Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 19.08.2009, Az.: VgK-37/2009

Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines Vergabeverfahrens für die Durchführung von Kanalarbeiten, Gleisarbeiten, Straßenarbeiten und Leitungsbauarbeiten; Zulässigkeit des Ausschlusses des Angebots einer Firma wegen fehlender Eignung aufgrund von negativen Erfahrungen bei anderen kleineren Projekten in der jüngeren Vergangenheit; Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung von kleinen, von der Art her jedoch vergleichbaren Baumaßnahmen bei der Beurteilung der Eignung

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
19.08.2009
Aktenzeichen
VgK-37/2009
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 23259
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabeverfahren Kanal-, Gleis- und Straßenbau BV "xxx"

In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Lohmöller,
auf die mündliche Verhandlung vom 19.08.2009
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens werden auf xxx EUR festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit Bekanntmachung vom xx.xx.2009 Kanal-, Gleis-, Straßen- und Leitungsbauarbeiten zum Ausbau der xxx europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Als Vertragslaufzeit wurde der Zeitraum vom 13.07.2009 bis 23.10.2010 bekannt gegeben. Als Teilnahmebedingungen wurden unter III.2.3 der Bekanntmachung folgende Angaben und Nachweise gefordert:

"Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen: die Bieter müssen mit ihrem Angebot zum Nachweis der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit hinsichtlich der Durchführung der Kanalbauarbeiten [gem. VOB/A § 8 Nr. 3 g] eine Güteüberwachung bestehend aus Fremd- und Eigenüberwachung (z.B. durch eine anerkannte Materialprüfstelle, öffentliche Listen der EU oder die Mitgliedschaft in der Gütegemeinschaft "Güteschutzkanalbau") nachweisen. Weitere Unterlagen gem. VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1 werden bei Bedarf angefordert."

2

Als Zuschlagskriterium wurde in der Bekanntmachung ausschließlich der niedrigste Preis benannt.

3

Mit Schreiben vom 01.04.2009 wurden die Bieter, darunter auch die Antragstellerin, zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert. In der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes wurden neben den in der Bekanntmachung geforderten Eignungsnachweisen weitere Nachweise gefordert. Unter Nr. 3.2 der Angebotsaufforderung heißt es:

"Zum Nachweis der Eignung sind auf Verlangen der Vergabestelle vorzulegen:

- Qualifikationsnachweis für den nach den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) zu benennenden Verantwortlichen für die Verkehrssicherheit

- Unterlagen nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A "

4

Unter Ziff. 3.3 heißt es:

"Präqualifizierte Unternehmen können anstelle der Nachweise nach 3.2 und der Unterlagen nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A im Angebotsschreiben unter Nr. 5.4 die Nummer angeben, unter der sie in der Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen (Präqualifikationsverzeichnis) eingetragen sind."

5

Zum Submissionstermin am xx.xx.2009 hat die Antragstellerin ein Angebot abgegeben. Die Angebotssumme belief sich auf xxx EUR. Sie hatte noch zwei Nebenangebote eingereicht. Die Angebotssumme der Beigeladenen belief sich xxx EUR. Laut Submissionsspiegel hatte die Antragstellerin das günstigste Angebot abgegeben und die Beigeladene das zweitgünstigste.

6

Am 25.05.2009 fand zwischen der Antragstellerin und der Auftraggeberin ein Bietergespräch statt. Den Inhalt und das Ergebnis des Aufklärungsgespräches hat die Auftraggeberin in einem siebenseitigen Vermerk vom gleichen Tage in der Vergabeakte dokumentiert. Aus der Vergabeakte geht nicht hervor, ob das Protokoll auch der Antragstellerin zur Kenntnis gegeben wurde.

7

Der Vergabeempfehlung des beauftragten Ingenieurbüros ist u.a. zu entnehmen, dass nicht empfohlen wird, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Wörtlich wurde festgehalten:

"Diese Empfehlung beruht allein auf der Tatsache, dass die Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx weder im Kanal- noch im Gleisbau dieser Baumaßnahme in Bezug auf die Leistungsfähigkeit und Termintreue gewachsen ist. Dies beweisen eigene Bauvorhaben, die die Stadt xxx oder die xxx durchgeführt haben, als auch eigene Referenzen der Firmen, als auch überprüfte Referenzen anderer Auftraggeber."

8

Mit Schreiben vom 04.06.2009 wurde die Antragstellerin durch die Antragsgegnerin gem. § 13 VgV davon informiert, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden soll und beabsichtigt sei, den Zuschlag am 19.06.2009 auf das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu erteilen. Die Auftraggeberin begründete die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin damit, dass begründete Zweifel an der Eignung der Antragstellerin im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bestünden. Sie führte dazu aus, dass die zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörende Firma Axxx, bereits mehrere Vorhaben in xxx ausgeführt habe. Die Firma Mxxx, xxx, die gem. den Angaben im Bietergespräch den Gleisbau ausführen solle, sei bisher in xxx nicht bekannt. Die Bietergemeinschaft habe nach eigenen Angaben noch keine Baumaßnahme zusammen durchgeführt. Aus den Referenzen lasse sich nicht erkennen, dass vergleichbare Leistungen in der vorliegenden Größenordnung bislang von den einzelnen Bieterfirmen durchgeführt wurden. Auf Grund der Erfahrungen, die sowohl der Fachbereich Tiefbau und Verkehr als auch die xxx in der Vergangenheit mit der Firma Axxx gemacht hätten, bestünden erhebliche Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Firma im Hinblick auf die konkrete Auftragsvergabe. Grund sei die mehrfache und durch den Auftragnehmer zu vertretende Überschreitung von Baufristen bei deutlich kleineren Projekten im Stadtgebiet. Anfragen bei Ansprechpartnern von Referenzprojekten hätten diese Erfahrungen zum Teil bestätigt. Auch bei der zur Bietergemeinschaft gehörenden Firma Mxxx werde seitens der Auftraggeberin bezweifelt, dass diese unter Berücksichtigung von Mitarbeiterzahl, Umsatz und parallel laufender Baumaßnahmen die erforderliche Leistungsfähigkeit zur termingerechten Durchführung der anstehenden Baumaßnahme besitzt. Zwar sei die qualitative Arbeitsausführung der Firma Axxx, nach eigener Erfahrung überwiegend gut gewesen, was die Auftraggeberin auch wertend mit berücksichtigt habe. Es bestünden jedoch bei der aktuellen Auftragsgröße, dem Schwierigkeitsgrad der Maßnahme, der Komplexität und des Termindrucks dennoch erhebliche, sachlich begründete Zweifel daran, dass die Bietergemeinschaft die anstehende Baumaßnahme ordnungsgemäß durchführen könne. Die Auftraggeberin sei daher nach sachgerechter Ermessensausübung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerin nicht die erforderliche Eignung besitzt, um eine leistungs- und gleichzeitig termingerechte Durchführung zu gewährleisten.

9

Mit Anwaltsschriftsatz vom 05.06.2009 rügte die Antragstellerin die Entscheidung der Auftraggeberin. Sie wies darauf hin, dass sie die als Eignungsnachweis geforderten Nachweise, insbesondere das RAL-Gütezeichen des "Güteschutz Kanalbau" vorgelegt habe. Der Nachweis ihrer Eignung sei damit geführt. Die in Ziff. 3.2 Abs. 2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe genannten Qualifikationsnachweise und Unterlagen, die nur auf Verlangen vorgelegt werden sollten, habe die Auftraggeberin nicht angefordert. Insofern habe die Antragstellerin ihre Eignung vollständig nachgewiesen. Ein "Mehr an Eignung" dürfe bei der Prüfung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Soweit die Auftraggeberin ihre Entscheidung auf Erfahrungen aus der Vergangenheit und auf Bauzeitenverzögerungen stütze, seien derartige terminliche Verzögerungen oder Baumängel allein nicht ausreichend, die Unzuverlässigkeit des Bieters auch für weitere Objekte zu unterstellen. Die für eine derartige Unterstellung erforderlichen gravierenden Mängel lägen nicht vor.

10

Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 10.06.2009 mit, dass sie der Rüge nicht abhilft. Mit Schreiben vom 12.06.2009, eingegangen bei der Vergabekammer per Telefax am gleichen Tage, hat die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag gestellt. Sie begründet den Nachprüfungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Rügeschreiben vom 05.06.2009. Sie legt dar, dass sie aus ihrer Sicht ihre Eignung und insbesondere ihre Leistungsfähigkeit ordnungsgemäß und vollständig dargelegt hat. Soweit die Antragsgegnerin auf eigene vermeintlich schlechte Erfahrungen der zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörenden Firma Axxx, verweise, handele es sich dabei um insgesamt drei namentlich benannte Bauvorhaben im Stadtgebiet der Aufraggeberin. Die Antragstellerin hat zu ihrem Nachprüfungsantrag dieser Baumaßnahmen eine Zahlungsübersicht, Abnahmeprotokolle vom 11.09.2008, 27.10.2008, 18.03.2009, 30.04.2009 und 04.05.2009 sowie eine Leitungsübersicht vorgelegt. Aus diesen Dokumentationen ergebe sich, dass sich aus den von der Auftraggeberin herangezogenen Bauvorhaben keinerlei Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Bieterpartners Axxx, ergeben.

11

Nach Durchführung der eingeschränkten Akteneinsicht trägt die Antragstellerin vor, dass aus ihrer Sicht die Umstände Eignungskriterium "Leistungsfähigkeit", Prognoseentscheidung und Transparenz des Vergabeverfahrens nicht bzw. nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Die Auftraggeberin habe z.B. von den 40 Referenzen der Firma Axxx lediglich drei negativ beurteilte herangezogen. Ferner habe die Auftraggeberin bei ihrer Prognoseentscheidung nicht geprüft, warum der Bauablauf bei Bauvorhaben gestört worden ist. Auch habe die Auftraggeberin bei keinem der abgeschlossenen Bauvorhaben, die sie zur Feststellung der mangelnden Eignung heran gezogen hat, Abzüge für Mängel oder Vertragsstrafen vorgenommen. Es seien auch keine Mehrkosten entstanden, die sie zur Aufrechnung gestellt hat.

12

Die Antragstellerin vertritt auch die Auffassung, dass die Auftraggeberin auch gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot verstoßen hat, da sie z.B. im Gegensatz zu ihr von der Beigeladenen keine Auskunft über deren finanziellen Leistungsfähigkeit gefordert hat.

13

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag in der Ausschreibung Baumaßnahme, Umbau "xxx" vom 01.04.2009 auf das Angebot der Bietergemeinschaft xxx, zu erteilen;

  2. 2.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Wertung der Angebote erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen;

  3. 3.

    der Antragstellerin die Einsichtnahme in die Vergabeakten zu gewähren;

  4. 4.

    die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.

14

Die Auftraggeberin beantragt:

  1. 1.

    Die Anträge der Antragstellerin abzuweisen,

  2. 2.

    die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten abzulehnen,

  3. 3.

    die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.

15

Ferner hat die Auftraggeberin beantragt, auf eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB zu erkennen.

16

Die Auftraggeberin erklärt, dass sie im Rahmen einer sorgfältigen und umfassenden Eignungsprüfung nach § 25 Nr. 2 VOB/A zu der Prognoseentscheidung gelangt ist, dass der Antragstellerin die entsprechende Eignung, insbesondere die Leistungsfähigkeit fehle, um den anstehenden Bauauftrag sach- und termingerecht auszuführen. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin beschränken sich die vorzulegenden Eignungsnachweise im vorliegenden Vergabeverfahren keinesfalls nur auf das RAL-Gütezeichen des "Güteschutz Kanalbau". Dieses sei vielmehr lediglich vorzulegen gewesen, um den Nachweis einer grundsätzlichen Bietereignung zu bringen. Keinesfalls aber reduzierte sich die Prüfung der Eignung auf die Vorlage dieses Nachweises. Der Auftraggeberin sei es nicht verwehrt, sich ein umfassendes Bild der einzelnen Bieter anhand all derjenigen Information zu machen, die ihr vorliegen. Ferner habe sie unter Ziff. 3.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vom 01.04.2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zum Nachweis der Eignung auf Verlangen der Vergabestelle auch noch weitere Unterlagen i. S. des § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A vorzulegen sind. Dementsprechend habe die Auftraggeberin mit Telefax vom 19.05.2009 von der Antragstellerin die Vorlage weiterer Unterlagen, insbesondere weitere Referenzen für den Kanal- und Straßenbau in konkret vergleichbarer Größenordnung sowie sämtliche Angaben der Leistungsfähigkeit nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A für den Gleisbau verlangt, die dann von der Antragstellerin auch termingerecht vorgelegt wurden. Auch diese Unterlagen habe die Auftraggeberin bei der Eignungsprüfung berücksichtigt. Die von beiden Firmen der Bietergemeinschaft eingereichten Unterlagen und Referenzen seien einer genauen Prüfung unterzogen und Firmenstruktur, Personal und finanzielle Ausstattung der einzelnen Bieter in der bestehenden Gemeinschaft mit Blick auf den konkret auszuführenden Auftrag geprüft worden. Darüber hinaus habe sie die Leistungsfähigkeit anhand von Referenzobjekten und eigenen Erfahrungen beurteilt.

17

Im Hinblick auf die zur Bietergemeinschaft gehörende Firma Mxxx habe sie festgestellt, dass diese über eine Ausstattung mit Fachpersonal im Umfang von zzt. 10 gewerblichen Gleis- und Straßenbauern verfüge und in den vergangenen Jahren im Durchschnitt einen Umsatz von xxx Euro erzielt hat. Die Firma sei nach ihrer Feststellung jedoch durch einen Rahmenvertrag mit den xxx und einen dortigen weiteren Auftrag vom Juni d. J. weitgehend ausgelastet. Dies habe die Auftraggeberin bei ihrer Prognose zu berücksichtigen, da der Gleisbauanteil der hier streitbefangenen Maßnahme allein xxx Mio. Euro in 13,5 Monaten und damit mehr als 50% des gesamten Jahresumsatzes betrage. Laut eingeholter Auskunft der xxx werde auch dort insbesondere die personelle Ausstattung der Firma Mxxx als nicht ausreichend für den zu vergebenden Auftrag angesehen.

18

Die Auftraggeberin stütze ihre Entscheidung, der Antrag stellenden Bietergemeinschaft die Eignung für den konkreten Auftrag abzusprechen, in erster Linie jedoch darauf, dass insbesondere die Leistungsfähigkeit des zur Bietergemeinschaft gehörenden Unternehmens Axxx, nicht gegeben ist. Die getroffene negative Prognoseentscheidung hinsichtlich der Firma Axxx, stütze sich in erster Linie auf eigene Erfahrungen der Auftraggeberin, die sie bei wesentlich kleineren Baumaßnahmen im Stadtgebiet der Stadt xxx gemacht habe. Die Auftraggeberin wiederholt und vertieft diesbezüglich die Begründung, die sie bereits gegenüber der Antragstellerin im Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 04.06.2009 ausgeführt hatte. Sie verweist ihrerseits auf die bereits von der Antragstellerin vorgelegten Abnahmeprotokolle sowie auf ihre in der Vergabeakte enthaltenen, diesbezüglichen Schreiben an die Firma Axxx, vom 24.09.2008, 15.10.2008, 17.10.2008 sowie weiterer Schreiben und das Gesprächsprotokoll vom 29.04.2009 und den Vermerk der Auftraggeberin vom 13.05.2009.

19

Zusammenfassend stellt die Auftraggeberin fest, dass die von ihr benannten Baumaßnahmen, welche die Firma Axxx, in jüngster Vergangenheit für die Auftraggeberin durchgeführt hat, sowohl im Hinblick auf den Straßenbau als auch hinsichtlich des Kanalbaus nicht zur Zufriedenheit der Auftraggeberin ausgeführt wurden. Die Baumaßnahmen hätten mit Mahnschreiben begleitet werden müssen, in welchen die Firma Axxx, aufgefordert werden musste, sowohl ihren personellen als auch ihren maschinellen Einsatz zu verstärken und für bessere Koordination der Bauarbeiten, insbesondere hinsichtlich der Materialbestellung etc. zu sorgen. Auch stehe auf Grund dieser Beanstandungen bei einigen Baumaßnahmen bis zum heutigen Tage noch die Durchsetzung einer Vertragsstrafe in Rede. Angesichts der Tatsache, dass bereits diese Baumaßnahmen zu beanstanden gewesen seien, obwohl sie in Größe und Umfang erheblich kleiner seien als die nunmehr entstehende Baumaßnahme, sei die Eignung der zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörenden Firma Axxx, nicht gegeben.

20

Die Beigeladene unterstützt in der mündlichen Verhandlung am 19.08.2009 die Rechtsauffassung der Auftraggeberin und beantragt, den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

21

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 10.07.2009 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 07.09.2009 verlängert.

22

Mit Beschluss vom 13.07.2009 hat die Vergabekammer den auf § 115 Abs. 2 GWB gestützten Antrag der Auftraggeberin ihr zu gestatten, den Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zwei Wochen seit Bekanntgabe der Entscheidung zu erteilen, abgelehnt.

23

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19.08.2009 Bezug genommen.

24

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in Ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt, soweit die Auftraggeberin ihr die Eignung zur Durchführung dieses Auftrages abspricht. Die Entscheidung der Auftraggeberin, den Zuschlag auf das von der Antragstellerin begehrte Los Kanal-, Gleis-, Straßen- und Leitungsbauarbeiten zum Ausbau der xxx auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, ist nicht zu beanstanden. Die Auftraggeberin hat sich im Rahmen des ihr vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als sie sich entschieden hat, das Angebot der Antragstellerin aufgrund der negativen Erfahrungen bei anderen kleineren Projekten in der jüngeren Vergangenheit wegen fehlender Eignung auszuschließen.

25

1.

Anzuwenden ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der bis zum 23.04.2009 einschließlich geltenden Fassung. Denn gemäß § 131 Abs. 8 GWB, angefügt durch Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I, S. 790) und in Kraft getreten gemäß dessen Art. 4 am 24.04.2009, sind für Vergabeverfahren, die vor dem 24.04.2009 begonnen haben, die zu jenem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des GWB maßgeblich. Das vorliegende Vergabeverfahren wurde mit europaweiter Bekanntmachung vom xx.xx.2009 eingeleitet.

26

2.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um die Durchführung von Kanal-, Gleis-, Straßen- und Leitungsbauarbeiten und damit um einen Bauauftrag i.S.d. § 1 VOB/A für den gemäß § 2 Nr. 4 der Vergabeverordnung (VgV) in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.150.000 EUR gilt. Der Wert des hier streitbefangenen Loses Kanal-, Gleis-, Straßen- und Leitungsbauarbeiten zum Ausbau der xxx überschreitet diesen Schwellenwert deutlich. Ausweislich der in der Vergabeakte enthaltenen "Verdingungsverhandlung - Niederschrift; Vergabegrundlage VOB/A" vom xx.xx.2009 weist bereits das im Vergabeverfahren niedrigste Angebot (der Antragstellerin) Kosten in Höhe von xxx EUR (brutto) auf. Der maßgebliche Schwellenwert wird damit deutlich überschritten.

27

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe ihr Angebot zu Unrecht ausgeschlossen, obwohl die von ihr vorgelegten Referenzen sowie sonstige Unterlagen und Nachweise belegen, dass sie geeignet sei, den Auftrag auszuführen. Die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A lägen daher nicht vor. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag hätte. Dies folgt vorliegend schon daraus, dass sie das preislich niedrigste Angebot abgegeben hat. Der Antragsbefugnis steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Auftraggeberin nach Prüfung entschieden hat, das Angebot der Antragstellerin wegen mangelnder Eignung von der weiteren Wertung auszuschließen. Die Frage, ob die Voraussetzungen für einen solchen Ausschluss gegeben sind, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.10.2008, Az.: 13 Verg 4/08, unter Hinweis auf BGHZ 169, 131, 142 Tz. 32 m.w.N.).

28

Die Antragstellerin hat die von ihr geltend gemachten Verstöße gegen das Vergaberecht im streitbefangenen Vergabeverfahren unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gegenüber der Auftraggeberin gerügt. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Der dem Bieter gewährte Primärrechtsschutz im Vergabeverfahren setzt voraus, dass sich der Bieter seinerseits stets gebührend um seinen Rechtsschutz bemüht. Dazu gehört an zentraler Stelle die vorprozessuale Rüge, die ohne schuldhaftes Zögern gegenüber dem Auftraggeber zu äußern ist. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler ausmacht. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Verfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/00). Dieser Zeitpunkt ist hier als der 05.06.2009 zu bestimmen. Denn einen Tag zuvor, am 04.06.2009, ging der Antragstellerin das Informationsschreiben der Auftraggeberin nach § 13 VgV zu. Die schriftliche Rüge vom 05.06.2009 des Bevollmächtigten der Antragstellerin erfolgte rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB. Grundsätzlich ist die Rügefrist knapp zu bemessen. Eine Rügefrist von ein bis drei Tagen ist jedenfalls bei einfachen Sachverhalten einzuhalten (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; VK Lüneburg, Beschluss vom 11.01.2007, Az.: VgK - 36 / 2006). Die Rüge des Ausschlusses von der weiteren Wertung erfolgte noch rechtzeitig i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB.

29

3.

Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt, weil sich die Auftraggeberin im Rahmen des ihr durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A eingeräumten Ermessens gehalten hat, als sie im Zuge ihrer Prüfung und Wertung zu der für die Antragstellerin negativen Eignungsprognose gelangte. Denn die Auftraggeberin hat die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin wegen mangelnder Eignung für die hier ausgeschriebene Baumaßnahme in der konkret betroffenen Größenordnung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A sorgfältig abgewogen und Prüfung und Entscheidung in einer den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert.

30

Dabei durfte die Auftraggeberin durchaus auch ihre eigenen Erfahrungen mit der zur Antragstellerin gehörenden Firma Axxx zurückgreifen, zumal die Antragstellerin auch die diesbezüglichen, für die Auftraggeberin durchgeführten Baumaßnahmen als Referenzen benannt hatte. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A sind Aufträge unter ausschließlicher Verantwortung des Auftraggebers im leistungsbezogenen Wettbewerb an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber zu vergeben. Ebenso wie nach den entsprechenden Regelungen in § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A und § 13 VOF sind also bei der Auswahl der Bewerbungen, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bewerber zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Diese Regelung deckt sich grundsätzlich mit der entsprechenden Regelung in § 97 Abs. 4 1. Halbsatz GWB. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl. BayObLG, Beschluss vom 03.07.2002, Az.: Verg 13/02). Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist davon auszugehen, dass diese Begriffe den Auftraggebern einen Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Vergabekammer kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten sind (vgl. Weyand, Vergaberecht, GWB § 97, Rdnr. 396, m.w.N.; OLG München, Beschluss vom 21.04.2006, Az.: Verg 8/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2005, Az.: VII-Verg 55/05). Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums ist regelmäßig (nur) anzunehmen, wenn

  • das vorgeschriebene Vergabeverfahren nicht eingehalten wird,
  • nicht von einem zutreffend und vollständig ermitteltem Sachverhalte ausgegangen wird,
  • sachwidrige Erwägungen einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird.

31

(vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.2002 - Az.: Verg 37/02).

32

Ein Beurteilungsfehler liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Auftraggeber von dem ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum gar keinen Gebrauch macht, weil er diesen nicht mit einer eigenen Abwägungsentscheidung ausfüllt (vgl. VK Brandenburg, Beschluss vom 25.08.2002, Az.: VK 45/02).

33

Während es sich etwa bei den Ausschlussgründen des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A noch um relativ schnell feststellbare, eher objektiv einzustufenden Merkmale von Bietern handelt, so stellt die Überprüfung der Eignungskriterien Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A oder § 25 Nr. 1 VOL/A deutlich höhere Anforderungen an die Prüfung. Letztlich bewegt sich der Prüfungsrahmen dabei auf einem gerade auch an der Überzeugung der Vergabestelle orientierten Maßstab (vgl. Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, 1. Auflage, § 25, Rdnr. 52). Dabei ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber - wie im vorliegenden Fall - bei der Prüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters neben den nach § 8 Nr. 3 VOB/A geforderten Nachweisen auch auf eigene Erfahrungen aus früheren, abgeschlossenen Vertragsverhältnissen zurückgreift (vgl. Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 2, Rdnr. 30). Vorherige negative Erfahrungen des Auftraggebers mit einem Bewerber bei der Abwicklung von Vertragsverhältnissen können daher von besonderer Bedeutung für die Versagung der Zuverlässigkeit sein (vgl. Harr in: Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 13 VOF, Rdnr. 6; VK Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2006, Az.: 50/2005; VK Sachsen, Beschluss vom 10.08.2005, Az.: 88/05). Es ist danach grundsätzlich zulässig, dass ein Auftraggeber bei der Prüfung der Zuverlässigkeit eines Bieters/Bewerbers auch auf eigene Erfahrungen aus früheren, abgeschlossenen Vertragsverhältnissen zurückgreift. Die in Betracht kommenden Erfahrungen können sich dabei auf ein vertragswidriges Verhalten oder eine Schlechterfüllung des Bewerbers bei der Vertragsausführung beziehen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2005, Az.: Verg 5/05). Bei Berücksichtigung solcher Erfahrungen ist der Auftraggeber allerdings verpflichtet, eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs, der Intensität, des Ausmaßes und des Grades der Vertragsverletzung vorzunehmen. Die Vertragsverletzungen müssen gerade die Zuverlässigkeit für die nunmehr ausgeschriebene Leistung in Frage stellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.08.2001, Az.: Verg 27/01). Hat ein Auftraggeber etwa mehrfach mit einem Bieter oder Bewerber die Erfahrung gemacht, dass dieser bei der Ausführung eines Auftrags vertragliche Pflichten verletzt oder sonstige Obliegenheiten außer Acht gelassen hat, kann dies die Annahme der Unzuverlässigkeit und den Ausschluss des Bewerbers rechtfertigen. Es kann aber auch zulässig sein, aus Vertragsverletzungen und Schlechterfüllungen im Rahmen eines kleinen Auftrages auf die Unzuverlässigkeit für die Durchführung eines größeren Auftrages zu schließen, sofern der Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung zu einem solchen Schluss gelangt und er seine diesbezügliche Prüfung und die Ergebnisse in einer den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Weise im Vergabevermerk dokumentiert.

34

Gemäß § 30 Nr. 1 VOB/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Diese Vorschrift dient - ebenso wie § 18 VOF und § 30 VOL/A - in erster Linie der sog. Ex-post-Transparenz und damit dem Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB. Der Weg zur Vergabeentscheidung soll vom Bieter nachvollzogen und auch kontrolliert werden können. Durch diese Vorschrift soll eine erleichterte Nachprüfung der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen der jeweiligen Verfahren ermöglicht werden (vgl. Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Vergaberecht, § 97, Rdnr. 101). Diese Ex-post-Transparenz ist schließlich auch für einen effektiven Rechtschutz erforderlich, so dass alle Entscheidungsschritte grundsätzlich zu dokumentieren sind und nicht erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens vorliegen müssen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.08.1999, Az. NZBau 2000, S. 44 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 03.03.2005, Az.: 13 Verg 21/04). Dabei ist nicht notwendigerweise ein zusammenhängender Vergabevermerk zu fordern. § 30 VOB/A ist vielmehr ebenso wie § 18 VOF und § 30 VOL/A dahin gehend auszulegen, dass das Vergabeverfahren und alle wesentlichen Entscheidungen laufend und in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren sind (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O., VK Lüneburg, Beschluss vom 07.06.2004, Az.: 203-VgK-16/2004).

35

Sofern diese Anforderungen erfüllt sind, spricht entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nichts dagegen, wenn die Auftraggeberin diese die Prüfung und Entscheidung dokumentierenden Vermerke noch nachträglich durch zusammenfassende Vermerke ergänzt. So hat die Auftraggeberin vorliegend unter dem Trennblatt 8 als Bl. 102 der Vergabeakte einen zusammenfassenden Vermerk über die Auftragserledigung der Fa. Axxx im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen xxx, xxx und xxx in die Vergabeakte aufgenommen, der auf den 16.06.2009 und damit nach der Vergabeempfehlung vom 26.05.2009 datiert. Auch ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin die Vergabeakte erst nach Zustellung des Nachprüfungsantrags und Anforderung durch die Vergabekammer paginiert hat.

36

Der in der vorliegenden Vergabeakte dokumentierte Sachverhalt trägt die Entscheidung des Auftraggebers, der Antragstellerin aufgrund negativer Erfahrungen mit der Firma Axxx in drei anderen Baumaßnahmen die Eignung für die ausgeschriebene Baumaßnahme abzusprechen.

37

Die Möglichkeit des Auftraggebers, Referenzen zu fordern und bei der Eignungsprüfung zu berücksichtigen, ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin unmittelbar aus § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. b VOL/A. Denn danach dürfen von den Bewerbern oder Bietern zum Nachweis ihrer Eignung ausdrücklich auch Angaben verlangt werden, über die Ausführung von Leistungen in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind. Damit ist die Forderung von Referenzlisten ausdrücklich durch die VOB gedeckt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.03.2004, Verg 20/03, IBR 2004, 273; Franke/Mertens in: Franke/Kämper/Zanner/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 8, Rdnr. 43 ff.). Die Forderung von Unterlagen nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A zum Nachweis der Eignung auf Verlangen der Vergabestelle hatte sich die Auftraggeberin mit dem Schreiben zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vom 01.04.2009 unter Ziff. 3.2 ausdrücklich vorbehalten, so dass die Auftraggeberin auch diesbezüglich nicht gehindert war, Referenzen für vergleichbare Baumaßnahmen von der Antragstellerin zu verlangen.

38

Die Auftraggeberin forderte dann auch konkret im Vorfeld zum Bietergespräch vom 25.05.2009 mit Schreiben vom 19.05.2009 u.a.

- "Benennung der Referenzen für den Kanalbau und Straßenbau konkret in vergleichbarer Größenordnung.

- Sämtliche Angaben der Leistungsfähigkeit nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A für den Gleisbau."

39

Die von der zur Bietergemeinschaft (Antragstellerin) gehörenden Firma Axxx vorgelegten 11 Referenzen der Geschäftsjahre 2006 bis 2008 umfassten Auftragsvolumina zwischen 0,xxx Mio. EUR und 2,xxx Mio. EUR. Referenzen vergleichbarer Größenordnung, wie von der Auftraggeberin gefordert, hat die Antragstellerin nicht vorgelegt. Die von ihr benannten Referenzen von der Art her vergleichbarer Baumaßnahmen anderer öffentlicher Auftraggeber mit einem Auftragsvolumen von 1,xxx Mio. EUR, 1,xxx Mio. EUR bzw. 2,xxx Mio. EUR belegen, dass es bei zwei Baumaßnahmen anderer öffentlicher Auftraggeber Probleme mit der Einhaltung der Bauzeit gab.

40

Allerdings ist zu beachten, dass Vergleichbarkeit nicht "Gleichheit" bedeutet. Vielmehr genügen zumindest grundsätzlich bereits solche Referenzen, die belegen, dass ein Bewerber bereits Aufgaben ausgeführt hat, die im technischen Bereich und hinsichtlich der Organisation der nachgefragten Leistung einen etwa gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen (OLG Düsseldorf, B. v. 26.11.2008 - Az.: VII-Verg 54/08; B. v. 06.03.2008 - Az.: Verg 53/07; 1. VK Sachsen, B. v. 31.01.2007 - Az.: 1/SVK/124-06 ; B. v. 21.07.2005 - Az.: 1/SVK/076-05 ; VK Brandenburg, B. v. 25.8.2002 - Az.: VK 45/02; VK Südbayern, B. v. 21.04.2009 - Az. Z3-3-3104-1-09-02/09). (Weyand, Rdnr. 467, a.a.O.).

41

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist es daher vom Grundsatz nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin kleine, von der Art her jedoch vergleichbare Baumaßnahmen bei der Beurteilung der Eignung berücksichtigt hat.

42

Ferner durfte die Auftraggeberin auch eigene Erfahrungen, die sie bei kleineren, noch nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen im Bereich Kanal- und Straßenbau mit einem Auftragsvolumen in Höhe von 1,xxx Mio. EUR gemacht hat, bei der Eignungsprüfung berücksichtigen.

43

Es ist grundsätzlich, wie dargelegt, nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber bei der Prüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auch auf eigene Erfahrungen aus früheren, abgeschlossenen Vertragsverhältnissen zurückgreift (VK Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2006, Az.: VK-50/2005-L; VK Lüneburg, Beschluss vom 14.10.2002, Az.: VgK 22/02). Dabei kann es sich namentlich auch um ein in der Vergangenheit liegendes vertragswidriges Verhalten oder eine Schlechtleistung des betreffenden Bieters bei der Ausführung von früheren Verträgen handeln (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2005, Az.: VII - Verg 05/05, 1. VK Sachsen, Beschluss vom 10.08.2005, Az.: 1/SVK/088-05). Erforderlich ist eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs, der Intensität, des Ausmaßes und des Grades der Vorwerfbarkeit der Vertragsverletzungen. Richtschnur für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bieters ist dabei stets die Frage, inwieweit die zur Beurteilung stehenden Gesichtspunkte geeignet sind, eine ordnungsgemäße und vertragsgerechte Erbringung gerade der ausgeschriebenen Leistung in Frage zu stellen (Weyand, Vergaberecht, 2. Aufl. 2007, Rdnr. 505).

44

Nach diesen Maßstäben ist das Ergebnis der Eignungsprognose der Antragstellerin für diese Baumaßnahme durch die Auftraggeberin nicht zu beanstanden. Wegen der negativen Erfahrungen anderer Auftraggeber und eigener Erfahrungen, die die Auftraggeberin bei der Durchführung kleinerer [im Verhältnis zu dieser Baumaßnahme (Angebotssumme insgesamt 7,xxx Mio. EUR)] Baumaßnahmen mit der zur Bietergemeinschaft gehörenden Firma Axxx gemacht hat, ist es nicht ermessensfehlerhaft, auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus Vertragsverletzungen und Schlechterfüllungen im Rahmen eines kleinen Auftrages auf die Unzuverlässigkeit für die Durchführung eines größeren Auftrages zu schließen.

45

Die Auftraggeberin hat die Durchführung und das Ergebnis der Eignungsprüfung auch in einer den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Weise im Vergabevermerk dokumentiert.

46

Die Auftraggeberin hat die Eignungsprüfung der Antragstellerin in der Vergabeakte insbesondere unter der lfd. Nr. 3 in einer "Anlage zur Vergabeprüfung" (Bl. 15, 16 der Vergabeakte) zur "Vorlage RPA/Vergabevermerk" v. 28.05.2009 (Bl. 13, 14 der Vergabeakte) dokumentiert. Dort heißt es:

"Mindestbieter ist die Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx. Die Firma Axxx hat bereits mehrere Bauvorhaben in xxx ausgeführt. Die Firma Mxxx soll gem. Angaben im Bietergespräch den Gleisbau ausführen und ist bisher in xxx nicht bekannt.

Aufgrund der Erfahrungen, die sowohl der Fachbereich Tiefbau und Verkehr als auch die xxx in der Vergangenheit mit der Firma Axxx gemacht haben, bestehen erheblich Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Firma. Grund ist die mehrfache Überschreitung von Baufristen. Anfragen bei Ansprechpartnern von Referenzobjekten haben die Erfahrungen z.T. bestätigt (zufriedenstellende Qualität aber lange Bauzeit). Auch bei der Firma Mxxx wird seitens der xxx bezweifelt, dass diese unter Berücksichtigung von Mitarbeiterzahl, Umsatz und parallel laufender Baumaßnahmen die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzt.

Am 25. Mai hat ein Aufklärungsgespräch mit der Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx stattgefunden. Die durch den Fachbereich Tiefbau und Verkehr, die xxx und die xxx vorgebrachten Bedenken konnten durch die Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx nicht ausgeräumt werden.

Wegen der Komplexität der Baumaßnahme, der engen Baufristen, der anspruchsvollen Verkehrsführung und der parallel laufenden Brückenbaumaßnahmen wird die Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx für nicht ausreichend erachtet."

47

Das RPA verweist in dieser Stellungnahme sodann über Fußnoten auf die in der Anlage beigefügte, zwischen der Vergabestelle und dem beauftragten Ingenieurbüro xxx abgestimmte Vergabeempfehlung vom 26.05.2009 (Teil B Nr. 0) und das Protokoll des Gesprächs mit der Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx vom 25.05.2009, das vom beauftragten Ingenieurbüro xxx gefertigt wurde (Teil B Nr. 2).

48

Ihrem Teil B der Vergabeakte hat die Auftraggeberin eine vom Fachbereich Tiefbau und Verkehr unterschriebene Erklärung vom 27.05.2009 beigefügt. Daraus ergibt sich, dass die nachfolgende Vergabeempfehlung des Ingenieurbüros xxx vom 26.05.2009 dem zwischen der Auftraggeberin (xxx und der xxx) abgestimmten Vergabevorschlag entspricht. In dieser Vergabeempfehlung (Bl. 51 ff. der Vergabeakte) setzt sich das beauftragte Ingenieurbüro xxx (Bl. 61 bis 64) mit der Eignung der Bieter auseinander. Das Büro weist darauf hin, dass sowohl das Büro als auch die Auftraggeberin selbst ernste Bedenken haben, der erstplazierten Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Die Bedenken richteten sich einzig und allein gegen die Leistungsfähigkeit und damit die Termintreue der Bietergemeinschaft der Antragstellerin. Zur Begründung stützt sich das Ingenieurbüro insbesondere auf die der Vergabeakte unter den Trennblättern 06 bis 09 beigefügten Stellungnahmen, Schreiben und Vermerke, die verschiedene Fachbereiche der Auftraggeberin bei vorangegangenen Baumaßnahmen mit der Antragstellerin gemacht haben. Gegenstand dieser Erklärung und Vermerke sind sämtlich aktuelle Baumaßnahmen aus den Jahren 2008 und 2009. Konkret betroffen sich die Baumaßnahmen " xxx ", " xxx " und " xxx ". Als Blatt 103 der Vergabeakte ist u.a. ein Abnahmeprotokoll hinsichtlich des Gewerks Entwässerungsbauarbeiten für die Baumaßnahme xxx vom 11.09.2008 beigefügt. Diese Maßnahme hat die zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörende Firma Axxx durchgeführt. In dem Abnahmeprotokoll heißt es:

"Die vertragsgemäße Ausführungszeit wurde überschritten. Grund der Überschreitung: unvorhergesehene Unterquerung eines zusätzlichen Fernwärmeausdehnungsbauwerkes; Mehraufwand zur Erneuerung der Hausanschlussleitungen. Der Auftraggeber behält sich vor, die vereinbarte Vertragsstrafe geltend zu machen. Die ausgeführten Leistungen und Lieferungen wurden überprüft. Es wurde keine Mängel festgestellt. Die Baumaßnahme gilt damit als abgenommen. Dies schließt jedoch die allgemeine Vertragshaftung nicht aus."

49

Blatt 105 der Vergabeakte ist ein Schreiben der Auftraggeberin an die Firma Axxx vom 20.10.2008 betr. die Baumaßnahme xxx/SW- und RW-Kanalisation. Dort heißt es:

"Erneut ist bei der Baumaßnahme ein Bauzeitenrückstand zu verzeichnen, der mit dem heutigen Tag ca. 4 Wochen beträgt. Der Endtermin gem. Bauzeitenplan ist damit gefährdet. Wir fordern Sie auf, den Einsatz von Arbeitskräften und Gerät zu verstärken. Wir weisen darauf hin, dass ggf. die Vertragsstrafe geltend gemacht wird."

50

In einem Vermerk vom 13.05.2009 (Bl. 107 der Vergabeakte) hat die Auftraggeberin festgehalten, dass bei der Baumaßnahme xxx seitens der Firma Axxx zu einer Überschreitung von 56 Arbeitstagen gekommen von denen 40 Arbeitstage als genehmigte Bauzeitverlängerung festgestellt wurden. Die Auftraggeberin stellte dort eine nicht begründete Bauzeitenüberschreitung von 16 Arbeitstagen fest, die die Firma Axxx zu vertreten habe. Wörtlich heißt es dort:

"Gründe hierfür sind z.T. geringe Tagesleistungen bei den Hauptkanalarbeiten und zeitweise nicht kontinuierlich parallel zu den Hauptkanalarbeiten ausgeführte Arbeiten für die Grundstücksanschlüsse, wie es für die Erfüllung des Bauzeitenplanes erforderlich gewesen wäre."

51

Der Vergabeakte folgen weitere Vermerke und Abmahnungsschreiben bezüglich der Baumaßnahme xxx/SW-RW-Kanalisation.

52

Als Blatt 120 der Vergabeakte ist ein Schreiben der Auftraggeberin (dort: xxx) v. 15.01.2008 betr. die Kanalerneuerung xxx beigefügt.

53

Dort heißt es:

"Aus gegebenem Anlass weise ich nach unserem heutigen Baustellenbesuch auf die Einhaltung des Bauzeitenplans und des Fertigstellungstermins der gesamten Baumaßnahme (25. Juli 2008) hin. Mit dem derzeitigen Arbeitskräfte- und Geräteeinsatz ist die Einhaltung dieser Frist und der Gesamtfrist offenbar nicht möglich. Bisher wurden in den ersten 4 Wochen Kanalbau nur 50 lfd. Meter Schmutz- und Regenwasserkanal hergestellt ... Ich fordere Sie deshalb auf, die Bauausführung angemessen zu fördern, um den entstandenen Verzug wieder einzuholen und erwarte eine fach- und fristgerechte Ausführung der Kanalbauarbeiten. Zudem weise ich darauf hin, dass ich vom Recht der Inanspruchnahme der Vertragsstrafe Gebrauch machen werde, wenn der vertraglich vereinbarte Fertigstellungstermin nicht eingehalten wird."

54

Ausweislich eines als Blatt 121 beigefügten Vermerks vom 19.05.2009 lastet die Auftraggeberin der zur antragstellenden Bietergemeinschaft gehörenden Firma Axxx ungerechtfertigte Bauzeitüberschreitungen von 4 Wochen (Maßnahme " xxx 2007/2008"), von 2 Wochen (Maßnahme " xxx 2008") und von 3 Wochen (Maßnahme " xxx 2008") an. Die Gründe für die Überschreitung der Bauzeit sieht die Auftraggeberin auch in diesem Vermerk in einem zu geringen Arbeitskräfte- und Geräteeinsatz und eine unzureichende Effektivität der eingesetzten Kolonnen.

55

Weitere, der Vergabeakte unter den Einlegeblättern 7 bis 9 beigefügte Vermerke und Schreiben der Auftraggeberin an die Firma Axxx betreffen ebenfalls die geschilderten Sachverhalte und Vorwürfe.

56

Unter Berücksichtigung dieser in der Vergabeakte dokumentierten Probleme der Auftraggeberin mit der Termintreue der Firma Axxx bei fachlich vergleichbaren, von der Größenordnung jedoch wesentlich kleineren Maßnahmen als die vorliegend ausgeschriebene Baumaßnahme sind die in der Vergabeempfehlung vom 26.05.2009 dargelegten Bedenken des beauftragten Ingenieurbüros und der Auftraggeberin hinsichtlich der für die konkrete Baumaßnahme zu fordernden Leistungsfähigkeit der antragstellenden Bietergemeinschaft nachvollziehbar. Die Vergabeempfehlung weist auf Blatt 62 der Vergabeakte darauf hin, dass die Firma Axxx bisher kein Bauvorhaben durchgeführt hat, was der vorliegenden Größenordnung entspricht. Bei der Firma Axxx lägen die Auftragsvolumina zwischen 0,xxx Mio. Euro und 2,xxx Mio. Euro. Abzüglich des durch den zur Bietergemeinschaft gehörenden Partner Mxxx wäre von der Firma Axxx vorliegend ein Bauvolumen von 5,xxx Mio. Euro zu bewältigen. Es entspricht nach der Feststellung des Ing.-Büros einem prozentualen Anteil von 56% des Jahresumsatzes von 2007 i. H. v. 9,xxx Mio. Euro bzw. von 48% für das Jahr 2006 i. H. v.11 Mio. Euro. Das Ing.-Büro stellt fest, dass diese Relation zwischen Jahresumsatz und Auftragsvolumen aus Sicht der Vergabestelle und des Büros zwar nicht als Rückschluss auf die mangelnde Leistungsfähigkeit zu sehen ist. Es sei vorausschauend aber klar, dass bei der Umsetzung dieser hohen Bausumme (ca. xxx Euro pro Monat) und anzunehmender gleichzeitiger Ableistung weiterer Aufträge anderer Auftraggeber die Leistungsfähigkeit bei technischen Schwierigkeiten und Terminverzögerungen schwer gegeben ist oder aber sogar noch stark bzw. noch stärker leidet.

57

Die Vergabeempfehlung schließt auf Blatt 65 der Vergabeakte mit der Empfehlung, dem Erstplazierten, der antragstellenden Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx den Zuschlag nicht zu erteilen. Diese Empfehlung beruht allein auf der Tatsache, dass die Bietergemeinschaft Axxx/Mxxx weder im Kanal- noch im Gleisbau dieser Baumaßnahme in Bezug auf die Leistungsfähigkeit und Termintreue gewachsen ist. Dies bewiesen sowohl eigene Bauvorhaben, die die Stadt xxx oder die xxx durchführt haben, als auch eigene Referenzen der Firmen und überprüfte Referenzen anderer Auftraggeber. Ferner erläutert das Ing.-Büro in seiner Vergabeempfehlung, dass auch das ebenfalls in der Vergabeakte dokumentierte Aufklärungsgespräch (Trennblatt 2, Bl. 69 ff. der Vergabeakte) diese Bedenken nicht hätten ausräumen können.

58

Aus dieser umfangreichen Dokumentation wird deutlich, dass die Auftraggeberin es sich mit dem Ausschluss der Antragstellerin nicht etwa leicht gemacht hat, sondern in der von ihr anzustellenden Prognose zu dem Schluss gelangt ist, dass die Antragstellerin - ungeachtet der von der Auftraggeberin anerkannten grundsätzlichen fachlichen Eignung der zur antragstellenden Bietergemeinschaft gehörenden Unternehmen - angesichts des konkret ausgeschriebenen Auftragsvolumens - von der Leistungsfähigkeit nicht hinreichend die Gewähr für eine termingerechte und zufrieden stellende Auftragserledigung bietet.

59

Der in der vorliegenden Vergabeakte dokumentierte Sachverhalt trägt die Entscheidung der Auftraggeberin. Sie hat sich im Rahmen ihres durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB eingeräumten Ermessens gehalten, als sie im Zuge ihrer Prüfung und Wertung zu dieser für die Antragstellerin negative Eignungsprognose gelangte. Die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin ist daher vorliegend vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

60

Der Nachprüfungsantrag ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

61

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.

62

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

63

Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt xxx EUR (brutto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin für die Baumaßnahme und damit auch dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

64

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Angebotssumme von xxx EUR ergibt sich durch Interpolation eine Gebühr in Höhe von xxx EUR.

65

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

66

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

67

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.

68

Der Auftraggeberin und der Beigeladenen sind keine Anwaltskosten entstanden.

69

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von xxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens

70

xxx

innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen:

71

xxx.

IV. Rechtsbehelf

72

Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, ..., schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.

73

...

Gause
Schulte
Lohmöller
Herr Lohmöller, ehrenamtlicher Beisitzer, kann wegen urlaubsbedingter Abwesenheit nicht selbst unterschreiben Gause