Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.06.2001, Az.: 2 K 658/98
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.06.2001
- Aktenzeichen
- 2 K 658/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 34514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0620.2K658.98.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 13.10.2003 - AZ: VI R 71/02
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung der Kosten der Berufsausbildung der Klägerin als Bürokauffrau.
Die Klägerin nahm zunächst nach ihrer Schulzeit keine Berufsausbildung auf. Sie arbeitete statt dessen von 1989 mit Unterbrechungen bis Mitte 1995 als ungelernte Kraft und erledigte dabei Büroarbeiten auch im EDV-Bereich. Nach ihrem Erziehungsurlaub legte man ihr nahe, eine Berufsausbildung nachzuholen.
Ab Oktober 1995 - im Alter von 29 Jahren - begann die Klägerin mit Förderung des Arbeitsamtes eine Ausbildung als Bürokauffrau in einer überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung. Sie erhielt dort keinen Lohn, sondern ein so genanntes Unterhaltsgeld vom Arbeitsamt. Im Anschluss an die Ausbildung wurde die Klägerin als "Buchhalterin" in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen.
Die Klägerin erklärte ihre Aufwendungen im Zusammenhang mit der Berufsausbildung, die ihr nicht durch Zahlungen des Arbeitsamtes erstattet worden waren, i.H.v. 7. 698 DM in ihrer Einkommensteuererklärung 1996 sowohl als Sonderausgaben (Mantelbogen, Seite 3, Zeile 82) als auch als außergewöhnliche Belastungen (Mantelbogen, Seite 4, Zeile 116). Das FA erkannte lediglich Sonderausgaben mit einem Höchstbetrag von 1. 800 DM an. Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Klägerin ist nunmehr der Ansicht, die Kosten der Berufsausbildung seien als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig. Durch die Rechtsprechung sei inzwischen anerkannt, dass solche Aufwendungen dann unbegrenzt als Werbungskosten abzugsfähig seien, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit zukünftigen Einnahmen stehen und der Steuerpflichtige nach Abschluss der Ausbildung dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehe (u.a. BFH-Urteile vom 18. April 1996 VI R 5/95, BStBl II 1996, 482; vom 13. Juni 1996 VI R 89/95, BFH/NV 1997, 98). Dies werde auch durch die Rechtsprechung des Niedersächsischen Finanzgerichts (Urteile vom 25. März 1998 IV 415/93 und 664/94) und des Finanzgerichts des Landes Brandenburg (Urteil vom 23. November 1999 3 K 1011/98 E, EFG 2000, 424) bestätigt und in der Literatur vertreten (Balke, NWB Nr. 17 vom 21. April 1997).
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1996 in Gestalt des Einspruchsbescheides dahingehend zu ändern, dass statt 1. 800 DM Sonderausgaben für die Berufsausbildung insgesamt 7. 698 DM als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zugelassen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält daran fest, dass die von den Klägern herangezogene Rechtsprechung ausnahmslos jeweils eine mindestens zweite Berufsausbildung von Steuerpflichtigen betraf, die bereits eine Ausbildung (Arzt, Lehrer, Diplom-Biologe, Diplom-Geograph oder Verkäufer) abgeschlossen hatten. Bei einer erstmaligen Berufsausbildung - wie im Streitfall - sei dagegen nur ein begrenzter Abzug als Sonderausgaben möglich. Dies stehe in keinem Widerspruch zu der von der Klägerin herangezogenen Rechtsprechung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Berufsausbildung können nicht unbegrenzt als vorweggenommene Werbungskosten gemäß §§ 19, 9 EStG abgezogen werden. Vielmehr handelt es sich bei diesen Aufwendungen um Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die nur mit einem Höchstbetrag von 1. 800 DM abgezogen werden können.
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG gehören die Aufwendungen für eine (erste) Berufsausbildung ausschließlich zu den Sonderausgaben, wenn nicht zugleich eine nach § 19 EStG steuerpflichtige Ausbildungsvergütung erzielt wird (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. insb. Urteil vom 6. März 1992 VI R 163/88, BStBl II 1992, 661 zu einer ungelernten Masseurin, die erstmals eine Berufsausbildung als staatlich anerkannte Masseurin absolvierte, m.w.N.). So verhält es sich auch im Streitfall, da die Klägerin bis zum Beginn der Ausbildung zur Bürokauffrau im Jahre 1995 keine Berufsausbildung abgeschlossen hatte. Dem Alter der Klägerin bei Beginn der ersten Berufsausbildung kommt nach dem Gesetzeswortlaut keine besondere Bedeutung zu, auch wenn es sich bei ihr wegen des Alters nicht um eine typische "Auszubildende" gehandelt hat.
Dem steht auch nicht die von der Klägerin zitierte neuere Rechtsprechung des BFH entgegen. Der BFH hat in allen Fällen in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich hervorgehoben, dass es sich neben anderen Voraussetzungen nicht um die "Teilnahme an einer Berufsausbildung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 1. Alt. EStG handeln" dürfe (BFH, a.a.O.). So aber verhält es sich wie dargestellt im Streitfall. Auch Balke (a.a.O.) geht in seinem von der Klägerin zitierten Aufsatz von einer anderen Situation aus; er wendet sich gegen die Unterscheidung zwischen der Fortbildung in einem erlernten Beruf und der Ausbildung in einem Zweitberuf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Revision eingelegt - BFH-Az. VI R 71/02