Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 28.08.2001, Az.: 203-VgK-17/2001

Zulässigkeit und Begründetheit eines Nachprüfungsverfahrens im Vergaberecht; Ausschluss eines Angebotes wegen fehlender Angaben zum Nachunternehmer

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
28.08.2001
Aktenzeichen
203-VgK-17/2001
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 30574
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabeverfahren Neubau der Brücke über die Gleisanlagen der xxxxxxxxx und über die Gleisanlagen und des Geländes eines Stahlwerks

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 22.08.2001
durch
den Vorsitzenden ORR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Conrad
beschlossen:

Tenor:

Der Nachprüfungsantrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Die Kosten werden auf 5 000,00 DM festgesetzt.

Die Antragstellerin hat der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beigeladene war notwendig.

Gründe

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 16.05.2001 u.a. die Erbringung von Bauleistungen im Zusammenhang mit dem Bau einer Stahl-/Stahlverbundbrücke EU-weit öffentlich ausgeschrieben, nachdem sie mit Bekanntmachung vom 12.04.2001 vorab darüber informiert hatte.

2

Den Ausschreibungsunterlagen war zu entnehmen, dass eine Vergabe nach Losen nicht vorbehalten bleibt. Allgemeines Zuschlagskriterium für die Auftragserteilung sollte der Preis sein, sowie als technische und wirtschaftliche Kriterien die Qualität und die Wirtschaftlichkeit. Nebenangebote waren zugelassen. Ferner wurden die Bieter aufgefordert, die Nachunternehmer zu benennen, die im Angebot enthaltene Leistungen als Teilleistungen ausführen.

3

Bei der Verdingungsverhandlung am 22.06.2001 ergab sich, dass die Antragstellerin mit einer Angebotssumme von 12.808.957,05 DM das günstigste Angebot abgegeben hatte. Sie hatte ferner noch ein Nebenangebot abgegeben. Nachunternehmer wurden für die Erd- und Tiefbauarbeiten, die Ausführungszeichnungen und Bestandsunterlagen, die Bewehrungsarbeiten, die Schutzplankenmontage, die Erdungsarbeiten und Überbrückungseinrichtungen sowie für die Abdichtungsarbeiten und Betonbeschichtungen benannt.

4

Die Beigeladene bot die Leistungen für 13.578.592,64 DM an. Sie hatte ferner 4 Nebenangebote abgegeben und gewährte 3 % Nachlass auf ihre Angebotssummen. Sie benannte Nachunternehmer für die Erdbauarbeiten und für die Abdichtungsarbeiten.

5

Dem Vorabzug des Vergabevermerks vom 25.06.2001 ist zu entnehmen, dass die Angebotssumme der Antragstellerin unter Berücksichtigung des Nebenangebotes brutto 12.574.707,64 DM betragen würde. Gleichzeitig wurde jedoch vermerkt, dass kurz vor Ausgabe der Ausschreibungsunterlagen sich herausstellte, dass sich die erforderliche Stahlmenge um rd. 100 t reduziert. Dies sei bei den Preisabfragen beim Stahlwerk erkannt worden und somit von einzelnen Firmen als Nebenangebot berücksichtigt worden. Da aber die Massenminderung nach Auffassung des ausschreibenden Ingenieurbüros bereits zu einer Kostenreduzierung von brutto 205.755,00 DM führt, müsste demnach überprüft werden, ob das Nebenangebot im Auftragsfall zur Ausführung käme.

6

Zum Angebot der Beigeladenen wurde vermerkt, dass sich unter Berücksichtigung sämtlicher Neben- und Alternativangebote eine Brutto-Angebotssumme von 12.858.873,09 DM ergibt.

7

Das beauftragte Ing.-Büro stellte fest, dass die Antragstellerin auch ohne Berücksichtigung des Nebenangebotes der niedrigste Bieter blieb. Sie sah aber keine Möglichkeit, schon vor einem Aufklärungsgespräch eine Empfehlung zur Beauftragung auszusprechen, da noch bezüglich der Stahlbauarbeiten ihrer Meinung nach Unklarheiten bestanden. Falls das Gespräch mit der Antragstellerin nicht positiv erfolgen würde, schlug das beauftragte Ing.-Büro vor, auch den nächstgünstigsten Bieter, die Beigeladene, zu einem Aufklärungsgespräch zu bitten.

8

Die Auftraggeberin lud die Antragstellerin mit Schreiben vom 25.06.2001 zu einem Aufklärungsgespräch ein und bat um verbindliche Aussagen zu den Stahlbauarbeiten. Die Auftraggeberin interessierte sich, ob die Leistungen im eigenen Betrieb ausgeführt werden sollten oder ob ein Nachunternehmer eingesetzt werden sollte. Sie bat ferner darum, zu dem Termin Art und Umfang der Leistungen sowie Name, Anschrift und Berufsgenossenschaft des vorgesehenen Nachunternehmers zum Aufklärungsgespräch mitzuteilen. Ferner bat sie um Referenzen von bereits ausgeführten vergleichbaren Stahlbauarbeiten.

9

Bei dem Aufklärungsgespräch am 27.06.2001 legte die Antragstellerin lediglich Referenzen für die Erstellung von Beton- und Spannbetonbrücken vor, nicht jedoch von selbst ausgeführten Stahlbaumaßnahmen. Die Antragstellerin erklärte gegenüber der Auftraggeberin, dass sie nicht beabsichtige, die Stahlbauarbeiten, mit Ausnahme der Vorlandbrücke, selbst auszuführen. Zum Zeitpunkt der Submission lag noch kein abschließendes Angebot eines Stahlbauunternehmens vor; daher erfolgte auch keine Nennung als Nachunternehmer. Auf Seiten der Antragstellerin nahm ein Vertreter des Stahlbauunternehmens xxxxx teil. Laut Protokoll über das Aufklärungsgespräch räumte die Antragstellerin es als Versäumnis ein, dass nicht einmal im Nachunternehmerverzeichnis Art und Umfang der Stahlbauarbeiten ohne Firmennennung enthalten waren.

10

Die Firma xxxxx, die jetzt im Aufklärungsgespräch von der Antragstellerin als Nachunternehmer für die Stahlbauarbeiten präsentiert wurde, war zum Zeitpunkt der Submission noch anderweitig in einer Bietergemeinschaft im streitbefangenen Vergabeverfahren gebunden gewesen. Bei dem Gespräch erklärte die Antragstellerin, dass sie bereit wären, bei einer Auftragserteilung die derzeitige Bietergemeinschaft in eine Ausführungs-ARGE mit dem Nachunternehmer umzuwandeln, sofern die Auftraggeberin dies befürwortete. Äußerungen, ob die Auftraggeberin die Antragstellerin durch die Präsentation der Firma xxxxx nunmehr auch für die Teilleistung Stahlbau für geeignet hielt oder nicht, machte die Auftraggeberin gegenüber der Antragstellerin nicht.

11

Die Auftraggeberin lud die Beigeladene am 25.06.2001 ebenfalls zu einem Aufklärungsgespräch am 27.06.2001 ein und bat sie, die geplante Durchführung der eingereichten Nebenangebote zu erläutern. Das Aufklärungsgespräch beantwortete offenbar die von dem Ing.-Büro und der Auftraggeberin noch unklaren Punkte.

12

Mit Schreiben vom 29.06.2001 stellte das beauftragte Ing.-Büro gegenüber der Stadt xxxxx fest, dass es bei der von der Antragstellerin genannten Angebotssumme von brutto 12.808.957,03 DM bliebe. Da durch die Massenminderung bereits eine Kostenreduzierung eingetreten ist, sollte das Nebenangebot nicht gewertet werden.

13

Bei der Beigeladenen sollen die 3 % Nachlass, die Nebenangebote Nr. 1 und Nr. 3 und das Alternativangebot Nr. 1 berücksichtigt werden, sodass sich eine geprüfte Brutto-Angebotssumme von 12.996.005,21 DM ergibt. Unter Berücksichtigung des Aufklärungsgespräches vom 27.06.2001 schlug das beauftragte Ing.-Büro vor, der Beigeladenen den Auftrag zu erteilen, das die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügte, da die im Leistungsverzeichnis geforderten Stahlbauarbeiten nicht abgedeckt waren. Das Angebot der Antragstellerin wäre daher nach Auffassung des beauftragten Ing.-Büros wegen mangelnder Eignung der Bietergemeinschaft auszuschließen.

14

Nachdem der Verwaltungsausschuss der Stadt xxxxx dem Vergabevorschlag zugestimmt hatte, teilte die Auftraggeberin der Beigeladenen am 16.07.2001 mit, dass sie beabsichtige, ihr den Auftrag zu erteilen. Die anderen Bieter erhielten zeitgleich die Absage. Dabei teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, das ihr Angebot nicht gewertet werden könnte, da sie zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügte. Die nachträgliche Hinzuziehung eines zur Angebotseröffnung anderweitig in einer Bietergemeinschaft gebundenen Unternehmens führe zu einer Verfälschung des Ergebnisses und somit zu einer Verletzung der Wettbewerbsgrundsätze.

15

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 20.07.2001 an die Auftraggeberin die Vergabeentscheidung und vertrat die Auffassung, dass es unerheblich sei, ob und welche anderen Nachunternehmer sie zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorgesehen hatte.

16

Nachdem die Auftraggeberin bei ihrer Auffassung blieb, beantragte die Antragstellerin die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens mit Schreiben vom 24.07.2001, eingegangen bei der Vergabekammer am 30.07.2001. Sie vertritt die Auffassung, dass sie nicht vom Verfahren hätte ausgeschlossen werden dürfen, nur weil sie bei der Abgabe des Angebotes noch nicht den Unternehmer benannt habe, welchen sie mit der Ausführung der Stahlbauarbeiten beauftragen wolle. Zudem sei ihr von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 25.06.2001 mitgeteilt worden, dass im Rahmen der Aufklärung verbindliche Aussagen zu den Stahlbauarbeiten erwartet werden und auch die Benennung der Nachunternehmer gewünscht wird. Es wurde also nach Auffassung der Antragstellerin für möglich gehalten, dass sie die Stahlbauarbeiten durch Nachunternehmer ausführen lasse. Diese Tatsache kann ihrer Meinung nach nicht nachträglich als Kriterium für den Ausschluss aus dem Verfahren herangezogen werden.

17

Ob und welche anderen Nachunternehmer sie zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorgesehen habe, bleibt aus Sicht der Antragstellerin unerheblich. Die Unterstellung, sie sei zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht leistungsfähig gewesen, sei unzutreffend und im Übrigen überholt, da für den jetzigen Zeitpunkt auch nicht die Leistungsfähigkeit bezweifelt werde.

18

Auch der Hinweis, es würde zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen, wenn sie jetzt mit einem bestimmten Stahlbauunternehmer als Nachunternehmer zusammenarbeite, sei unzutreffend. Es gäbe keine Vorschrift, die sie hindere, die Stahlbaufirma als Nachunternehmer zu binden. Dabei sei unerheblich, ob diese Firma zuvor selbst in einer anderen Bietergemeinschaft gebunden war. Entsprechende Vorschriften, die die Beauftragung dieses Stahlbauunternehmers als Nachunternehmer ausschließe, gäbe es nicht.

19

Die Antragstellerin beantragt,

die vorgenannten Gründe zu berücksichtigen und die Antragsgegnerin anzuweisen, den Auftrag an ihre Bietergemeinschaft zu vergeben.

20

Die Auftraggeberin beantragt,

den Antrag der Bietergemeinschaft zurückzuweisen.

21

Die Auftraggeberin hält den Antrag für unbegründet. Sie vertritt die Auffassung, dass die Antragstellerin die mangelnde Fachkunde und Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nachträglich durch die Bildung einer Ausführungs-Arbeitsgemeinschaft mit dem Fachunternehmer "heilen" und so die notwendige Sicherheit für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen herstellen wolle. Erst durch den nachträglichen Zusammenschluss zu einer Ausführungs-Arbeitsgemeinschaft mit dem Fachunternehmer für Stahlbau erhalte die Antragstellerin die erforderliche Fachkunde.

22

Nach eigener Darstellung könne die Antragstellerin die ausgeschriebene Leistung ohne den nachträglichen Zusammenschluss mit dem Stahlbauunternehmer nicht ausführen. Die Zustimmung zur nachträglichen Bildung einer Ausführungs-Arbeitsgemeinschaft würde zur Manipulation des Ausschreibungsergebnisses und zur Wettbewerbsverzerrung führen.

23

Die Beigeladene unterstützt den Vortrag der Auftraggeberin und führt ergänzend aus, dass die Antragstellerin im Aufklärungsgespräch klar gestellt habe, dass sie nicht beabsichtige, die Stahlbauarbeiten selbst auszuführen. Hierdurch habe sie die von der Auftraggeberin in der Ausschreibung verlangten Erklärungen und Nachweise im Hinblick auf den Einsatz von Nachunternehmern bzw. der Bildung einer Bietergemeinschaft/Arbeitsgemeinschaft nicht erfüllt. Die Auftraggeberin hätte schon auf Grund der nicht vorgelegten Erklärungen bei der Angebotsabgabe die Möglichkeit gehabt, das Angebot der Antragstellerin ohne weitere Wertung nach § 25, Nr. 1, Abs. 1 b VOB/A auszuschließen.

24

Im Übrigen beabsichtige die Antragstellerin nach vergleichender Schätzung einen Auftragsanteil von 48 % sowieso an Nachunternehmer zu vergeben. Wird zu diesen Auftragsanteil der Stahlbau addiert, den die Antragstellerin ebenfalls im Rahmen der Nachunternehmervergabe zu vergeben gedenke, übersteigt der Anteil der Nachunternehmertätigkeit im erheblichen Maße das von der Auftraggeberin angegebene Höchstmaß von 50 %.

25

Die Begründung der Auftraggeberin im Absageschreiben, dass die Antragstellerin nicht die nach § 25, Nr. 2, Abs. 1 VOB/A erforderliche Leistungsfähigkeit nachgewiesen habe, sei die konsequente Verfolgung ihrer Rechtsauffassung, nach der sie in extensiver Auslegung das Fehlen der erbetenen Angabe nicht als zwingenden Grund zum Ausschluss nach § 25, Nr. 1, Abs. 1 b VOB/A gesehen hätte. Bei konsequenter Anwendung der Rechtsprechung zu den Ausschlussgründen hätte es nach Auffassung der Beigeladenen im Übrigen eines Aufklärungsgespräches mit der Antragstellerin seitens der Auftraggeberin nicht mehr bedurft.

26

Die Beigeladene beantragt,

die ihr entstehenden Kosten der anwaltlichen Vertretung der Antragstellerin aufzuerlegen.

27

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 22.08.2001 Bezug genommen.

28

II.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebots nicht in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A nicht berücksichtigt, weil die Antragstellerin mit ihrem Angebot nicht die Fachkunde und Leistungsfähigkeit für die wesentliche Teilleistung Stahlbau belegt hatte und einen geeigneten Nachunternehmer mit diesem Teilbereich erst im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs gemäß § 24 VOB/A präsentiert hat, der sich zudem bis zum Zeitpunkt der Submission selbst als Mitglied einer anderen Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren beteiligt hatte.

29

Der Antrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gemäß § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. Euro (EUR). Der Gesamtwert des ausgeschriebenen Auftrages überschreitet deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.

30

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin habe ihr Angebot, das im Submissionstermin mit der niedrigsten Angebotssumme auf Platz 1 rangiert hatte, sei zu Unrecht von der Wertung ausgeschlossen worden. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen bzw. die Bietergemeinschaft einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig dargelegt, dass sie sogar eine Aussicht auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, wenn die Auftraggeberin die Eignungsprüfung der Bieter ohne die von der Antragstellerin gerügten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße durchgeführt hätte.

31

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Die Auftraggeberin hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.07.2001 von der beabsichtigten Zuschlagerteilung informiert und gleichzeitig mitgeteilt, dass das Angebot der Antragstellerin nicht gewertet werden könne, da diese zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügte. Bereits mit Schreiben vom 20.07.2001 rügte die Antragstellerin die Vergabeentscheidung gegenüber der Auftraggeberin und vertrat die Auffassung, dass es unerheblich sei, ob und welche anderen Nachunternehmer sie zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorgesehen hatte. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Kenntnis im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist dann gegeben, wenn ein Bieter oder Bewerber auf Grund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Diese positive Kenntnis hat die Antragstellerin erst auf Grund des Informationsschreibens der Auftraggeberin erlangt.

32

Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht von der weiteren Wertung gemäß § 25 VOB/A ausgeschlossen, weil die Antragstellerin weder im Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch im Zeitpunkt der Angebotseröffnung gemäß § 22 VOB/A die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit für den mit ausgeschriebenen Leistungsbereich Stahlbau und damit einen wesentlichen Teilbereich des streitbefangenen Auftragsgegenstandes belegt hatte. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A ist der Wertung der Angebote bei öffentlicher Ausschreibung zunächst die Prüfung der Eignung der Bieter voranzustellen. Dabei sind anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bietet; dies bedeutet, dass sie die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen müssen. Die Auftraggeberin hatte die Bieter unter Ziff. 7 der den Ausschreibungsunterlagen beigefügten Bewerbungsbedingungen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Bieter, die beabsichtigen, Teile der Leistung von Nachunternehmern ausführen zu lassen, in ihrem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und auf Verlangen die vorgesehenen Nachunternehmer benennen müssen. Weiterhin hat die Auftraggeberin unter Ziff. 4.3 der Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis (Seite 32) dazu ausgeführt:

"Nachunternehmer/Bietergemeinschaft/Arbeitsgemeinschaft

In dem Verzeichnis der Nachunternehmer sind die Nachunternehmer eindeutig zu benennen, die der Bieter im Auftragsfall einzusetzen gedenkt. Falls der Auftragnehmer beabsichtigt, Nachunternehmer einzusetzen, hat er dies im Angebot entsprechend anzugeben. Der AN (Bieter) hat den wesentlichen Teil (mindestens 50 %) der angebotenen Leistungen selber zu erbringen. Falls dies nicht möglich ist, haben Stahlbaufirmen und Betonbaufirmen als Bietergemeinschaft anzubieten und die Arbeiten ggf. als Arbeitsgemeinschaft auszuführen und als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft gesamtschuldnerisch zu haften. ..."

33

Die Ausschreibung beinhaltet die Herstellung einer Stahlbrücke (Fachwerkbrücke) mit rd. 455 m Länge und der Stützwände am Widerlager Süd mit insgesamt rd. 200 m Länge (vgl. Leistungsverzeichnis, Seite 3, Ziff. 1). Das Bauwerk sollte nach dem Leistungsverzeichnis im Wesentlichen aus Stahl und Stahlbetonelementen bestehen. Die Antragstellerin hatte ihrem Angebot keine Referenzen für Stahlbau bzw. Stahlbrücken beigefügt. Die Antragstellerin hat ferner eingeräumt, dass beide Unternehmen ihrer Bietergemeinschaft ihren Betrieb nicht darauf eingerichtet haben, Stahlbauarbeiten im ausgeschriebenen Umfang selbst durchzuführen. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2001 erklärt, sie hätte vielmehr von Anfang an beabsichtigt, die Teilleistung Stahlbau durch Beauftragung eines Nachunternehmers auszuführen. Sie hat erklärt, ein Grund für die Tatsche, dass sie seinerzeit im Angebot für den Bereich Stahlbau keinen Nachunternehmer benannt habe, obwohl die Auftraggeberin dies ausdrücklich in ihren Verdingungsunterlagen gefordert habe, sei gewesen, dass die Antragstellerin zunächst mehrere Alternativen hinsichtlich der in Betracht kommenden Unternehmen gehabt hätte. Frühzeitig habe sie auch diesbezüglich Kontakt mit dem Stahlbauunternehmen xxxxx aufgenommen, das jedoch bis zum Zeitpunkt der Submission noch selbst Mitglied einer am streitbefangenen beteiligten Bietergemeinschaft gewesen sei und somit zunächst noch nicht zur Verfügung gestanden hätte.

34

Gemäß § 4 Nr. 8 VOB/B hat der Auftragnehmer die Leistungen, auf die sein Betrieb eingerichtet ist, grundsätzlich selbst auszuführen. Wenn ein Bieter beabsichtigt, Teile der Leistung an Nachunternehmer weiterzugeben, so ist auch deren Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit in die Gesamtbeurteilung der Eignung des Bieters einzubeziehen. Da ein Bieter Leistungen, auf die sein Betrieb nicht eingerichtet ist, ohne Zustimmung des Auftraggebers an Nachunternehmer weitervergeben darf (§ 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B), ist es üblich, dass Auftraggeber - wie auch im vorliegenden Fall - die Bieter in den Ausschreibungsunterlagen verpflichten, Art und Umfang der Leistungen anzugeben, die an Nachunternehmer übertragen werden sollen. Dadurch wird in der Regel vermieden, dass der Auftraggeber bei der Bauausführung mit ihm unbekannten Nachunternehmern konfrontiert wird. Enthalten die Ausschreibungsunterlagen eine derartige eindeutige Aufforderung, führt zwar die Nichteinreichung eines Nachunternehmerverzeichnisses oder die Nichtbenennung eines Nachunternehmers für eine bestimmte Teilleistung zwar nicht immer zum Ausschluss von Vergabeverfahren. Kommt es jedoch der Vergabestelle erkennbar auf Umfang und Qualität der einzusetzenden Nachunternehmer an, so kann ein Ausschluss aus Gründen der Gleichbehandlung der Bieter zwingend geboten sein (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Auflage, § 25 VOB/A, Rn. 36). Der Vergabeüberwachungsausschuss Niedersachsen (ZVgR 1998, S. 404) hat etwa entschieden, dass in einem Fall, in dem die Angaben zu Nachunternehmern mit einem Anteil von mehr als 20 % an der Angebotssumme fehlen, von einem wesentlichen Teil der Gesamtleistung und damit einer Größenordnung auszugehen ist, die nicht mehr zu vernachlässigen ist. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie selbst würde mit ihren eigenen Betrieben 52 % der auszuführenden Arbeiten gewährleisten, während 48 %, unter anderem eben Stahlbau und Erdarbeiten, an Subunternehmer vergeben werden sollten. Unstreitig beträgt der Anteil der Stahlbauarbeiten deutlich mehr als 20 % des Gesamtauftragsvolumens.

35

Die Antragstellerin konnte das Versäumnis der Benennung eines Nachunternehmers für die Teilleistung Stahlbau auch nicht dadurch heilen, dass ihr unstreitig im Zeitpunkt des von der Auftraggeberin einberufenen Aufklärungsgesprächs am 27.06.2001 mit dem Stahlbauunternehmen xxxxx ein geeigneter Nachunternehmer zur Verfügung stand. Zwar ist die nachträgliche Bildung einer Arbeitsgemeinschaft auch im Zeitraum zwischen Angebotsabgabe und Zuschlagerteilung nicht generell und von vornherein unvereinbar mit der VOB/A. Vielmehr muss der Auftraggeber auf Grund der Verhältnisse des Einzelfalls prüfen, ob dies im konkreten Fall zulässig ist (vgl. Heiermann, a.a.O., § 25 VOB/A, Rn. 112). Entscheidend für die Beurteilung der Frage ist aber insbesondere, ob hierbei die tragenden Grundsätze der VOB/A unverletzt bleiben. Es darf nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung oder einer Verletzung der Wertungsgrundsätze kommen. Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs wäre es unzulässig, einem vorn liegenden Bieter mit einem angemessenen Preis, aber ungenügender Leistungsfähigkeit, zu gestatten, sich nachträglich durch den Zusammenschluss mit einem weiteren Unternehmen die erforderliche Leistungsfähigkeit zu verschaffen und dieser Arbeitsgemeinschaft dann den Auftrag zu erteilen. In diesem Fall würden die Wertungsgrundsätze dadurch verletzt, dass ein Bieter, dessen Angebot wegen mangelnder Eignung auszuscheiden ist, nur durch eben diese Maßnahme zum Auftrag verholfen wird, während der Bieter, der die Eignungsvoraussetzungen erfüllt und dem auf Grund des Wettbewerbsergebnisses insgesamt daher der Auftrag zustehen würde, leer ausgeht. Es kommt daher im vorliegenden Fall nicht darauf an, dass das Stahlbauunternehmen xxxxx im Zeitpunkt des Bietergesprächs am 27.06.2001 nicht mehr an die ursprüngliche Bietergemeinschaft vertraglich gebunden war. Erst durch die Hinzuziehung dieses Unternehmens war die Antragstellerin in der Lage, nicht nur das wirtschaftlichste Angebot abzugeben, sondern die von der Auftraggeberin vorrangig zu prüfende Fachkunde und Leistungsfähigkeit für die wesentliche Teilleistung Stahlbau zu belegen.

36

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die Auftraggeberin bereits auf Grund der fehlenden Nachunternehmerangaben für die Teilleistung Stahlbau das Angebot der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A von der Wertung hätte ausschließen müssen. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b werden Angebote ausgeschlossen, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 nicht entsprechen. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen die Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Die Antragstellerin ist der ausdrücklichen Aufforderung der Auftraggeberin, in den Ausschreibungsunterlagen die Nachunternehmer zu benennen, die im Angebot enthaltene Leistungen als Teilleistungen ausführen sollen, für die Teilleistung Stahlbau nicht gefolgt. Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung jedoch dargelegt, dass sie ein Aufklärungsgespräch gem. § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A für erforderlich gehalten hat, um sich ein Bild über die Eignung und Leistungsfähigkeit der Antragstellerin auch für die Teilleistung Stahlbau machen zu können. Sie habe zwar gewusst, dass das Bieterunternehmen xxxxx nicht in der Lage sei, die Stahlbauarbeiten im erforderlichen Umfang im eigenen Betrieb abwickeln zu können. Dagegen sei ihr das andere Unternehmen in der Bietergemeinschaft der Antragstellerin, xxxxx, völlig unbekannt gewesen, so dass sich für die Auftraggeberin vor Durchführung des Aufklärungsgesprächs durchaus die theoretische Möglichkeit ergeben habe, dass dieser Betrieb die Stahlbauarbeiten für die Antragstellerin durchführen sollte. Angesichts dieses schlüssigen Vortrags ist die Handlungsweise der Auftraggeberin, vor Ausschluss des Angebots der Antragstellerin ein Aufklärungsgespräch nach § 24 VOB/A durchzuführen, nicht zu beanstanden.

37

Dagegen konnte die Antragstellerin aus der Tatsache, dass die Auftraggeberin im Aufklärungsgespräch unstreitig keine Andeutungen gegenüber der Antragstellerin dahingehend gemacht hat, ob sie bezüglich der Eignung und Fachkunde der Antragstellerin Bedenken hat oder nicht, keinerlei Vertrauensschutz zu Lasten der übrigen Bieter im Nachprüfungsverfahren ableiten. Wenngleich ein derartiger mündlicher Hinweis unschädlich gewesen wäre, war die Auftraggeberin zu einer derartigen Äußerung nicht verpflichtet. Sie durfte sich darauf beschränken, im Aufklärungsgespräch die nötigen Fakten für ihre Entscheidung zu sammeln, um dann, in einem gesonderten Schritt, die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen. Auch war die Auftraggeberin nicht verpflichtet, ihren Ergebnisvermerk gem. § 24 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A an die Antragstellerin zu senden. Vielmehr sollen die Ergebnisse solcher Verhandlungen gem. § 24 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A zwar schriftlich niedergelegt werden. Sie sind jedoch in jedem Fall geheim zu halten.

38

Die Auftraggeberin konnte die Tatsache, dass im Zeitpunkt des Aufklärungsgesprächs am 27.06.2001 der Antragstellerin ein geeigneter Nachunternehmer zur Verfügung stand, nicht mehr berücksichtigen. Die erstmalige Erklärung der Antragstellerin in diesem Gespräch, dass sie die wesentliche Teilleistung Stahlbau durch einen Nachunternehmer durchführen lassen wolle, und gleichzeitig die ebenfalls erstmalige Präsentation des entsprechenden Nachunternehmers selbst hätte im Falle ihrer Akzeptanz den Rahmen des nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A zulässigen Verhandlungsinhalts überschritten. Diese Tatsachen hätten sich im Falle ihrer Akzeptanz als wesentliche Änderungen des Angebots dargestellt und würden Nachverhandlungen voraussetzen, die gem. § 24 Nr. 3 VOB/A unstatthaft sind, da der Wechsel von einer Ausführung ausschließlich im Bieterbetrieb zum Teileinsatz von Nachunternehmern einen tief greifenden Eingriff in die Angebotsausgestaltung darstellt (vgl. BayObLG, Beschluss v. 13.03.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Düsseldorf, BauR 2000, S. 1623, 1625) [OLG Düsseldorf 19.07.2000 - Verg 10/00].

39

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.

40

III.

Kosten

41

Die Kostenentscheidung erfolgt nach § 128 GWB. Es wird die Mindestgebühr von DM 5.000,-- bzw. Euro 2.556,46 gem. § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

42

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von DM 5.000,-- DM bzw. Euro 2.556,46 unter Angabe des Kassenzeichens

43

xxxxxxxxxx

44

auf folgendes Konto zu überweisen:

45

xxxxx

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den beteiligten Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden". Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleicheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

46

Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten eines durch die in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladene das Nachprüfungsverfahren durch eigenen Sachvortrag gefördert hat.

Gause
Schulte
Conrad