwert, dass der Begriff einer beruflichen Grundbildung auch als Oberbegriff verwandt worden ist, der eine große Bandbreite umfasste von wenig qualifizierten Arbeitern über qualifizierte Arbeiter bis hin zu hochqualifizierten Arbeitern (Müller, aaO., S. 361). Die Gruppe der qualifizierten Arbeiter war nicht klar abgegrenzt und in sich gegliedert (Müller, aaO., S. 365). Vielfach war es erst mit betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen in Form von ein- bis sechsmonatigen Lehrgängen möglich, eine höhere Berufsqualifikation zu erwerben, wohingegen die betriebliche Erstausbildung oft zunächst nur das unterste Qualifikationsniveau nur wenig qualifizierter Arbeiter vermittelte (Müller, aaO., S. 362). Als Hilfsmittel für die Feststellung der Gleichwertigkeit des Berufsabschlusses kann auch die Tarifeinstufung herangezogen werden (Müller, aaO., S. 365).
Der Kläger macht im Ergebnis geltend, dass sich Traktoristen in der früheren UdSSR beruflich stufenweise hocharbeiten mussten. Sie fingen mit einem Führerschein der Klasse 3 an, jeweils nach praktischer Berufserfahrung und einem neuerlichen mehrmonatigen Lehrgang wurde dann der Führerschein Klasse 2 und schließlich der Führerschein Klasse 1 zuerkannt. Für die Einordnung der auf diesem abgestuften Wege zu erlangenden Gesamtqualifikation sei nicht lediglich der nur wenige Monate umfassende letzte Lehrgang vor Erwerb des Führerscheins der Klasse 1 zu berücksichtigen, zu bewerten seien vielmehr alle drei Lehrgänge, die jeweils vor Erwerb der Führerscheine der Klassen 3, 2 und 1 zu absolvieren waren, und überdies die in den jeweiligen Zwischenzeiten gewonnenen praktischen Berufserfahrungen. Im Gesamtergebnis habe er damit ein Qualifikationsniveau erworben, das dem einer Facharbeiterausbildung im Sinn des früheren DDR-Rechts entsprochen habe.
Selbst wenn dem Kläger hinsichtlich einer im Rahmen einer solchen mehrstufigen Ausbildung im Gesamtergebnis zu erwerbenden Facharbeiterqualifikation zu folgen sein sollte, so lässt sich im vorliegenden Fall jedenfalls nicht auch nur mit der für eine Glaubhaftmachung erforderlichen Verlässlichkeit feststellen, dass der Kläger nach dem Erwerb einer solchen Qualifikation auch entsprechend ihrer eingesetzt worden ist. Da die erläuterte Anlage 13 zum SGB VI nicht allein die Erfüllung der dort aufgeführten Qualifikationsmerkmale ausreichen lässt, sondern als weitere Voraussetzung auch die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit verlangt, lassen sich damit die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Höherstufung in die Qualifikationsgruppe 4 auch nicht für Teile des streitbetroffenen Zeitraums feststellen.
Am 13. Juli 1978 hat der Kläger (nach dem Besuch eines Abendlehrganges im Zeitraum vom 2. Januar bis 23. Juni 1977) den Führerschein als Traktorführer der Klasse 1 erworben. Soweit er nachfolgend bis Anfang September 1979 als Traktorist der Kategorie 4 ausweislich des Arbeitsbuches beschäftigt war, kann diese Tätigkeit schon deshalb nicht als Ausdruck einer im Juli 1978 erworbenen Facharbeiterqualifikation gewertet werden, weil der Kläger als Traktorist der Kategorie 4 schon Jahre vor dem Erwerb der geltend gemachten Qualifikation als Traktorführer der Klasse 1 im Juli 1978, und zwar durchgängig seit September 1973, beruflich tätig war.
Nachfolgende Tätigkeiten in der Zeit bis März 1980 als Schlosser bzw. Werkzeugmacher lassen keinen unmittelbaren fachlichen Zusammenhang mit der geltend gemachten Facharbeiterqualifikation als Traktorist erkennen, sie sind vielmehr als Ausübung eigenständiger Berufe zu werten, bezüglich derer der Kläger keine förmliche Berufsausbildung durchlaufen hat. Es lässt sich auch nicht objektivieren, dass der Kläger durch langjährige Berufsausübung die Qualifikation eines Facharbeiters für die Berufe Schlosser bzw. Werkzeugmacher erworben haben könnte.
Soweit der Kläger schließlich in den letzten Jahren vor der Ausreise im Zeitraum von Mai 1980 bis August 1989 erneut den Beruf eines Traktoristen ausgeübt hat, lässt sich nicht mit einer für eine Glaubhaftmachung hinreichenden Verlässlichkeit erkennen, dass er bei dieser erneuten Ausübung des Traktoristenberufes auch entsprechend der geltend gemachten Facharbeiterqualifikation eingesetzt worden ist. Der Beruf eines Traktoristen konnte in der früheren UdSSR, wie auch schon der Werdegang des Klägers deutlich macht, nicht nur auf der Grundlage und erst nach Abschluss einer durch eine stufenweise zu absolvierenden Weiterbildung zu erlangenden Qualifikation im vorstehend erläuterten Sinne, wie sie nach Auffassung des Klägers eine Facharbeiterqualifikation vermittelt haben sollen, sondern auch auf der Grundlage einer nur wenigen Monate umfassenden Erstausbildung ausgeübt werden, die als solche lediglich der Qualifikationsgruppe 5 entsprechen würde und den Rahmen einer angelernten Tätigkeit im Sinne dieser Qualifikationsgruppe jedenfalls auch dann nicht verlassen würde, wenn nachfolgend als Zusatzqualifikation lediglich der Führerschein der Klasse 2 auf der Grundlage eines entsprechenden Vorbereitungslehrganges erworben wurde.
Für die Feststellung einer Facharbeiterqualifikation "entsprechenden" tatsächlich ausgeübten Tätigkeit kann es daher nicht ausreichen, dass der Betroffene überhaupt als Traktorist eingesetzt worden ist, vielmehr muss die konkret wahrgenommene Ausprägung der Tätigkeit als Traktorist der besonderen fachlichen Qualifikation entsprochen haben.
Im Rahmen der gebotenen Gesamtbewertung kommt dabei regelmäßig eine entscheidende Bedeutung auch der im Arbeitsbuch dokumentierten Einstufung des Beschäftigten in die einzelnen Lohnkategorien zu. Das vom Kläger vorgelegte - ansonsten für den vorliegenden Fall nur wenig ergiebige - berufskundliche Sachverständigengutachten von O. P. vom 3. September 2007 verdeutlicht, dass in die Lohnstufen, d.h. in die sog. "Kategorien", 1 und 2 die wenig qualifizierten Arbeiter eingestuft worden sind, wohingegen die höher qualifizierten Beschäftigten den "Kategorien 4 bis 6" zugeordnet wurden. Im gleichen Sinne hat sich auch der Kläger persönlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußert. Damit korrespondiert, dass der seinerzeit als Befestigungsmaschinist tätige Kläger ausweislich seines Arbeitsbuches zum 1. April 1971 von der Kategorie 4 zur Kategorie 5 "befördert" worden ist.
In dem Zeitraum von Mai 1980 bis August 1989 ist der Kläger ausweislich des Arbeitsbuches aber keineswegs einer höheren Kategorie zugeordnet worden, wie dies bei einem Einsatz entsprechend einer besonderen Qualifikation auf jeden Fall zu erwarten gewesen wäre, sondern er ist lediglich der Kategorie 1 und damit der untersten Lohnstufe zugewiesen worden (nachdem er ebenfalls ausweislich des Arbeitsbuches bereits Jahre vor dem Erwerb des Führerscheins der Klasse 1 als Traktorist die Kategorie 4 erreicht hatte). Bei dieser grundlegenden Diskrepanz zwischen der Lohnstufeneinteilung und der gemachten besonderen Qualifikation seiner Tätigkeit verbleiben zu große Unwägbarkeiten, als dass die Ausübung einer der geltend gemachten Facharbeiterqualifikation "entsprechenden" Tätigkeit als Traktorist noch als glaubhaft gemacht angesehen werden könnte.
Weitere Erkenntnismittel zur Aufklärung des inzwischen Jahrzehnte zurückliegenden Sachverhalts sind nicht ersichtlich. Die nicht auszuräumenden Zweifel gehen zulasten des die materielle Beweislast tragenden Klägers.
2. Die Kürzung der sowjetischen Entgeltpunkte um 40 % ist nicht zu beanstanden. Die Entgeltpunkte für die nach Maßgabe der §§ 15, 16 FRG in Ansatz zu bringenden sowjetischen Beitragszeiten sind nach der eine solche Reduktion für nach dem FRG heranzuziehende ausländische Beitragszeiten ausdrücklich vorschreibenden Regelung des § 22 Abs. 4 FRG um 40 % zu kürzen. Diese Vorschrift ist in ihrer heutigen Fassung auf den Kläger anzuwenden (Art. 6 § 4c FANG), da seine Rente erst zum 1. September 2006 begonnen hat.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Kürzungsvorschrift sind nicht ersichtlich. Wenn der Gesetzgeber sich entschließt, die in den Herkunftsländern zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten wie Zeiten zu behandeln, die die Berechtigten im System der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben, so ist dies ein Akt besonderer staatlicher Fürsorge. Der Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, insbesondere Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler, die in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln, soweit als möglich mit Hilfe auch der Sozialversicherung zu integrieren, ohne zu dieser Lösung durch Art. 116 GG und das Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich verpflichtet zu sein (vgl. auch BVerfGE 43, 213 (226)). Eigentumsgeschützte Rechtspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG werden aber mangels Eigenleistung der Berechtigten durch das Fremdrentengesetz nicht begründet. Soweit die nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten Beiträge zur Rentenversicherung in den Herkunftsländern gezahlt haben, sind diese Beiträge nicht den Versicherungsträgern der Bundesrepublik Deutschland zugeflossen, deren gesetzliche Aufgabe es ist, die Rentenleistungen an die nicht mehr erwerbstätige Generation zu finanzieren. Auch wenn § 22 Abs. 4 FRG an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen wäre, hätte der Gesetzgeber mit dem Erlass dieser Norm im Rahmen seiner Befugnis gehandelt, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Rechtsposition der nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (BVerfG, B.v. 13.06.2006 - 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04 - E 116, 96).
Substantiierte Einwendungen gegen diese einleuchtende verfassungsgerichtliche Rechtsprechung werden mit der Berufung auch gar nicht geltend gemacht.
3. Die Beklagte war allerdings nicht berechtigt, die Entgeltpunkte für die nach §§ 15, 16 FRG zu berücksichtigenden Beitragszeiten des Klägers in der früheren UdSSR über die vorstehend angesprochene Kürzung um 40 % in Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG noch um ein weiteres Sechstel in Anwendung des § 22 Abs. 3 FRG zu kürzen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der letzteren Norm sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Nach § 22 Abs. 3 FRG sind für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel zu kürzen.
Wie bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs 3 FRG hervorgeht, kommt es in diesem Zusammenhang darauf an, ob die betroffenen Zeiten "nachgewiesen" sind. Ein solcher Nachweis kann nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere fehlen, soweit in den streitigen Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet werden mussten oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Hingegen ist die Beitragszeit aufgrund der Beschäftigung (etwa eines Mitglieds bei einer LPG) als nachgewiesen iS des § 22 Abs 3 FRG anzusehen, wenn für deren Mitglieder eine gesetzliche Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden (BSG, U.v. 19. November 2009 - B 13 R 145/08 R -).
Das von dem Kläger vorgelegte Arbeitsbuch enthält nur Beginn und Ende der einzelnen Arbeitsverhältnisse, sagt aber über (krankheitsbedingte) Unterbrechungen der einzelnen Arbeitsverhältnisse nichts aus. Der Nachweis des Beginnes und des Endes eines Arbeitsverhältnisses schließt den Nachweis der fehlenden Unterbrechung nicht ein (vgl BSG Urteil vom 20. August 1974 - 4 RJ 241/73 - = SozR 5050 § 19 Nr 1 Seite 4). Der Nachweis der fehlenden Unterbrechung entfällt auch dann nicht, wenn Unterbrechungen in einem Arbeitsbuch üblicherweise nicht aufgeführt werden und einem Versicherten im Übrigen keine amtlichen Unterlagen zur Verfügung stehen. In diesem Sinne lässt sich aus Arbeitsbüchern der Sowjetunion ein Nachweis nicht entnehmen. Will ein Versicherter den Nachweis führen, dass die im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitsverhältnisse ununterbrochen bestanden haben, so muss er sich weiterer Erkenntnisquellen bedienen (BSG, aaO.).
Wie auch sonst ist auch im vorliegenden Zusammenhang die gerichtliche Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnen (§ 128 SGG), namentlich kann das Gericht seine Entscheidung auch nur auf den Beteiligtenvortrag stützen und aufgrund seiner den Vollbeweis anspruchsbegründender Tatsachen als geführt ansehen (vgl. dazu Keller Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 128 Rn. 4). Auch der Beteiligtenvortrag kommt damit als weitere Erkenntnisquelle im vorstehend erläuterten Sinne in Betracht, wenn ihm das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls die erforderliche Verlässlichkeit zuzuerkennen vermag.
Im vorliegenden Fall ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die in dem Arbeitsbuch des Klägers bescheinigten Beschäftigungszeiten, die die Beklagte in dem angefochtenen Rentenbescheid als lediglich glaubhaft gemachte Zeiten übernommen hat, durch (wenn auch nur geringfügige) Zeiten der Arbeitsunfähigkeit unterbrochen waren, die als solche - wie in der früheren UdSSR üblich - nicht im Arbeitsbuch ausgewiesen worden sind. Sonstige Unterbrechungstatbestände hat es hingegen nicht gegeben.
Unter Berücksichtigung der überzeugenden Angaben des Klägers auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist bei lebensnaher Betrachtung als (im Sinne eines Vollbeweises) nachgewiesen anzusehen, dass die zu beurteilenden Arbeitsunfähigkeitszeiten im Durchschnitt der diesbezüglich zu beurteilenden rund 30 Jahre vom 6. Januar 1959 bis zum 8. August 1989 nicht mehr als 2 bis 3 % der Arbeitstage ausgemacht haben, wobei keine der Krankheitszeiten einen vollen Kalendermonat umfasst hat. Davon ist der Senat auch deshalb überzeugt, weil keine nennenswerten Krankheiten des Klägers ersichtlich sind und bei ansonsten gesunden Arbeitnehmern im Alter von ca. 15 bis 45 Jahren, wie es der Kläger in dem insoweit zu beurteilenden Zeitraum erreicht hatte, üblicherweise nicht mit krankheitsbedingten Ausfalltagen in größerem Umfang zu rechnen ist. Dass der Kläger nach nunmehr ca. 20 bis 50 Jahren nicht mehr die genauen Daten der einzelnen Erkrankungen aus dem Gedächtnis reproduzieren kann, liegt in der Natur der Sache und steht einer lebensnahen Bewertung des Sachverhalts im vorstehend erläuterten Sinne nicht entgegen.
Unter Berücksichtigung dieser einzelfallbezogenen vom Senat getroffenen Feststellungen sind die Zeiten vom 6. Januar 1959 bis zum 8. August 1989 nicht nur als glaubhaft gemachte, sondern auch als nachgewiesene Beitragszeiten anzusehen. Mithin ist kein Raum, die für diese Zeiten zu berücksichtigenden Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 3 FRG um ein Sechstel zu kürzen.
Dies folgt bereits aus der Regelung des § 26 Satz 2 FRG ("Dabei zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen."). Krankheitszeiten auch ohne Lohnfortzahlung schmälern demnach die Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des FRG mithin nicht, soweit sie nicht einmal einen vollen Kalendermonat erreicht haben. Im vorliegenden Einzelfall waren in dem zu beurteilenden Zeitraum vom 6. Januar 1959 bis zum 8. August 1989 alle Krankheitszeiten von unter einmonatiger Dauer.
Schon deshalb kommt es im Ergebnis gar nicht darauf an, dass während solcher Zeiten, was im Berufungsverfahren auch von Seiten des Klägers nicht mehr in Abrede gestellt wird, keine Beiträge zum sowjetischen Sozialversicherungssystem zu entrichten waren (vgl auch BSG Urteil vom 18. Februar 1981 - 1 RA 7/80 - = SozR 5050 § 15 Nr 21). Im Krankheitsfall sind seinerzeit in der UdSSR Lohnersatzleistungen nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Sozialversicherungsfond erbracht worden. Damit haben diese Leistungen keinen Niederschlag in der vom Betrieb gezahlten Gesamtlohnsumme gefunden, die der Beitragsabführung zur Rentenversicherung zugrunde lag. Eine Beitragspflicht des Sozialversicherungsfonds kannte das sowjetische Recht nicht.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte auch ausgehend von ihrem Rechtsstandpunkt es nicht dabei hätte belassen dürfen, die Entgeltpunkte für die sowjetischen Beitragszeiten des Klägers in Anwendung des § 20 Abs. 3 FRG um ein Sechstel zu kürzen. Auch die Beklagte geht im Ergebnis davon aus, dass für den zu beurteilenden Zeitraum von Januar 1959 bis August 1989 letztlich als ernsthaft in Betracht zu ziehende Möglichkeiten nur die Wahl zwischen einer aktiven Fortführung des im Arbeitsbuch bescheinigten Beschäftigungsverhältnisses (mit der Folge von Lohnzahlungen und damit Beitragszahlungen) und einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verbleibt. Hiervon ausgehend hätte sie für Zeiträume bis Dezember 1983 (für Folgezeiträume vgl demgegenüber § 74 Satz 4 Nr. 2 SGB VI nF) von der Möglichkeit einer Wahlfeststellung (vgl dazu etwa BSG, U.v. 30. August 1960 - 8 RV 245/58 - E 13, 51 und U.v. 27. Juni - B 2 U 23/99 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 39; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 103, Rn 6) Gebrauch machen müssen. Das von der Kürzungsvorschrift des § 22 Abs. 3 FRG betroffene Sechstel würde dann im Ergebnis nicht gänzlich wegfallen, sondern wäre als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 29 FRG zu berücksichtigen gewesen.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist ebenfalls nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass es auch keinen die Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigenden sachlichen Grund dafür geben würde, im Rahmen der mit dem FRG angestrebten Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge in das bundesdeutsche Rentenversicherungssystem danach zu differenzieren, inwieweit Arbeitsunfähigkeitszeiten im Heimatland unmittelbar als Beitragszeiten zur Rentenversicherung berücksichtigt wurden oder ob im Heimatland (ausgehend von anders gestalteten Rentenberechnungsmodalitäten) solche Arbeitsunfähigkeitszeiten zwar ebenfalls weder dem Grunde noch der Höhe nach den Rentenanspruch geschmälert haben, jedoch nicht als eigenständige Beitragszeiten ausgewiesen worden sind (vgl hingegen auch BSG Urteil vom 18. Februar 1981 - 1 RA 7/80 - = SozR 5050 § 15 Nr 21). Eine Anknüpfung an solche einzelnen Elemente der Ausgestaltung der rentenrechtlichen Bestimmungen im Heimatland unter Ausblendung ihres Kontextes in unterschiedlich ausgestalteten Sozialleistungs- und Rentenberechnungssystemen lässt nicht den erforderlichen inneren Zusammenhang (vgl. dazu BVerfG, B.v. 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - E 71, 39, 58) mit der Schutzwürdigkeit des Vertriebenen bei seiner mit dem FRG angestrebten Eingliederung in das bundesdeutsche Rentensystem erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.