Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.11.2010, Az.: L 2 R 445/10
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.11.2010
- Aktenzeichen
- L 2 R 445/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 38505
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2010:1117.L2R445.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - AZ: S 33 R 517/06
Fundstelle
- DB 2011, 28
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1951 geborene Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Pflichtversicherungsbeiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung.
1. Der Kläger übernahm mit Wirkung zum 1. Dezember 1995 als selbständiger Handelsvertreter (mit der Bezeichnung eines sog. Bezirksleiters) eine Vertretung für die Bausparkasse J. AG (im Folgenden: Bausparkasse). Der Vertretervertrag vom 28. November 1995 sieht insbesondere vor, dass der Kläger Bausparverträge zu vermitteln und die Vermittlung durch andere zu fördern hat, wobei er vorrangig die Produkte der Bausparkasse zu vermitteln hat. Daneben hat er Produkte von Verbundunternehmen zu vermitteln, die Vertragspartner der Bausparkasse sind (Ziff. 1.2 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages).
Hieran anknüpfend sieht die Anlage 2.1 zu diesem Vertrag vor, dass die Bausparkasse die Produktpalette für Zusatzgeschäfte im Rahmen eines sog. Cross-Sellings erweitern kann, wobei sie zu Anpassungen bei Veränderungen der Marktbedingungen bzw. der Produktpalette berechtigt ist. In diesem Rahmen ist der Kläger von der Bausparkasse in der Anlage 2.2 zu dem o.g. Vertrag ermächtigt worden, Versicherungen im Rahmen von Bausparproduktkombinationen oder andere im Zusammenhang mit Wohnbaufinanzierungen stehende Versicherungen bei der K. AG bzw. der L. AG sowie wohnwirtschaftliche Hypotheken der M. AG, der N. AG und der O. AG zu vermitteln.
Zum 1. Dezember 2001 wurde die Palette der im Rahmen des Cross-Sellings zu vermittelnden Produkte in einer Anlage 2.5 zum Handelsvertretervertrag um Fonds der Gesellschaft P. Gruppe erweitert.
Die Q., die vorstehend genannten Banken und die P. Gruppe zählen mit der Bausparkasse J. zur sog. genossenschaftlichen Finanzgruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Im Jahr 2005 hat die Bausparkasse dem Kläger ausweislich der entsprechenden Vergütungsaufstellung der Bausparkasse Vergütungen in einer Gesamthöhe von 105.174,79 EUR ausgezahlt, davon entfielen mehr als 102.000 EUR auf die Vermittlung von Bausparverträgen; der restliche Betrag vergütete die Vermittlung der sog. Cross-Selling-Produkte. Im Jahr 2006 entfielen mehr als 90.000 EUR der ausweislich der entsprechenden Vergütungsaufstellung der Bausparkasse gezahlten Gesamtvergütung von 95.223,33 EUR auf Bausparprodukte.
Die Jahresabschlüsse des Klägers weisen folgende Provisionseinnahmen aus:
2. Ausweislich eines Schreibens der A. GmbH vom 17. FebruarS.m Kläger eine (allerdings nicht schriftlich festgehaltene) "Vereinbarung" betreffend die Vermittlung von Versicherungen; die erfolgreiche Vermittlung eines Versicherungskunden wird ausweislich dieses Schreibens im Einzelfall vergütet. Auf Aufforderung des Sozialgerichts vom 26. Juni 2009 zur Benennung des aus seiner Tätigkeit für die B. herrührenden Umsatzes hat der Kläger mit T. 9. September 2009 lediglich den einmaligen Eingang eines Betrages von 140 EUR im März 2005 für die Vermittlung eines Produktes der B. benennen können. Die Aufforderung des SenU.tember 2010 zur näheren Erläuterung, wann und in welcher Höhe die B. jeweils welche Provisionszahlungen erbracV.ist nicht befolgt worden.
3. Im Juni 1999 begehrte der Kläger die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2000 wegen unzureichender Mitwirkung des Klägers ab. Nachdem der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2000 das Vorliegen einer nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreter seit Januar 1999 fest. Mit weiterem Bescheid vom 19. Januar 2001 lehnte sie eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI ab, da eine solche nur für einen Zeitraum von drei Jahren ab Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in Betracht komme.
Mit Bescheid vom 20. März 2003 setzte die Beklagte rückständige Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum Januar 1999 bis Dezember 2002 in einer Gesamthöhe von 21.260,17 EUR zuzüglich 6.127,32 EUR Säumniszuschläge fest.
Anfang 2004 beantragte der Kläger die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und verwies darauf, dass er an die C. AG für eine mit einer RisW.e Kapitallebensversicherung (ohne Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung) monatlich 177,50 EUR zahle.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 5 SGB VI mit der Begründung ab, dass er für seine private Altersvorsorge monatlich lediglich 177,50 EUR aufwende, wohingegen er bei der Pflichtversicherung Beiträge in Höhe von monatlich 859,95 DM (entsprechend 439,69 EUR) zu zahlen habe. Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 23. August 2004.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 setzte die Beklagte folgende Forderungen fest: Pflichtbeiträge November und Dezember 2003 in Höhe von 928,20 EUR sowie Pflichtbeiträge für Januar 2004 bis September 2005 in Höhe von 9889,53 EUR sowie Säumniszuschläge für die Beitragsrückstände für den Zeitraum Januar 2003 bis September 2005 ergab eine Forderung von 13.176,23 EUR; ferner wurde unter Einbeziehung von Beitragsrückständen aus den vorausgegangenen Beitragszeiträumen auf eine Gesamtforderung von 18.094,73 EUR hingewiesen.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 4. November 2005 Widerspruch ein.
Mit weiterem Bescheid vom 30. November 2005 setzte die Beklagte für Oktober 2005 einen Pflichtbeitrag in Höhe von 470,93 EUR und Säumniszuschläge in Höhe von 159 EUR fest; die Gesamtforderung belief sich nunmehr auf 18.775,79 EUR. Dagegen richtete sich ein weiterer Widerspruch des Klägers vom 7. Dezember 2005. Entsprechend erhöhte sich die Gesamtforderung mit Bescheid vom 2. Januar 2006 unter Einbeziehung des Pflichtbeitrages und der Säumniszuschläge für November 2005 auf 19.414,12 EUR und mit Bescheid vom 31. Januar 2006 unter Einbeziehung des Pflichtbeitrages und der Säumniszuschläge für Dezember 2005 auf 20.057 EUR. Gegen die letzten Bescheide hat der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2006 und vom 2. Februar 2006 jeweils Widerspruch eingelegt.
Alle vorstehend genannten Widersprüche wies die Beklagte mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 zurück.
Zur Begründung der am 27. November 2006 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er selbständig und nicht nur für einen Auftraggeber tätig sei. Er sei nicht verpflichtet, die Arbeiten persönlich auszuführen. Als selbständiger Handelsvertreter könne er Aufträge auch ablehnen. Er sei nicht weisungsgebunden und trage das unternehmerische Risiko. Andere Betroffene habe die Beklagte von der Versicherungspflicht nach § 231 SGB VI befreit.
Mit Urteil vom 21. Juli 2010, dem Kläger zugestellt am 23. Juli 2010, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger unterliege der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, da er nur für die Bausparkasse und damit nur für einen Auftraggeber tätig sei und keinen (versicherungspflichtigen) Arbeitnehmer beschäftige.
Mit der am 23. August 2010 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Für den Vertrieb der sog. Cross-Selling-Produkte seien einzeln aufgelistete individualisierbare Provisionen vereinbart worden. Auftraggeber seien insoweit die jeweiligen Cross-Selling-Partner. Die B. vergüte die Vermittlung von VersicherungsX.Einem Kollegen sei die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt worden. Die Regelung des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI hindere ihn an dem Einsatz von Hilfskräften.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Juli 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 26. Juli 2004, 28. Oktober 2005, 30. November 2005, 2. und 31. Januar 2006 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2006 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 3. August 2000 aufzuheben, hilfsweise ihn für seine selbständige Tätigkeit als Bausparkassenvertreter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide lassen keine Rechtsfehler zulasten des Klägers erkennen.
1. Der Kläger unterliegt seit Inkrafttreten dieser Vorschrift zum 1. Januar 1999 der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Dementsprechend kann er keine Aufhebung des diese Versicherungspflicht feststellenden Bescheides vom 3. August 2000 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X beanspruchen.
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI unterliegen der Versicherungspflicht selbständig tätige Personen, die (a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, und (b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. In der Folgezeit hat der Gesetzgeber § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI (mit Wirkung vom 1.7.2006) um den Halbsatz ergänzt, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft gelten (vgl Art 11 Nr 1 Buchst a des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 (HBeglG 2006) vom 29.6.2006, BGBl I 1402). Ferner ist die Entgeltgrenze von 400 Euro in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI (mit Wirkung ab 1.5.2007) entfallen (vgl Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007, BGBl I 554).
Der Kläger erfüllt die vorstehend aufgeführten tatbestandlichen Voraussetzungen. Als selbständiger Handelsvertreter ist er selbständig tätig; er übt sein Gewerbe insbesondere weisungsfrei auf eigene Rechnung und unter Einsatz eigenen Kapitals aus. Er konnte und kann seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit selbst bestimmen. Da der erläuterte Tatbestand an die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit anknüpft, vermag es dem Klagebegehren allerdings schon im Ansatz nicht weiterzuhelfen, wenn der Kläger die einzelnen Umstände dieser Selbständigkeit im Einzelnen noch eigens hervorhebt.
In dem zu beurteilenden Zeitraum, der angesichts der Dauerwirkung (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rn. 33a) der im Bescheid vom 26. Juli 2004 konkludent bestätigten Feststellung der Versicherungspflicht von 1999 bis zum Zeitpunkt der vorliegenden mündlichen Verhandlung reicht, war und ist der Kläger im Wesentlich nur für einen Auftraggeber tätig.
Zur Konkretisierung des Begriffs "Auftraggeber" kann an frühere von der Fraktion der SPD im Dezember 1996 und vom Bundesrat im November 1997 eingebrachte Entwürfe eines Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit angeknüpft werden (BT-Drucks 13/6549 bzw. BT-Drucks 13/8942). Nach beiden, mehr oder weniger textidentischen Entwürfen, die auf einen entsprechenden Gesetzesantrag der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen vom Oktober 1996 zurückgingen (Bundesrats-Drucks 793/96), sollte § 7 SGB IV um einen Absatz 2 im Sinne der später Gesetz gewordenen Vermutungsregelung ergänzt und als eines der Kriterien bestimmt werden, ob Personen insbesondere "regelmäßig nur für einen Auftraggeber tätig" sind. Satz 2 eines neu einzufügenden Absatzes 4 sollte eine Legaldefinition enthalten, wonach Auftraggeber "jede natürliche oder juristische Person oder Personengesamtheit (ist), die im Wege eines Auftrages oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt". In der Entwurfsbegründung war hierzu ausgeführt, dass Satz 2 eine Definition des Auftraggebers treffe, "die Vermittlungs- oder Agenturmodelle ebenso erfasst wie das Franchising" (BT-Drucks 13/6549 S 7; BT-Drucks 13/8942, S 8). An diese ursprüngliche Begriffsdefinition hat der Gesetzgeber mit dem Korrektur-Gesetz vom 19.12.1998 und den folgenden Änderungsgesetzen nachvollziehbar angeknüpft. Danach war auch im Hinblick auf den politischen Zweck der Neuregelungen im Korrektur-Gesetz, mithin der seit dem 1.1.1999 bestehenden Gesetzgebung als Konsequenz gewollt, dass der Begriff "Auftraggeber" in § 7 Abs 4 SGB IV weit verstanden werden sollte (BSG, U.v. 04. November 2009 - B 12 R 3/08 R - Breithaupt 2010, 851 mwN).
§ 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI bezieht selbstständig Tätige in die Rentenversicherungspflicht ein, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial schutzbedürftig sind als die sonstigen von § 2 Satz 1 SGB VI erfassten Selbstständigen (vgl BT-Drucks 14/45 S 20). Als kennzeichnend für diesen Personenkreis wurde nicht die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sondern wurden vielmehr typische Tätigkeitsmerkmale angesehen, und zwar insbesondere das Merkmal, auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig zu sein (und seinerseits keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer zu beschäftigen). Dieser Voraussetzung kommt eine Indizwirkung für die wirtschaftliche Lage des selbstständig Tätigen zu. Ist der Betroffene (im Wesentlichen) nur für einen Auftraggeber tätig, dann ist typischerweise (von diesem) wirtschaftlich abhängig und bedarf damit - wiederum im Rahmen der vom Gesetzgeber zugrunde gelegten typisierenden Betrachtungsweise - des Schutzes durch die Rentenversicherung Die Rentenversicherungspflicht setzt auch in diesem Zusammenhang nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherungspflichtigen voraus, sondern beruht auf der Erfüllung des formalen gesetzlichen Tatbestands, in dem nach Auffassung des Gesetzgebers die soziale Schutzbedürftigkeit typisierend verkörpert ist (BSG, aaO. mwN).
Dementsprechend genügt auch eine tatsächliche - wirtschaftliche - Abhängigkeit im Wesentlichen von einem einzigen Auftraggeber. Für diese Frage ist nicht auf die eingesetzte Arbeitszeit, sondern auf das erzielte Einkommen des Betroffenen abzustellen, da hierin maßgeblich der Grad wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Ausdruck kommt. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit eine für alle Fallgestaltungen gleichermaßen gültige, zahlenmäßig exakte Festlegung der (einkommensbezogenen) Wesentlichkeitsgrenze des § 2 Satz 1 Nr. 9b SGB VI möglich ist. Die Spitzenorganisation der Sozialversicherung hat im Gemeinsamen Rundschreiben vom 20.12.1999 (NZA 2000, 190 ff., dort Abt. 3.5.2) nähere Regelungen für die Verwaltungspraxis erlassen. Danach ist von wirtschaftlicher Abhängigkeit im beschriebenen Sinne auszugehen, wenn der Betroffene mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten erzielt. Der Berechnung sind die Bruttoeinkünfte zugrunde zu legen (vgl. insbesondere Landessozialgericht Baden-Württemberg, U.v. 04. März 2009 - L 5 R 6176/06 - mwN).
Im vorliegenden Fall ist die Bausparkasse der einzig maßgebliche Auftraggeber des Klägers. Dem mit ihr erzielten Geschäftsvolumen sind auch die Erträge aus der Vermittlung der sog. Cross-Selling-Produkte hinzuzuzählen. Der Kläger hat mit den Cross-Selling-Partnern keine eigenständigen - vom Bestand des Vertrages mit der Bausparkasse unabhängigen - Vermittlungsverträge abgeschlossen; vielmehr ist bereits in den Anlagen zu dem mit der Bausparkasse abgeschlossenen Vertretervertrag die Vermittlung der Cross-Selling-Produkte vereinbart worden. Bei einer Beendigung des Bausparvertretervertrages erlischt nach den vertraglichen Vereinbarungen zugleich die Befugnis des Klägers zur Vertretung der jeweiligen Cross-Selling-Partner. Überdies ist die Bausparkasse nach den vertraglichen Vereinbarungen befugt, diese Partner auch auszuwechseln. Bezeichnenderweise erhält der Kläger auch die Vergütung für die Vermittlung der Cross-Selling-Produkte von der Bausparkasse ausbezahlt. Erfüllt damit der Kläger mit seiner Vermittlungstätigkeit vertragliche Verpflichtungen nur im Verhältnis zur Bausparkasse, so kommt es darauf, dass er über Art und Umfang der zu vermittelnden Bank-, Investment- und Versicherungsprodukte in eigener Verantwortung entscheiden und dadurch sein unternehmerisches Risiko in gewisser Weise selbst gestalten kann, nicht an (vgl. zu Letzterem BSG, U.v. 10. Mai 2006 - B 12 RA 2/05 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 8).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch bei einer abweichenden Gesetzesauslegung für den Kläger nichts gewonnen wäre. Unter Missachtung der Aufklärungsverfügung des Senates vom 1. September 2010 hat der Kläger nicht einmal im Einzelnen dargelegt, welche Umsatzanteile jeweils auf das eigentliche Bausparvermittlungsgeschäft und auf die Vermittlung der Cross-Selling-Produkte entfallen. Die Angaben in den erstinstanzlich vorgelegten Vergütungsaufstellungen für 2005 und 2006 sprechen dafür, dass nicht einmal 10 % des Umsatzes auf Cross-Selling-Produkte entfallen; auch unter Außerachtlassung ihrer wäre der Kläger noch eindeutig im Wesentlichen nur für die Bausparkasse tätig.
Für die B. getätigte Umsätze hat der Kläger im BerufY.- wiederum unter Missachtung der Aufklärungsverfügung des Senates vom 1. September 2010 - ohnehin nicht namhaft gemacht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger mit dem Versicherungsmakler B. oder anderen Unternehmen (außerhalb der BZ. ihrer Cross-Selling-Partner) überhaupt nennenswerte Umsätze tätigt oder getätigt hat. Aktenkundig ist letztlich nur ein einmaliger Erlös von lediglich 140 EUR, der bei einem jährlichen Gesamterlös in der Größenordnung von 100.000 EUR völlig zu vernachlässigen ist.
Der Kläger beschäftigt keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und hat solche auch in den vorausgegangenen Jahren des streitbetroffenen Zeitraums nicht beschäftigt. Dies wird auch von seiner Seite nicht mehr anders dargestellt. Soweit er sich an den Einsatz von nicht versicherungspflichtigen Hilfskräften "gehindert" sieht, ist dies weder rechtlich noch tatsächlich nachvollziehbar und im Übrigen für das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals ohne Relevanz.
Es sind auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den vom Gesetzgeber in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI normierten Pflichtversicherungstatbestand ersichtlich.
Die Begründung einer Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI berührt nicht den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Vorschriften ohne unmittelbar berufsregelnden Charakter, wie hier die Anordnung einer Versicherungspflicht, greifen nur in die Berufsfreiheit ein, wenn sie in einem engen Zusammenhang zur Berufsausübung stehen und eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen. Mit der Rentenversicherungspflicht steuert der Gesetzgeber weder die Wahl noch die Ausübung des Berufs des erfassten Selbständigen. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI normiert keine Berufs- sondern Beitragspflichten (BVerfG, B.v. 26. Juni 2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 zu Nr. 1 der Vorschrift).
Art. 2 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Gesetzgeber greift zwar in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG ein, wenn er die Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit verbundene Beitragspflichten normiert. Für das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gelten jedoch die Schranken des Art. 2 Abs. 1 Halbsatz 2 GG. Es ist nicht verletzt, wenn die Eingriffsnorm formell und materiell verfassungsgemäß ist, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes entspricht. Im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, aaO. mwN).
Mit der Regelung des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI hat der Gesetzgeber von seinem Gestaltungsspielraum in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht. Die Rentenversicherungspflicht der von dieser Norm erfassten Selbständigen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; verfolgt einen legitimen Zweck. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass solche Selbständigen schutzbedürftig sind, weil sie wie abhängig Beschäftigte zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes auf die eigene Arbeitskraft angewiesen sind und überdies in besonderem Maße von ihrem (im Wesentlichen) einzigen Auftraggeber wirtschaftlich abhängig sind. Neben dem Schutz der Betroffenen dient die gesetzliche Rentenversicherung auch der Allgemeinheit, indem sie der Sozialhilfebedürftigkeit im Alter entgegenwirkt und so eine übermäßige Inanspruchnahme der staatlichen Gemeinschaft verhindert (BVerfG, aaO., mwN).
Die Anordnung der Versicherungspflicht in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ist auch ein geeigneter und erforderlicher Beitrag zur Sicherung der Altersversorgung der von dem Tatbestand erfassten Selbständigen. Der Gesetzgeber darf insbesondere einen generalisierenden Maßstab anlegen. Es ist deshalb für die verfassungsrechtliche Beurteilung nicht entscheidend, dass einzelne vom Tatbestand erfassten Selbständigen nicht schutzbedürftig sind, weil ihr Lebensunterhalt im Alter bereits anderweitig gesichert ist. Die Rentenversicherungspflicht ist auch verhältnismäßig. Die Verfassung verpflichtet den Gesetzgeber nicht zu einer aus Sicht des Beschwerdeführers optimalen Altersvorsorge. Die Betroffenen werden durch die Rentenversicherungspflicht nicht übermäßig belastet, denn § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI zwingt sie lediglich zu einer an sich selbstverständlichen Vorsorge für das Alter (BVerfG, aaO. mwN).
Auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt (vgl. BVerfG aaO.). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist gegeben, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe anders behandelt als eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten. Dies ist hier nicht der Fall. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen nicht rentenversicherungspflichtigen Selbständigen liegt nicht vor. Der Gesetzgeber hat die von § 2 Satz 1 Nr. 9 erfassten Selbständigen deshalb als besonders schutzbedürftig eingestuft, weil ihr Lebensunterhalt primär auf der Verwertung der eigenen Arbeitskraft basiert und diese in besonderem Maße von ihrem (im Wesentlichen) einzigen Auftraggeber wirtschaftlich abhängig sind. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI knüpft insofern an ein den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügendes Differenzierungskriterium an.
Der Gleichheitssatz wirkt kompetenzakzessorisch. Er bezieht sich also von vornherein allein auf den sachlichen und räumlichen Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlichen Gewalt (Schmidt in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Auflage 2010, Art. 3 GG Rn 15). Schon deshalb kann es dem Kläger nicht weiterhelfen, wenn nach den europarechtlichen und nationalen gesetzlichen Vorgaben (vgl etwa § 5 Abs. 2 SGB IV) des internationalen Sozialrechts ausländische Selbständige auch bei einer Tätigkeit im Inland mitunter in das Sozialversicherungssystem eines anderen Staates eingegliedert bleiben und damit weiterhin dessen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen unterliegen.
2. Die Möglichkeit einer Befreiung nach § 6 Abs. 1a SGB VI sieht das Gesetz nur für die ersten drei Jahre nach Aufnahme einer nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtigen Tätigkeit vor; zu Beginn des zu beurteilenden Zeitraums war dieser Zeitraum bereits abgelaufen, nachdem der Kläger die selbständige Vertretertätigkeit schon im Dezember 1995 aufgenommen hatte.
3. Eine Befreiung nach § 231 Abs. 5 SGB VI kann der Kläger ebenfalls nicht in Anspruch nehmen. Personen, die am 31. Dezember 1998 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, in der sie nicht versicherungspflichtig waren, und danach gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden, werden nach dieser Übergangsvorschrift auf Antrag von dieser Versicherungspflicht befreit, wenn sie (Nr. 1) vor dem 2. Januar 1949 geboren sind oder (Nr. 2) vor dem 10. Dezember 1998 mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen einen Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen haben, der so ausgestaltet ist oder bis zum 30. Juni 2000 oder binnen eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht so ausgestaltet wird, dass (a) Leistungen für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres sowie im Todesfall Leistungen an Hinterbliebene erbracht werden und (b) für die Versicherung mindestens ebenso viel Beiträge aufzuwenden sind, wie Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen wären, oder die (Nr. 3) vor dem 10. Dezember 1998 eine vergleichbare Form der Vorsorge betrieben haben oder nach diesem Zeitpunkt bis zum 30. Juni 2000 oder binnen eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht entsprechend ausgestalten; eine vergleichbare Vorsorge liegt vor, wenn (a) vorhandenes Vermögen oder (b) Vermögen, das aufgrund einer auf Dauer angelegten vertraglichen Verpflichtung angespart wird, insgesamt gewährleisten, dass eine Sicherung für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres sowie im Todesfall für Hinterbliebene vorhanden ist, deren wirtschaftlicher Wert nicht hinter dem einer Lebens- oder Rentenversicherung nach Nummer 2 zurückbleibt. Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für eine Zusage auf eine betriebliche Altersversorgung, durch die die leistungsbezogenen und aufwandsbezogenen Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 erfüllt werden. Die Befreiung ist binnen eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht zu beantragen; die Frist läuft nicht vor dem 30. Juni 2000 ab. Die Befreiung wirkt vom Eintritt der Versicherungspflicht an.
Auf Ziffer 1. der genannten Vorschrift kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er erst 1951 geboren worden ist. Für Versicherungen im Sinne der Ziffer 2. wendet er monatlich jedenfalls nicht mehr als die von der D. AG bescheinigten 177,50AA.zlichen Rentenversicherung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unter Berücksichtigung des im Tatbestand dargelegten Arbeitseinkommens jedenfalls der Bezugsgröße entsprechen muss und damit deutlich höher ausfällt, wendet der Kläger für die private Versicherung gerade nicht mindestens ebenso viel Beiträge auf, wie Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind.
Eine vergleichbare Vorsorge im Sinne der Ziffer 3. hat der Kläger ebenfalls nicht getätigt; dies macht er auch selbst nicht geltend.
Soweit der Kläger darauf verweist, dass ein von ihm namhaft gemachter Kollege nach § 231 Abs. 5 SGB VI von der Beitragspflicht befreit worden sei, liegt sein Vortrag letztlich neben der Sache. In Anbetracht des erläuterten gesetzlich normierten Befreiungstatbestandes muss die Beklagte selbstverständlich bei Vorliegen der dargelegten tatbestandlichen Voraussetzungen eine begehrte Befreiung erteilen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass im Falle des Klägers eben diese Voraussetzungen fehlen und er daher keine Befreiung beanspruchen kann.
4. Die Festsetzung der rückständigen nach Maßgabe der jeweiligen Bezugsgröße in Anwendung der §§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 18 SGB IV ermittelten Beitragsforderungen sowie die Berechnung der Säumniszuschläge in den angefochtenen Bescheiden auf der Rechtsgrundlage des § 24 SGB IV lässt keine Rechtsfehler zulasten des Klägers erkennen. Gegenteiliges wird von seiner Seite auch nicht geltend gemacht. Insbesondere wird auch von Seiten des Klägers nicht geltend gemacht, dass ihm die zum 1. Januar 1999 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI begründete Versicherungspflicht anfänglich unbekannt gewesen war, wobei er ohnehin bereits wenige Monate später eine Befreiung von dieser Pflicht selbst beantragt hat. Damit ist auch für den Beginn des streitbetroffenen Zeitraums keine unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.