Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 17.09.2001, Az.: 203-VgK-18/2001

Zugrundelegung anderer als sie im Leistungsverzeichnis vorgegebener Anforderungen bei der Angebotswertung; Einflussnahme auf die Bieterrangfolge durch nachträgliche Änderung der angegebenen Massen; Bestehen der Möglichkeit zur Änderung der geforderten Leistung nach Zuschlagserteilung.; Wertung von irrtümlich als Bedarfspositionen bezeichneten Positionen als Alternativpositionen; Schwellenwert bei losweiser Vergabe; Rechtsfolge der Unterschreitung von Qualitätsanforderungen

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
17.09.2001
Aktenzeichen
203-VgK-18/2001
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 29192
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOB-Vergabeverfahren Baumaßnahme II. Bauabschnitt / Bauteil 5,
hier: Trockenbauarbeiten

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 12.09.2001
durch
den Vorsitzenden ORR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Lohmöller
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die Auftraggeberin wird verpflichtet, erneut in die Wertung des streitbefangenen Vergabeverfahrens einzutreten und diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 5.000,00 DM festgesetzt.

  4. 4.

    Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin war notwendig.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin schrieb mit Bekanntmachung vom 21.05.2001 das Gewerk Trockenbauarbeiten im Rahmen der Baumaßnahme xxxxx, II. Bauabschnitt, Bauteil 5 Neubau, im Offenen Verfahren europaweit aus, nachdem sie mit Bekanntmachung vom 04.05.2001 bereits darauf hingewiesen hatte.

2

In der Bekanntmachung wurde die Baumaßnahme nach Art und Umfang der Leistung und hinsichtlich der allgemeinen Merkmale des Bauwerks wie folgt beschrieben:

"320 qm GK-Wd, beidseitig 2-lagig, d = 100 mm. 4350 qm GK-Wd. w.y.d = 150 mm. 1210 qm GK-Wd. w.v. d = 155 mm. 160 qm GK-Decke, 1-mal 12.55 GKB. 1430 qm Metallkassettendecke, Klemmsystem. 165 qm Metallkassettendecke, Einlegesystem, 745 qm Metall-Langf.PL.-Decke, Einlegesystem. 360 qm wie vor, F30, 195 Stück Stahl-Umfassungszargen, 180 Stück Holz-Türblätter."

3

Im Leistungsverzeichnis wurden ab Seite 100 unter den Positionen 01.03.04.1. ff. zum Los "Abgehängte Decken" verschiedene Metallkassettendecken ausgeschrieben. Neben den Hauptpositionen wurden mehrfach Positionen mit der Kennzeichnung B = Bedarfsposition vorangestellt. In den Ausschreibungsbedingungen wurde unter Ziffer 11 der ausdrückliche Hinweis erteilt: "Bedarfspositionen werden grundsätzlich gewertet". Unter Ziffer 2 der zusätzlichen Vertragsbedingungen werden die Begriffe Wahlpositionen und Bedarfspositionen wie folgt erläutert:

"Sind im Leistungsverzeichnis für die wahlweise Ausführung einer Leistung Wahlpositionen (Alternativpositionen) oder für die Ausführung einer nur im Bedarfsfall erforderlichen Leistung Bedarfspositionen (Eventualpositionen) vorgesehen, ist der Auftragnehmer verpflichtet, die in diesen Positionen beschriebenen Leistungen nach Aufforderung durch den Auftraggeber auszuführen. Die Entscheidung über die Ausführung von Wahlpositionen trifft der Auftraggeber in der Regel bei Auftragserteilung, über die Ausführung von Bedarfspositionen nach Auftragserteilung."

4

Unter dem Titel 01.03.06. wurden über Hauptpositionen und Bedarfspositionen zwei Decken mit verschiedenen Systemen ausgeschrieben, wobei beide Systeme auf der Verwendung von F30-Langfeldplatten basieren. Während es sich bei den Hauptpositionen um ein System mit fest eingelegten Deckenplatten mit teilweiser Abklappbarkeit für die Durchführung von Revisionsarbeiten mit einer Alternative der vollflächigen Abklappbarkeit handelt, schreiben die mit B gekennzeichneten Positionen ein System aus fest eingelegten Deckenplatten mit einer Teilfläche, ausgeführt als absenk- und verschiebbare F30-Decke. Auf Seite 199 ff. des Leistungsverzeichnisses wurden unter dem Titel Schiebetüranlagen (OP) ebenfalls zwei verschiedene Systeme ausgeschrieben. Hier wurden die mit B gekennzeichneten Positionen 28 ff. mit folgender Überschrift versehen:

"Alternativschiebetüren Leitfabrikat: System Hospitaltechnik" .

5

Unter dem Titel 01.04.01 Stahlzargen in GK-Wänden wurden die Angebote für verschiedene Stahl-Umfassungszargen abgefragt. Daneben sind mehrere Positionen für Zulagen für erhöhten Schall- oder Strahlenschutz dieser Zargen aufgeführt. Position 01.04.01.029 betrifft eine weitere Zulage. Dort heißt es:

"Zulage für Ausführung in Edelstahl V2A, ... Zulage zu vorgenannter Stahl-Umfassungszarge für Ausführung in Edelstahl V2A."

6

Die Verdingungsverhandlung am 26.06.2001 ergab, dass das Angebot der Antragstellerin xxxxx mit 1.813.034,76 DM + 5 % Preisnachlass an erster Stelle rangierte, während das Angebot der Beigeladenen xxxxx auf 992.018,89 Euro + 5 % Preisnachlass lautete. Nach dem Prüfbericht zur Angebotsprüfung und dem Vergabevorschlag der von der Auftraggeberin beauftragten Arbeitsgemeinschaft der Architekten vom 13.07.2001 beliefen sich die geprüften Angebotssummen bei der Antragstellerin auf 1.813.070,72 DM brutto, bei der Beigeladenen auf 1.894.997,40 DM brutto. Der Bericht schließt mit dem Vorschlag, die Beigeladene mit der Ausführung der Trockenbauarbeiten zu beauftragen. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass die Beigeladene bereits die Trockenbauarbeiten im 1., 3. und 4. Bauabschnitt im xxxxx ausgeführt hat. Auch sei die Beigeladene bei Berücksichtigung der im Angebot erfassten Alternativen zu den F30-Decken und Schiebetüren sowie die Erfassung der Edelstahlzargen anstatt der aufgesetzten Rammschutzbleche aus Edelstahl der preisgünstigste Bieter. Die daraus resultierende Angebotssumme der Beigeladenen unterschreite die Hauptangebotssumme des Bieters xxxxx trotz zusätzlicher Leistungen.

7

In ihrem Begleitschreiben zum Angebot vom 25.06.2001 hatte die Antragstellerin die Auftraggeberin darauf hingewiesen, dass als Schalldämmwerte die derzeit von den Herstellern herausgegebenen Schalldämm-Rechenwerte R'w,R gelten. Weiterhin wies die Antragstellerin darauf hin, dass der obere Trennwandanschluss so ausgebildet sei, dass er Verformungen aus der Rohdecke bis max. 10 mm aufnehmen könne. Am 10.07.2001 fand ein Vergabegespräch zwischen der Auftraggeberin und der Antragstellerin statt. In dem Protokoll vom 10.07.2001 heißt es zu diesen Hinweisen der Antragstellerin:

"Hinweise der Architekten: Der obere Trennwandanschluss muss max. 20 mm Verformung aufnehmen können, 10 mm sind nicht ausreichend. Gemäß Schallgutachten (ISS) ist das mit R'W angegebene bewertete Schalldämm-Maß prüfbar am Boden einzuhalten (R'WP als im Labor ermitteltes Schalldämm-Maß ist lediglich dB-Empfehlung, s. auch Trockenbauwand-Katalog). Das Angebot der Firma xxxxx erreicht mit den vom Hersteller angegebenen Schalldämmwerten nicht die am Bau einzuhaltenden Schalldämm-Maße, die im Leistungsverzeichnis gefordert werden."

8

In Reaktion auf dieses Protokoll hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2001 gegenüber der Auftraggeberin erklärt, dass die Trennwandanschlüsse gemäß dem Leistungstext ausgeführt werden. Ferner wies die Antragstellerin darauf hin, dass die von ihr angebotenen Schalldämmwerte dem Leistungstext entsprechen. Für bauseitige Einbauten, Durchdringungen etc. könne sie hinsichtlich der Schalldämmwerte keine Gewährleistung übernehmen, da sie nicht definiert seien. Mit Schreiben vom 26.07.2001 erklärte die Auftraggeberin gegenüber der Antragstellerin, dass auf ihr Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne, weil ihr Hauptangebot nicht das wirtschaftlichste sei. Mit Schreiben vom 03.08.2001 erhielt die Antragstellerin von der Auftraggebern ein weiteres, ausführlicheres Absageschreiben unter Hinweis auf § 13 VgV. Maßgebendes Kriterium sei hierbei der Preis. Das Informationsschreiben enthielt ferner die Erläuterung, dass mit dem Hauptangebot angebotene Alternativen ausgewertet wurden. Danach sei das Angebot der Antragstellerin nicht mehr das wirtschaftlichste gewesen. Mit Telefax vom 08.08.2001, datiert auf den 31.07.2001, wies die Antragstellerin die Auftraggeberin darauf hin, dass sie mit der Verfahrensweise der Auftraggeberin, verschiedene Positionen der Titel 01.03.06 und 01.04.06 bei der Wertung nicht zu berücksichtigen und statt dessen die dortigen Bedarfspositionen in die Wertung mit aufzunehmen, vergaberechtlich nicht für zulässig hält und deshalb nicht befürwortet.

9

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 16.08.2001, eingegangen per Telefax am gleichen Tage, die Vergabekammer angerufen. Sie macht weiterhin geltend, dass die Auftraggeberin mehrere Hauptpositionen aus dem Titel 01.03.06 und 01.04.06 der Verdingungsunterlagen vergaberechtswidrig nicht gewertet habe und statt dessen Bedarfspositionen in die Wertung einbezogen habe, obwohl diese ausdrücklich nicht als Alternativpositionen gekennzeichnet waren. Die Bedarfspositionen Titel 01.03.06 Pos. 35 - 41 seien sogar mit veränderten Massenzahlen in die Wertung einbezogen worden. Dadurch werde jede Transparenz des Vergabeverfahrens verhindert und der Auftraggeberin unbegrenzte manipulative Möglichkeiten eröffnet. Bei vergaberechtsgemäßer Wertung rangiere das Angebot der Antragstellerin mit 1.953.417,44 DM brutto vor dem Angebot der Beigeladenen bei einer Angebotssumme von 1.981.441,38 DM. Die Auftraggeberin habe die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses durch die Wertung der Bedarfspositionen als Alternativpositionen willkürlich verändert und dadurch das Angebot der Beigeladenen als günstigstes Angebot errechnet. Veränderte Ausführungen durch Bedarfspositionen könnten vom Auftraggeber lediglich jederzeit nach Zuschlagserteilung angeordnet werden, wodurch für die geänderten Leistungen nach den entsprechenden Regelungen des § 2 VOB/B Preisvereinbarungen unter Bindungen an die Urkalkulation zu erfolgen haben. Bei der Wertung aber habe der Auftraggeber das Leistungsverzeichnis in unveränderter Form zu Grunde zu legen, da nur hierdurch vergleichbare Angebote auf Basis der allen Bietern von vornherein bekannten und damit festgelegten Grundlagen eingeholt werden können. Die Antragstellerin tritt der erstmals im Nachprüfungsverfahren geäußerten Auffassung der Auftraggeberin entgegen, das Angebot der Antragstellerin könne bereits deshalb nicht gewertet werden, da es die nach dem den Ausschreibungsbedingungen beiliegenden Schallschutzgutachten empfohlenen Schalldämmwerte für die Trockenbauwände nicht erfülle. Die Antragstellerin habe lediglich mit ihrem Angebotsschreiben vom 25.06.2001, im Vergabegespräch vom 10.07.2001 und in einem weiteren Schreiben vom 17.07.2001 die Auftraggeberin pflichtgemäß darauf hingewiesen, dass die Ausschreibung der Trockenbauwände die Schalldämmrechenwerte R'w, R der Hersteller ausweist, die um 7 dB höher liegen, als dies im Schallschutzgutachten empfohlen wird. Die Antragstellerin habe lediglich den Hinweis erteilt, dass die von der Antragsgegnerin aufgeführten dB-Werte die Rechenwerte der Hersteller darstellen. Dies bedeute, dass die konkret ausgeschriebene Wand, die detailliert mit Ständer und Beplankung definiert wurde, je nachdem welche Nebenwegsübertragungen und Installationen erfolgen werden, allein für die Herbeiführung des Schalldämm-Maßes nicht ausreichend sein wird, da die geforderten Werte bereits exakt auf der Höhe der labormäßig gemessenen Prüfstandswerte ohne Nebenwegsübertragungen und ohne Installationen lägen. Kein Bieter könne garantieren, dass er bei unbekannten Nebenwegsübertragungen und Installationen mit dem ausgeschriebenen Wandtyp den geforderten dB-Wert erreiche, da es physikalisch nicht bearbeitet werden könne. Würden beispielsweise Installationen in der Wand in Form von durchgehenden Leitungen, Rohren, Lüftungskanälen oder sonstigen quer laufenden Installationen vorgenommen, stellten diese Durchdringungen ebenso eine Schallbrücke dar, wie beispielsweise auch angrenzende Bauteile, an die die Wand stößt, eine Längsübertragung gestatten könnten. Nachdem angrenzende Bauteile und Installationen nicht benannt wurden, könnten diese nicht definierte Größenordnungen erreichen. Auch die Beigeladene könne die im Leistungsverzeichnis geforderten Schalldämmwände nicht erfüllen.

10

Die Antragstellerin beantragt:

  • Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag im Offenen Verfahren bezüglich BV xxxxx, II. Bauabschnitt / Bauteil 5, Neubau, Ausschreibung, Trockenbauarbeiten, Vergabe-Nr. 04.01. N 11 SKL an die Bieterin Firma xxxxx, xxxxx, zu erteilen.
  • Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Zuschlag der Antragstellerin zu erteilen.
  • Die anwaltliche Vertretung der Antragstellerin gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.
  • Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Auftraggeberin beantragt,

die Anträge der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

11

Die Auftraggeberin vertritt die Auffassung, dass es bereits an der erforderlichen Antragsbefugnis der Antragstellerin fehle. Der Antragstellerin könne schon deshalb nicht der begehrte Zuschlag erteilt werden, weil sie die Ausschreibungsbedingungen hinsichtlich des Schallschutzes nicht erfülle und auch nicht erfüllen wolle. Die Antragstellerin habe für den Schallschutz rechnerische Laborwerte und nicht, wie im Leistungsverzeichnis gefordert, das bewertete Schalldämm-Maß der eingebauten Wand, unter Einbeziehung der Installationen und Nebenwegsübertragungen, garantiert. Damit unterschreite sie die Qualitätsanforderungen für die Wandkonstruktion und falle deshalb aus der Wertung. Die Auftraggeberin verweist auf eine Entscheidung des BGH vom 09.02.1995 (BauR 95, S. 538) und eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 29.11.2000 (Az.: Verg 21/00 - VergabeR 2001, S. 38). Die Auftraggeberin hat eine von ihr eingeholte gutachtliche Stellungnahme des ISS Institut für Schall- und Schwingungstechnik vom 06.09.2001 vorgelegt, wonach jeder Anbieter Flanken- und Nebenwegsübertragungen, insbesondere bei der Auswahl des Metallständerwerks, in seine Überlegungen vollen Umfangs einbeziehen und in toto die Schallschutzanforderungen des Leistungsverzeichnisses erfüllen muss. Die Auftraggeberin räumt ein, dass der Begriff "Bedarfsposition" für die streitbefangenen Positionen im Leistungsverzeichnis falsch gewählt wurde. Es hätte stattdessen "Alternativposition" heißen müssen. Zum einen seien aber die Begriffe "Bedarfsposition" und "Alternativposition" weder in der BKR noch in der VOB/A definiert, zum anderen würden durch diese Fehlbezeichnung die Ausschreibungsziele und die Wertung der Angebote nicht verfälscht oder sonst wie beeinflusst. Jeder fachkundige Bieter habe erkennen können, dass hier nicht Bedarfspositionen, sondern Alternativpositionen ausgeschrieben und anzubieten gewesen waren. So hätten auch alle Bieter die Leistungsbeschreibung verstanden und hier auch angeboten. Die Aufnahme von Alternativpositionen sei hier auch gerechtfertigt gewesen. Die alternativ anzubietenden Ausführungen weisen für den Nutzer erhebliche Vorteile gegenüber der "herkömmlichen" Art der Ausführung auf. Es sei nur noch nicht abzusehen gewesen, ob diese Ausführung auch wirtschaftlich vertretbar war. Die bei der Wertung zum Zuge gekommenen Alternativen wiesen gegenüber den Hauptpositionen folgende Vorteile auf:

  1. 1.

    Die absenk- und verschiebbare Deckenkonstruktion biete der Klinik folgende Vorteile gegenüber der abklappbaren Konstruktion:

    • Ohne Werkzeug zu öffnen,
    • Bedienung mit nur einem Mann,
    • keine Beschädigung der Metalldeckenplatten durch seitliches Abstellen oder während der Bedienung,
    • auch im geöffneten Zustand steht (fast) die gesamte Raumhöhe zur Verfügung,
    • keine Beschädigung der abgesenkten Deckenplatten.

    Wie die Auswertung der Angebote zeige, sei die hochwertigere absenk- und verschiebbare Deckenkonstruktion bei vollflächiger Verwendung preisgünstiger. (Im Leistungsverzeichnis war diesbezüglich allerdings unstreitig lediglich eine Teilfläche von 145 qm vorgesehen.)

  2. 2.

    OP-Schiebetür-Anlagen

    • Wie sich bei der Auswertung der Angebote ergeben habe, sei das wahlweise ausgeschriebene Türsystem der Firma xxxxx preislich günstiger als das Türsystem Firma xxxxx M 5. Bei dieser Auswertung sei die Beigeladene günstiger als die Antragstellerin.

  3. 3.

    Rammschutzbleche / Edelstahlumfassungszargen

    • Hier habe sich gezeigt, dass es preiswerter ist, auf den Rammschutz aus Edelstahl zu verzichten und die Umfassungszarge gleich komplett aus Edelstahl zu fertigen. Auch hier sei die Firma xxxxx geringfügig günstiger.
    • Die Auftraggeberin weist darauf hin, dass die Überlegungen, aus technischen und wirtschaftlichen Gründen in der Ausschreibung Alternativen zu berücksichtigen, bereits im Zuge der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen zwischen dem beauftragten Projektbüro und dem Bauherrn abgestimmt worden seien. Die Auftraggeberin hat Kopien entsprechender Vermerke vorgelegt.
    • Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin. Sie weist insbesondere darauf hin, dass sie im Gegensatz zur Antragstellerin die im Leistungsverzeichnis geforderten Schalldämm-Maße nicht nur als Laborrechenwerte, sondern entsprechend den Anforderungen der Auftraggeberin als bewertetes Schalldämm-Maß im eingebauten Zustand Gewähr leiste.

12

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung vom 12.09.2001 Bezug genommen.

13

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Auftraggeberin sowohl bei der Teilleistung "Abgehängte Decken" als auch bei der Teilleistung Rammschutzbleche/Edelstahlumfassungszargen bei der Angebotswertung erheblich andere Vordersätze zu Grunde gelegt hat, als sie im Leistungsverzeichnis vorgegeben hatte. Dadurch hat die Auftraggeberin gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen. Dagegen war bei beiden Teilleistungen die Wertung von irrtümlich als Bedarfspositionen bezeichneten Positionen als Alternativpositionen nicht vergaberechtswidrig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

14

1.

Der Antrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. Euro. Werden Bauaufträge, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, so gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. Euro oder bei Losen unterhalb von 1 Mio. Euro deren addierter Wert ab 20 v. H. des Gesamtwertes aller Lose. Nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung erreicht der Wert des Gewerkes "Trockenbauarbeiten im Rahmen der Baumaßnahme xxxxx, II. Bauabschnitt, Bauteil 5 Neubau" nicht den Wert von 1 Mio. Euro. Gleichwohl ist hier der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB eröffnet. Die Auftraggeberin hat das streitbefangene Los nämlich EU-weit ausgeschrieben und als Nachprüfstelle die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg angegeben. Durch diese im Rahmen der EU-weiten Ausschreibung erfolgte Benennung der Vergabekammer als Nachprüfstelle hat die Auftraggeberin den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Verwaltung, dass sie das verfahrensgegenständliche Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VwV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss v. 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW 1998, 3636 ff., 3638 [BGH 08.09.1998 - X ZR 48/97]) [BGH 08.09.1998 - X ZR 48/97]. Das Vergabeverfahren ist damit einer Nachprüfung durch die Vergabekammer zugänglich.

15

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin wolle auf ihr Angebot, das im Submissionstermin mit der niedrigsten Angebotssumme auf Platz 1 rangiert hatte, nur deshalb den Zuschlag nicht erteilen, weil sie in vergaberechtswidriger Weise die Wertung durchgeführt habe und deshalb das Angebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt habe. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig dargelegt, dass sie sogar eine Aussicht auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, wenn die Auftraggeberin die Angebotswertung ohne die von der Antragstellerin gerügten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße durchgeführt hätte.

16

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin entfällt entgegen der Auffassung der Auftraggeber auch nicht dadurch, dass die Auftraggeberin gegenüber der Antragstellerin erstmals in diesem Nachprüfungsverfahren die Auffassung geäußert hat, ihr Angebot sei von der Wertung auszuschließen, weil sie die Ausschreibungsbedingungen hinsichtlich des Schallschutzes nicht erfülle und auch nicht erfüllen wolle. Die Antragstellerin ist dieser Darstellung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren entgegengetreten, so dass die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin auszuschließen ist, nicht Gegenstand der Antragsbefugnis und damit der Zulässigkeitsprüfung ist, sondern im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrages zu prüfen ist.

17

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Die Auftraggeberin hatte die Antragstellerin erstmals mit Schreiben vom 26.07.2001, eingegangen bei der Antragstellerin am 30.07.2001, darüber informiert, dass auf ihr Angebot leider kein Zuschlag erteilt werden könne, weil es nicht das wirtschaftlichste Angebot sei (§ 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A). Daraufhin bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 31.07.2001 die Auftraggeberin um Erläuterung, wie sich dieses geprüfte Ergebnis zusammensetze. Mit einem ausführlichen Schreiben vom 03.08.2001 erläuterte die Auftraggeberin unter Berufung auf § 13 VgV, dass die mit dem Hauptangebot angebotenen Alternativen gewertet worden seien. Danach sei das Angebot der Antragstellerin nicht mehr das wirtschaftlichste gewesen. Mit Telefax vom 08.08.2001 wies die Antragstellerin die Auftraggeberin darauf hin, dass sie die Verfahrensweise der Auftraggeberin, verschiedene Positionen der Titel 01.03.06 und 01.04.06 bei der Wertung nicht zu berücksichtigen und stattdessen die dortigen Bedarfspositionen in die Wertung mit aufzunehmen, vergaberechtlich nicht für zulässig hält und deshalb nicht befürwortet. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Kenntnis im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist dann gegeben, wenn ein Bieter oder Bewerber auf Grund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Diese positive Kenntnis hat die Antragstellerin erst auf Grund des Informationsschreibens der Auftraggeberin gem. § 13 VgV erlangt. Von den weiteren im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens von der Antragstellerin geltend gemachten vermeintlichen Vergaberechtsverletzungen, insbesondere hinsichtlich der Zugrundelegung geänderter Vordersätze/Massen, hat die Antragstellerin erst im Wege der Akteneinsicht gem. § 111 GWB positive Kenntnis erlangt.

18

2.

Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Auftraggeberin hat gegen das Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, indem sie entgegen §§ 9 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 7, 25, 25a VOB/A die Angebotswertung sowohl hinsichtlich der Position "Abgehängte Decken" als auch der Position "Rammschutzbleche/Edelstahlumfassungszargen" nicht unter Zugrundelegung der im Leistungsverzeichnis angegebenen Massen (hier: Fläche in Quadratmeter bzw. Anzahl) durchgeführt hat, sondern stattdessen erheblich davon abweichende Massen zu Grunde gelegt hat, was das Ergebnis der Wertung maßgeblich beeinflusst hat. Dadurch ist die Antragstellerin in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Dagegen verletzt die Tatsache, dass die Auftraggeberin Positionen als Alternativpositionen gewertet hat, die die Auftraggeberin im Leistungsverzeichnis irrtümlich als Bedarfspositionen bezeichnet hatte, die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

19

a)

Die Auftraggeberin hat sich auf der Grundlage des Prüfberichts und des Vergabevorschlages der von ihr beauftragten Arbeitsgemeinschaft der Architekten vom 13.07.2001 dafür entschieden, den Auftrag für die Teilleistung "Abgehängte Decke" in der Alternative "Absenk- und verschiebbare Decke" zu vergeben. Dabei hat sie für die Ermittlung der Angebotspreise die gesamte Deckenfläche von 360 qm zu Grunde gelegt. Dabei kam sie zu dem Ergebnis, dass das Angebot der Antragstellerin sich auf 111.600,00 DM netto für diese Position belief, während das Angebot der Beigeladenen lediglich 48.938,40 DM netto betrug. Inklusive Nebenleistungen betrugen die Angebotspreise für die gesamte

20

F30-Decke in der komplett absenk- und verschiebbaren Ausführung gemäß dem Vergabevorschlag beigefügten Preisspiegel, Anlage 1, vom 04.07.2001 178.630.-- DM netto bei der Antragstellerin und 107.938,03 DM bei der Beigeladenen. Durch die Zugrundelegung der gesamten Deckenfläche von 360 qm für die absenk- und verschiebbare F30-Decke ist die Auftraggeberin von ihrer eigenen Vorgabe im Leistungsverzeichnis abgewichen. Gemäß Position B 01.03.06.35 ff. des Leistungsverzeichnisses (S. 129 ff.) wurde der Preis für die absenk- und verschiebbare Variante nur für eine Teilfläche von 145 qm abgefragt. Diese Flächenangabe im Leistungsverzeichnis war konsequent, da die Hauptposition des Titels 01.03.06 eine aufgelegte F30-Decke mit einer Fläche von 360 qm (Pos. 1) und einer Zulage von 145 qm (Pos. 4) für die Abklappbarkeit in mehreren Teilbereichen vorsah (s. Seite 112 ff. des Leistungsverzeichnisses und Seite 11, Nr. 7.1 des Prüfberichts). Bei Zugrundelegung dieser Hauptposition ergab die Angebotsprüfung für die Antragstellerin einen Angebotspreis von 62.140,50 DM netto, für die Beigeladene einen Angebotspreis von 43.968,75 DM netto. Alternativ wurde lediglich noch eine vollflächige Abklappbarkeit (360 qm) im Leistungsverzeichnis aufgenommen. Hierfür wurde der Angebotspreis der Antragstellerin auf 67.320,00 DM netto und der Angebotspreis der Beigeladenen auf 46.191,60 DM netto ermittelt.

21

Eine vollflächige absenk- und verschiebbare Variante war nicht Gegenstand des Leistungsverzeichnisses. Auf Grund des Transparenzgebotes gem. § 97 Abs. 1 GWB war die Auftraggeberin jedoch gehalten, ihrer Angebotswertung das Leistungsverzeichnis in unveränderter Form zu Grunde zu legen. Das in § 97 Abs. 1 GWB gesetzlich niedergelegte Transparenzgebot ist einer der tragenden Grundsätze des Vergaberechts. Der Grundsatz der Vergabe im transparenten Vergabeverfahren dient unmittelbar der Verwirklichung des Wettbewerbsgedankens. Ein echter Wettbewerb im Bereich des öffentlichen Auftragswesens kann nur entstehen, wenn durch Veröffentlichung und Bekanntmachung von Vorhaben öffentlicher Auftraggeber interessierte Unternehmer ausreichend Kenntnis von Bedingungen und den nachgefragten Leistungen erhalten. Die Transparenz des Verfahrens dient der Gleichbehandlung der Bieter und dem Schutz vor Willkür. Die Teilnahme- und Publizitätsvorschriften der EU-Vergaberichtlinien, die die Transparenz der öffentlichen Beschaffungsmärkte sicherstellen sollen, sind dementsprechend von besonderer Rechtsqualität. Sie sind mehr als formale Ordnungsprinzipien (vgl. Hailbronner in Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 97 Rdn. 135). Diesem Transparenzgebot trägt die Regelung in § 9 Nr. 1 VOB/A Rechnung, wonach die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben ist, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Gemäß § 9 Nr. 2 VOB/A darf dem Unternehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er im Voraus nicht schätzen kann. Präzisiert wird diese Vorgabe in § 9 Nr. 6 und Nr. 7 VOB/A. Danach soll die Leistung in der Regel durch ein Leistungsverzeichnis beschrieben werden. Erforderlichenfalls ist die Leistung auch zeichnerisch oder durch Probestücke darzustellen oder anders zu erklären, z.B. durch Mengen- oder statische Berechnungen. Das Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB) bestimmt unter Nr. 2.2.2 unter anderem Folgendes:

"Bei der Aufgliederung der Leistung in Teilleistungen dürfen unter einer Ordnungszahl nur Leistungen erfasst werden, die technisch gleichartig sind und unter den gleichen Umständen aufgeführt werden, damit deren Preis auf einheitlicher Grundlage ermittelt werden kann. Bei der Ordnungszahl sind insbesondere anzugeben:

- die Mengen auf Grund genauer Mengenberechnungen ..."

22

Bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A muss der Auftraggeber daher stets die Mengen und Massen zu Grunde legen, die er im Leistungsverzeichnis vorgegeben hat. Denn nur diese Angaben waren den Bietern bekannt und daher allein Grundlage für ihre Angebotskalkulation. Andernfalls könnte ein Auftraggeber durch Veränderung der Massen und Vordersätze Einfluss auf das Wertungsergebnis und die Rangfolge der Bieter nehmen. Dieser Rechtsgedanke liegt auch der Regelung des § 25 a VOB/A zu Grunde. Danach dürfen bei der Wertung der Angebote nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind.

23

Die Auftraggeberin war daher gemäß Ziffer 1 des Tenors zu verpflichten, erneut in die Wertung einzutreten und bei der Ermittlung der Angebotspreise für die Teilleistung F30-Decke (Titel 01.03.06) die Flächen zu Grunde zu legen, die sie im Leistungsverzeichnis niedergelegt hat. Für die Variante "Absenk- und verschiebbare F30-Decke" ist dies gemäß Position B 01.03.06.35 ff. eine Teilfläche von 145 qm, die an die Stelle der abklappbaren Teilfläche von ebenfalls 145 qm gemäß Position 01.03.06.4 tritt. Will sie gleichwohl die absenk- und verschiebbare Variante für die gesamte Deckenfläche von 360 qm, so kann sie dies ggf. nach Zuschlagserteilung ausführen lassen. Die Vergütung erfolgt dann gem. § 2 Nr. 2 VOB/B unter Bindung an die vertraglichen Einheitspreise und die Urkalkulation.

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Gleiches gilt für die Teilleistung "Umfassungszargen aus Edelstahl" in Verbindung mit den von der Auftraggeberin favorisierten Schiebetüren (Fabrikat Hospitaltechnik).

25

Die Auftraggeberin hatte im Leistungsverzeichnis unter dem Titel 01.04.01 und 01.04.05 Rammschutz an den Umfassungszargen der Türen durch speziell gekantete und zusätzlich aufgesetzte Edelstahlbleche - nur flurseitig - vorgesehen. Im Titel 01.04.05 wurden unter Pos. 45 und 46 je 10 Türanlagen, also insgesamt 20 Türen mit Rammschutzblechen abgefragt. Im Titel 01.04.01 bzw. 01.04.05 wurden sowohl Zulagepreise für die Ausführung von Umfassungszargen aus Edelstahl als auch Preise für aufgesetzte Rammschutzbleche aus Edelstahl abgefordert und auch von allen Bietern angegeben (vgl. Prüfbericht S. 12). Während des laufenden Vergabeverfahrens erkannte die Auftraggeberin nach eigenem Vorbringen, dass der Rammschutz nicht nur flurseitig, sondern auch raumseitig erforderlich ist. Sie habe sich daher nach Prüfung durch die von ihr beauftragte Architektenarbeitsgemeinschaft dafür entschieden, die mit Rammschutz zu versehenden Zargen vollständig aus Edelstahl herzustellen und einzubauen, weil dies wirtschaftlicher sei, als beidseitig Rammschutz anzubringen. Auch habe sich die Zahl der mit Rammschutz zu versehenden Türen (flur- und raumseitig) nach Fortschreibung der Planung von ausgeschriebenen 20 Türen auf 60 Türen erweitert. Als Zulage für die Ausführung der Umfassungszarge in Edelstahl V 2 A hatte die Auftraggeberin im Leistungsverzeichnis als Positionen 01.04.01.29/33, B 01.04.01.59, 65, 67 und 70 insgesamt 42 Stück abgefragt. Gewertet wurden jedoch gemäß der Übersicht vom 16.07.2001 (Anlage 3 der Vergabeakte) 60 Stück. Zur Gegenüberstellung wurden in dieser Übersicht die Kosten für Edelstahlschrammschutz an den Zargen ausgewertet. Auch hier wurden jedoch statt der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen 20 Stück (nur flurseitig) 120 Stück (für den nachträglich ermittelten Gesamtbedarf flur- und raumseitig) zu Grunde gelegt.

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Da die Angebotspreise der Bieter in diesen Positionen zum Teil erheblich differieren, hat die Auftraggeberin durch die nachträgliche Heraufsetzung der Massen auch bezüglich dieser Teilleistung bei der Wertung Einfluss auf die Rangfolge der Angebote genommen. Die Auftraggeberin war daher zu verpflichten, auch bezüglich dieser Teilleistungen erneut in die Wertung einzutreten und die Wertung unter Zugrundelegung der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Stückzahlen durchzuführen.

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Dagegen verletzt die Tatsache, dass die Auftraggeberin im Leistungsverzeichnis sowohl die streitbefangenen Positionen hinsichtlich der absenk- und verschiebbaren F30-Decke (Titel 01.03.06) als auch einige Positionen hinsichtlich der Zulage für die Ausführung der Zargen aus Edelstahl als Alternativpositionen gewertet hat, obwohl sie diese irrtümlich im Leistungsverzeichnis als Bedarfspositionen bezeichnet hat, die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Richtig ist, dass zur Wahrung des Transparenzgebotes die VOB in ihrer aktuellen Fassung (VOB 2000) nunmehr in § 9 Nr. 1 Satz 2 VOB/A ausdrücklich regelt, dass Bedarfspositionen (Eventualpositionen) nur ausnahmsweise in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden dürfen. Der Verdingungsausschuss hat damit der Tatsache Rechnung getragen, dass sich in der Baupraxis herausgestellt hatte, dass insbesondere die Aufnahme von Bedarfspositionen und angehängten Stundenlohnarbeiten in Leistungsverzeichnisse häufig dazu führt, dass die Leistungsbeschreibung nicht mehr eindeutig und erschöpfend ist (vgl. Heiermann, Riedl, Rusam, VOB, 9. Auflage, § 9 VOB/A, Rdn. 5). Diese Erwägungen müssen erst recht für die Aufnahme von Wahl- oder Alternativpositionen in das Leistungsverzeichnis gelten. Die Aufnahme derartiger Optionen kann die Vorwirkung des Gebots, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, und das Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung dann verletzen, wenn diese Bestandteile der Ausschreibung ein solches Gewicht in der Wertung erhalten sollen, dass sie der Bedeutung der Haupt- und Grundpositionen für die Zuschlagserteilungen gleichkommen. Alternativpositionen in Leistungsbeschreibungen sind darum nicht zulässig, um Mängel einer unzureichenden Planung auszugleichen. Ebenso sind sie unzulässig, wenn sie von der Zahl oder ihrem Gewicht her keine sichere Beurteilung mehr erlauben, welches Angebot das wirtschaftlichste ist (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, § 9 VOB/A, Rdn. 21a).

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Abgesehen davon, dass die Bieter im streitgegenständlichen Vergabeverfahren die im Leistungsverzeichnis mit "B" bezeichneten Positionen nicht gegenüber der Auftraggeberin gem. § 107 Abs. 3 GWB gerügt haben, sind auch die von der Auftraggeberin vorgetragenen Beweggründe für die Aufnahme der von ihr als Alternativpositionen gewerteten Positionen schlüssig und grundsätzlich mit dem Transparenzgebot vereinbar. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Variante "Absenk- und verschiebbare F30-Decke" zwar bereits hinreichend bekannt sei und letztlich eine Weiterentwicklung der abklappbaren Variante darstellt. Sie - die Auftraggeberin - habe aber bei Erstellung des Leistungsverzeichnisses noch nicht abschätzen können, ob diese Variante, die gegenüber der lediglich abklappbaren Version erhebliche Vorteile bei Revisionsarbeiten an der Decke mit sich bringt, auch tatsächlich wirtschaftlicher sei. Gleiches gelte für die Ausführung der Zargen, wo erst die Ausschreibung selbst ergeben habe, dass im Falle der Erforderlichkeit eines flur- und raumseitigen Rammschutzes sich die Ausführung in Edelstahl V 2 A letztlich als wirtschaftlicher erwiesen habe.

29

Die irrtümliche Bezeichnung der streitbefangenen Positionen als "Bedarfspositionen" war im vorliegenden Fall unschädlich. Bei der Prüfung, ob Positionen eines Leistungsverzeichnisses dem Transparenzgebot entsprechen, ist vom Empfängerhorizont eines verständigen, fachkundigen Bieters auszugehen. Die Antragstellerin konnte aus der Formulierung der mit "B" bezeichneten Positionen erkennen, dass es sich hier nicht um Bedarfspositionen, sondern um Alternativpositionen handelte. Für die Teilleistung "Absenk- und verschiebbare F30-Decke" (Pos. B 01.03.06.35 ff.) ergab sich diese Tatsache schon daraus, dass die entsprechende Teilfläche mit 145 qm identisch mit der als Hauptposition abgefragten revisiblen Teilfläche in der lediglich abklappbaren Variante war. Auch die Edelstahlzargen waren zumindest teilweise als Zulagepositionen bezeichnet worden und offensichtlich als Alternative zum Rammschutz in Form von aufgesetzten Edelstahlblechen gedacht. Eine Vergaberechtsverletzung ergibt sich aus dieser fehlerhaften Bezeichnung im vorliegenden Fall somit nicht.

30

b)

Das Angebot der Antragstellerin ist entgegen der Auffassung der Auftraggeberin nicht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1, lit. b) in Verbindung mit § 21 Nr. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig. Die von der Auftraggeberin beauftragte Arbeitsgemeinschaft der Architekten hat in ihrem Prüfbericht vom 13.07.2001 erklärt, dass die

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Antragstellerin in ihrem Anschreiben zu den Angeboten als Qualität für den Schallschutz der Wände nur die vom Hersteller der Wandsysteme vorgegebenen Schalldämmwerte (rechnerische Laborwerte) und nicht, wie im Leistungsverzeichnis gefordert, das bewertete Schalldämm-Maß der eingebauten Wand unter Einbeziehung der Installationen und Nebenwegsübertragungen garantiere. Damit unterschreite die Antragstellerin die Qualitätsanforderungen für die Wandkonstruktionen und falle aus der Wertung. Die Beigeladene hingegen akzeptiere die im Leistungsverzeichnis geforderten Schalldämmwerte. Die Auftraggeberin ist dem Vorschlag des Planungsbüros nicht gefolgt und sie hat vielmehr in ihrem Informationsschreiben gem. § 13 VgV an die Antragstellerin vom 03.08.2001 erklärt, auf das Angebot der Antragstellerin könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil ihr Hauptangebot nicht das wirtschaftlichste sei.

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Zwar weist die Auftraggeberin zu Recht darauf hin, dass die Vergabekammer im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nicht an die Entscheidung eines Auftraggebers, ob ein Angebot auszuschließen ist oder nicht, gebunden ist. Das Unterlassen eines gem. § 25 Nr. 1 VOB/A gebotenen Ausschlusses würde die anderen Bieter des Vergabeverfahrens in ihren Rechten verletzen. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss liegen hier jedoch nicht vor. Ein Bieter, der in seinem Angebot etwa erklärt, dass er mit seinem Unternehmen nicht fähig ist, die vom Auftraggeber in seiner Ausschreibung aufgestellten Bedingungen zu erfüllen, kann grundsätzlich den Ausschlusstatbestand des § 25 Nr. 1 VOB/A erfüllen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.07.2001, Az.: Verg 16/01). In einem solchen Fall führt die Selbstbindung des Auftraggebers dazu, dass er auch auf die Einhaltung der bindend aufgestellten Mindestbedingungen zu achten hat. Er kann nicht zu Gunsten eines Bieters auf die Erfüllung der Mindestbedingungen verzichten (vgl. BayObLG, NZBau 2000, S. 259 ff., 261 [BayObLG 20.12.1999 - Verg 8/99]). Die Antragstellerin hat eine derartige Erklärung jedoch weder in ihrem Angebot vom 25.06.2001 noch in der Folge abgegeben. Sie hat nicht erklärt, dass sie bei den Trockenbauwänden die von der Auftraggeberin im Leistungsverzeichnis geforderten Schalldämmwerte am Bau (Seite 24 des Leistungsverzeichnisses) nicht einhalten wolle oder werde. Sie hat lediglich auf Probleme hingewiesen, die sich für sie auf Grund der Festlegungen im Leistungsverzeichnis hinsichtlich der Materialwahl und der Ausführung möglicherweise ergeben könnten. In ihrem Anschreiben zum Angebot vom 25.06.2001 hatte die Antragstellerin erklärt: "Als Schalldämmwerte gelten die derzeit von den Herstellern herausgegebenen Schalldämm-Rechenwerte Rw/R. Der obere Trennwandabschluss ist so ausgebildet, dass er Verformungen aus der Rohdecke bis max. 10 mm aufnehmen kann." Im Protokoll zum Vergabegespräch mit der Antragstellerin vom 10.07.2001 wiesen die von der Auftraggeberin beauftragten Architekten darauf hin, dass der obere Trennwandabschluss max. 20 mm Verformung aufnehmen können müsse, 10 mm seien nicht ausreichend. Gemäß dem den Ausschreibungsunterlagen beigefügten Schallgutachten (ISS) sei das mit R'W angegebene bewertete Schalldämm-Maß prüfbar am Bau einzuhalten (R'WP), das im Labor ermittelte Schalldämm-Maß sei lediglich dB-Empfehlung. Das Angebot der Firma xxxxx erreiche mit den vom Hersteller angegebenen Schalldämmwerten nicht die am Bau einzuhaltenden Schalldämm-Maße, die im Leistungsverzeichnis gefordert würden.

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In Reaktion auf dieses Protokoll wies die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2001 die Auftraggeberin darauf hin, dass die von ihr angebotenen Schalldämmwerte dem Leistungstext entsprechen würden. Sie könne lediglich für bauseitige Einbauten, Durchdringungen etc. hinsichtlich der Schalldämmwerte keine Gewährleistung übernehmen, da sie nicht definiert seien. Die Antragstellerin hat ihre Leistung unter Akzeptanz der in Position 01.02.01.2 von der Auftraggeberin vorgeschriebenen Gipskartonständerwände "Wandtyp WO" entsprechend dem Wandtyp Knauf W 112 akzeptiert. Die Firma xxxxx gibt für diesen Wandtyp einen ihren Laborprüfungen entsprechenden Schalldämm-Rechenwert von R'wR = 47 dB an. Hinsichtlich der am Bau einzuhaltenden Schalldämmwerte hatte die Auftraggeberin im Leistungsverzeichnis unter Position 01.02.01.2 festgelegt: "Bewertetes Schalldämm-Maß: R'w, R = 47 dB". Die Bezeichnung R'w, R aber sagt aus, dass es sich hier um einen Rechenwert des bewerteten Schalldämm-Maßes des trennenden Bauteils gemäß DIN 4109, bei Eignungsprüfungen in Prüfständen nach DIN 52210 Teil 2 handelt, der ohne Längsleitung und flankierende Bauteile ermittelt wird. Somit stellte auch das laut Leistungsverzeichnis einzuhaltende bewertete Schalldämm-Maß einen auf Prüfständen ermittelten Wert und damit einen Laborwert dar. Die Einhaltung dieses Wertes aber hat die Antragstellerin garantiert, indem sie die Gipskartonwerte mit den im Leistungsverzeichnis geforderten Materialien und Maßen angeboten hat. Der Hinweis der Antragstellerin auf die möglicherweise negativen Auswirkungen von Installationen, die aus den Ausschreibungsunterlagen nicht hervorgehen, war gerechtfertigt. Sowohl die von der Antragstellerin vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Herrn xxxxx vom 27.08.2001 als auch die von der Auftraggeberin eingeholte Stellungnahme des xxxxx, xxxxx, vom 06.09.2001 weisen darauf hin, dass ein Anbieter Nebenwegübertragungen über Installationen nicht beeinflussen kann, da die hierdurch zu erwartende Schwächung der Wand im Voraus nicht bekannt ist. Auch die von der Auftraggeberin auf Seite 30 für den Wandtyp W1x und auf Seite 31 des Leistungsverzeichnisses für den Wandtyp W2x der Auftraggeberin geforderten bewerteten Schalldämm-Maße von R'w, R von 50 bzw. 59 dB entsprechen den Werten der von der Auftraggeberin ebenfalls vorgeschriebenen Fabrikate.

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Da die Antragstellerin eben diese Wandtypen und Fabrikate angeboten hat, liegt ein Ausschlussgrund gem. § 25 VOB/A nicht vor. Ihr Angebot ist somit zu werten.

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III.

Kosten

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Die Kostenentscheidung erfolgt nach § 128 GWB. Es wird die Mindestgebühr von 5.000,00 DM bzw. 2.556,46 Euro gem. § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

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Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 5.000,00 DM bzw. 2.556,46 Euro unter Angabe des Kassenzeichens xxxxxxxxxx auf folgendes Konto zu überweisen:

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XXXXXXXXX

39

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Antragstellerin folgt aus § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB i.V.m. § 80 VwVfG.

Gause
Schulte
Lohmöller