Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.06.2001, Az.: 9 K 508/00

Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein Studium an Fachhochschule ("European Product Engineering and Management") eines Zeitsoldaten als Werbungskosten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
13.06.2001
Aktenzeichen
9 K 508/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14599
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0613.9K508.00.0A

Fundstellen

  • DStRE 2001, 1152-1153 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2001, 1190-1191 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen des Klägers für ein Studium in voller Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder im Rahmen der Sonderausgaben nur begrenzt abziehbar sind.

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Der Kläger bezog im Streitjahr 1998 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Zeitsoldat.

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Nach einer Freistellungsbescheinigung vom 21. August 1997 war er für die Zeit vom 15. September 1997 bis 31. August 1998 (Ende seines Dienstverhältnisses bei der Bundeswehr) vom militärischen Dienst freigestellt für ein Studium an einer Fachhochschule in B., Fachrichtung "European Product Engineering and Management". Ab Oktober 1998 absolvierte der Kläger ein Studium an der International Business School (IBS) in L., wo er sich zum Internationalen Betriebswirt ausbilden ließ. Lt. Schriftsatz vom 24. Oktober 2000 ist der Kläger derzeit bei der Fa. Z. als Vertriebsleiter tätig.

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Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger, Aufwendungen in Höhe von 21.944,92 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht-selbständiger Arbeit zu berücksichtigen, da es sich bei den Studien um eine Fortbildungsmaßnahme im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses als Zeitsoldat handele.

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Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte lediglich Reisekosten und Kontoführungsgebühren in Höhe von 2.128 DM als Werbungskosten an. Im Übrigen berücksichtigte das FA im Rahmen der Sonderausgaben den Höchstbetrag von 2.400 DM als abziehbare Ausbildungskosten.

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Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos.

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Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, die gesamten Studienaufwendungen als Werbungskosten abziehen zu können.

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Er trägt dazu seinen Ausbildungsgang wie folgt vor:

Schulbildung 1973 - 1977
Grundschule
1977 - 1983
Gymnasium
1983 - Juli 1984
Realschule
Abschluß: Erweiterter Sekundar I
Beruflicher Werdegang August 1985 - Juni 1988
Ausbildung zum Kfz-Elektriker
Abschluss: Gesellenbrief
Oktober 1988 - Juli 1990
Ausbildung zum Kfz-Mechaniker
Abschluss: Gesellenbrief
Oktober 1990 - 30. September 1998
Soldat auf Zeit für acht Jahre, mit Anspruch auf berufsfördernde Maßnahmen durch den Berufsförderungsdienst ab Juli 97
Juli - September 1997
Teilnahme am Studienvorbereitungslehrgang an der
Bundeswehr-Fachschule
Oktober 1997 - September 1998
Student an der Fachhochschule in B. mit der Fachrichtung: European Product Engineering and Management
Oktober 1998 - (voraussichtlich) September 2001
Studium an der IBS zum Internationalen Betriebswirt
Besondere Qualifikationen- Erwerb des Meistertitels im Kraftfahrzeug-Elektrikerhandwerk im Zeitraum von Juni 1996 bis September 1997
- Erwerb der Führerscheinklassen I, II und III
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Der Kläger ist der Auffassung, es handele sich bei seiner Freistellung um ein sogenanntes "Fortbildungsdienstverhältnis", welches der Auffrischung, Vertiefung und Erweiterung der in dem bereits ausgeübten Beruf erlangten Kenntnisse gedient habe. Die Berufsbildungsmaßnahme (Studium) habe daher im überwiegenden Interessen des Arbeitgebers, der Bundeswehr, gelegen und dazu gedient, in dem ausgeübten Beruf nicht nur auf "dem Laufenden" zu bleiben und besser vorwärts zu kommen, sondern auch der Erhöhung der Einsatzfähigkeit in diesem Beruf. Dies gelte nicht nur für das Erststudium an der Fachhochschule, sondern auch für das im Anschluss daran absolvierte Zweitstudium. Dieses habe ausschließlich dazu gedient, die bereits zuvor erworbenen handwerklichen und technischen Kenntnisse um die erforderlichen wirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten zu ergänzen um damit die berufliche Stellung und Perspektive zu verfestigen.

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Der Kläger beantragt (sinngemäß),

11

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Es bleibt bei seiner im Rechtsbehelfsverfahren vertretenen Auffassung, die Kosten des Studiums seien Berufsausbildungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und daher nicht als Werbungskosten, sondern nur im Rahmen der Sonderausgaben bis zum Höchstbetrag abziehbar. Der Freistellungsbescheid vom 21. August 1997 habe den Kläger vom militärischen Dienst extra für das Studium an der Fachhochschule in B. freigestellt (§§ 5, 5 a Soldatenversorgungsgesetz).

Gründe

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Die Klage ist unbegründet.

14

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1998 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch ihn nicht in seinen Rechten verletzt, da das FA zutreffend einen Teil der Aufwendungen als Reisekosten (Fahrten zu seiner Einheit in B.) im Rahmen der Werbungskosten, die Studienaufwendungen dagegen nur als Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Ansatz gebracht hat.

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Aufwendungen für die   b e r u f l i c h e  F o r t-  u n d  W e i t e r b i l d u n g   sind nach ständiger Rechtsprechung Werbungskosten nach § 9 Abs.1 Satz 1 EStG. Hierunter fallen Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigt, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 7. November 1980 VI 50/79, BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216 [BFH 07.11.1980 - VI R 50/79]; vom 28. November 1980 VI R 195/79 , BFHE 132, 53, BStBl II 1981, 309, und vom 13.März 1981 VI R 26/79 , BFHE 132, 570, BStBl II 1981, 439, jeweils m.w.N.).

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Hiervon zu unterscheiden sind die   B e r u f s a u s b i l d u n g s k o s t e n.   Solche liegen vor, wenn die Aufwendungen dem Ziel dienen, die Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. September 1984 VI R 44/83 , BFHE 142, 262, BStBl II 1985, 94). Sie erwachsen nahezu jedem Steuerpflichtigen und gehören nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung. Hierzu zählen auch Aufwendungen zum Erwerb von Kenntnissen, die die Grundlage dafür bilden sollen, von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln. Berufsausbildungskosten in diesem Sinne sind nach § 10 Abs.1 Nr.7 EStG als Sonderausgaben nur bis zu den dort genannten Höchstbeträgen zu berücksichtigen.

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Die Kosten eines Hochschulstudiums gehören nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. insbesondere Urteil vom 16.März 1967 IV R 266/66, BFHE 89, 511 [BFH 28.08.1959 - VI 111/58 U], BStBl III 1967, 723) grundsätzlich zu den nicht abziehbaren Kosten der Berufsausbildung, weil das Hochschulstudium dem Steuerpflichtigen eine andere berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet. Im Berufsleben stehende Steuerpflichtige schaffen sich in der Regel durch den erfolgreichen Abschluß eines erstmaligen Studiums die Grundlagen für die Ausübung eines gegenüber der bisherigen Tätigkeit anders gearteten und herausgehobenen Berufs und ggf. die Qualifikation für die Aufnahme in eine gewisse betriebliche oder behördliche Führungsschicht. Bei Hochschulabsolventen ist regelmäßig die Möglichkeit gegeben, die vormalige Berufstätigkeit zugunsten einer veränderten, besseren Position aufzugeben. Wie der BFH insbesondere in seinem Urteil vom 10. Dezember 1971 VI R 160/70 (BFHE 104, 231, BStBl II 1972, 255) ausgeführt hat, müssen Aufwendungen für ein akademisches Studium steuerrechtlich grundsätzlich einheitlich bewertet werden, da andernfalls kaum zu bewältigende Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen und der Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung gefährdet würde. Der erkennende Senat schließ sich dieser Rechtsprechung an.

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Entsprechend diesen Grundsätzen sind im Streitfall die Aufwendungen des Klägers für sein erstmaliges Studium an der Fachhochschule in B. mit dem Ziel eines Hochschulabschlusses nicht den Fortbildungskosten (Werbungskosten), sondern den Ausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzuordnen. Dem Kläger wurde mit diesem Studium eine andere berufliche Ausgangsbasis eröffnet als bei seinem bisherigen Ausbildungsstand als Kraftfahrzeugelektriker mit Meisterbrief. Dies gilt auch für das weitere Studium an der IBS ab Oktober 1998. Die Aufwendungen für beide Ausbildungsmaßnahmen sind nicht durch die Erzielung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Bundeswehr veranlasst, sondern dienten nach Überzeugung des Senats der erstmaligen Erlangung eines akademischen Abschlusses unabhängig von dem Dienstverhältnis bei der Bundeswehr.

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Soweit der Kläger sich auf ein "Fortbildungsdienstverhältnis" beruft, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 12. Dezember 1979 VI R 64/78 (BStBl. II 1980, 124) entschieden, dass ein Offizier der von seinem Dienstherrn im Rahmen des fortbestehenden Dienstverhältnisses unter Fortzahlung seiner Bezüge zu einem Studium an einer Hochschule der Bundeswehr abkommandiert wird, die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Hochschule gemäß § 9 Abs.1 Nr. 4 EStG als Werbungskosten abziehen kann, weil die Hochschule zur regelmäßigen Arbeitsstätte geworden ist. Doch liegt im Streitfall keine solches Ausbildungsverhältnis im Sinne der vorgenannten Entscheidung vor. Vielmehr wurde der Kläger nach der Freistsellungsbescheiniung gerade von der Erfüllung seiner (militärischen) Dienstpflichten freigestellt, um außerhalb seines Dienstverhältnisses ein Studium an der Fachhochschule in B. aufnehmen zu können. Dagegen gehört in den Fällen des Studiums an der Bundeswehrhochschule das Studium gerade zu den Dienstpflichten des Soldaten. Diese Fälle sind deshalb mit dem Streitfall nicht zu vergleichen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.