Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.01.2000, Az.: 6 K 542/96
Kapitalertragsteuer bei überhöhter Vorabausschüttung hinsichtlich des tatsächlich erzielten Bilanzgewinns
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.01.2000
- Aktenzeichen
- 6 K 542/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21897
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0118.6K542.96.0A
Tenor:
Der Beklagte wird verpflichtet, die Kapitalertragsteuer für Dezember 1994 auf 593,25 DM festzusetzen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine überhöhte Vorabausschüttung, die einen Erstattungsanspruch nach§§ 30, 31 GmbH-Gesetz auslöst, die Kapitalertragsteuer zu berichtigen ist.
Die Gesellschafter der Klägerin beschlossen auf der Gesellschafterversammlung vom 08.12.1994 eine Vorabausschüttung für das Wirtschaftsjahr 1994 in Höhe von 35.000,00 DM, die noch im Dezember 1994 vollzogen wurde. Die Klägerin gab deshalb am 10. Januar 1995 eine Kapitalertragsteueranmeldung für Dezember 1994 über 8.750,00 DM (25 % von 35.000,00 DM) beim Beklagten ab. Der tatsächliche Bilanzgewinn für 1994 betrug tatsächlich 2.373,00 DM, so dass die Gesellschafterversammlung vom 22. März 1995 eine Rückforderung des Differenzbetrages beschloss. Die Klägerin gab deshalb für den Voranmeldungszeitraum Dezember 1994 eine berichtigte Kapitalertragsteueranmeldung über 593,25 DM (25 % von 2.373,00 DM) ab.
Mit Bescheid vom 04.07.1995 lehnte der Beklagte den Antrag auf geänderte Festsetzung der Kapitalertragsteuer für Dezember 1994 ab. Am 02.05.1996 beantragte die Klägerin erneut eineÄnderung nach § 164 Abs. 2 AO, den der Beklagte mit Bescheid vom 23.05.1996 ablehnte. Das anschließende Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einspruchsbescheid vom 21. August 1996 (Blatt 14 ff. Finanzgerichtsakte) verwiesen.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin eine Herabsetzung der Kapitalertragsteuer für 1994. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, die Ablehnung der Berichtigung der Kapitalertragsteueranmeldung verstoße gegen § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Erhebung der Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag komme lediglich bei Gewinnausschüttungen einer GmbH zum Tragen. Eine Gewinnausschüttung habe jedoch lediglich in Höhe von 2.373,00 DM stattgefunden, da nur in dieser Höhe ein Gewinn in der Gesellschaft vorhanden gewesen sei. Im übrigen habe die Vorabausschüttung dazu geführt, dass Stammkapital ausgekehrt worden sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Vorabausschüttung§§ 30, 31 GmbH-Gesetz verstoßen habe. Die Folge sei ein Erstattungsanspruch der Klägerin, der nicht abdingbar sei.
Die Klägerin beantragt,
die Kapitalertragsteuer für Dezember 1994 auf 593,25 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Danach unterliege dem Steuerabzug die Auszahlung der Beträge aus der Vorabausschüttung. Der Anspruch nach§ 31 GmbH-Gesetz sei lediglich ein zivilrechtlicher Rückgewähranspruch, der den ursprünglichen Zufluss der Kapitalerträge aus der Vorabausschüttung nicht ungeschehen machen könne. Dies gelte selbst dann, wenn im Zeitpunkt des Zuflusses bereits feststehe, dass die Vorabausschüttung teilweise zurückzuzahlen sei.
Wegen des weiteren Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des Urteils zwischen denselben Beteiligten vom selben Tage (6 K 98/96) verwiesen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, die Kapitalertragsteuer auf 593,25 DM herabzusetzen.
Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG ist der Abzug vom Kapitalertrag unter anderem vom Gewinnanteil an einer GmbH vorzunehmen, wenn die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. Zu den Gewinnanteilen, von denen ein Steuerabzug vorzunehmen ist, gehören auch Vorabausschüttungen (BFH-Urteil vom 17. Februar 1993 I R 21/92, BFH/NV 1994, 83). Die vermögensmindernde Auskehrung von Nennkapital führt indes weder zu einer Gewinnausschüttung noch zu einem Zufluss von Kapitalerträgen. Kapitalerträge sind den Gesellschaftern lediglich in Höhe des ausschüttbaren Gewinns von 2.373,00 DM zugeflossen. Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf seine Entscheidung zwischen den Beteiligten vom selben Tage in der Körperschaftsteuersache (6 K 98/96).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, da das Urteil von der Entscheidung des BFH vom 17.02.1993 (I R 21/93, BFH/NV 1994, 83) abweicht und auf diese Abweichung beruht.