Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 22.05.2001, Az.: 203-VgK-4a/01

Zulassung einer Anstalt öffentlichen Rechts zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmern; Kennenmüssen der Organisationsform eines Mitbieters; Sinn und Zweck der Pflicht zur unverzüglichen Rüge; Angebotsausschluss wegen Abweichung von den Verdingungsunterlagen; Betätigung kommunaler Regiebetriebe im Wettbewerb nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen; Gleichstellung mit anderen Bietern mit Blick auf das fehlende Insolvenzrisiko; Kostenmindernde Berücksichtigung eines gemeindlichen Baukostenzuschusses bei einzelnen Angebotsvarianten; Kostenmindernde Berücksichtigung des altersbedingten Ausscheidens eines Mitarbeiters; Verpflichtung des Auftraggebers zur Einstellung von Kosten für unvorhersehbare Risiken in die Betriebskostenkalkulation; Verpflichtung zum käuflichen Erwerb einer bestehenden Kläranlage mit den vorhandenen technischen Einrichtungen einschließlich der notwendigen Fläche; Fehlerhafte Ansätze verschiedener Kostengruppen

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
22.05.2001
Aktenzeichen
203-VgK-4a/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 29193
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabeverfahren Abwasserbehandlung ...

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden ORR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ök. Brinkmann
auf die mündliche Verhandlung vom 20.04. und 14.05.2001
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die Auftraggeberin wird verpflichtet, erneut in die Wertung der Angebote einzutreten und diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung neu durchzuführen. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens tragen die Auftraggeberin und die Antragstellerin je zur Hälfte.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 5.000,-- DM festgesetzt.

  4. 4.

    Die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin war notwendig.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit Bekanntmachung vom 25.08.2000 die Abwasserbehandlung für die Stadt ... ab dem 01.01.2003 EU-weit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Dabei wurden die Bieter zur Abgabe der folgenden Angebotsvarianten aufgefordert (Ausschreibungsunterlagen Teil A, Seite A.3 - A.6):

  • Hauptangebot (HA):
    Angebote der Bauleistungen in Einzellosen auf Basis des von der Auftraggeberin vorgegebenen Entwurfs nach Leistungsverzeichnis,
  • Nebenangebot (NA) 1:
    Angebot zur schlüsselfertigen Erweiterung auf Basis des Entwurfs der Auftraggeberin,
  • NA 2:
    Angebot zur schlüsselfertigen Erweiterung auf Basis eines Bieterentwurfs,
  • NA 3:
    Angebot zur schlüsselfertigen Erweiterung einschl. der Betriebsführung und Finanzierung (Betreibermodell) auf der Basis des Entwurfs der Auftraggeberin,
  • NA 4:
    Angebot zur schlüsselfertigen Erweiterung einschl. Betriebsführung und Finanzierung (Betreibermodell) auf der Basis eines Bieterentwurfs,
  • NA 5:
    Angebot zur Abwasserbehandlung in einer externen Behandlungsanlage.

2

Das Hauptangebot wurde aufgeteilt in 6 Einzellose Ingenieurbauwerke, Hochbauten, Straßen- und Außenanlagen, Einfriedung, Maschinentechnik sowie E-/MSR-Technik. Mit der Durchführung der Ausschreibung wurde die ... beauftragt. Hinsichtlich der Zuschlagkriterien wurde in der Bekanntmachung auf die Vergabeunterlagen verwiesen. Das Nebenangebot 5 - vollständige Abwasserreinigung in einer externen Behandlungsanlage außerhalb des aktuellen Anlagenstandortes einschließlich des hierzu notwendigen Transportes des Abwassers zu dieser Anlage - sollte für einen Zeitraum von 20 Jahren angeboten werden. Zu den Zuschlagkriterien heißt es unter A 1.6, Seite A.13 ff., der Verdingungsunterlagen: "Der Zuschlag wird auf das Angebot erteilt, das unter Berücksichtigung aller technischen, wirtschaftlichen und funktionsbedingten Gesichtspunkte als das Annehmbarste erscheint. ... Die Höhe des Angebotspreises ist nicht allein vergaberelevant. ... Wesentlich ist, dass nicht allein der angebotene Entsorgungspreis, sondern das ermittelte Verhältnis von Preis zu Leistung vergaberelevant ist. Abschließend soll auf die Angebotsvariante der Zuschlag erteilt werden, die langfristig unter Berücksichtigung der ökonomischen und ökologischen Auswirkungen zu geringsten Kosten- und Gebührenbelastung der Bürgerinnen und Bürger im Entsorgungsgebiet führt. Es werden alle Bieter darauf hingewiesen, dass sämtliche relevanten Kostenblöcke, die sowohl bei der baulichen Erweiterung der Kläranlage als der Erbringung der Dienstleistung anfallen, im wirtschaftlichen Gesamtvergleich der Angebotslösungen berücksichtigt werden. Dazu werden sowohl die zukünftigen Betreiberkosten des Auftraggebers für den Betrieb der Kläranlage nach HA bzw. nach NA 1 oder NA 2 als auch alle Vorlauf- bzw. Folgekosen für alle Angebotsvarianten in die wirtschaftliche Bewertung der Angebotslösungen einbezogen.

3

Folgende Kriteriengruppen werden zur Bewertung der Angebote herangezogen:

  • Kosten
  • Entsorgungssicherheit
  • Umweltverträglichkeit

4

Da die ... zurzeit eine zentrale Kläranlage nicht nur für das Stadtgebiet ..., sondern auch für die angeschlossene Samtgemeinde ... und die Gemeinde ... betreibt (ein Entsorgungsvertrag besteht mit der Gemeinde ... bis 2009) wurde in den Verdingungsunterlagen auf Seite A.8 festgelegt:

"Für alle einzureichenden Angebote sind diese Belastungsgrößen Grundlage der Kalkulation. Optional wird im Rahmen der Ausschreibung (NA 2 bis NA 5) die Mitbehandlung des Abwassers aus der Samtgemeinde ... abgefragt. Es wird vor Vergabe der Leistung entschieden, ob die Mitbehandlung des Abwasserstromes aus ... zum Tragen kommt. Das Mengenkonzept ist in Abbildung A 2 dargestellt."

5

Zum Submissionstermin 05.12.2000, 10.00 Uhr, lagen der Auftraggeberin 30 Angebote vor. Die Auswertung der Angebote schließt mit der Vergabeempfehlung (Ordner 2, T 1, der Vergabeunterlagen) der eingeschalteten Fachgutachter, die ausgeschriebene Leistung nach dem Hauptangebot auf Basis des AG-Entwurfs aufgeteilt auf die einzelnen Fachlose an die Beigeladenen zu vergeben, und zwar hinsichtlich des Fachloses Ingenieurbauwerke an den Bieter ..., hinsichtlich des Fachloses Hochbauten an die ..., hinsichtlich des Fachloses Straßen-/Außenanlagen an die ..., hinsichtlich des Fachloses Einfriedung an die ..., hinsichtlich des Fachloses Maschinentechnik an die ..., hinsichtlich des Fachloses E-/MSR-Technik an die ... zur Gesamtnettoangebotssumme von 16 549 126,13 DM zu erteilen. Bei der Angebotswertung hatte die Auftraggeberin die in die engere Wahl genommenen 9 Angebotslösungen einer Nutzwertanalyse anhand der Kriteriengruppen Kosten (80 Gewichtungspunkte), Umweltverträglichkeit (10 Gewichtungspunkte) und Entsorgungssicherheit (10 Gewichtungspunkte) unterzogen.

6

Die Antragstellerin hat ein Angebot für die Varianten NA 2 und NA 4 (Betreibermodell) abgegeben. Mit Schreiben vom 21.02.2001 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass das Angebot NA 2 entsprechend § 25 Nr. 1 VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werde, da dieses Angebot das für den Entwurf der Auftraggeberin gewählte Verfahren der Schlammstabilisierung entsprechend Teil E 2, Punkt E 2.3.2.1 der Verdingungsunterlagen nicht zugelassen sei. Mit Schreiben vom 20.03.2001 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass der Zuschlag auf ihr Angebot NA 4 nicht erteilt werden könne, da dieses nicht das wirtschaftlichste in den maßgebenden Kriterien Preis, Entsorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit sei. Die Antragstellerin hat den Ausschluss ihres Angebots NA 2 mit Schreiben vom 28.02.2001 und 13.03.2001, die Bewertung des Angebots NA 4 mit Schreiben vom 26.03.2001 gegenüber der Auftraggeberin gerügt. Mit Schriftsatz vom 30.03.2001, eingegangen am 03.04.2001, hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Sie macht folgende Vergaberechtsverletzungen geltend:

  1. 1.

    Die Auftraggeberin habe das Angebot NA 2 der Antragstellerin zu Unrecht aus der Wertung ausgeschlossen. Für die von der Antragstellerin angebotene Anlage sei das Verfahren der "aeroben Schlammstabilisierung" gewählt worden, weil dies nach Auffassung der Antragstellerin für die besonderen Gegebenheiten in ... auf Dauer die wirtschaftlichste Lösung darstelle.

  2. 2.

    Mit dem Angebot der Beigeladenen zu 6, der ... sei ein Angebot in die Wertung genommen worden, das nicht zum Wettbewerb mit Angeboten gewerblich tätiger Unternehmer hätte zugelassen werden dürfen. Dies verstoße gegen § 8 Nr. 6 VOB/A, § 7 Nr. 6 VOL/A. Die ... starte im Verhältnis zur gewerblichen Wirtschaft unter grundlegend anderen Arbeitsbedingungen, die eine echte Konkurrenz nach Auffassung der Antragstellerin ausschließen.

  3. 3.

    Aus der Begründung, die zur Nichtberücksichtigung des Angebots NA 4 der Antragstellerin geführt habe, sei zu folgern, dass die Auftraggeberin die Auswertung nicht entsprechend den eigenen Vorgaben in den Verdingungsunterlagen durchgeführt habe. Hinsichtlich des Wirtschaftlichkeitskriteriums Preis sei das Angebot der Antragstellerin NA 4 mit netto 14.426.600,-- DM dem Hauptangebot in Höhe von netto 17.507.787,45 DMüberlegen. Entsprechend würden sich für das eigene Angebot auf die Variante NA 4 sehr niedrige Kapital- und Betriebskosten ergeben, die von der Variante HA bei ausschreibungskonformer Wertung nicht erreicht werden könnten. Die Vergleichbarkeit der Angebote in der Wertung sei von der Auftraggeberin nicht hergestellt worden. Im Einzelnen:

    • Die Auftraggeberin habe zu Unrecht die als Option D 1 von der Antragstellerin angebotene Möglichkeit der Kostenreduzierung nicht gewertet, die dadurch möglich gewesen wäre, dass die Antragstellerin nur die bei ihrem Nebenangebot NA 4 tatsächlich benötigten Grundstücksfläche von der Stadt ... erwerben könnte. Der jährliche Grundpreis würde sich je 100.000,-- DM Minderpreis für den Grundstückskauf um netto 8.700,-- DM/Jahr ermäßigen.

    • Ferner hatte die Antragstellerin angeboten, den Abbruch der nicht benötigten Anlagenteile selbst zuübernehmen, wodurch sich der Grundpreis um netto 39.150,-- DM/Jahr ermäßigen würde. Auch diese Option sei vergaberechtswidrig nicht gewertet worden.

    • Die Kosten für den Anschluss der Gemeinde ... seien bei der Wertung des Hauptangebotes nur teilweise berücksichtigt worden.

    • Die in die Bewertung eingeflossenen Eigenkosten der Verwaltung seien in den Verdingungsunterlagen nicht bekannt gemacht. Ihre Zusammensetzung sei nicht erklärlich.

    • In der Wertung des Hauptangebotes (HA) sei eine Abdeckung des Belebungsbeckens, die als Bedarfsposition in den Verdingungsunterlagen ausgewiesen worden sei, berücksichtigt worden, obwohl diese Abdeckung nicht ausgeführt werden wird, was sich aus dem Genehmigungsbescheid für den Neubau der Kläranlage ergibt. Die Größenordnung betrage brutto 500.000,-- DM.

    • Bei den Bauzeitzinsen sei eine Festbetrag von 1,5 Mio. DM angesetzt worden, obwohl unterschiedliche Investitionsvolumina für die Bauzeitzinsen hätten zugrunde gelegt werden müssen. Richtig wäre eine konkrete Berechnung nach Maßgabe des realisierten Investitionsvolumen abhängigen Finanzierungsvolumens. Der Festbetrag begünstige allein das Hauptangebot.

    • Der Baukostenzuschuss ... sei entweder für alle Angebote zu werten oder auch beim Eigenbau nicht anzusetzen.

    • Bei der Bewertung des Hauptangebotes sei es unterlassen worden, die notwendigen Investitionskosten in Höhe von 550.000,-- DM an der Einlaufgruppe und der Belebungsstraße für die vorhandene Anlage zu berücksichtigen.

    • Die nach der wasserrechtlichen Genehmigung erforderlichen "Online-Messungen" seien im Hauptangebot nicht gewertet worden, was dieses gegenüber den anderen Angeboten in der Größenordnung 350.000,-- DM brutto begünstige.

    • Eine Risikobewertung der Bereiche Grundwasseraufbereitung im Baufeld und Altlastensicherung im Bereich der Ausgleichsflächen sei nicht erfolgt.

    • Der Entschwefler gemäß Position 19.2.1 der Verdingungsunterlagen Kosten in Höhe von ca. 216.000,-- DM brutto sei bei HA nicht berücksichtigt worden.

    • Bei der Berechnung des Kapitaldienstes ab 01.01.2003 sei bei der Bewertung HA die Abwasserabgabe in Höhe von 2.470.860,-- DM der Investitionssumme gutgeschrieben worden, nicht jedoch bei der Bewertung von NA 4.

    • Kosten für die Ausführungsplanung - geschätzte Größenordnung: 100.000,-- DM brutto - fehlten bei der Bewertung HA.

    • Kosten für die Tragwerksplanung, Leistungsphase 1 - 3, fehlten bei der Bewertung des Hauptangebotes (Ansatz nach HOAI: mindestens 50.000,-- DM).

    • Kosten für Sicherheits- und Gesundheitskoordinierung (ca. 80.000,-- DM brutto) fehlten bei der Bewertung HA.

    • Die Möglichkeit, dass die Gemeinde ... ab 2010 den Vertrag doch nicht beendigt, sei nicht berücksichtigt worden. Das Nebenangebot NA 4 leiste diese Lastfall für die Kläranlage ohne zusätzliche Investitionen, während beim Hauptangebot ab diesem Zeitpunkt erhebliche bauliche Erweiterungen erforderlich wären, was nicht berücksichtigt wurde.

    • Die Auftraggeberin habe bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht von einem Zinssatz von 5,06 %, sondern von einem Referenzzinssatz von 6 % ausgehen müssen. Dieser Zins sei derzeit auch realistisch.

    • Risikoansätze für Baukosten, Massenänderungen, Preissteigerungen im Bereich Energie etc. seien bei der Bewertung HA nicht vorgenommen worden, obwohl diese Risiken in den Nebenangeboten NA 4 und NA 5 berücksichtigt seien.

    • Die Ermittlung der fixen Betriebskosten sei beim Hauptangebot fehlerhaft erfolgt. Es seien verschiedene Leistungsbereiche, die einen Ansatz von brutto insgesamt 90.480,-- DM erforderlich gemacht hätten, nicht erfasst worden. Zudem sei hinsichtlich der Personalkosten unter anderem für NA 4 vorgegeben worden, dass vom Bieter dauerhaft sechs Mitarbeiter zu übernehmen und zu beschäftigen sind. Bei der Bewertung HA werde dagegen davon ausgegangen, dass nach 4 Jahren nur noch fünf Mitarbeiter auf der Kläranlage tätig sind. Entweder sei auch das Hauptangebot mit sechs Personen für die gesamte Laufzeit zu belasten oder das Nebenangebot NA 4 der Antragstellerin um einen Mitarbeiter zu entlasten. Es gehe um Mehrkosten brutto ab 2004 in Höhe von 83.000,-- DM/Jahr.

    • Die Ermittlung der jährlichen variablen Betriebskosten sei nicht nachvollziehbar. Die Angaben in der Betriebskostenaufstellung für die durchgeführte Barwertermittlung weichen von den hinterlegten Daten ab.

    • Laborkosten, Kosten für die kontinuierliche Messung, Abluftbehandlung, Faulgasreinigung und die externe Notstromanlage seien nicht berücksichtigt worden.

    • Mehrere Kostenpositionen seien unvollständig ermittelt worden bzw., soweit sie dem Hauptangebot gutgeschrieben wurden, zu hoch angesetzt. Der von der Auftraggeberin angesetzte Ertrag für die durch Faulgas erzeugbare Wärme und elektrische Energie sei nicht nachvollziehbar. Zwar habe die Vergabestelle bei der Wertung fest unterstellt, dass der Anschluss von ... realisiert werde. Sie habe aber bei der Betrachtung der Anschlusskosten keine vollständige Anrechnung vorgenommen. Der Energiegewinn aus Faulgasnutzung reduziere sich gegenüber der Berechnung der Auftraggeberin, insbesondere für den Zeitraum ab 2010 erheblich, was auf der anderen Seite zu erheblichen zusätzlichen Strom- und Gaskosten führe. (Strom: 50.000,-- DM/Jahr brutto; Gas: 15.000,-- DM jährlich brutto). Zu erwartende Preissteigerungen für den Strombezug seien ebenfalls nicht berücksichtigt worden.

    • Ansätze der Antragstellerin für Flockungshilfsmittel, Konditionierungsmittel, Dosierung einer Kohlenstoffquelle und Klärschlammentsorgungskosten seien entweder nicht berücksichtigt oder nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass bei der richtigen Bewertung das Nebenangebot der Antragstellerin auf die Variante NA 4 mit einem Barwert von 65.929.544,-- DM deutlich günstiger sei als das für den Zuschlag favorisierte Hauptangebot der Beigeladenen zu 1 - 5, das nach der Wertung der Antragstellerin mit 69.506.438,-- DM abschließe.

7

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Angebotswerte nicht entsprechend den Vergabevorschriften und den Verdingungsunterlagen erfolgte, und der Vergabestelle aufzugeben,

  1. 1.

    ihr Angebot NA zur Wertung zuzulassen und eine objektive Bewertung entsprechend VOB/A § 25 sowie den Verdingungsunterlagen, insbesondere Teil A und Bieterinformation Nr. 1, vorzunehmen,

  2. 2.

    ihr Angebot NA 4 entsprechend VOB/A § 25 sowie den Verdingungsunterlagen, insbesondere Teil A und Bieterinformation Nr. 1, objektiv zu werten und

  3. 3.

    entsprechend den Ergebnissen dieser Auswertung den Zuschlag zu erteilen,

  4. 4.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (§ 128 Abs. 4 GWB).

8

Die Auftraggeberin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

9

Die Auftraggeberin ist dem Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich aller behaupteten Vergaberechtsverstöße mit Schriftsatz vom 19.04.2001 und Schriftsatz vom 08.05.2001 entgegengetreten. Sie vertritt die Auffassung, dass ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ohnehin schon deshalb nicht bestehen dürfte, weil diese alleine nach den Kriterien der "Gesamtkosten", ebenso aber nach der Gesamtauswertung in der Rangfolge der Bieter weit hinten liege. Ihr Angebot NA 4 könne unter keinem Gesichtspunkt das wirtschaftlichste Angebot darstellen. Der Ausschluss des Nebenangebotes NA 2 von der Wertung sei zulässig und begründet. Dem Angebot NA 2 der Antragstellerin liege das Verfahren der "aeroben Schlammstabilisierung" zugrunde. Dieses habe die Auftraggeberin aber in den Verdingungsunterlagen im Punkt E 2.3.2.1 ausdrücklich ausgeschlossen. Dort heißt es: "Konventionelle Belebung mit simultaner aerober Schlammstabilisierung: In Anlehnung an A 131 nicht für die Erweiterung der KA ... zugelassen." Die Auftraggeberin habe das Verfahren der aeroben Schlammstabilisierung zu Recht ausgeschlossen. Die Kläranlage werde bei Beauftragung der Angebotsvariante NA 2 von der Stadt ... betrieben. Aus Gründen mangelnder Akzeptanz der Klärschlammverwertung von nur aerob stabilisierten Klärschlämmen in der Landwirtschaft habe die Auftraggeberin eine anaerobe Stabilisierung vorgeschrieben. Dieses Kriterium sei Hauptgrund des Ausschlusses des Verfahrens der aeroben Stabilisierung gewesen. Bei einer aeroben Stabilisierung sei erfahrungsgemäß mit schlechteren Entwässerungseigenschaften des Schlammes zu rechnen. Die Auftraggeberin habe auch einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten wollen. Die Antragstellerin habe keine eigene Interpretation der Verdingungsunterlagen anstellen dürfen, sondern im Zweifelsfall eine Bieteranfrage an die Vergabestelle richten müssen. Dies sei aber nicht geschehen.

10

Hinsichtlich der Erwiderung der Auftraggeberin auf den umfangreichen Vortrag der Antragstellerin zur Wertung ihres Angebots NA 4 wird auf den Schriftsatz der Auftraggeberin vom 08.05.2001 verwiesen.

11

Die Beigeladene zu 6 (...) tritt der Auffassung der Antragstellerin entgegen, sie habe als Anstaltöffentlichen Rechts vom Wettbewerb ausgeschlossen werden müssen. Nach § 8 Ziffer 6 VOB/A seien Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus- und Fortbildungsstätten und ähnliche Einrichtungen sowie Betriebe der öffentlichen Hand und Verwaltungen zum Wettbewerb nicht zugelassen. Dabei gehe es aber um den Ausschluss nur solcher Wettbewerber, die nicht erwerbswirtschaftlich orientiert seien. Dies sei aber bei der ... gerade der Fall, insbesondere, soweit sie sich auf der Grundlage des Gesetzes zur Entrichtung der ... (Stadtentwässerungsgesetz - SEG -) vom 20.12.1994 (HmbGVWI. Seite 435) zulässigerweise auch außerhalb des ... Hoheitsgebiets auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung und der Klärschlammbeseitigung betätige. Sie sei materiell-rechtlich wie eine GmbH organisiert worden. Sie müsse nach den Vorschriften des SEG zwingend "nach kaufmännischen Grundsätzen" abrechnen. Sie werde dazu von Wirtschaftsprüfern geprüft und habe einen Aufsichtsrat. Im Übrigen weist die Beigeladene zu 6 darauf hin, dass es sich bei Variante NA 5, auf die die Beigeladene ein hinsichtlich des Zuschlags aussichtsreiches Angebot abgegeben habe, um eine reine Dienstleistung im Sinne der VOL/A handelt. § 7 Nr. 6 VOL/A könne aber schon dem Wortlaut nach nicht eine Nichtzulassung der Beigeladenen zu 6 rechtfertigen. Aber auch für das Angebot der Beigeladenen zu 6 auf die Variante NA 4 gelte, dass § 8 Nr. 6 VOB/A auf Grund der Struktur der ... und ihrer Pflicht, nach kaufmännischen Grundsätzen abzurechnen, nicht greife. Insbesondere sei Quersubventionierung aus dem Kerngeschäft bei einer Betätigung der ... auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung und Klärschlammbeseitigung außerhalb des ... Hoheitsgebiets ausdrücklich ausgeschlossen und eine transparente Spartenergebnisrechnung festgeschrieben worden.

12

Das streitbefangene Vergabeverfahren wurde durch zwei weitere Antragsteller parallel angefochten (Nachprüfungsantrag v. 19.03.2001, Az.: 203-VgK-04/2001, erstinstanzlich abgeschlossen durch noch nicht rechtskräftigen Beschluss v. 09.05.2001; sowie Nachprüfungsantrag v. 18.04.2001, Az.: 203-VgK-06/2001). Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB vom 07.05.2001 die Frist für die abschließende schriftliche Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 25.05.2001 wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten des Nachprüfungsverfahrens verlängert.

13

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und die Sitzungsprotokolle über die mündliche Verhandlung vom 20.04.2001 und 14.05.2001 Bezug genommen.

14

II.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und teilweise begründet. Die Auftraggeberin hat im streitbefangenen Vergabeverfahren gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 2 GWB verstoßen und das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 97 Abs. 5 GWB verletzt, indem sie die Bieter der Angebotsvarianten NA 3 bis NA 5 über den Personalgestellungsvertrag in den Verdingungsunterlagen verpflichtet, sechs Mitarbeiter aus dem Personalbestand der Auftraggeberin zu übernehmen und weiter zu beschäftigen und damit die Angebote entsprechend zu kalkulieren, während sie bei der Wertung der Angebote auf die von ihr favorisierte Variante HA ab 2007 das altersbedingte Ausscheiden eines Mitarbeiters kostenmindernd berücksichtigt hat. Die Auftraggeberin durfte ferner nicht einen Investitionskostenzuschuss der Gemeinde ... in Höhe von 20 % kostenmindernd bei den Angeboten auf die Varianten HA, NA 1 und NA 2 berücksichtigen, ohne zuvor der Gemeinde ... eine Einigung über die Höhe des Baukostenzuschusses und dem gemäß des zwischen der Auftraggeberin und der Gemeinde ... bestehenden Abwasserreinigungsvertrages zum 01.01.2010 zu erstattenden Zeitwertes eines solchen Zuschusses herbeizuführen. Die Auftraggeberin hat unzulässigerweise zu Lasten der Varianten NA 3 bis NA 5 für die Varianten HA, NA 1 und NA 2 keinen angemessenen Risiko- und Wagniszuschlag berücksichtigt. Die Auftraggeberin hat ferner eingeräumt, die Betriebskosten für Flockungshilfsmittel für die Angebote HA, NA 1 und NA 2 auf Grund eines Fehlers zu niedrig angesetzt zu haben (476,92 DM/t statt 5.950,-- DM/t). Die Antragstellerin ist dadurch in diesem Maße im Sinne der§§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet.

15

1.

Der Antrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich hinsichtlich der Varianten HA und NA 1 bis NA 4 um einen Bauauftrag, für den gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 und § 1 a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ein Schwellenwert von 5 Mio. EURO gilt. Bei der Variante NA 5 handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag, für den gem. § 2 Nr. 3 VgV und § 1 a Nr. 1 VOL/A der für eine Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung maßgebliche Schwellenwert von 200.000 EURO = 391.166 DM gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet in allen abgefragten Varianten nach dem Ergebnis der Ausschreibung deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.

16

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, ihr Angebot auf die Variante NA 2 sei zu Unrecht gem. § 25 Nr. 1 VOB/A von der Wertung ausgeschlossen worden und ihr Angebot auf die Variante NA 4 habe nur deshalb einen nachrangigen Platz in der Wertung erzielt, weil eine Vergleichbarkeit der Angebote in der Wertung von der Auftraggeberin entsprechend ihren eigenen Verdingungsunterlagen nicht hergestellt worden sei, Kostenvorteile des Angebots der Antragstellerin nicht berücksichtigt worden seien und Kosten der Variante HA entweder nicht angemessen berücksichtigt wurden, andererseits aber ungerechtfertigte kostenmindernde Positionen einseitig zu Gunsten der Varianten HA, NA 1 und NA 2 berücksichtigt wurden. Die Antragstellerin selbst habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, weshalb die Auftraggeberin gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz in § 97 Abs. 5 GWB verstoßen habe. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 Rdn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass ihr Angebot möglicherweise wirtschaftlicher ist, als von der Auftraggeberin gewertet und dass sie damit möglicherweise eine Aussicht auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, wenn die Wertung ohne die von ihr gerügten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße durchgeführt worden wäre. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg. 1/99, S. 24).

17

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 6 gilt dies auch für die Rüge der Antragstellerin, die Auftraggeberin habe mit dem Angebot der ... ein Angebot in die Wertung genommen, das nicht zum Wettbewerb mit Angeboten gewerblich tätiger Unternehmer gem. § 8 Nr. 6 VOB/A, § 7 Nr. 6 VOL/A hätte zugelassen werden dürfen, weil es sich hierbei um eine Anstalt öffentlichen Rechts handle, die nach Auffassung der Antragstellerin im Verhältnis zur gewerblichen Wirtschaft unter grundlegend anderen Arbeitsbedingungen, die eine echte Konkurrenz nach Auffassung der Antragstellerin ausschließen, am Wettbewerb teilnehmen. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 6 musste die Antragstellerin nicht schon in der Submission erkennen, dass die Beigeladene zu 6 als Anstalt öffentlichen Rechts organisiert ist. Nach der in der Vergabeakte enthaltenen Niederschrift über die Verdingungsverhandlung vom 05.12.2000 (Vergabeempfehlung, Ordner 1, Anlage zu Teil A) wurden die Angebote der Beigeladenen zu 6 unter lfd. Nr. 7 lediglich unter "..." und der dazugehörigen Adresse bezeichnet. Ein Hinweis die Organisation der Beigeladenen zu 6 als Anstalt öffentlichen Rechts geht aus dieser Niederschrift nicht hervor. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin bereits zum Zeitpunkt der Submission zwingend positive Kenntnis von der Organisationsstruktur der Beigeladenen zu 6 hatte. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Anbieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107 Rdn. 681). "Kenntnis" im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist gegeben, wenn ein Bieter oder Bewerber auf Grund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (vgl. Beschluss v. 22.08.2000, Az.: Verg. 9/00) ist für die Kenntnis das Wissen um einen Sachverhalt ausreichend, der den Schluss erlaubt, dass bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.

18

Die Antragstellerin hat die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu 6 in der Wertung zwar nicht mit ihren an die Auftraggeberin gerichteten Rügeschreiben vom 28.02., 13.03. und 26.03.2001 gerügt. Sie hat diesen Punkt erstmals im laufenden Nachprüfungsverfahren mit Schriftsatz vom 04.04.2001 gegenüber der Vergabekammer geltend gemacht und erklärt, sie habe diese Erkenntnis aus Presseartikeln im Wege einer Internetrecherche am 03.04. und 04.04.2001 erhalten. Dieser Vortrag der Antragstellerin wurde im Nachprüfungsverfahren nicht widerlegt, so dass die Rüge auch diesbezüglich als unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB zu werten ist. Soweit weitere Beanstandungen der Antragstellerin nicht von den o. g. Rügeschreiben der Antragstellerin erfasst sind - insbesondere die von der Auftraggeberin im Rahmen der Wertung in Ansatz gebrachten jährlichen Betriebskosten, Betriebsrisiken, für die Variante HA angesetzten Kapitalzinsen, der Berücksichtigung des Baukostenzuschusses der Gemeinde ... - sind diese gleichwohl nicht präkludiert, da die Antragstellerin davon erst positive Kenntnis im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB im Zeitpunkt der Akteneinsicht im laufenden Nachprüfungsverfahren am 17.04.2001 erlangen konnte.

19

2.

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet, soweit sich die Antragstellerin gegen die Berücksichtigung des Baukostenzuschusses der Gemeinde ... durch die Auftraggeberin in Höhe von 20 % zu Gunsten der Varianten HA, NA 1 und NA 2 wendet, die von der Auftraggeberin in der Variante HA kalkulierten, ermäßigten Personalkosten, die Nichtberücksichtigung eines angemessenen kalkulatorischen Risiko- und Wagniszuschlages bei den Angebotsvarianten HA, NA 1 und NA 2 und den von der Auftraggeberin eingeräumten fehlerhaften Betriebskostenansatz für Flockungshilfsmittel bei den Varianten HA, NA 1 und NA 2 wendet (im Folgenden unter c). In dieser Hinsicht entspricht die von der Auftraggeberin durchgeführte Wertung der Angebote nicht den Maßstäben des § 25 VOB/A, wodurch die Antragstellerin in ihren Rechten im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 Satz 1 GWB verletzt ist. ImÜbrigen ist der Nachprüfungsantrag unbegründet. Dies gilt auch für den beanstandeten Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin auf die Variante NA 2 (im Folgenden a) und die Berücksichtung des Angebots der Beigeladenen zu 6 zur Variante NA 5 durch die Auftraggeberin (im Folgenden b).

20

a)

Angebot der Antragstellerin zur Variante NA 2

21

Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 21.02.2001 mitgeteilt, dass sie das Angebot der Antragstellerin auf die Variante NA 2 (schlüsselfertige Erweiterung auf Basis eines Bieterentwurfs) gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1, b und d VOB/A von der Wertung ausgeschlossen habe. Die Auftraggeberin begründete den Ausschluss damit, dass das Angebot der Antragstellerin eine simultane aerobe Schlammstabilisation beinhalte. Eine derartige Variante einer konventionellen Belebung sei gemäß den Verdingungsunterlagen ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erfolgte der Ausschluss ihres Angebotes NA 2 von der Wertung rechtmäßig, weil die Antragstellerin in ihrem Angebot von einer wesentlichen Vorgabe der Auftraggeberin in den Verdingungsunterlagen abgewichen ist. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b sind Angebote, die den § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, von der Wertung auszuschließen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig. Auszuschließen sind § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A außerdem Änderungsvorschläge und Nebenangebote, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erklärt hat, dass er diese nicht zulässt.

22

Die Verdingungsunterlagen enthalten in Ordner 3, Teil E, 2. Teil, unter Punkt E 2.3.2.1 - Konventionelle Verfahren - auf Seite E 2.1.2 folgende Vorgabe:

"Konventionelle Belebung mit simultaner aerober Schlammstabilisierung

in Anlehnung an A 131 nicht für die Erweiterung der KA ... zugelassen."

23

Weiter heißt es unter E 2.3.3 - Schlammbehandlung - auf Seite E 2.18:

"Eine Schlammbehandlung ohne Faulbehälter ist für die Erweiterung der Kläranlage ... nicht zulässig."

24

Die Auftraggeberin hat den Ausschluss des Verfahrens einer aeroben Schlammstabilisierung im Nachprüfungsverfahren schlüssig damit begründet, dass sie ein Interesse daran habe, einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu leisten. Während bei einer aeroben Stabilisierung noch Energie zur Stabilisierung des Stamms vernichtet werde, könne bei der von ihr favorisierten anaeroben Stabilisierung Energie gewonnen und damit die CO2-Bilanz entlastet werden. Ferner stoße die Verwertung von nur aerob stabilisierten Klärschlämmen in der Landwirtschaft auf geringere Akzeptanz. Der Ausschluss des aeroben Schlammstabilisierungsverfahrens erfolgte somit nicht willkürlich. Auch wenn diese unstrittig ebenfalls den anerkannten Regeln der Technik entsprach, durfte die Antragstellerin nicht von den eindeutigen Vorgaben der Auftraggeberin in den Verdingungsunterlagen abweichen. Sofern dem Bieter - wie im vorliegenden Fall - vor Angebotsabgabe über die Bekanntmachung oder die Verdingungsunterlagen bekannt gegeben wurde, inwiefern Änderungsvorschläge und Nebenangebote nicht erwünscht sind, sind derartige Änderungsvorschläge und Nebenangebote auszusondern und bleiben bei der Vergabe unbeachtet (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, § 25 Nr. 1 VOB/A, Rdn. 44). Die Antragstellerin hat ihre Abweichung von den Verdingungsunterlagen damit begründet, sie habe für die von ihr entworfene Anlage das Verfahren der aeroben Schlammstabilisierung gewählt, weil es nach ihrer Auffassung für die besonderen Gegebenheiten in ... auf die Dauer die wirtschaftlichste Lösung darstellt. Im Übrigen sei allenfalls eine simultane aerobe Schlammstabilisierung ausgeschlossen gewesen, während ihr Angebot aber eine externe aerobe Schlammstabilisierung beinhalte. Letztere Differenzierung ist jedoch unbeachtlich, da beide Verfahren unstreitig auf eine Behandlung in einem Vollbehälter verzichten. Dieser Verzicht war aber gerade durch die Festlegung der Auftraggeberin unter E 2.3.3 der Verdingungsunterlagen ausdrücklich ausgeschlossen. Wenn die Antragstellerin trotz der eindeutigen Vorgaben in den Verdingungsunterlagen noch Spielräume für eine Anwendung eines aeroben Schlammstabilisierungsverfahrens gesehen hatte, hätte sie zumindest zuvor eine entsprechende Bieteranfrage an die Auftraggeberin richten müssen. Da sie dies unterließ und ohne Rücksprache mit der Auftraggeberin von den Verdingungsunterlagen abgewichen ist, war ihr Angebot NA 2 gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b und d zwingend von der Wertung auszuschließen.

25

b)

Beteiligung der Beigeladenen zu 6 (..., Anstalt öffentlichen Rechts) am Wettbewerb

26

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass mit den Angeboten auf die Varianten NA 4 und NA 5 der Beigeladenen zu 6, ..., Angebote in die Wertung genommen wurden, die nicht zum Wettbewerb gewerblich tätiger Unternehmer gem. § 8 Nr. 6 VOB/A und § 7 Nr. 6 VOL/A hätten zugelassen werden dürfen. Soweit sich die Antragstellerin gegen das Angebot der Beigeladenen zu 6 zur Variante NA 5 (Angebot zur Abwasserbehandlung in einer externen Behandlungsanlage) wendet, liegen die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Angebots schon nach dem Wortlaut des hier maßgeblichen § 7 Nr. 6 VOL/A nicht vor. Bei der Variante NA 5 handelt es sich unstreitig um eine Dienstleistung im Sinne der §§ 1, 1 a VOL/A und der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18.06.1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, ABl. EG Nr. 1 209, in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.10.1997, ABl. EG Nr. 1 328. Nach § 7 Nr. 6 VOL/A sind Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus- und Fortbildungsstätten oder ähnliche Einrichtungen zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassen. In den Erläuterungen zu § 7 Nr. 6 VOL/A heißt es: Die genannten Einrichtungen verfolgen primär andere als erwerbswirtschaftliche Zwecke. Aufgrund ihrer vielfach günstigeren Angebote ist damit zu rechnen, dass diese Einrichtungen im Falle einer wettbewerblichen Vergabe private Unternehmen verdrängen. Unter dem Begriff "Ähnliche Einrichtungen" können folglich auch nur solche Institutionen gefasst werden, die eine vergleichbare sozialpolitische Zielsetzung verfolgen und bei denen mit einer Verdrängung privater Unternehmen gerechnet werden muss. Diese Voraussetzungen sind in der Regel bei Regiebetrieben nicht gegeben; sie sind daher dem Wettbewerb zu unterstellen.

27

Aus diesem Grund werden auch kommunale Unternehmen (z.B. Einrichtungen der Abfallentsorgung) nicht von § 7 Nr. 6 VOL/A erfasst (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.01.2000, NZBau 2000, S. 155, 157; Daub/Eberstein, VOL/A, § 7, Rdn. 75). Die Einrichtungen im Sinne des § 7 Nr. 6 VOL/A zeichnen sich also dadurch aus, dass sie auf Grund ihrer sozialpolitischen Ausrichtung ihre Leistungen deshalb besonders günstig anbieten können, weil hierbei keine oder nur geringe Arbeitskosten anfallen (vgl. 1. Vergabekammer des Bundes, Az.: VK 1 - 21/99, Beschluss v. 21.09.1999). Die Tatsache, dass der Verordnungsgeber im Gegensatz zu § 8 Nr. 6 VOB/A bei der Abfassung des § 7 Nr. 6 VOL/A von der Einbeziehung kommunaler Unternehmen und Betriebe der öffentlichen Hand bei den zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassenden Einrichtungen abgesehen hat, ist zu respektieren, zumal die wirtschaftlichen Verhältnisse im Dienstleistungssektor und im Bausektor nicht gleich liegen, sondern erhebliche Unterschiede aufweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Az.: Verg. 3/99, Beschluss v. 12.01.2000). Die Beigeladene zu 6 fällt daher im Hinblick auf das vorliegende Vergabeverfahren mit ihrem Angebot NA 5, das nach der angefochtenen Wertung der Auftraggeberin auf Platz 4 der wirtschaftlichsten Angebote rangiert, nicht in den Regelungsbereich des § 7 Nr. 6 VOL/A.

28

Dagegen verstößt die Berücksichtigung des Angebots der Beigeladenen zu 6 zur Variante NA 4 gegen die Regelung des § 8 Nr. 6 VOB/A. Anders als § 7 Nr. 6 VOL/A regelt diese Vorschrift, dass nicht nur Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus- und Fortbildungsstätten und ähnliche Einrichtungen, sondern auch Betriebe der öffentlichen Hand und Verwaltungen zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassen sind. Betriebe der öffentlichen Hand sind auch die sog. Regiebetriebe des Staates und der Kommunen, denen im Schrifttum zwar zugestanden wird, bestimmte Kapazitäten auch für Bauleistungen vorzuhalten, die jederzeit verfügbar sind, um die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten. Für eine darüber hinausgehende Betätigung von Regiebetrieben, etwa für die Erstellung von Neubauten, besteht dagegen keine Berechtigung (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Auflage, § 8 Rdn. 69).

29

Keine Betriebe der öffentlichen Hand im Sinne von § 8 Nr. 6 sind erwerbswirtschaftlich orientierte Unternehmen, die der öffentlichen Hand ganz oder teilweise gehören und in der Form einer Kapitalgesellschaft (AG, GmbH usw.) geführt werden (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Rdn. 70). Bei diesen Unternehmen muss ebenso wie bei denen der privatgewerblichen Wirtschaft die für eine Leistung zu fordernde Gegenleistung so beschaffen sein, dass sie in der Regel zumindest die Selbstkosten deckt. Auf dieses Erfordernis haben die Betriebe der öffentlichen Verwaltung - auch Eigenbetriebe - oder die Verwaltungszweige, die Gewerbetätigkeit ausüben, zwar zu achten, jedoch bedeutet eine Missachtung nicht den Untergang dieser Betriebe, denn ein evtl. Fehlbetrag wird, wenn die Leistungen für Rechnung einer auf Steuer- oder Gebühreneinnahmen angewiesenen Körperschaft erbracht werden, letzten Endes aus diesen Einnahmen gedeckt. Der Verordnungsgeber hat sich mit § 8 Nr. 6 VOB/A entschieden, den Wettbewerb zwischen Bietern der gewerblichen Wirtschaft und den Betrieben der öffentlichen Hand auf dem Bausektor zu untersagen (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 8 Nr. 6, Rdn. 21 - 22).

30

Diese Erwägungen treffen auch auf die Beigeladene zu 6 als Anstalt öffentlichen Rechts zu. Sie ist ausdrücklich nicht erwerbswirtschaftlichen Unternehmen, die der öffentlichen Hand ganz oder teilweise gehören und in Form einer Kapitalgesellschaft wie etwa einer GmbH geführt werden, gleichzusetzen. Nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Errichtung der ... (Stadtentwässerungsgesetz - SEG -) vom 20.12.1994 (..., S. 435) ist die ... (...) zwar im Innenverhältnis ermächtigt, Geschäfte und Tätigkeiten jeglicher Art auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung sowie Geschäfte und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Klärschlammbeseitigung durchzuführen. Darunter lassen sich ohne Weiteres Dienstleistungen auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung im Sinne der VOL/A auch außerhalb des ... Territoriums subsumieren. Gegebenenfalls mag dadurch im Innenverhältnis auch die Beteiligung am Wettbewerb im Bereich der VOB/A gedeckt sein. Die Beigeladene zu 6 ist auch gem. § 13 Abs. 1 SEG nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. Nach § 15 Abs. 2 SEG hat die Geschäftsführung einen Jahresabschluss nach den Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches (HGB) zu erstellen. Die ... hat darüber hinaus schlüssig dargelegt, dass jegliche exterritoriale Betätigung der ... als Bestandteil ihres Konzeptes "..." (...) die Vollkosten decken und darüber hinaus einen Gewinnbeitrag leisten muss, so dass eine Quersubventionierung aus dem Kerngeschäft grundsätzlich ausgeschlossen ist. Dies ergibt sich aus dem von der Beigeladenen zu 6 vorgelegten Protokoll der Aufsichtsratssitzung III/96 vom 24.05.1996, TOP 9 mit Anlage.

31

Gleichwohl unterscheidet sich die ... durch die mit ihrer Organisation als Anstalt öffentlichen Rechts zwingend verbundene und in § 3 Abs. 2 und 3 SEG geregelte Gewährträgerhaftung und Anstaltslast von einer von der öffentlichen Hand beherrschten GmbH. Nach § 3 Abs. 2 SEG haftet für die Verbindlichkeiten der ... neben deren Vermögen ... als Gewährträgerin unbeschränkt, wenn und soweit die Befriedigung aus dem Vermögen der ... nicht zu erlangen ist (Gewährträgerhaftung). Nach § 3 Abs. 3 stellt die ... sicher, dass die ... ihre Aufgaben erfüllen kann (Anstaltslast). Ungeachtet der Verpflichtung der ..., im Innenverhältnis gerade auch im Rahmen einer exterritorialen Betätigung kaufmännisch und kostendeckend zu arbeiten, bleibt die ... im Falle von wirtschaftlichem Misserfolg und Fehlkalkulation verpflichtet, für die Verbindlichkeiten der ... einzustehen, so dass die Möglichkeit eines Konkurses, wie er auch bei einer von der öffentlichen Hand beherrschten GmbH durchaus möglich ist, im Falle der Beigeladenen zu 6 ausscheidet.

32

Die Beigeladene zu 6 war und ist daher nicht gehindert, sich - wie im vorliegenden Fall mit der Variante NA 5 - mit Angeboten am Wettbewerb zu beteiligen, die Dienstleistungen im Sinne der §§ 1, 1 a VOL/A betreffen, da Betriebe der öffentlichen Hand, auch in Form einer Anstalt öffentlichen Rechts, ausdrücklich von § 7 Nr. 6 VOL/A nicht erfasst werden. Dagegen ist sie vom Wettbewerb betreffend Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A (im vorliegenden Fall HA und NA 1 bis NA 4) nach der eindeutigen Regelung des § 8 Nr. 6 VOB/A zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassen.

33

c)

Angebot der Antragstellerin zur Variante NA 4 - Gleichbehandlung der Angebote

34

- Zuschuss der Gemeinde ...

35

Die Auftraggeberin hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht dadurch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, dass sie einen vertraglichen Baukostenzuschuss der Gemeinde ... nur bei den Eigenbau- und Eigenbetriebsvarianten HA, NA 1 und NA 2, nicht aber bei den Betreibermodellvarianten NA 3 und NA 4 und auch nicht bei der Variante Externe Abwasserbehandlung NA 5 kostenmindernd berücksichtigt hat. Eine Verpflichtung der Gemeinde ..., sich ggf. auch an den Investitionskosten einer Abwasserbeseitigung im Rahmen eines Betreibermodells oder einer externen Abwasserbehandlung zu beteiligen, besteht nicht. Vertragliche Grundlage für einen Investitionskostenzuschuss für eine Kläranlagenerweiterung, die von der Stadt ... im Rahmen der Varianten HA, NA 1 und NA 2 erstellt und von ihr selbst betrieben wird, ist allein der zwischen der Stadt ... und der Gemeinde ... bestehende Abwasserreinigungsvertrag vom 29.07.1977 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 12.07.1978, der frühestens zum 01.10.2010 gekündigt werden kann, was die Auftraggeberin nach eigenem Bekunden beabsichtigt. § 12 dieses Vertrages enthält folgende Regelung:

"Technische Verbesserungen

... (...) beteiligt sich an etwaigen späteren Investitionskosten für technische Verbesserungen, die durch technischen Fortschritt oder behördliche Auflagen erforderlich werden (bessere Reinigung des Abwassers oder stärkere Reduzierung des Wassergehaltes aus dem Klärschlamm), nach dem Verhältnis der insgesamt vorhandenen und für ... vorgehaltenen EGW (Einwohnergleichwerte).

Beispiel: Investitionskosten mal 20.000 EGW durch zurzeit 82.000 EGW

insgesamt = Anteil ...."

36

Aufgrund dieser Regelungen hat die Auftraggeberin dem Grunde nach zwar tatsächlich einen Anspruch auf einen Zuschuss für notwendige Investitionen, soweit die Auftraggeberin als Bauherrin auftritt und die Betriebsführung der künftigen Abwasserbehandlungsanlage auch nach der ausgeschriebenen Erweiterung weiterhin bei der Stadt ... verbleibt (Varianten HA, NA 1, NA 2). Hinsichtlich der Varianten zum Betreibermodell (NA 3 und NA 4) und zur Variante "Abwasserbehandlung in einer externen Behandlungsanlage" (NA 5) lässt sich eine Beteiligungspflicht der Gemeinde ... - wovon auch die Auftraggeberin zutreffend ausgeht - indessen nicht ableiten, da Gegenstand des Abwasserreinigungsvertrages die Reinigung des Abwassers der Gemeinde ... in einer von der Stadt ... betriebenen Abwasserbehandlungsanlage ist. Auch eine sonstige vertragliche Grundlage für einen Baukostenzuschuss der Gemeinde ... für die Varianten NA 3 bis NA 5 besteht nicht. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2001 erklärt, dass die Stadt ... zwar mit der Gemeinde ... durchaus erörtert habe, wie sich diese im Falle der Beauftragung im Rahmen eines Betreibermodells oder einer externen Entsorgung beteiligen würde. Dies sei unter anderem vom Bürgermeister der Stadt ... am 07.11.2000 mit Vertretern der Gemeinde ... erörtert worden. Die Gemeinde ... habe sich jedoch auf den Wortlaut des Vertrages zurückgezogen und eine derartige Beteiligung abgelehnt.

37

Die Auftraggeberin hat allerdings auch zu Lasten der Antragstellerin gegen die Maßstäbe des § 25 VOB/A verstoßen, indem sie bei den Angeboten auf die Varianten HA, NA 1 und NA 2 den Baukostenzuschuss der Gemeinde ... in Höhe von 20 % auf die gesamten Herstellungskosten für denNeubau vor Restbuchwert Altanlagen und Baukostenzuschuss kostenmindernd in Abzug gebracht hat, was beim favorisierten Angebot auf die Variante HA bei einer Angebotssumme von 27.345.217,32 DM einen die Rangfolge maßgeblich beeinflussenden Betrag von 5.469.043,46 DM ergibt (vgl. Vergabeempfehlung, Ordner 2, Teil B 6, Anlage B 6 - 2, Übersicht über die zu ermittelnden Herstellungskosten bei Eigenbau der Kläranlage).

38

Die Vergabekammer teilt die Auffassung der Auftraggeberin nicht, dass sich ein Baukostenzuschuss in Höhe von 20 % der Gesamtkosten der streitbefangenen ausgeschriebenen Maßnahme in den Varianten HA, NA 1 und NA 2 zwingend aus § 12 des Abwasserreinigungsvertrages ableiten lässt. Wie bereits im parallelen Nachprüfungsverfahren 203-VgK-04/2001 mit Beschluss vom 09.05.2001 (noch nicht rechtskräftig) entschieden, ist angesichts der Tatsache, dass die Gemeinde ... lediglich noch für den Zeitraum 01.03.2003 (Inbetriebnahme der neuen Anlage gemäß Vergabebekanntmachung vom 25.08.2000) bis zum 31.12.2009 - mithin lediglich 7 Jahre - von der ausgeschriebenen Maßnahme profitiert, eine Beteiligung der Gemeinde ... in Höhe von 20 % der Gesamtbaukosten auf der Grundlage des bestehenden Abwasserreinigungsvertrages zumindest nicht evident. Dagegen spricht auch die aus den Verdingungsunterlagen eindeutig formulierte Gesamtkonzeption der Auftraggeberin. Die streitbefangene Neubaumaßnahme soll gerade auch die wirtschaftliche Abwasserbehandlung der Stadt ... (und der Gemeinde ...) für die Zeit nach Beendigung des Abwasserreinigungsvertrages mit der Gemeinde ..., also nach dem 01.01.2010 gewährleisten. Deutlich wird dies durch die Ausführungen zum "Mengen- und Betriebskonzept für Bauleistung am Standort ... (HA, NA 1 und NA 2)" in den Verdingungsunterlagen, Seite A 10. Dort heißt es:

"Um insgesamt die wirtschaftlichste Lösung zur Abwasserbehandlung am Standort ... zu realisieren, wird im Entwurf des Auftraggebers die Altanlage alsÜbergangslösung bis zum Jahr 2009 in das Ausbaukonzept vollständig integriert. Die Anlage wird mit einem begrenzten Abwasserstrom beschickt. Dieser Abwasserstrom entspricht in seiner Schmutzfracht maximal der Schmutzfracht aus der Gemeinde ... (Stand 1999). Die Neuanlage ist im AG-Entwurf so dimensioniert und ausgelegt, dass in ihr der Hauptstrom des Abwassers behandelt wird. Zulaufspitzen in Menge und Fracht werden der Neuanlage zugeleitet.

Ab dem Jahr 2010 entfällt der Abwasserstrom .... Dementsprechend wird die Altanlage gemäß dem Entwurf des Auftraggebers stillgelegt. Die Neuanlage dient somit zur Reinigung des Abwassers aus ... und der Prognose ...."

39

Angesichts dieser Sach- und Rechtslage und der wegen der Höhe des von der Auftraggeberin kalkulierten Zuschusses unstreitigen Bedeutung für die Rangfolge der von der Auftraggeberin zu wertenden Angebote ist diese gehalten, vor erneutem Eintritt in die Wertung gem. Ziffer 1 des Tenors dieser Entscheidung sich zumindest die prozentuale Höhe der Beteiligung von der Gemeinde ... bestätigen zu lassen. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes lässt es nicht zu, diese Frage nach Zuschlagserteilung etwaigen späteren Verhandlungen zwischen der Stadt ... und der Gemeinde ... zu überlassen. Ebenso muss die Auftraggeberin vor Berücksichtigung des Baukostenzuschusses mit der Gemeinde ... eine tragfähige Einigung über den ihr bei Kündigung zum 31.12.2010 gem. § 17 des Abwasserreinigungsvertrages auszukehrenden Zeitwert des Baukostenzuschusses herbeiführen oder aber zumindest eine rechtlich und betriebswirtschaftlich belastbare Kalkulation des auszukehrenden Zeitwertes vornehmen, bevor sie erneut die Wertung der Angebote durchführt (vgl. Beschluss v. 09.05.2001 im Parallelverfahren 203-VgK-04/2001).

40

- Personalkosten

41

Die Auftraggeberin hat ferner auch zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem sie unstrittig bei der Wertung zu Gunsten der Eigenbauvarianten HA, NA 1 und NA 2 eine durch altersbedingtes Ausscheiden eines Mitarbeiters mögliche Reduzierung der Anzahl der Mitarbeiter zwischen 2004 und 2006 kostenmindernd berücksichtigt hat, während sie die Bieter durch die Verdingungsunterlagen gleichzeitig veranlasst hat, bei Angeboten auf die Varianten NA 3 bis NA 5 mit Personalkosten von 6 Mitarbeitern zu kalkulieren, die diese von der Auftraggeberin vertraglich übernehmen sollten. In § 2 des Personalgestellungsvertrages, der nebst Anlagen Bestandteil der Verdingungsunterlagen ist, ist festgelegt, dass aus dem jetzigen Personalbestand der Auftraggeberin im Falle der Beauftragung auf ein Angebot der Varianten NA 3 bis NA 5 dauerhaft 6 Mitarbeiter aus dem jetzigen Personalbestand der Auftraggeberin zu übernehmen und zu beschäftigen sind. (vgl. Ordner 3 der Verdingungsunterlagen, Teil F, § 7 des Betreibervertrages, Seite F 1.19; Anlage 7, Personalgestellungsvertrag, Seite F 2.34 ff.). Auf den Hinweis eines Bieters: "Im Erläuterungsbericht werden 5 Mitarbeiter genannt, die zukünftig auf der Kläranlage beschäftigt sein sollen. Im Personalgestellungsvertrag werden dagegen 6 Personen genannt", antwortete die Vergabestelle in ihrer Bieterinformation Nr. 2 vom 09.10.2000 unter 3 c: "Der Personalgestellungsvertrag mit den genannten 6 Personen ist Basis der Ausschreibung." Diese Aussage hat die Auftraggeberin gegenüber den Bietern noch einmal mit ihrer Bieterinformation Nr. 5 vom 15.11.2000 (S. 3, 4 e) bestätigt. Auf den Hinweis eines Bieters: "Im Betreibervertrag wird in § 7 festgelegt, dass das für die Erfüllung der Verpflichtungen aus diesem Vertrag zu stellende Personal ... dem Betreiber gestellt" wird. Wir bitten um Bestätigung, dass es sich dabei um die im Schreiben vom 27.09.2000 genannten 6 Mitarbeiter handelt. Gilt diese Vorgabe auch für den Dienstleistungsvertrag nach NA 5?" antwortete die Vergabestelle: "Bei der Personalbestellung handelt es sich wie bereits erwähnt um 6 Mitarbeiter. Diese Vorgabe gilt auch für Angebote nach NA 3 bis NA 5."

42

Angesichts diesen eindeutigen Aussagen der Auftraggeberin in den Bieterinformationen 2 und 5 kann dem Vortrag der Auftraggeberin, die Bieter der Varianten NA 3 bis NA 5 hätten aus den Anlagen zum Personalgestellungsvertrag erkennen können, dass zwischen 2004 und 2006 mit einem altersbedingten Ausscheiden zu rechnen ist, nicht gefolgt werden. Vielmehr waren die Bieter der Varianten NA 3 bis NA 5 gehalten, mit Personalkosten für 6 Mitarbeiter zu kalkulieren.

43

Die Auftraggeberin ist daher gehalten, im Rahmen einer neuen Wertung entweder bei allen Varianten die Kosten für 6 Mitarbeiter zugrunde zu legen oder aber auch den Varianten NA 3 bis NA 5 die von ihr für die Variante HA errechnete Kostenminderung ab 2004 gutzuschreiben.

44

- Unternehmerische Risiken

45

Die Auftraggeberin hat in ihre Betriebskostenkalkulation keine Kosten für unvorhersehbare Risiken eingestellt. Die Auftraggeberin hat dies damit begründet, dass die Baukosten gemäß der Angebotsvarianten HA, NA 1 und NA 2 auf Grund eines umfangreichen Massenleistungsverzeichnisses bzw. auf Grund von Festpreisangeboten ermittelt worden seien. Auch sei die Ausschreibung vollständig entsprechend dem Stand der Technik durchgeführt worden, weshalb sich ihrer Auffassung nach die Berücksichtigung eines entsprechenden Kostenblockes "Unvorhergesehenes" erübrige. Demgegenüber verweist die Antragstellerin darauf, dass in den Nebenangeboten NA 4 und NA 5 Risikoansätze unter anderem für Baukosten und Massenänderungen enthalten sind. Der statische Nichtansatz dieser Risiken für das Hauptangebot verzerre die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit über die Gesamtlaufzeit und bevorzuge diese in unzulässiger Weise.

46

Die Auftraggeberin ist gehalten, bei der neu vorzunehmenden Wertung der Angebote gem. Ziffer 1 des Tenors auch den marktüblichen Kostenblock "Unvorhergesehenes" als Risiko- und Wagniszuschlag zu ermitteln und zu berücksichtigen. Dies gilt für alle mit dem Bau zusammenhängenden Kostenrisiken.

47

Dagegen ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin die Risiken der laufenden Betriebsführungen mit einer in der Ausschreibung definierten Preisleitklausel abgedeckt hat. Bei einer Erhöhung etwa der Steigerung der Strombezugskosten im Rahmen der Angebote HA, NA 1 und NA 2 erfolgt entsprechend auch eine Erhöhung bei den Angeboten NA 3, NA 4 und NA 5 im Rahmen der in den Betreiber- bzw. Dienstleistungsverträgen vorgesehenen Preisleitklauseln. Eine Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Varianten ist daher nicht zu besorgen.

48

- Flockungshilfsmittel

49

Die Auftraggeberin hat mit Schriftsatz vom 08.05.2001, wie auch bereits im Parallelverfahren 203-VgK-04/2001 eingeräumt, dass die Betriebskostenart "Flockungshilfsmittel" mit 476,92 DM/t auf Grund eines Fehlers zu niedrig angesetzt wurde. Realistische Betriebskosten lägen bei 5.950,-- DM/t. Die Auftraggeberin ist gehalten, bei der erneuten Wertung diese korrigierten Ansätze auch für die Angebotsvarianten HA, NA 1 und NA 2 zu berücksichtigen.

50

Die übrigen von der Antragstellerin gerügten Kostenansätze der Auftraggeberin sind dagegennicht zu beanstanden:

51

- Übernahme von Grundstücksflächen

52

Die Antragstellerin macht geltend, die Auftraggeberin habe zu Unrecht die von ihr als "Option D.1." angebotene Kostenreduzierung, nur die bei ihrem Nebenangebot NA 4 benötigten Grundstücksflächen von der Stadt ... zu erwerben, nicht berücksichtigt. Der jährliche Grundpreis hätte sich laut Antragstellerin je 100.000,-- DM Minderpreis für den Grundstückskauf um netto 8.700,-- DM/a ermäßigt. Die Auftraggeberin weist demgegenüber zu Recht darauf hin, dass in den Verdingungsunterlagen (Ordner 1, Teil A, A 6.3., S. A.52) ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Anbieter von der Betreiber- bzw. Dienstleistung die bestehende Kläranlage mit den vorhandenen technischen Einrichtungen einschließlich der notwendigen Fläche käuflich zu erwerben hat. Die gesamten zu übernehmenden Flächen gehen aus dem in Teil H, 2. Teil, Ordner 5 der Verdingungsunterlagen enthaltenen Lageplan H 3 hervor. Da nach den Verdingungsunterlagen mithin die dort markierten Grundstücksflächen vollständig vom Bieter zuübernehmen sind, durfte die Auftraggeberin die von der Antragstellerin angebotene Kostenreduzierung durch eine Teilübernahme von Grundstücken nicht berücksichtigen.

53

- Option Abbruch Altanlage

54

Die Antragstellerin hatte im Rahmen ihres Angebots NA 4 als "Option D.2." angeboten, den Abbruch der nicht benötigten Altanlagenteile selbst zuübernehmen, wodurch sich der Grundpreis um netto 39.150,-- DM/a ermindern sollte. Im Gegenzug sollte nach dem Angebot der Antragstellerin die Vergütung der Abbruchkosten an die Stadt ... entfallen. Die Auftraggeberin hatte in ihren Verdingungsunterlagen (Ordner 1, S. A.52) eindeutig geregelt, dass die Abbruchkosten für die rückzubauenden Anlagenteile vom Bieter NA 3, NA 4 und NA 5 in die Kalkulation einzubinden sind. Auf eine entsprechende Bieteranfrage hat die Auftraggeberin zudem in ihrer Bieterinformation Nr. 4 vom 09.11.2000, Seite 4 klargestellt:

"Aufgrund des in NA 3 und NA 4 erforderlichen Neubaus sind die nicht mehr benötigten Flächen der jetzigen Kläranlage zu entsiegeln bzw. umzunutzen. Daraus entstehen den Stadtwerken ... Abbruchkosten von 1,3 Mio. DM, die der Betreiber zu zahlen hat."

55

Die Auftraggeberin hat im Nachprüfungsverfahren vorgetragen, sie habe die Abbruchkosten inklusive der Berücksichtigung des Baugrundrisikos und eines Risikoanteils bezüglich evtl. auftretender Bodensanierung kalkuliert. Da nach den Verdingungsunterlagen Abbruchkosten in Höhe von 1,3 Mio. DM in die Kalkulation von Angeboten auf die Varianten NA 3 und NA 4 zwingend einzubinden waren, hat die Auftraggeberin die als "Option D.2." angebotene Variante der Antragstellerin zu Recht nicht gewertet.

56

- Option ...

57

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Auftraggeberin habe die Kosten für die Mitbehandlung des Abwasserstromes der Gemeinde ... entgegen den Vorgaben in den Verdingungsunterlagen bei der Wertung der Variante HA nur teilweise berücksichtigt. Es fehlten zumindest die Kosten für die Vergrößerung des Belebungsbeckenvolumens und die weiteren baulichen Maßnahmen ab dem Jahr 2010. Die Auftraggeberin hat dem entgegengehalten, dass eine Vergrößerung des Belebungsbeckenvolumens für die Mitbehandlung ... nicht stattfindet. Im Übrigen seien die Kosten für die Erweiterung des Klärwerks zur Mitbehandlung des Abwasserstromes ... über die Errichtung eines Speichers angesetzt. Die Investitionskosten seien mit 433.000,-- DM kalkuliert worden. Die Auftraggeberin hat im Parallelverfahren 203-VgK-06/2001 mit Schriftsatz vom 26.04.2001 eingeräumt, dass voraussichtlich zwischen 2004 und 2007 auf Grund der Mitbehandlung des Abwasserstromes ... eine Erweiterung erforderlich wird, die dann über eine separate Ausschreibung vorgenommen werden soll. Bis dahin sehe das Betreiberkonzept für die Angebotsvariante HA und NA 1 jedoch vor, dass die Kläranlage gemäß einem Stufenkonzept nicht sofort für die Mitbehandlung des Abwasser aus ... erweitert wird. Um den Investitionsmittelbedarf zu minimieren und damit insgesamt eine wirtschaftliche Lösung zu erreichen, werde das Abwasser aus ... in den ersten Betriebsjahren an Stelle der Abwassermenge aus der "Prognose ..." mitbehandelt. Diese Prognose wurde für das Jahr 2010 aufgestellt und stelle somit eine Entwicklungskapazität dar, die sich im Zeitraum von 2003 bis 2010 entwickelt.

58

Da die Auftraggeberin gleichwohl die Investitionskosten für die Mitbehandlung ... durch das von ihr beauftragte Ingenieurbüro ... und Partner ... in Höhe von 433.000,-- DM für die Errichtung eines Speichers vor Submission kalkuliert, hinterlegt und bei der Bewertung der Angebote HA und NA 1 berücksichtigt hat, ist die Antragstellerin als Bieterin der Angebotsvariante NA 4 durch diese Verfahrensweise der Auftraggeberin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB verletzt.

59

- Eigenkosten der Verwaltung

60

Die Antragstellerin hat gerügt, dass die in die Bewertung eingeflossenen Eigenkosten der Verwaltung in den Verdingungsunterlagen nicht bekannt gemacht gewesen seien. Ihre Zusammensetzung sei nicht erklärlich. Insbesondere sei auch nicht erklärlich, warum die Eigenkosten bei der Variante NA 5 von der Auftraggeberin geringer angesetzt wurden als bei der Variante NA 4 (Betreibermodell). Die Auftraggeberin hat demgegenüber schlüssig entgegengehalten, dass sie bei der Kalkulation dieser Kosten den unterschiedlichen Verwaltungsaufwand und die unterschiedlichen Gemeinkosten bei den einzelnen Varianten zu berücksichtigen hatte. Der Verwaltungsaufwand sei beim eigenen Betrieb am größten und bei der Behandlung des Abwassers in einer externen Abwasserbehandlungsanlage gemäß Variante NA 5 am geringsten. Die Betreibermodelle NA 3 und NA 4 verursachten gegenüber der Variante NA 5 (Dienstleistung) einen erhöhten Überwachungsaufwand, da die Kläranlage bei den Betreibermodellen in ... selbst betrieben wird.

61

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin die Verwaltungskosten beim eigenen Betrieb (HA, NA 1, NA 2) mit 160.000,-- DM/a, bei der Betreiberlösung (NA 3, NA 4) mit 75.000,-- DM/a und bei der Dienstleistung (NA 5) mit lediglich 40.000,-- DM/a angesetzt hat.

62

- Herstell- und Kapitalkosten

63

Die Antragstellerin hat beanstandet, dass bei der Wertung der Variante HA eine Abdeckung des Belebungsbeckens, die als Bedarfsposition ausgewiesen war, berücksichtigt wurde, obwohl diese Abdeckung nach dem vorliegenden abwasserrechtlichen Genehmigungsbescheid nicht aufgeführt werde. Die Auftraggeberin verweist demgegenüber zu Recht darauf, dass im wasserrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 15.04.1999 in Kapitel III, Nr. 41 festgelegt ist, dass die Entscheidung über das Erfordernis der Abdeckung des Belebungsbeckens einer Abnahmemessung nach Inbetriebnahme vorbehaltenbleibt. Da die Auftraggeberin auf Grund dieser planungsrechtlichen Vorgabe nicht davon ausgehen durfte, dass eine nachträgliche Abdeckung der Belebungsbecken nicht erforderlich wird, ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin im Rahmen der Wertung aus Gründen der Gleichbehandlung alle Varianten mit der Bedarfsposition Abdeckung/Abluftbehandlung bewertet hat.

64

Die Antragstellerin ist auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Auftraggeberin bei der Wertung des Angebotes HA einen Festbetrag von 1,5 Mio. DM für Bauzeitzinsen einkalkuliert hat. Die Auftraggeberin ist von einem derzeit realistisch am Kapitalmarkt erreichbaren Zinssatz von 6 % ausgegangen. Da sie zudem nicht lediglich die sich aus der Ausschreibung ergebenden tatsächlichen Baukosten von ca. 19,6 Mio. DM für die Zinsberechnung angesetzt hat, sondern das sich daraus ergebende Gesamtinvestitionsvolumen von 24 Mio. DM, hat die Auftraggeberin die Bauzeitzinsen bei der Variante HA nicht zu niedrig angesetzt.

65

- Investitionskosten Altanlage

66

Die Antragstellerin beanstandet, dass bei der Beauftragung der Variante HA zwar die vorhandenen Altanlagen der Einlaufgruppe und wesentliche Teile der vorhandenen Belebungsstufe (Gebläse, Belüfter etc.) weiter genutzt werden sollen, dafür aber andererseits keinerlei Instandhaltungs- oder Modernisierungskosten bei der Barwertermittlung der Variante HA berücksichtigt seien. Insgesamt seien dafür nach Auffassung der Antragstellerin 495.000,-- DM netto anzusetzen. Demgegenüber verweist die Auftraggeberin darauf, dass nach dem Ausbaukonzept für die Variante HA nach den Verdingungsunterlagen die Altanlage im Jahre 2010 (ab Wegfall des Abwasserstromes ...) stillgelegt werden soll. Entsprechend sei auch bei den Varianten NA 3 und NA 4 § 1 Abs. 9 des Betreibervertrages zu verstehen, der sich auf die langfristig zu betreibenden Anlagenteile beziehe. Die von der Antragstellerin angesetzten Neuanschaffungen und umfangreichen baulichen Sanierungen gehen nach Auffassung der Auftraggeberin über diesen Bedarf hinaus. Da in der Variante HA im Leistungsverzeichnis zu Los B 1, Gewerk 15, Los M, Gewerk 24 und Los E, Gewerk 3 Investitionskosten für die Optimierung und notwendige Erweiterung der Altanlage berücksichtigt wurden, ist die Beanstandung der Antragstellerin unbegründet. Die Auftraggeberin war angesichts der aus den Verdingungsunterlagen hervorgehenden Tatsache, dass die Altanlage nach dem Wegfall des Abwasserstromes ... ab 01.01.2010 nicht mehr benötigt wird, nicht gehalten, hinsichtlich der Altanlagen Sanierungskosten anzusetzen, die auf eine Nutzungsdauer für 15 Jahre (Maschinentechnik) oder gar 30 Jahre (Baukörper) ausgelegt ist.

67

- "Online-Messungen"

68

Die Antragstellerin hat beanstandet, dass die Auftraggeberin bei der Variante HA Kosten für "Online-Messungen", die für die Überwachung des Kläranlagenbetriebs notwendig seien, nicht berücksichtigt habe. Die Auftraggeberin hat demgegenüber zu Recht darauf verwiesen, dass nach dem in den Verdingungsunterlagen enthaltenen AG-Entwurf vom 23.06.2000 (Teil H der Verdingungsunterlagen) ein Mess- und Regelkonzept, das u.a. auch eine Liste der Messstellen enthält, dargestellt ist, das Online-Messungen nicht vorsieht.

69

- Grundwassermonitoring etc.

70

Auch der Vorwurf, die Auftraggeberin habe bei der Bewertung des Angebotes HA Kosten für Grundwassermonitoring, Grundwasseranalytik, Grundwasseraufbereitung im Baufeld, Altlastensicherung etc. nicht berücksichtigt, ist unbegründet. In der Bieterinformation Nr. 5 der Auftraggeberin vom 15.12.2000 war auf eine entsprechende Bieteranfrage unter f (Wasserhaltungsmaßnahmen) von der Auftraggeberin für jede Angebotsvariante dargelegt worden, wie die entsprechenden Kostenpositionen anzusetzen sind. Dies ist von keinem Bieter gerügt worden. Darüber hinaus ergibt sich aus Anlage E der Projektkostenbarbewertung der Variante HA, dass unter Pos. 4 Kosten in Höhe von 350.000,-- DM für Beratung, Genehmigung, Gebühren, Prüfstatik berücksichtigt wurden, die bei den Varianten HA, NA 1 und NA 2 von der Auftraggeberin zu tragen waren und in der Wertung entsprechend in Ansatz gebracht wurden. Eine diesbezügliche Begünstigung der Variante HA ist nicht ersichtlich.

71

- Abwasserabgabe

72

Die Antragstellerin rügt, dass die Auftraggeberin eine Wertung der Angebote HA und dem Angebot der Beigeladenen zu 6 zur Variante NA 5 bei der Berechnung des Kapitalzinses, Basis für die Verzinsung ab 01.01.2003, eine Verrechnung der Abwasserabgabe kostenmindernd berücksichtigt habe, während sie diese Gutschrift bei der Bewertung des Angebots der Antragstellerin NA 4 unterlassen habe. Es wäre der Antragstellerin jedoch ohne weiteres möglich gewesen, eine entsprechende Verrechnung ausdrücklich anzubieten und bei ihrer Kalkulation zu berücksichtigen. Aus der Angebotsauswertung zum Nebenangebot NA 5 (Vergabeempfehlung, Ordner 2) geht hervor, dass die Beigeladene zu 6 einen entsprechenden Sondervorschlag zur Verrechnung der Abwasserabgabe mit ihrem Angebot unterbreitet hat und auch eine entsprechende Erklärung der für die Abwasserabgabe zuständigen Behörde (...) vorgelegt hat, aus der die Zustimmung zur Verrechenbarkeit hervorgeht. Auch die Bieter der Varianten NA 3 und NA 4 (Betreibermodelle) hätten die Möglichkeit gehabt, sich die Möglichkeit einer Verrechenbarkeit der Abwasserabgabe bestätigen zu lassen und diese bei ihren Angeboten ausdrücklich zu berücksichtigen.

73

- Kosten Tragwerksplanung etc.

74

Der von der Antragstellerin bei der Bewertung der Variante HA vermisste Kostenansatz für Tragwerksplanung ist nach dem schlüssigen Vortrag der Auftraggeberin in Anlage E der Projektkostenbarwertberechnung in Pos. 2 (Ausschreibung) beim Kostenansatz von 800.000,-- DM mit berücksichtigt. Die Kosten für die Ausführungsplanung sind im Kostenansatz gem. Pos. 3 (Bauleitung, Objektüberwachung) von insgesamt 1.315.000,-- DM mit berücksichtigt.

75

Bezüglich der Kosten für Sicherheits- und Gesundheitskoordinierung hat die Auftraggeberin schlüssig vorgetragen, dass diese ebenfalls unter Pos. 3 (Bauleitung, Objektüberwachung) im Gesamtkostenansatz von 1.315.000,-- DM berücksichtigt wurden.

76

- Kapitalzinsen

77

Die Antragstellerin hält den von der Auftraggeberin bei der Bewertung der Variante HA zugrunde gelegten Zinssatz von 5,06 % für eine Darlehenslaufzeit von 20 Jahren nicht für realistisch. Dieser Ansatz widerspreche auch dem Leistungsverzeichnis, nach dem von einem Referenzzins von 6 % auszugehen sei. Die Auftraggeberin hat darauf hingewiesen, dass nach den von ihr vor Submission an neutraler Stelle hinterlegten Unterlagen zwar ein Zinssatz von 6 % genannt wurde, jedoch verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis "bzw. Zinssatz bei einer 20-jährigen Darlehensaufnahme zum Zeitpunkt der Auswertung." Die Auftraggeberin hat dargelegt, dass ihr zum Stichtag 04.12.2000 nicht nur die Aufnahme eines Darlehens der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung stand, die im Rahmen ihres Infrastrukturprogramms Kredite mit 10-jähriger Bindungsfrist für 5,06 % effektiv angeboten hat, sondern dass ihr darüber hinaus ein zinsverbilligtes Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB), das ebenfalls in Höhe von 50 % der Gesamtfinanzierungskosten zur Verfügung stände, was bei der Ermittlung des durchschnittlichen Zinssatzes berücksichtigt wurde. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin im Zeitpunkt der Bewertung auf Grund ihrer Marktrecherchen von einem Zinssatz von 5,06 % für die Laufzeit von 20 Jahren ausgegangen ist.

78

Im Rahmen der neu durchzuführenden Wertung muss sie allerdings, entsprechend ihrer Selbstbindung in Verdingungsunterlagen, den dann aktuellen Zinssatz erneut ermitteln und berücksichtigen.

79

- Kosten für Wartungen und Instandhaltungen

80

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin bei der Bewertung der Variante HA die Kosten für Wartung und Instandhaltung den fixen Betriebskosten zugeordnet hat. Da auf diese Weise auch Instandhaltungskosten für die ersten Betriebsjahre kalkulatorisch angesetzt wurden, die sich real erst in einem späteren Zeitpunkt auswirken, scheidet eine diesbezügliche Bevorzugung der Variante HA jedenfalls aus.

81

- Variable Betriebskosten

82

Die Antragstellerin hat beanstandet, dass in der Kostenzusammenstellung der Betriebskostenberechnung vom 24.11.2000 Angaben enthalten seien, die den Eintragungen in der von der Auftraggeberin vor Submission hinterlegten Zusammenstellung nicht entsprechen.

83

Die Auftraggeberin hat den vollständigen Berechnungsweg und die jeweiligen Einheitspreise zur Ermittlung der Betriebskosten der Varianten HA und NA 1 vor der Submission bei ihrem Rechnungsprüfungsamt hinterlegt. Ein entsprechender verschlossener Umschlag wurde der Vergabekammer mit den Vergabeunterlagen von der Auftraggeber vorgelegt. Die Auftraggeberin hat schlüssig dargelegt, dass zwar für die exemplarische Berechnung zur Dokumentation des Berechnungsweges von den Bemessungswerten Kläranlage ausgegangen worden ist, dass aber eine abschließende Fixkostenermittlung erst nach der Submission erfolgen konnte, um mögliche Sondervorschläge der Bieter, die z.B. die spezifischen Energieverbräuche beeinflussen, berücksichtigen zu können. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin sodann die abschließende Betriebskostenermittlung, deren Ergebnis in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeflossen ist, anhand der "mittleren Belastungswerte" der Kläranlage analog des hinterlegten Berechnungsganges durchgeführt hat. Dass die abschließende Betriebskostenermittlung auf Grundlage der mittleren Belastungswerte der ausgeschriebenen Kläranlage und unter Berücksichtigung von Sondervorschlägen der Bieter teilweise zu Abweichungen der Ergebnisse der exemplarischen Berechnung zur Dokumentation des Berechnungsweges führt, ist unvermeidlich, aber auch vergaberechtlich unbedenklich. Die Vergabekammer hat nach Prüfung der Vergabeakte keine Anhaltspunkte, dass etwa bei der abschließenden Betriebskostenermittlung zu Gunsten der Angebote HA und NA 1 vom hinterlegten Berechnungsweg abgewichen wurde.

84

- Fehlende Kostenansätze

85

Die Auftraggeberin hat dargelegt, dass sie die von der Antragstellerin bei der Bewertung der Variante HA vermissten Positionen Laborkosten im Kostenansatz von insgesamt 160.000,-- DM/a in Position A (Allgemeine Verwaltung inkl. der Gemeinkosten) gemäß Anlage C der Projektkostenbarwertberechnung berücksichtigt hat und Kosten für die erforderliche kontinuierliche Messung sowie für Abluftbehandlung/Vollgasreinigung über die Instandhaltungskosten berücksichtigt hat.

86

- Unvollständig ermittelte Kosten

87

Die Antragstellerin macht geltend, dass die Auftraggeberin bei der Bewertung der Variante HA von zu geringen Energiekosten ausgegangen sei. Zum einen habe sie die durch Nutzung der Abwasserbehandlung entstehenden Faulgase erzeugbare Energiemenge zu hoch angesetzt. Zum anderen habe sie die Entwicklung des Strompreises nicht berücksichtigt. Die Auftraggeberin hat demgegenüber schlüssig dargelegt, dass der Faulgasanfall vom Schlammabfall und damit von der Abwasserfracht, nicht von der Menge abhängt und dass sie den entsprechenden Schlammabfall unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Beschaffenheit des Abwassers aus ... und aus der Gemeinde ... bei ihrer Kalkulation berücksichtigt hat. Auch sind die von der Auftraggeberin angesetzten Stromkosten von 5 Pf/kWh ab Inbetriebnahme 2003 nicht zu beanstanden. Die Auftraggeberin hat dargelegt, dass es sich hierbei um einen Strompreis für einen Sondervertragskunden mit einer sehr hohen Benutzungsdauer (über 6000 Stunden) handelt. Zwar sind, wie auch die #Antragstellerin dies geltend macht, bis zum Jahre 2003 erhebliche Preissteigerungen, gerade auch unter Berücksichtigung der Stromsteuer durchaus möglich. Doch ist auch der von der Antragstellerin kalkulierte höhere Strompreis rein spekulativ, da sich der Strompreis angesichts des nunmehr bestehenden Wettbewerbs bis 2003 sowohl nach unten als auch nach oben bewegen kann. Die Auftraggeberin weist zu Recht darauf hin, dass Steigerungen in den Stromkosten sich auf alle Angebotsvarianten auswirken. Bei einer Erhöhung dieser Kosten im Rahmen der Angebote HA, NA 1 und NA 2 erfolgt entsprechend eine Erhöhung bei den Angeboten NA 3, NA 4 und NA 5 im Rahmen der in den Betreiber- bzw. Dienstleistungsverträgen vorgesehenen Preisgleitklauseln.

88

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin bei der Bewertung der Variante HA mit den derzeitig für die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm aus der Kläranlage ... anfallenden Kosten von 181,96 DM/t (Trockensubstanz) kalkuliert hat. Wie bereits im Beschluss vom 09.05.2001 im Parallelverfahren 203-VgK-04/2001 ausgeführt, ist die Kostenentwicklung der Klärschlammentsorgung nach Auffassung der Vergabekammer derzeit nicht kalkulierbar. Die Auswirkungen der geplanten Verschärfung der EU-Klärschlammrichtlinie 86/278/EWG, die die bisherübliche landwirtschaftliche Verwertung erschweren wird, sind derzeit nicht absehbar. Ob wirklich ab 2005 nur noch die - kostenerhöhende - Klärschlammverbrennung in Betracht kommt oder ob doch die landwirtschaftliche Verwertung weiterhin ermöglicht wird, ist derzeit noch offen.

89

Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Auftraggeberin bei der Ermittlung der variablen Betriebskosten zu Gunsten der von ihr für den Zuschlag favorisierten Variante HA von zu niedrigen Kosten ausgegangen ist.

90

Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen der oben unter 2. c festgestellten Vergaberechtsverstöße ist es geboten, die Auftraggeberin zu verpflichten, erneut in die Wertung einzutreten und diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer neu durchzuführen.

91

III. Kosten

92

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Es wird die gesetzliche Mindestgebühr in Höhe von 5.000,-- DM bzw. 2.556,46 EURO gem. § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt. Die in Ziffer 3 des Tenors geregelte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und die Auftraggeberin folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise begründet war und diese nur hinsichtlich ihres Angebots zur Variante NA 4 in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 verletzt ist. Dagegen war ihr Nachprüfungsantrag bezüglich ihres Angebots auf die Variante NA 2 als unbegründet zurückzuweisen (vgl. II. 2), da die Auftraggeberin dieses Angebot zu Recht von der Wertung ausgeschlossen hat. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren.

93

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.

94

Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 2.500,-- DM bzw. 1.278,23 EURO unter Angabe des Kassenzeichens ... auf folgendes Konto zu überweisen: ... DieAntragstellerin wird aufgefordert, ebenfalls den Betrag von 2.500,-- DM bzw. 1.278,23 EURO unter Angabe des Kassenzeichens ... auf folgendes Konto zu überweisen: ...

Gause
Schulte
Brinkmann