Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 09.11.2010, Az.: L 8 SO 28/10 B ER

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
09.11.2010
Aktenzeichen
L 8 SO 28/10 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 38499
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2010:1109.L8SO28.10B.ER.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 14.12.2009 - AZ: S 62 SO 527/09 ER

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 14. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 14. Dezember 2009 ist nicht begründet. Der Antragsteller hat in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, welches er am 6. Oktober 2009 eingeleitet hatte, glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe Grundsicherungsleistungen gemäß §§ 19 Abs 2, 41, 42 Satz 1 Nr 4, 32 Abs 5 (Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zum halbierten Basistarif) Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch Sozialhilfe (SGB XII) gegenüber der Antragsgegnerin besitzt. Dies hat bereits das SG in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, so dass zunächst auf diese Gründe verwiesen wird, § 142 Abs 2 Satz 3 SGG.

2

Der am 5. Juli 1939 geborene Antragsteller, über dessen Vermögen im Jahre 2006 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, bezieht seit dem 1. Juni 2008 Grundsicherungsleistungen nach § 41 SGB XII. Seine Altersrente in monatlicher Höhe von 466,27 EUR (Stand: 1. Juli 2009) und eine kleinere Rente aus den USA (ca 35,00 EUR) wird bedarfsmindernd angerechnet. Der Antragsteller ist privat krankenversichert bei der Firma D ... Die von ihm zu leistenden Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung wurden in zunächst unterschiedlicher Höhe übernommen. Die Zeit bis zum 31. Mai 2009 ist geregelt durch Bewilligungsbescheide, die offenbar mit Widerspruch nicht angegriffen wurden. Wegen der zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge wurde der Antragsteller aufgefordert, sich zunächst im Standardtarif und sodann im Basistarif zu versichern. Für die Zeit ab dem 1. Juni 2009 wurden im Hinblick auf den Anspruch auf Grundsicherung keine Bescheide mehr erlassen, sondern tatsächliche Zahlungen erbracht. Bis zum Monat August 2009 wurden die Beiträge für die private Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe des halbierten Basistarifes von der für die Antragsgegnerin handelnden Landeshauptstadt Hannover erbracht, und zwar in Höhe von 320,64 EUR entsprechend einer Bescheinigung der Firma D. über die Höhe der Beitragsleistungen ab dem 1. Juni 2009. Diese hatte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. Juni 2009 an die Antragsgegnerin übersandt mit der Bitte, dies "direkt mit der Krankenkasse zu regeln". Ab September 2009 zahlte die für die Antragsgegnerin handelnde Landeshauptstadt Hannover weiterhin Grundsicherungsleistungen an den Antragsteller, für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung allerdings nur noch in Höhe von 147,32 EUR (richtig wohl 142,11 EUR), der Höhe der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung wie sie im Bereich des Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) galt, § 26 SGB II. Die Zahlungen ab September 2009 erfolgten ohne zugrundeliegenden schriftlichen Verwaltungsakt. Eine Reaktion auf das Schreiben des Antragstellers vom 13. Juni 2009 erfolgte nicht.

3

Der Antragsteller hat am 6. Oktober 2009 beim SG Hannover um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel nachgesucht, Sozialhilfeleistungen für seine private Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe des halbierten Basistarifes zu erhalten (320,64 EUR) und aufgelaufene Zahlungsrückstände gegenüber seiner Krankenversicherung zu übernehmen. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, dass auf Grund verschiedener Rechtsvorschriften Beitragsaufwendungen für die private Krankenversicherung nur in der Höhe angemessen seien, wie sie für Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II) in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen seien. Das SG hat dem Begehren des Antragstellers mit Beschluss vom 14. Dezember 2009 im Wesentlichen stattgegeben und die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 6. Oktober 2009 bis 31. Mai 2010, längstens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines Beitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 320,64 EUR zu gewähren und im Übrigen den Antrag abgelehnt (hinsichtlich der Rückstände). Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Antragsteller den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch im Umfang der Stattgabe glaubhaft gemacht habe. Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers sei § 32 Abs 5 Satz 1 SGB XII. Danach würden die Aufwendungen für eine bestehende Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen übernommen, soweit sie angemessen seien. Angemessen in sozialhilferechtlicher Hinsicht seien jeweils die Beiträge im günstigsten Tarif. Dieser Bedarf werde mit Abschluss eines Versicherungsvertrages in dem zum 1. Januar 2009 eingeführten Basistarif der privaten Versicherungsunternehmen gedeckt. Denn in § 12 Abs 1a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung würden die Versicherungsunternehmen zum Angebot eines branchenweit einheitlichen Basistarifs, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe der gesetzlichen Krankenversicherung jeweils vergleichbar seien, verpflichtet. Der Beitrag für den Basistarif dürfe den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten, § 12 Abs 1c Satz 1 VAG. Soweit ein Versicherter hilfebedürftig nach den Vorschriften des SGB XII sei, vermindere sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit gemäß § 12 Abs 1c Satz 4 VAG auf die Hälfte. Bestehe auch bei einem verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit, beteilige sich der zuständige Träger auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden werde, § 12 Abs 1c Satz 5 VAG. Der Antragsteller habe seinen zuvor bestehenden Versicherungsvertrag mit Wirkung ab 1. Juni 2009 auf den Basistarif umgestellt und habe dafür monatliche Beiträge in Höhe von 320,64 EUR zu entrichten. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei dieser bereits auf die Hälfte reduzierte Beitrag im Basistarif nicht der Höhe nach auf die Anwendungen zu begrenzen, die für einen Alg II-Empfänger in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen wären. Denn der Bedarf des Leistungsempfängers richte sich nach den Beitragsforderungen aus dem Versicherungsvertrag. Wenn wie hier die Versicherungsbeiträge nicht über die Halbierung im Basistarif hinaus weiter reduziert würden, möge womöglich der Versicherer seiner Verpflichtung aus § 12 Abs 1c Satz 6 VAG nicht nachkommen. Dies könne nicht dazu führen, dass der Hilfeempfänger nur einen fiktiv reduzierten Anspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger auf Beitragsübernahme habe. Denn er wäre sonst darauf verwiesen, entweder die Differenzbeträge aus seinem Regelsatz zu begleichen, der jedoch keine Aufwendungen für Beiträge zur Kranken- oder Pflegeversicherung beinhalte, oder er wäre zivilrechtlichen Forderungen des Versicherungsunternehmens ausgesetzt. Der Anordnungsgrund liege vor. Zwar sei auch bei Nichtzahlung des vollen Versicherungsbeitrages eine Kündigung der Kranken- und Pflegeversicherung durch den Versicherer ausgeschlossen, § 206 Abs 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Es träte aber gemäß § 193 Abs 6 VVG ein Ruhen des Versicherungsverhältnisses ein. Während der Ruhenszeit hafte der Versicherer gemäß § 193 Abs 6 Satz 5 VVG ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich seien. Diese Behandlungseinschränkung sei dem Antragsteller nicht zumutbar. Für die weiterhin begehrte Übernahme der Versicherungsbeiträge auch für eine Zeit vor Antragseingang beim Gericht fehle es insoweit an der Eilbedürftigkeit.

4

Dagegen richtet sich die fristgemäß eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie trägt vertiefend vor, dass der Sozialhilfeträger bei der vorliegenden Fallgestaltung für die private Krankenversicherung keine höheren Leistungen schuldet als sie nach den Vorschriften des SGB II zu erbringen wären, also nicht mehr als die ab September 2009 ausgezahlten Beträge von monatlich 147,32 EUR richtig 142,11 EUR. Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung des SG.

5

Aufgrund des bekannt gewordenen Sachverhalts muss die Beschwerde der Antragsgegnerin erfolglos bleiben. Der vorläufige Rechtsschutz richtet sich bei der vorliegenden Fallgestaltung nach § 86b Abs 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hier kommt eine Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs 2 Satz 2 SGG in Betracht.

6

Hierzu muss glaubhaft gemacht werden, dass das geltend gemachte Recht des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und dass der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wesentliche, in § 86b Abs 2 SGG näher gekennzeichnete Nachteile erlitte (Anordnungsgrund).

7

Zu entscheiden ist hier auf die Beschwerde der Antragsgegnerin ausschließlich darüber, ob sie vom SG zu Recht verpflichtet worden ist, dem Antragsteller vom 6. Oktober 2009 bis zum 31. Mai 2010 vorläufig Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung eines Beitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 320,64 EUR zu gewähren. Da der Antragsteller selbst keine Beschwerde eingelegt hat, können ihm weitere Leistungen die rückständigen Leistungen vor dem 6. Oktober 2009 im Beschwerdeverfahren nicht zugesprochen werden. Gegenüber dem Antragsteller ist der Beschluss insoweit rechtskräftig geworden.

8

Die vom SG ausgesprochene Verpflichtung ist nicht zu beanstanden. Die Begründung des SG hält der Senat für zutreffend, so dass zunächst auf die Beschlussgründe verwiesen wird, § 142 Abs 2 Satz 3 SGG. Ergänzend und wiederholend wird noch einmal auf Folgendes hingewiesen:

9

Nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG ist Voraussetzung für eine Regelungsanordnung u. a. das Vorliegen eines streitigen Rechtsverhältnisses. Soweit ersichtlich, hat die Antragsgegnerin für die streitige Zeit ab 6. Oktober 2009 (Eingang des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beim SG) keine schriftlichen Bescheide erlassen (bis auf jetzt erlassene Ausführungsbescheide im Hinblick auf den SG-Beschluss). Dessen ungeachtet liegt hier ein streitiges Rechtsverhältnis vor. Dabei kann es für die Entscheidung in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren dahinstehen, ob es sich bei den tatsächlich erfolgten Zahlungen der Grundsicherung um konkludente Verwaltungsakte oder schlichte Realakte handelt; mit den Zahlungen hat die Antragsgegnerin im Verhältnis zum Antragsteller ein Rechtsverhältnis begründet bzw fortgeführt. Dieses ist auch streitig; eine Verwaltungsentscheidung über das als Antrag auf vollständige Übernahme der Versicherungsbeiträge zu wertende Schreiben des Antragstellers vom 13. Juni 2009 ist soweit ersichtlich immer noch nicht erfolgt.

10

Der Antragsteller hat den Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, soweit das SG ihm Leistungen zugesprochen hat. Die Antragsgegnerin hat bei der Ermittlung der dem Antragsteller zustehenden Grundsicherungsleistungen die Hälfte des Basistarifes der privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen.

11

Der Antragsteller ist anspruchsberechtigt für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß §§ 19 Abs 2, 41 SGB XII. Die maßgebliche Altergrenze Vollendung des 65. Lebensjahres hat der im Jahr 1939 geborene Antragsteller erreicht, § 41 Abs 2 Sätze 1 und 2 SGB XII. Die weitere Voraussetzung des § 41 Abs 1 SGB XII, nämlich die notwendige Bedürftigkeit des Antragstellers, liegt ebenfalls vor. Sein Altersruhegeld und seine sonstige Rente (amerikanische Rente insgesamt ca. 490,00 EUR) reichen nicht aus, seinen monatlichen Bedarf von ca. 860,00 EUR zu decken. Die Ehefrau kann zum Lebensunterhalt nichts beitragen, weil sie Alg II bezieht. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

12

Besteht eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen, werden gemäß §§ 42 Satz 1 Nr 5, 32 Abs 5 SGB XII auch die Aufwendungen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung übernommen, soweit sie angemessen und die Voraussetzungen des § 19 Abs 1 SGB XII erfüllt sind. Welche Aufwendungen angemessen iS von § 32 Abs 5 SGB XII sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, insbesondere ob der hier vom Antragsteller begehrte halbe Basistarif angemessen ist.

13

Seit dem 1. Januar 2009 können privat Krankenversicherte statt des Abschlusses eines Standardtarifes den Abschluss des Basistarifes verlangen (§ 193 Abs 5 VVG, § 12 Abs 1b VAG (jeweils in der Fassung von Artikel 11 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (VVG-ReformG) vom 23. November 2007, BGBl I 2007 S. 2631; vorher bereits die durch Art 43 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl I S. 378, eingefügte und nie in Kraft getretene Vorschrift des § 178a Abs 7 Satz 1 Nr 2 VVG; vgl dazu auch Dillmann, "Die Sozialhilfekrankenkasse" - Disparitäten zur Absicherung im Krankheitsfall und der gesundheitlichen Versorgung von Sozialhilfeberechtigten und Berechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Zeitschrift für das Fürsorgewesen (ZfF) 2008, Seite 97). Der Basistarif darf den durchschnittlichen Höchstbeitrag des gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen, § 12 Abs 1c Satz 1 VAG, wird aber für Hilfebedürftige halbiert, § 12 Abs 1c Satz 4 VAG. Nach § 12 Abs 1c Satz 6 VAG hat "der zuständige Träger" bei Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Beitragshöhe nur den Beitrag zu übernehmen hat, der für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist, wobei streitig ist, ob dies auch für Sozialhilfeträger gilt.

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Die Regelung in § 12 Abs 1c Sätze 4 bis 6 VAG lautet wörtlich folgendermaßen:

15

4. Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags nach Satz 1 oder Satz 3 Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen. 5. Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird. 6. Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist.

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In den bekannt gewordenen sozialgerichtlichen Entscheidungen wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Begriff der "Angemessenheit" iS des § 32 Abs 5 SGB XII nicht durch § 12 Abs 1c Satz 6 VAG bestimmt wird. Denn das Sozialleistungsverhältnis zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Sozialhilfeträger werde grundsätzlich im SGB XII geregelt. Anders als in § 26 Abs 2 Nr 1 SGB II und § 110 Abs 2 Sätze 3 und 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) finde § 12 Abs 1c Satz 6 VAG im SGB XII keine ausdrückliche Erwähnung. Das SGB XII sei also anders als das SGB II nicht im Zuge des GKV-WSG geändert worden. Deshalb könne die umstrittene Vorschrift des VAG direkt keine Anwendung finden. Sie finde auch nicht über § 110 Abs 2 SGB XI Anwendung, der hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge auf § 12 VAG Bezug nehme und im Wesentlichen die Formulierung des Abs 1c in Teilen wiederhole. Denn § 32 Abs 5 Satz 4 SGB XII sehe hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Pflegeversicherungsaufwendungen eine eigene Regelung vor und lasse diese der Regelung für die Krankenversicherung folgen. Weiterhin sei § 12 Abs 1c Satz 6 VAG nicht mittelbar auf das Sozialhilfeleistungsverhältnis anwendbar, weil dem der Zweck und die Systematik des Gesetzes entgegen stünden. Das VAG verfolge einen anderen Zweck als die Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen Beziehern von Sozialleistungen und den Sozialleistungsbehörden, nämlich die staatliche Aufsicht über die privaten Versicherungsunternehmen, die nicht Träger der Sozialversicherung seien (vgl zum Vorstehenden: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Juni 2009 L 2 SO 2529/09 FEVS 61, Seite 183; Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Dezember 2009 L 7 SO 165/09 B ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Dezember 2009 L 9 B 49/09 SO ER, vorgenannte Entscheidungen sämtlich eine Deckelung nach § 12 Abs 1c Satz 6 VAG; zweifelnd bzw. offen gelassen LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Mai 2010 L 20 SO 114/10 B ER, sowie LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. März 2010 L 8 SO 3/10 B ER ; Klerks, Der Beitrag für die private Krankenversicherung im Basistarif bei hilfebedürftigen Versicherungsnehmern nach dem SGB II und dem SGB XII, info also 2009, Seite 153, 157f (keine Deckelung des § 32 Abs 5 SGB XII durch § 12 Abs 1c Satz 6 VAG); aktuell zum Meinungsstand Bastians-Osthaus, Empfänger/innen von Transferleistungen im Basistarif der privaten Krankenversicherung ein fortdauerndes Trauerspiel, NDV 2010, Seite 154ff, und Spekker, Schuldenfalle private Kranken- und Pflegeversicherung Zur Deckungslücke bei den Beiträgen privat krankenversicherter Leistungsbezieher nach dem SGB II und SGB XII, ZFSH SGB 2010, Seite 212, 218f; alle jeweils mwN).

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Nach Ansicht des Senats wird die Höhe der Aufwendungen für die private Krankenversicherung ausschließlich nach § 32 Abs 5 SGB XII bestimmt (vgl auch Dauber in Mergler/Zink, Kommentar zum SGB XII, Loseblattsammlung Stand: Januar 2010, § 32 Rdnr 21; Schmidt in Oestreicher, Kommentar zum SGB II/SGB XII, Loseblattsammlung Stand: November 2008, § 32 Rdnr 51ff). Die Regelung in § 12 Abs 1c Satz 6 zweiter Halbsatz VAG trifft keine Bestimmung für Leistungsbezieher nach dem SGB XII. Denn im Gegensatz zu § 12 Abs 1c Satz 5 VAG, der den zuständigen Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch anspricht, ist in § 12 Abs 1c Satz 6 zweiter Halbsatz VAG nur der zuständige Träger angesprochen, der den Betrag zu zahlen hat, der auch für einen Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist. Damit wird allein ein Bezug zu § 26 Abs 2 Nr 1 SGB II hergestellt, der ausdrücklich regelt, dass für Bezieher von Alg II oder Sozialgeld, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, § 12 Abs 1c Sätze 5 und 6 VAG gilt. Mithin kann der Begriff der Angemessenheit des § 32 Abs 5 SGB XII nicht durch Verweis auf § 12 Abs 1c Satz 6 VAG ausgefüllt werden. Vielmehr ist der Beitrag im Basistarif gemeint.

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Als angemessen sind die Beiträge anzusehen, welche der Leistungsberechtigte gegenüber seiner privaten Krankenversicherung schuldet. Dies sind seit dem 1. Januar 2009 die Aufwendungen im Basistarif und bei Bedürftigkeit wie im Fall des Antragstellers die Aufwendungen in Höhe des halbierten Basistarifes. Denn der Antragsteller hat keine Möglichkeit einen anderen günstigeren Versicherungsschutz zu erhalten. Würde er auf den nochmals reduzierten Tarif für Alg II-Bezieher verwiesen, entstünde im Fall des Antragstellers eine monatliche Deckungslücke von im Jahr 2009 ca. 170,00 EUR. Diese Deckungslücke kann der Antragsteller mit seinen Regelsatzleistungen nicht auffangen. Es besteht daher die bereits vom SG aufgezeichnete Gefahr eines reduzierten Versicherungsschutzes, welche dem Antragsteller nicht zumutbar ist.

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Aus dem Vorstehenden folgt auch die Übernahme der Aufwendungen für die Pflegeversicherung, § 32 Abs 5 Satz 4 SGB XII.

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Aus den vorgenannten Gründen folgt zugleich das Vorliegen des Anordnungsgrundes also die besondere Dringlichkeit einer sofortigen Sachentscheidung. Der Antragsteller verlöre seinen umfassenden Versicherungsschutz im Basistarif, liefe also Gefahr der Beeinträchtigung seines Grundrechtes auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Artikel 2 Abs 1 Satz 1 Grundgesetz (GG). Bei dem unvermeidlichen Beitragsrückstand, der aufliefe, wenn der Sozialhilfeträger nur die Aufwendungen in Höhe des Beitrags gemäß § 26 Abs 2 Nr 1 SGB II übernähme, träte das Ruhen der Leistungen gemäß § 193 Abs 6 Satz 2 VVG ein. Der Antragsteller erhielte lediglich die Notversorgung nach § 193 Abs 6 Satz 6 VVG. Danach haftet der Versicherer auch während des Ruhens des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs infolge von Beitragsrückständen des Versicherers für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen oder Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Das ist ein bloßer Mindestschutz, der aus sozial-ethischen Gründen als unverzichtbar angesehen wird. Auf einen solchen Mindestschutz kann der Antragsteller nicht verwiesen werden.

21

Allerdings wird im Hinblick auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes argumentiert, dass ein Sozialhilfeempfänger bei aufgelaufenen Beitragsrückständen eine Einschränkung der Leistungen bei Krankheit nicht zu besorgen hat, wenn er hilfebedürftig iS des SGB II oder des SGB XII wird. Denn das Ruhen des Leistungsanspruchs gegenüber der privaten Krankenversicherung ende nach § 193 Abs 6 Satz 5 VVG mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Mai 2010, aaO.; Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. Januar 2010 L 16 AS 27/10 B ER und Spekker, aaO., Seite 217). Der Versicherte müsse sein Recht auf uneingeschränkte Krankenversorgung nötigenfalls vor dem Zivilgericht einfordern.

22

Die Annahme, dass das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen gegenüber dem Versicherer bei Eintreten der Hilfebedürftigkeit in jedem Falle endet, vermag nicht zu überzeugen. § 193 Abs 6 VVG regelt in den Sätzen 1 - 4 die Folgen eines Beitragsrückstandes, nämlich das Ruhen des Anspruchs, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Nach Satz 5 der Vorschrift endet das Ruhen, wenn die rückständigen Beitragsanteile gezahlt sind und als weitere Möglichkeit wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig iS des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird. Mithin muss die Annahme eines verständigen Betrachters dahin gehen, dass der Wegfall des Versicherungsschutzes bzw das Ruhen des Anspruchs endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person nach Eintritt des Beitragsrückstandes hilfebedürftig wird, weil es das Ziel des Gesetzgebers war, einen umfassenden Krankenversicherungsschutz einzurichten. Daher soll derjenige Versicherungsnehmer nicht unter den Tatbestand des Ruhens fallen, der nach Auflaufen von Beitragsrückständen hilfebedürftig wird. Die vorgenannten Meinungen dehnen dies auf den Tatbestand aus, wenn der Versicherte bereits hilfebedürftig ist. Dies würde bedeuten, dass ein Empfänger von Sozialhilfe Hilfe zum Lebensunterhalt bzw Grundsicherung den vollen Versicherungsschutz im Basistarif genösse, auch wenn er keinerlei Beiträge abführt. Der Versicherer müsste Leistungen im Basistarif erbringen, ohne die Versicherten auf die Notversorgung des § 193 Abs 6 Satz 6 VVG verweisen zu können. Das kann nicht Sinn der fraglichen gesetzlichen Regelung gewesen sein. Denn andernfalls hätte der Gesetzgeber eine gleichsam staatliche Krankenversicherung eingeführt durch Inanspruchnahme privater Versicherer. Mithin ist durch § 193 Abs 6 Satz 4 VVG nicht die Fallgestaltung wie die vorliegende erfasst, in welcher der leistungsberechtigte Antragsteller und Versicherungsnehmer bereits hilfebedürftig ist und in diesem Zustand der Hilfebedürftigkeit Beitragsrückstände entstehen lässt bzw entstehen lassen muss, weil der Sozialhilfeträger nicht die geschuldeten Aufwendungen im halbierten Basistarif übernimmt. Der Antragsteller verlöre seinen umfassenden Versicherungsschutz im Basistarif, was nach dem oben Dargelegten nicht zumutbar ist.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Antragsgegnerin unterliegt, hat sie die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

24

Gerichtskosten werden in Sozialhilfeverfahren dieser Art gemäß § 183 SGG nicht erhoben.

25

Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren fehlt nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten hat.

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Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.