Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 23.02.2009, Az.: VgK-58/2009
Folgen einer Missachtung des Transparenzgebots und Gleichbehandlungsgebots im Vergabeverfahren durch den Auftraggeber (hier: VOL-Vergabeverfahren für Wärme-Liefercontracting); Folgen der Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei Zuschlag aufgrund Wertung des allein nach der Kapitalwertmethode berechneten günstigsten Preises; Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge im Hinblick auf eine Präklusion gem. § 107 Abs. 3 S. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB); Folgen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB bei der Wertung und Entscheidung in der Vergabeakte
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 23.02.2009
- Aktenzeichen
- VgK-58/2009
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 13244
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 98 Nr. 1 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 9a Nr. 1 Buchst.c VOL/A
- § 25a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren Wärme-Liefercontracting für die xxxxxx-Gesamtschule mit vorwiegend regenerativer Energie (Holz)
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende RD' in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl. Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl. Ökonom Brinkmann
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, die Ausschreibung aufzuheben.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Auftraggeberin zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung der Gebühren befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2008 hat die Gemeinde xxxxxx als Auftraggeberin das VOL-Vergabeverfahren Wärme Liefercontracting als offenes Verfahren europaweit ausgeschrieben. Vergeben werden soll ein Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren für die Versorgung der xxxxxx-Gesamtschule in xxxxxx mit vorwiegend regenerativer Energie (Holz). Geplanter Vertragsbeginn ist der 01.05.2009. Varianten/Alternativangebote sind zulässig. Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden.
Als Angebotsschluss wurde der xxxxxx.2008 bekannt gegeben.
Die Vergabeunterlagen enthalten eine Funktionalausschreibung nach VOL, welche den Umfang und die Anforderungen für die vom Auftragnehmer zu übernehmenden Maßnahmen und Wärmelieferleistungen beschreibt. Hiernach soll der Auftragnehmer die Versorgungsanlagen auf eigene Rechnung und Verantwortung planen, bauen, finanzieren und betreiben. Er beliefert den Auftraggeber nach den Vorgaben der Ausschreibung und des Wärmelieferungsvertrags, welcher der Ausschreibung beigefügt ist. Dem Auftragnehmer obliegt die Betriebsführung und die Instandhaltung sowie alle weiteren zur Erfüllung der Versorgungsaufgaben notwendigen Leistungen. Als Versorgungsbeginn ist der 01.09.2009 vorgesehen, geplant ist eine Vertragslaufzeit von 15 bzw. 20 Jahren.
Mittels einer Tabelle werden die Bieter über den Wärmebedarf der zu versorgenden Gebäude informiert. Die Auftraggeberin erwartet die Einrichtung einer Versorgungsanlage mit Holzhackschnitzelbefeuerung und stellt dem Auftragnehmer hierfür die erforderlichen Räume und Flächen zur Verfügung. Für die Dimensionierung der zu errichtenden Wärmeerzeugungsanlagen wird als Nennleistung der Wärmeerzeuger ein Wärmeleistungsbedarf von 900 kW und vorgegeben, der Gesamtwärmebedarf wird mit 1.200 MWh/a angegeben.
Der Wärmeliefervertrag enthält in seiner Präambel folgende Zielsetzungen:
0.1. | Die Versorgung des Grundstücks mit Wärme durch den Wärmelieferanten soll über moderne und energiesparende Wärmeerzeugungsanlagen mit geringen Umweltbelastungen (hoher Anteil an Holzhackschnitzelfeuerung) und mit hoher Versorgungssicherheit erfolgen. | |
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0.2. | ... | |
0.3. | Es besteht die Möglichkeit, das versorgte Grundstück in einen grundstücksübergreifenden Energieverbund zu integrieren. Jedoch ist die Wärmelieferung auf Liegenschaften des Kunden beschränkt. Durch die Schaffung, Erhaltung und Erweiterung eines Energieverbundsystems soll die Möglichkeit eines frühzeitigen wirtschaftlichen Einsatzes umweltentlastender Heizungssysteme wie Solarthermie oder Kraft-Wärme-Kopplung hergestellt werden. |
Der Vertrag enthält unter Ziffer 1 u.a. folgende Regelungen zum Vertragsgegenstand:
1.1 | Der Wärmelieferant verpflichtet sich, den Kunden in Bezug auf das Grundstück mit Wärme für Raumheizung und Trinkwassererwärmung gemäß Ziffer 1.3 dieses Vertrages .... zu versorgen. Der Kunde verpflichtet sich, seinen Bedarf im vereinbarten Umfang ausschließlich aus der Anlage des Wärmelieferanten zu decken. |
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Die im Vertragsformular vorgesehene Möglichkeit zur Auswahl einer Versorgung mit "Elektrizität nach Maßgabe eines gesondert zu schließenden Stromliefervertrags" wurde von der Auftraggeberin nicht angekreuzt.
Gemäß den Regelungen unter Ziffer 1.2 ist der Wärmelieferant berechtigt, nicht aber verpflichtet, Wärme und Elektrizität an Dritte weiter zu liefern.
Unter Ziffer 2 Umfang der Wärmeversorgung werden die Parameter für die Versorgungsleistungen festgelegt, hierunter eine Vertragsleistung von 900 kWth . Für den Fall, dass sich der Wärmebedarf durch bauliche Maßnahmen (z.B. Wärmeschutzmaßnahmen, Vergrößerungen oder Verkleinerungen der zu versorgenden Fläche) oder durch Witterungsbedingungen verändert, enthält Ziffer 2.2 Regelungen zur Vertragsanpassung, die im Detail unter Ziffer 10 des Vertrages geregelt ist.
Die Endschaftsregelung des Vertrages sieht vor, dass der Auftragnehmer der Auftraggeberin die Anlage kostenfrei in einem Zustand übereignet, welcher der Betriebsdauer einer ordnungsgemäß betriebenen und instand gehaltenen Anlage üblicherweise entspricht.
Dem Wärmeliefervertrag sind die Preisblätter V3a und V3b zugeordnet. Des weiteren enthalten die Vergabeunterlagen die Preisblätter A11 und A12. Mit den Preisblättern werden - jeweils für eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren und von 20 Jahren - u.a. die Auslegungsleistung und die monatliche Abschlagsleistung bei Vertragsbeginn abgefragt. Hierbei müssen die abgefragten Preise alle Leistungen, die für die Errichtung und den Betrieb der Versorgungsanlagen über die jeweilige Vertragslaufzeit notwendig sind, vollständig berücksichtigen.
Mit dem Angebot abzugeben war u.a. das technische Konzept für die Versorgungsanlagen unter Benennung aller wesentlichen technischen Parameter sowie des Regelkonzepts inkl. Vorlage eines Schaltschemas der geplanten Wärmeerzeugungsanlage mit allen Komponenten.
Zur Bewertung ihrer Angebote erhielten die Bieter unter Ziffer 2.6 der Ausschreibung folgende Informationen:
2.6 Kriterien zur Bewertung der Angebote | |
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Es werden grundsätzlich nur solche Angebote in der Auswertung berücksichtigt, die bei nachgewiesener wirtschaftlicher und technischer Leistungsfähigkeit des Bieters alle Positionen der Ausschreibung beinhalten. Eventualpositionen sind nicht zwingender Angebotsbestandteil. | |
Der Zuschlag erfolgt auf das wirtschaftlich günstigste Angebot. Maßgeblich sind folgende Kriterien:
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Die Bewertung der wirtschaftlichen Angebotskriterien erfolgt mit der Kapitalwertmethode für die gesamte Vertragslaufzeit. Zusätzlich werden folgende weiteren Kriterien zur Angebotsbewertung herangezogen:
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Nach Maßgabe der Vergabeakte wurden innerhalb der Angebotsphase weder die Bekanntmachung noch die Vergabeunterlagen gerügt. Insgesamt gingen 9 Angebote fristgerecht bei der Auftraggeberin ein. Die von der Antragstellerin konzipierte Anlage sieht den Einsatz eines Blockheizkraftwerkes vor, welches einen Stromüberschuss erzeugt, der in das Netz der Gesamtschule eingespeist werden kann. Die Anlage ist für eine Leistung von 1.100 kW ausgelegt. Die Beigeladene hat ihre Anlage für eine Leistung von 900 kW ausgelegt, sie bietet in einer Variante die Einbindung einer Solaranlage an.
Die Fa. xxxxxx, xxxxxx, nahm im Auftrage der Auftraggeberin die Prüfung und Wertung der Angebote vor. Sie hielt das Ergebnis ihrer Prüfung und Wertung in der "Angebotsauswertung Wärmeliefercontract" vom 24.10.2008 fest, die mit ihren Anlagen in die Vergabeakte aufgenommen wurde. Der Darstellung der einzelnen Wertungsergebnisse werden folgende Hinweise vorangestellt:
Die fachliche und wirtschaftliche Bewertung der Angebote erfolgt im Wesentlichen anhand der in der Ausschreibung unter 2.6 aufgeführten Kriterien (Arbeitspreis, Leistungspreis, Preisanpassung, Leistungsfähigkeit des Unternehmens, Qualität des Konzeptes, Einsatz regenerativer Energien). Der ausschließliche Einsatz fossiler Brennstoffe entspricht dabei nicht den Anforderungen der Ausschreibung und wurde somit nicht gewertet. Wir möchten nochmals darauf hinweisen, dass bei unserer Wirtschaftlichkeitsberechnung anhand des Kapitalwertes, aufgrund der Energiepreisschwankungen und einer schwierigen Zukunftsprognose, keine Preissteigerungsraten weder für fossile noch für regenerative Brennstoffe berücksichtigt haben. Spekulationen über eine preisgünstigere Entwicklung des einen oder anderen Brennstoffes werden dadurch ausgeschlossen. Der berücksichtigte Kalkulationszinssatz beträgt 6% pro Jahr. Die Bewertung der Angebote erfolgt jeweils für eine Vertragslaufzeit von 15 sowie 20 Jahren. Eine tabellarische Zusammenfassung der Ergebnisse können Sie der Anlage entnehmen.
Die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen wurden wie folgt bewertet:
"Bieter 1: xxxxxx
Das Angebot wurde im Originaltext, unterzeichnet abgegeben. Die Angebotskopie ist nicht mit einer Originalunterschrift versehen. Alle abgefragten Positionen wurden vollständig ausgefüllt. Es wurde kein Nebenangebot eingereicht. Das detaillierte Konzept sieht den Einsatz eines Holzhackschnitzelkessels mit einer Leistung von 300 kW und einem Gas-Niedertemperatur-Spitzenlastkessels mit einer Leistung von 741 bis 820 kW vor. Die Brennstofflagerkapazität wird mit 110 m3 in einem Erdsilo angegeben. Zusätzlich möchte der Bieter ein Block-Heiz-Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 15 kW und einer thermischen Leistung von 30 kW hydraulisch in das System mit einbinden. Die berechnete Laufleistung von 7.500 Betriebsstunden pro Jahr halten wir für nicht realisierbar. Des Weiteren wurde nur wage Angaben über den Verbleib des erzeugten Stroms gemacht. Es wurde angedeutet, dass ein Großteil des erzeugten Stroms im Gebäude verbraucht werden könnte. Überschüsse würden in das öffentliche Netz gespeist. Angaben über die Verrechnung der Stromeinspeisung wurden nicht gemacht. Wir gehen davon aus, dass die Einspeisevergütung bereits Berücksichtigung im Arbeitspreis der Wärmelieferung gefunden hat.
Der ermittelte Kapitalwert für eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren beträgt xxxxxx EUR, für 20 Jahre xxxxxx EUR. Die jährlichen Betriebskosten im Anfangsjahr werden mit xxxxxx EUR bzw. xxxxxx EUR berechnet. Für die Instandhaltung des Sekundärnetzes liegt ein Angebot über netto xxxxxx EUR pro Jahr vor.
Das Angebot liegt in der wirtschaftlichen Auswertung auf dem 3. Platz.
Bieter 4: xxxxxx
Das Angebot wurde im Originaltext, unterzeichnet abgegeben. Die Angebotskopie ist mit einer Originalunterschrift versehen. Alle abgefragten Positionen wurden vollständig ausgefüllt. Es wurde kein Nebenangebot eingereicht. Der Bieter weist darauf hin, dass die Fachserie 17, Reihe 2 des statistischen Bundesamtes eingestellt wurde und bietet statt dessen, nach Rücksprache mit der Deutschen Energieagentur die Anwendung der Fachserie 16 , Reihe 2.2 an. Das detaillierte Konzept sieht den Einsatz eines Holzhackschnitzelkessels mit einer Leistung von 250 kW und einem Gas-Niedertemperatur-Spitzenlastkessels mit einer Leistung von 640 kW vor. Die Brennstofflagerkapazit wird mit 50 m3 in einem Erdsilo angegeben. Im Anschreiben bietet die xxxxxx die zusätzliche Integration einer Solaranlage in das Konzept an. Da keine wirtschaftlichen Vorteile entstehen, wurde die Variante nicht in einem Nebenangebot berücksichtigt, sollte unseres Erachtens aber im Falle einer Beauftragung nähere Beachtung finden.
Der ermittelte Kapitalwert für eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren beträgt xxxxxx EUR, für 20 Jahre xxxxxx EUR. Die jährlichen Betriebskosten im Anfangsjahr werden mit xxxxxxx EUR bzw. xxxxxx EUR berechnet. Für die Instandhaltung des Sekundärnetzes liegt ein Angebot über netto xxxx EUR pro Jahr vor.
Das Angebot liegt in der wirtschaftlichen Auswertung auf dem 2. Platz."
Das Ingenieurbüro stellt fest, dass nach den Ergebnissen der Ausschreibung eine Vergabe wirtschaftlicher sei als die Eigeninvestition. Es empfiehlt, den Zuschlag auf das auf Rang 2 liegende Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Von einer Beauftragung des auf Rang 1 liegenden Angebotes rät es wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Bieters ab.
Das Ingenieurbüro hat der Angebotswertung die Tabelle "Formelle, sachliche und wirtschaftliche Überprüfung der Angebote" sowie die Tabellen "Wirtschaftlichkeitsberechnung Kapitalwert" für jedes Angebot und für den Fall der Eigeninvestition beigefügt. In der Tabelle "Formelle, sachliche und wirtschaftliche Überprüfung der Angebote" sind neben Feststellungen zur formellen Angebotsprüfung die Ergebnisse der einzelnen Preisabfragen der Angebote sowie die jeweilige Auslegungsleistung und die Liefermenge festgehalten. Zur Ermittlung des Kapitalwertes wurden für jedes Angebot der Grundpreis Wärme und die Wärmekosten für einen Zeitraum von 15 und von 20 Jahren ermittelt und in die Berechnung eingestellt.
Nach welchen Maßstäben die in der Tabelle "Formelle, sachliche und wirtschaftliche Überprüfung der Angebote" eingetragene Rangfolge ermittelt worden ist, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen.
Die Auftraggeberin befasste sich im November 2008 mit dem Ergebnis der Ausschreibung und informierte die Bieter mit Schreiben vom 15.12.2008 darüber, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll. Der Antragstellerin teilte sie mit, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt worden sei, weil es nicht das wirtschaftlichste sei.
Mit Schreiben vom 19.12.2008 und anwaltlichem Schriftsatz vom 22.12.2008 rügte die Antragstellerin die mitgeteilte Entscheidung als vergaberechtswidrig und beanstandete die mitgeteilten Informationen zur Wertung als unzureichend. Nach den bekannt gemachten Wertungskriterien müsse sie davon ausgehen, dass sie selbst das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe.
Die Auftraggeberin hat diese Rüge nicht beantwortet.
Mit per Fax übersandtem Schriftsatz vom 23.12.2008 wandte sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer.
Unter Hinweis auf ihre Rüge beanstandet sie die Information gemäß § 13 VgV als unzureichend und die Entscheidung der Auftraggeberin als vergaberechtswidrig, da anzunehmen sei, dass die Auftraggeberin keine umfassende Wertung nach den bekannt gemachten Zuschlagskriterien vorgenommen habe und einen lokalen Bieter begünstige. Sie geht davon aus, dass ihr eigenes Angebot das wirtschaftlichste Angebot sei.
Nach Akteneinsicht rügt sie mit Schriftsatz vom 30.01.2009 die vorgenommene Wertung als vergaberechtswidrig, denn diese verstoße gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot. Abgesehen davon, dass das von der Auftraggeberin bevorzugte Angebot der Beigeladenen die Kriterien der Ausschreibung nicht erfülle, sei es auch nicht ohne weiteres mit dem Angebot der Antragstellerin vergleichbar, denn diese habe faktisch eine höhere Versorgungssicherheit angeboten. Die Wertungsvorschläge des Ingenieurbüros xxxxxx ließen diesbezüglich keine objektive Wertung erkennen, die Ausführungen zu den Qualitäten der Angebote ließen vielmehr auf eine Ungleichbehandlung schließen. Der mittels Kapitalwertmethode errechnete Kapitalwert gehe im Falle der Antragstellerin von zu hohen jährlichen Betriebskosten aus, die Wertung sei intransparent und entspreche nicht den bekannt gemachten Zuschlagskriterien. Die Auftraggeberin dürfe die Angebote nicht nur nach Maßgabe des Preises miteinander vergleichen, sondern müsse bei ihrer Wertung auch die bekanntgemachten qualitativen Zuschlagskriterien berücksichtigen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag nicht an die Beigeladene zu erteilen und die Gebote erneut unter Beachtung der Kriterien der Bewertung der Angebote, insbesondere der Ziffer 2.6 der Ausschreibung zu werten;
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Sinn und Zweck einer Contracting-Ausschreibung sei es, einen langfristigen Vertrag mit einem Wärmelieferer zu schließen, der für die Investition und den Betrieb einschließlich dem Unterhalt der Wärmeerzeugungsanlage aufkommt. Diese Leistung muss über die Vertragslaufzeit gerechnet günstiger als eine Eigeninvestition sein, was, wie das Ergebnis der Ausschreibung zeige, auch der Fall sei.
Mit dem geforderten Einsatz regenerativer Energien folge die Gemeinde xxxxxx dem nachhaltigen Ansatz des Klimaschutzes. Es liege jedoch in der Natur einer Contracting-Ausschreibung, dass - im Rahmen der Vorgaben der Ausschreibung - einem Wärmelieferer sämtliche Optionen zum Betrieb seiner Anlage offen gelassen werden. Dimensionierung und Betrieb der Anlage wie auch der Anteil an Wärmelieferung durch Holzhackschnitzel seien also einzig und allein Sache des Wärmelieferers. Da der Einsatz von Holzhackschnitzeln nach der aktuellen Preislage deutlich günstiger sei als der Einsatz von Gas, werde die Erfüllung dieser Forderung bereits über den Preis abgebildet.
Die Angebote der Bieter hätten gezeigt, dass es eine Vielzahl von Lösungsansätzen zum Erfüllen der Aufgabe gibt. Der eigentlichen Aufgabenstellung, der Wärmelieferung mit ausreichender Leistung und ausreichendem Einsatz regenerativer Energien, genügten alle Angebote. Die Antragstellerin habe sich durch die Einbindung eines Block-Heizkraftwerkes und der von ihr angebotenen Vertragsleistung in Höhe von 1.100 kW einen Wettbewerbsvorteil versprochen und diesen im Wärmepreis berücksichtigt. Hierdurch hätte sich ihr Preis erhöht. Eine Überdimensionierung der Heizungsanlage diene dem Klimaschutz in keiner Weise und sei daher auch nicht als höherwertig zu bewerten. Heizungsunterstützende Komponenten wie das von der Antragstellerin angebotene Block-Heizkraftwerk oder die von der Beigeladenen angebotene solarthermische Anlage seien in den Ausschreibungsunterlagen nicht gefordert und dementsprechend in der Wertung auch nicht berücksichtigt worden.
Es bleibe festzuhalten, dass letztendlich der Wärmelieferungspreis als ausschlaggebendes Kriterium herangezogen wurde.
Die Bewertung der Angebote anhand der Kapitalwertmethode sei von keinem Bieter gerügt worden. Ihr sei der Zinssatz für Finanzmittel der Auftraggeberin zu Grunde gelegt worden. Bei der hiernach durchgeführten Ermittlung der Kapitalwerte sei für das Angebot der Antragstellerin der korrekte Jahresgrundpreis angesetzt worden.
Die Angebotswertung verstoße nach alledem weder gegen das Transparenzgebot noch gegen den Grundsatz zur Gleichbehandlung der Bieter.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Denn die Auftraggeberin hat unter Missachtung des Transparenz- und Gleichbehandlungsgebots sowie des Gebots, auf das wirtschaftlichste Angebot zuzuschlagen, ohne die in der Aufforderung zur Angebotsabgabe angegebenen Zuschlagskriterien zu berücksichtigen lediglich den nach der Kapitalwertmethode berechneten günstigsten Preis in die Wertung einbezogen. Der Vergaberechtsverstoß betrifft die Grundlagen des streitbefangenen Vergabeverfahrens sowie die Angebotskalkulation und kann, da die Angebotsfrist verstrichen und die Angebote durch die Auftraggeber geöffnet und ausgewertet wurden, nicht mehr durch einen Wiedereintritt in die Angebotswertung geheilt werden (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 02.09.2004, Az.: 13 Verg 11/04). Die Rechtsverletzung kann daher vorliegend nur durch eine Aufhebung des Vergabeverfahrens beseitigt werden (§ 114 Abs. 1 Satz 1 GWB).
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Gemeinde xxxxxx handelt es sich um eine Gebietskörperschaft. Sie ist damit öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt nach dem Angebot der Antragstellerin bezogen auf eine Laufzeit von 20 Jahren mit einer Auftragssumme von xxxxxx EUR netto unstreitig den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert von 206.000 EUR gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung galt für Lieferaufträge gem. § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.02.2003, geändert durch die 3. Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 23. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2334), zuletzt geändert durch Festsetzung der EU-Kommission mit Wirkung vom 01.01.2008 ein Schwellenwert von 206.000 EUR (s. ABl. EU Nr. L317 vom 05.12.2007 S. 34). Um einen Bauauftrag - mit der Folge eines Schwellenwerts von xxxxxx EUR - handelt es sich trotz der zu errichtenden Heizungsanlage nicht, da angesichts der Laufzeit von 15 bzw. 20 Jahren der Anteil der Wärmelieferung im Rahmen des gesamten Auftrags eindeutig überwiegt.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe das von ihr vorgelegte Angebot vergaberechtswidrig gewertet und das Angebot der Beigeladenen für den Zuschlag vorgesehen, obwohl nicht das Angebot der Beigeladenen sondern ihr Angebot das wirtschaftlichste sei.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rn. 954).
Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. Dies ergibt sich bereits aus der Auswertung des von der Auftraggeberin beauftragten Ingenieursbüros, nach der das Angebot der Antragstellerin bei Auswertung anhand der Kapitalwertmethode mit Platz 3 hinter der für den Zuschlag vorgesehenen zweitplatzierten Beigeladenen liegt (das Angebot des preisgünstigsten Bieters wurde ausgeschlossen). Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt.
Die Antragstellerin hat die hierzu erforderliche Information gemäß § 13 VgV der Auftraggeberin vom 15.12.2008 am 18.12.2008 erhalten. Die Rüge der Antragstellerin, es fehle jegliche Aussage zur Wirtschaftlichkeit der anderen am Wettbewerb beteiligten Unternehmen, wurde bereits am folgenden Tag, 19.12.2008, und damit unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erhoben, so dass der Nachprüfungsantrag zulässig ist. Mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2008, das die Auftraggeberin am gleichen Tag per Fax erhielt, präzisierte die Antragstellerin ihre Rüge mit dem Hinweis, dass ihr Angebot unter Einhaltung der mitgeteilten Wertungskriterien das wirtschaftlichste sei.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Ausschreibung ist aufzuheben. Der beabsichtigte Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB.
Die Auftraggeberin hat mit ihrem Vorgehen bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots und mit der mangelhaften Dokumentation ihrer Wertung und Entscheidung in der Vergabeakte gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB, gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Bieter des § 97 Abs. 2 GWB und gegen das Gebot des § 97 Abs. 5 GWB, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, verstoßen. Gemäß § 97 Abs. 7 haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass die Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhalten. Gemäß § 110 Abs. 1 S. 1 GWB erforscht die Vergabekammer den Sachverhalt von Amts wegen.
Im Nachprüfungsverfahren hat die Auftraggeberin nicht darlegen können, dass ihre Entscheidung für den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände wirtschaftlich ist. Ihre Wertung der Angebote erfolgte vergaberechtswidrig.
Unter Ziff. 2.6 der Vergabeunterlagen hat die Auftraggeberin folgende Festlegungen zur vorgesehenen Wertung bekannt gegeben:
2.6 Kriterien zur Bewertung der Angebote | |
---|---|
Es werden grundsätzlich nur solche Angebote in der Auswertung berücksichtigt, die bei nachgewiesener wirtschaftlicher und technischer Leistungsfähigkeit des Bieters alle Positionen der Ausschreibung beinhalten. Eventualpositionen sind nicht zwingender Angebotsbestandteil. Der Zuschlag erfolgt auf das wirtschaftlich günstigste Angebot. Maßgeblich sind folgende Kriterien:
| |
Die Bewertung der wirtschaftlichen Angebotskriterien erfolgt mit der Kapitalwertmethode für die gesamte Vertragslaufzeit. | |
Zusätzlich werden folgende weiteren Kriterien zur Angebotsbewertung herangezogen:
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Diese Bekanntgabe enthält keinerlei Hinweise auf die Gewichtung und genügt damit nicht den Regelungen des § 25 a Nr. 1 Abs.1 Satz 2 ff § 9a Nr. 1 lit c VOL/A. Auch soll hiernach - vergaberechtswidrig - die Bietereignung in die Angebotswertung einbezogen werden.
Nach Maßgabe der Vergabeakte hat keiner der Bieter diese Vorgaben gerügt.
Die bekannt gegebenen Auftragskriterien entfalten Bindungswirkung für und gegen den Auftraggeber, sie sind bei der Vergabeentscheidung zwingend zu berücksichtigen und dürfen nach Angebotsschluss weder geändert noch ergänzt werden.
Soweit die Auftraggeberin unter "wirtschaftlichen Angebotskriterien" ausschließlich das Kriterium des Preises verstehen will, ist auf den Wortlaut des § 25 Nr. 3 VOL/A hinzuweisen, der eine solche Definition nicht ohne weiteres zulässt.
Dort heißt es:
"Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend."
Der niedrigste Angebotspreis kann i. d. R. nur dann einziges Zuschlagskriterium sein, wenn ein Auftraggeber dies gemäß § 9 Nr. 1 lit c VOL/A so bekannt gegeben hat.
Bei der vorliegenden Ausschreibung war das aber nicht der Fall. Unter der Überschrift "Kriterien zur Bewertung der Angebote" hat die Auftraggeberin ausdrücklich neben dem Preis zusätzliche qualitative Kriterien zur Angebotsbewertung bekannt gegeben, wobei sie es - vergaberechtswidrig - versäumt hat, deren Gewichtung bekannt zu geben.
Dass die Qualitäten der Angebote über den Preis und dessen Wertung im Rahmen der Kapitalwertmethode abgebildet werden, ist nicht zu erkennen. Die in der Vergabeakte dokumentierte Auswertung anhand der Kapitalwertmethode berücksichtigt erkennbar nur die Preisangaben der Bieter, nicht aber, wie mit der Bekanntgabe der Kriterien zur Bewertung der Angebote verbindlich vorgegeben, auch die Qualität der Angebote.
Wie aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 30.01.2009 deutlich wird, hat sich diese mit ihrem Angebot auf die von der Auftraggeberin angekündigte qualitative Angebotswertung eingestellt. Sie hat ein Versorgungskonzept mit höherer Auslegungsleistung angeboten, mit der problemlos auf eine Bedarfserhöhung reagiert werden kann. Auch hat sie die Einbindung eines Blockheizkraftwerkes vorgesehen, welches einen Stromüberschuss erzeugt, der in das Netz der Gesamtschule eingespeist werden kann. An der Abgabe eines solchen Angebotes war die Antragstellerin durch die Vergabeunterlagen nicht erkennbar gehindert, die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin auch nicht ausgeschlossen. Die Tatsache, dass auch die Beigeladene in einer Variante die Einbindung einer Solaranlage angeboten hat, ist Indiz dafür, dass die Bieter die qualitative Höherbewertung eines an den Klimaschutzzielen der Auftraggeberin orientierten Angebotes erwartet haben. Sofern die Auftraggeberin nunmehr nur noch den Preis für wertungsrelevant hält, hat sie die Antragstellerin irregeführt.
In der Anlage zum Schriftsatz vom 06.02.2009 wird behauptet, dass "alle Angebote aus fachlicher Sicht vergleichbar" sind. Was hierunter zu verstehen ist, bleibt offen. Eine der Ankündigung entsprechende qualitative Prüfung und Wertung der Angebote unter Anwendung gleicher objektiver Maßstäbe ist in der Vergabeakte an keiner Stelle dokumentiert. Vielmehr hat es die Auftraggeberin offensichtlich unterlassen, derartige Maßstäbe zu entwickeln und entsprechend den Vorgaben der § 25 a Nr. 1 Abs.1 Satz 2 ff § 9a Nr. 1 lit c VOL/A bekannt zu geben.
Nach allem ist festzuhalten, dass die Auftraggeberin nach Öffnung der Angebote das wirtschaftlichste Angebot lediglich mit Hilfe der Kapitalwertmethode nach dem günstigsten Preis ermittelt hat, hingegen die in der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufgeführten qualitativen Kriterien nicht in die Wertung einbezogen hat. Die nachträgliche Festlegung / Änderung der Bewertungsgrundlagen verletzt evident das Transparenzgebot und lässt im Hinblick auf die hiermit verbundenen Manipulationsmöglichkeiten Zweifel an der Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes der Bieter aufkommen, so dass Verstöße gegen § 97 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 GWB vorliegen und die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist. Soweit die Auftraggeberin vorgetragen hat, sie habe diese Festlegung / Änderung lediglich vorgenommen, um sparsam mit Haushaltsmitteln zu wirtschaften, ist sie darauf hinzuweisen, dass sie von vornherein das wirtschaftlichste Angebot allein nach dem anhand der Kapitalwertmethode zu ermittelnden günstigsten Kapitalwert hätte bestimmen müssen, für den nur der Preis maßgeblich ist.
Gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist gemäß § 114 Abs. 1. S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden. Die Rechtsverletzung kann vorliegend nur durch eine Aufhebung des Vergabeverfahrens beseitigt werden. Denn der Vergaberechtsverstoß betrifft die Grundlagen des streitbefangenen Vergabeverfahrens sowie die Angebotskalkulation und kann, da die Angebotsfrist verstrichen und die Angebote durch die Auftraggeberin geöffnet und ausgewertet wurden, nicht mehr durch einen Wiedereintritt in die Angebotswertung geheilt werden (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 02.09.2004, Az.: 13 Verg 11/04). Ein Auftraggeber darf die Bewertungskriterien nicht erst nach Eröffnung der Angebote festlegen bzw. ändern, weil andernfalls die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie in Kenntnis der Angebotsinhalte zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Bieters ausgestaltet. Den Bewertungskriterien in Ziff. 2.6 der Vergabeunterlagen fehlt es an der notwendigen Angabe ihrer Gewichtung, zudem ist vergaberechtwidrig die Bietereignung berücksichtigt. Entsprechend ist eine Beseitigung der Verstöße durch mildere Maßnahmen, wie z.B. den von der Antragstellerin beantragten Wiedereintritt in die Wertung, nicht möglich.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR, die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw. in Ausnahmefällen 50.000 EUR beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Zu Grunde gelegt wird der Angebotspreis in Höhe von xxxxxx EUR netto und damit xxxxxx EUR brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt an Hand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zzt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. mit § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG von der Kostentragungspflicht befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, AZ.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, AZ.: WVerg 0014/04).
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
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Rohn
Brinkmann