Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 28.01.2009, Az.: VgK-54/2008
Angebotsausschluss bei einer im Angebot fehlenden und vom Auftraggeber geforderten Angabe zum Nachunternehmereinsatz
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 28.01.2009
- Aktenzeichen
- VgK-54/2008
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 14369
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 13 VgV
- § 4 Nr. 8 Abs. 1 S . 2 VOB/B
- § 8a Nr. 10 VOB/A
- § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A
- § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren
Neubau von zwei Stahlbetonbrücken, B ..., Neubau der OU ... - Bauwerk ... und ...
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin, BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn RA Hintz,
auf die mündliche Verhandlung vom 28.01.2009
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin ist verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten und bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes auch das Angebot der Antragstellerin zu berücksichtigen.
- 2.
Die Kosten werden auf ... EUR festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens hat die Auftraggeberin zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom ....2008 den Neubau zweier Ein-Feld-Stahlbetonbrücken im Zuge der Ortsumgehung ... der B ... europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Den Zuschlag sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien erhalten. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass eine Unterteilung der zu erbringenden Leistungen in Lose nicht vorgesehen ist. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass Nebenangebote/Alternativvorschläge nicht berücksichtigt werden.
Der Aufforderung zur Angebotsabgabe war zu entnehmen, dass gemäß Ziffer 5.2 (Weitere Nachweise und Angaben) mit dem Angebot Namen und Verpflichtungserklärungen der anderen Unternehmen (Kopie) vorzulegen waren.
Ferner wurden die Bieter unter Ziffer 12 des Vordruckes HVA B-StB-EG-Aufforderung 4 (09/08) hinsichtlich der maßgeblichen Kriterien für die Angebotswertung darauf hingewiesen, dass der Preis mit 90% gewichtet werden sollte und der technische Wert mit 10%. Die Bieter wurden auch darauf hingewiesen, wie sich die Kriterien zusammensetzen.
Ausweislich der Vergabeakte hatten zehn Bieter ein Angebot zur Verdingungsverhandlung am 18.11.2008 vorgelegt, vier hatten Preisnachlässe gewährt. Das Hauptangebot der Antragstellerin lag mit einer geprüften Angebotssumme in Höhe von ... EUR (inkl. 2,0% Preisnachlass) an erster Stelle und das der Beigeladenen mit ... EUR an zweiter Stelle.
Die Antragstellerin erklärte in ihrem Angebot, dass sie beabsichtigt, sechs Teilleistungen durch andere Unternehmer ausführen zu lassen. Die Leistungen der Positionen 00.08.0012 und 01.08.0014 (Ausführungszeichnungen liefern) sind jedoch nicht dabei genannt. Die Beigeladene beabsichtigt, acht Teilleistungen durch andere Unternehmer ausführen zu lassen, u.a. die Leistungen der Positionen 00.08.0012 und 01.08.0014 (Ausführungszeichnungen liefern).
Im Zuge der Wertung der Angebote wurde u.a. zum Angebot der Antragstellerin festgehalten, dass für die technische Bearbeitung kein Nachunternehmer genannt und auch keine Verpflichtungserklärung abgegeben worden sei. Im Aufklärungsgespräch habe die Antragstellerin bestätigt, dass sie ein bestimmtes Ingenieurbüro als Nachunternehmer kalkuliert habe. Dies sei auch bei der Einsicht in die Urkalkulation erkennbar gewesen. In der Vergabeakte befindet ein Protokoll vom 26.11.2008 über ein Aufklärungsgespräch vom 25.11.2008, im Zuge dessen sich die Auftraggeberin u.a. die Kalkulation der Pos. 00.08.0012 und 01.08.0014 erläutern lies. Ferner wurde festgehalten, dass der günstige Preis aus Sicht der Auftraggeberin aus der Beauftragung eines bestimmten Ingenieurbüros resultiert. Die Auftraggeberin stellte laut Protokoll fest, dass das Ing.-Büro nicht als Nachunternehmer benannt worden sei und auch keine Verpflichtungserklärung für das Büro mit der Angebotsabgabe vorgelegt wurde. Weitere Angaben sind dem Protokoll zu diesen Punkt nicht zu entnehmen.
Dieses Protokoll wurde nicht unterschrieben. Es wurde lediglich vermerkt, dass es per Mail-Verteiler innerhalb des zuständigen Geschäftsbereichs versandt werden soll. Die Antragstellerin hat das Protokoll erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens zur Kenntnis erhalten.
Zum Angebot der Beigeladenen wurde u.a. festgehalten, dass mit ihr ebenfalls ein Aufklärungsgespräch geführt wurde. Was Gegenstand des Aufklärungsgesprächs war, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen, da das dazu gehörende Protokoll sich nicht in der Vergabeakte befindet.
Nachdem die Auftraggeberin im Zuge der weiteren Wertung das Angebot der Antragstellerin und dreier weiterer Bieter aufgrund der formalen und rechnerischen Prüfung ausgeschlossen hatte, bewertete sie die verbliebenen sechs Angebote aufgrund der bekannt gemachten Zuschlagskriterien. Sie kam bei der Angebotswertung zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene mit insgesamt ... vom max. erreichbaren ... Punkten das wirtschaftlichste Angebote eingereicht hatte.
Mit Schreiben vom 27.11.2008 informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin, dass ihr Angebot ausgeschlossen wurde. Wörtlich teilt sie ihr mit:
"Für die technische Bearbeitung wurde kein Nachunternehmer genannt und auch keine Verpflichtungserklärung abgegeben. Das Angebot ist als unvollständig zu werten und somit zwingend auszuschließen."
In einem weiteren Schreiben vom 28.11.2008 informierte sie die nicht berücksichtigten Bieter gemäß § 13 VgV, dass sie beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.
Mit Schriftsatz vom 02.12.2008 rügt die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebotes und führt aus, dass für die technische Bearbeitung kein Nachunternehmer benannt worden sei, weil sie beabsichtige, diese Leistungen im eigenen Betrieb mit eigenem Personal und/oder ggf. freien Mitarbeitern ihres Unternehmens abzuwickeln.
Nachdem die Auftraggeberin der Antragstellerin unter Bezugnahme auf das Aufklärungsgespräch mitgeteilt hat, dass sie bei ihrer Vergabeentscheidung bleibe, widersprach die Antragstellerin den Ausführungen der Auftraggeberin mit Schriftsatz vom 04.12.2008 und beantragte mit Schriftsatz vom 11.12.2008, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Antragstellerin ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf den bereits in den Rügeschreiben vom 02.12.2008 und 04.12.2008 gegenüber der Auftraggeberin monierten Ausschluss ihres Angebotes.
Soweit die Auftraggeberin behaupte, dass sie, die Antragstellerin, erklärt habe, ein bestimmtes Ingenieurbüro solle die komplette technische Bearbeitung ausführen, sei dies unzutreffend. Eine solche Erklärung sei von ihr nicht abgegeben worden. Bei dem Aufklärungsgespräch sei vielmehr ohne Nennung von Leistungspositionen erörtert worden, wie der "niedrige Preis" für das Herstellen der Ausführungszeichnungen zustande komme und wie sie diese Leistungen erbringe. Sie habe lediglich erläutert, warum sie die technische Bearbeitung nicht von dem Ingenieurbüro ausführen lasse, sondern die Leistungen selbst erbringe und auch auf die Ressourcen eines Ingenieurbüros zurückgreifen könne.
Auch die Äußerung der Auftraggeberin, dass bei gleichzeitiger Einsicht in die Urkalkulation festgestellt worden sei, dass in jeder EKT-Ermittlung (Einzelkosten der Teilleistungen) für die technische Bearbeitung "Ing.-Büro" mit einem Betrag kalkuliert wurde, sei unzutreffend. Sie habe in der Urkalkulation alle Nachunternehmerleistungen mit dem Zusatz "NU" versehen. Bei der technischen Bearbeitung sei dagegen bewusst das Kürzel "Ing.-Büro" ohne den Zusatz "NU" eingesetzt worden, weil sie die Leistungen mit eigenen Ingenieuren erbringen wolle. Sie weist darauf hin, dass lt. Handelsregisterauszug vom 10.04.2006 u.a. auch die Erbringung von Planungsleistungen Gegenstand ihres Unternehmens sei. Die Kostenstelle "Ing.-Büro" sei lediglich ein Hinweis, dass sie über diese Kostenstelle ihre internen Ingenieurleistungen abrechne.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
ein Vergabenachprüfungsverfahren einzuleiten;
- 2.
vorliegenden Vergabenachprüfungsantrag sofort der Antragsgegnerin zuzustellen;
- 3.
der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakte gemäß § 111 GWB zu gewähren,
- 4.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebotswertung zur Vergabe des Auftrages Nr. ..., Projekt Nr. ..., ... - Neubau der OU ..., Bauwerk ... und Bauwerk ..., unter Einbezug des Angebotes der Antragstellerin vom 17.11.2008 zu wiederholen;
- 5.
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Antrag zu 4 zurückzuweisen,
Ferner beantragt sie,
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin als notwendig zurückzuweisen.
Die Auftraggeberin tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen.
Sie vertritt die Auffassung, dass das Angebot der Antragstellerin zwingend von der weiteren Wertung auszuschließen sei, weil die Antragstellerin es versäumt habe, für die komplette technische Bearbeitung ein bestimmtes Ingenieurbüro als Nachunternehmer zu benennen. In dem Aufklärungsgespräch am 25.11.2008 habe die Antragstellerin erklärt, dass ihr für die komplette technische Bearbeitung ein Angebot eines Ingenieurbüros vorliege. Aus der ihr vorliegenden Urkalkulation ergebe sich, dass in jeder Einzelkostenermittlung für die technische Bearbeitung die Zeile "Ing.-Büro" mit einem Betrag enthalten ist. Aufgrund des Aufklärungsgespräches habe sie keine Zweifel über den Bezug zu den Leistungspositionen 00.08.0012 und 01.08.0014 (Ausführungszeichnungen liefern) gehabt. Sie sei aufgrund der vorstehenden Feststellungen und der Einsicht in die Urkalkulation davon ausgegangen, dass für die gesamte technische Bearbeitung ein Nachunternehmer vorgesehen war und entsprechend kalkuliert wurde.
Da die Antragstellerin bei dem Aufklärungsgespräch ebenfalls eingeräumt habe, andere Bauvorhaben mit dem Ingenieurbüro durchgeführt zu haben, ließen ihre Feststellungen nur den Schluss zu, dass die Antragstellerin nicht wie gefordert die notwendigen Erklärungen zum Nachunternehmer abgegeben habe. Dieser Mangel habe den zwingenden Ausschluss zur Folge.
Die Beigeladene beantragt,
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Beigeladene für notwendig zu erklären.
Sie unterstützt den Vortrag der Auftraggeberin zum Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin.
Die Vergabekammer hat durch Verfügung des Vorsitzenden gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 05.02.2009 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 28.01.2009 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Auftraggeberin ist auf der Grundlage der vorliegenden Dokumentation in der Vergabeakte und unter Berücksichtigung des vorliegenden Angebotes der Antragstellerin weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Antragstellerin von der Angebotswertung auszuschließen. Die Voraussetzungen für einen zwingenden Ausschluss wegen unvollständiger Erklärungen im Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A sind vorliegend nicht nachgewiesen. Die Erklärung der Antragstellerin, sie werde auch die streitbefangenen Ingenieurleistungen nicht durch einen Nachunternehmer, sondern durch firmeneigene Ingenieure im eigenen Betrieb erbringen und lediglich für zeichnerische Umsetzung der Planungen und händische Leistungen wie Vervielfältigung auf Hilfe des ... zurückgreifen, wird durch das Angebot der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der Urkalkulation gestützt. Soweit der Auftraggeberin im Zuge des Aufklärungsgespräches diesbezüglich Zweifel gekommen sind, hätte sie der Antragstellerin zumindest Gelegenheit geben müssen, sich diesbezüglich zu äußern, indem sie der Antragstellerin - wie üblich - das Protokoll im laufenden Vergabeverfahren zeitnah hätte zur Kenntnis geben können. Eine derartige Verfahrensweise soll gerade dazu dienen, etwaige Missverständnisse bezüglich eines Angebotes zu vermeiden oder aber zumindest eine tragfähige, unstreitige Entscheidungsgrundlage zu erhalten.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin, der Bundesrepublik Deutschland, handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Das Land Niedersachsen, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Geschäftsbereich ... - führt das beanstandete Vergabeverfahren im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 85 GG für die Bundesrepublik Deutschland - Straßenbauverwaltung - durch. Der streitbefangene Auftrag ist auch einer Nachprüfung durch die Vergabekammer zugänglich. Gemäß § 100 Abs. 1 GWB gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die nach Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gemäß § 2 Nr. 4 der Vergabeverordnung (VgV) in der seit 01.01.2008 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.150.000 EUR. Werden Bauaufträge, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, gilt gemäß § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1.000.000 EUR oder bei Losen unterhalb von 1.000.000 EUR deren addierter Wert ab 20% des Gesamtwertes aller Lose. Ausweislich des in der Vergabeakte dokumentierten Ergebnisses des Vergabeverfahrens wird für die hier streitige Baumaßnahme der Schwellenwert von 1.000.000 EUR zwar nicht erreicht. Der Schwellenwert wurde ausweislich des Vergabevermerks vom 28.11.2008 auch nicht von dem vom Auftraggeber geschätzten Auftragswert gemäß des § 1, 3 Abs. 10 VgV erreicht. Der dokumentierte Kostenanschlag für den Gesamtauftragswert beläuft sich jedoch auf insgesamt ... EUR (netto). Die Auftraggeberin hat die hier streitbefangene Teilbaumaßnahme europaweit im offenen Verfahren gemäß § 3 a VOB/A ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren in der europaweiten Bekanntmachung angegeben. Dadurch hat die Auftraggeberin den rechtlichen Rahmen ( §§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Auftraggeberin, dass sie das verfahrensgegenständliche Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welche das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW 1998, S. 3636 ff. 3638) [BGH 08.09.1998 - X ZR 48/97]. Der Wert des streibefangenen Auftrags steht daher einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nicht entgegen.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, dass die Auftraggeberin ihr Angebot vergaberechtswidrig von der Wertung ausgeschlossen habe. Diese sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie die streitbefangenen Ingenieurleistungen nicht durch eigenen Mitarbeiter im eigenen Betrieb, sondern durch eine Untervergabe an ein externes Ingenieurbüro und damit an einen Nachunternehmer erbringen wolle. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rdnr. 52). Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag hätte. Ausweislich der in der Vergabeakte dokumentierten Angebotssummen hat die Antragstellerin sogar das preisgünstigste Angebot abgeben. Es ist im Übrigen aber nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die von ihr im Vergabeverfahren erkannten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.11.2008 darüber informiert, dass ihr Angebot ausgeschlossen wird, weil diese für die technische Bearbeitung keinen Nachunternehmer benannt und auch keine Verpflichtungserklärung abgegeben habe. Das Angebot sei daher als unvollständig zu werten und somit zwingend auszuschließen. Mit einem weiteren Schreiben vom 28.11.2008 hat sie die Antragstellerin sowie auch die übrigen nicht berücksichtigten Bieter gemäß § 13 VgV davon unterrichtet, dass sie beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Bereits mit Schriftsatz vom 02.12.2008 hat die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebotes gegenüber der Auftraggeberin gerügt. Da die Antragstellerin das erste Informationsschreiben vom 27.11.2008 erst am 01.12.2008 (Eingangsstempel) erhalten hat, erfolgte die bereits einen Tag später abgesetzte Rüge ohne weiteres unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist durch den angefochtenen Angebotsausschluss in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Voraussetzungen für einen zwingenden Angebotsausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A wegen vermeintlich unvollständiger Erklärungen im Angebot liegen nicht vor. Die Erklärung der Antragstellerin, sie werde auch die technische Bearbeitung mit eigenem Personal durchführen, wird durch das vorliegende Angebot der Antragstellerin gestützt und auch nicht durch die Dokumentation in der vorliegenden Vergabeakte widerlegt. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass sie beabsichtigt, einige Arbeiten zur Umsetzung der technischen Bearbeitung und Planungsleistungen, wie etwa zeichnerische Umsetzung, das Plotten und Vervielfältigen, mit Hilfe eines ... erledigen will. Nicht jeder Rückgriff auf dritte Unternehmen stellt einen Nachunternehmereinsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B dar. Erst recht handelt es sich dabei nicht um einen zur Darlegung der Eignung erforderlichen Rückgriff auf Dritte gemäß § 8 a Nr. 10 VOB/A, für den die Antragstellerin eine entsprechende Verpflichtungserklärung des Drittunternehmens auf Grundlage des in den Verdingungsunterlagen enthaltenen entsprechenden Vordrucks (HVA B-StB-Verpflichtungserklärung EG-Unternehmerleistungen (09/06)) hätte vorlegen müssen.
Die Voraussetzungen für einen zwingenden Angebotsausschluss wegen Unvollständigkeit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A liegen nicht vor. Auch nach der restriktiven Rechtsprechung des BGH führt das Fehlen von mit Angebotsabgabe geforderten Erklärungen zwar regelmäßig, aber nicht in jedem Fall zum zwingenden Angebotsausschluss. Mit Beschluss vom 07.06.2005, Az.: X ZR 19/02 hat der BGH entschieden, dass die Nichtabgabe von geforderten Erklärungen auf den Formblättern EFB-Preis 1 a, 1 b und 2 zwingend zum Ausschluss eines Angebotes von der Wertung nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB führt. Zur Begründung hat der BGH darauf hingewiesen, dass der Ausschlusstatbestand nicht erst dann gegeben ist, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Denn ein transparentes auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Verfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Dies erfordere, so der BGH, dass hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet und ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18.05.2004 - X ZB 7/04 =NJW-RR 2004, S. 1570). Mit Urteil vom 18.07.2007 - X ZR 890/04 - hat der BGH entschieden, dass auch im Angebot fehlende, vom Auftraggeber gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB geforderte Angaben zum Nachunternehmereinsatz regelmäßig zum zwingenden Angebotsausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A führen. Dies gilt nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (Urteil vom 10.06.2008, Az.: X ZR 78/07) allerdings nur dann, wenn der Auftraggeber die Benennung der Nachunternehmer ausdrücklich und unmissverständlich mit Angebotsabgabe gefordert hat. Im vom BGH zu entscheidenden Ausgangsfall war den Vergabeunterlagen zwar ein Vordruck "Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen" mit einer Spalte "vorgesehene Nachunternehmer" beigefügt. In den dortigen Bewerbungsbedingungen war hingegen geregelt, dass der Bieter die vorgesehenen Nachunternehmer (erst) auf Verlangen benennen muss. Bei einer derartigen Konstellation, so der BGH, sei ein Ausschluss jedenfalls nicht gerechtfertigt.
Derartig widersprüchliche Anforderungen zur Darlegung des Nachunternehmereinsatzes enthalten die Vergabeunterlagen im vorliegenden Fall allerdings nicht. So enthalten die besonderen Vertragsbedingungen (HVA B-StB-Besondere Vertragsbedingungen (05/08)) unter 10.1 lediglich Ausführungen zu den §§ 4, 8 LVergabeG, insbesondere dazu, dass die nachträgliche Einschaltung oder der Wechsel eines anderen Unternehmers (Nachunternehmers) der Zustimmung des Auftraggebers bedarf. Die Auftraggeberin beruft sich vorliegend vielmehr darauf, dass die Antragstellerin mit ihrem Angebot nicht die Vorgabe gemäß Ziff. 7 der EG-Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau - Ausgabe März 2006 (HVA B-StB-EG-Bewerbungsbedingungen/E1 (03/06), (Ni 04.12.2007)) erfüllt. Dort heißt es:
"Eignungsnachweis für andere Unternehmen
Beabsichtigt der Bieter, sich bei der Erfüllung eines Auftrages der Fähigkeiten anderer Unternehmen zu bedienen, muss er dem Auftraggeber hinsichtlich der Eignung nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Er hat entsprechende Verpflichtungserklärungen dieser Unternehmen mit dem Angebot vorzulegen."
Dem entsprechend enthalten die Vergabeunterlagen auch nicht nur ein Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer, sondern auch einen Vordruck für die erforderliche "Verpflichtungserklärung Leistungen anderer Unternehmer", die der Bieter allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 8 a Nr. 10 VOB/A vorlegen musste. Nach dieser Vorschrift kann ein Bieter sich, ggf. auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft, bei der Erfüllung eines Auftrags der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen. Er muss in diesem Fall dem Auftraggeber gegenüber nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, indem er beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt. Diese Vorschrift und die entsprechende Verpflichtungserklärung zielt aber nicht auf einen gewöhnlichen Nachunternehmereinsatz im Sinne von § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ab. Vielmehr regelt die Vorschrift des § 8 a Nr. 10 VOB/A die Möglichkeit des Bieters, zur Herstellung und zum Nachweis seiner Eignung für einen Gesamtauftrag auch (teilweise) auf das Know-how und die Kapazitäten eines dritten Unternehmens zurückzugreifen, sofern er nachweisen kann, dass ihm die Kapazitäten zur Verfügung stehen. Bei diesem dritten Unternehmen kann es sich z.B. um eine Konzernschwester oder eben um einen entsprechenden - qualifizierten - Nachunternehmereinsatz handeln.
Weder die Angaben zum normalen Nachunternehmereinsatz noch die Angaben zum qualifizierten Einsatz von Drittunternehmen gemäß § 8 a Nr. 10 VOB/A müssen nach den Regelungen des Vergaberechts zwingend bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorliegen. Für den normalen Einsatz von Nachunternehmern im Sinne des § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB hat das OLG München mit einem aktuellen Beschluss vom 22.01.2009 - Verg 26/08 - unter Berufung auf die zitierte Entscheidung des BGH vom 17.06.2008, Az.: X ZR 78/07, entschieden, dass die Forderung, die Nachunternehmer- und Verpflichtungserklärung bereits zusammen mit dem Angebot vorzulegen, unzumutbar sein kann. Vielmehr sei es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Namen der Nachunternehmer und die Verpflichtungserklärungen bis spätestens zu dem Zeitpunkt vorliegen, in welchem die Vergabestelle ihre Zuschlagserteilung treffen will.
Auch für den qualifizierten Nachweis zum Einsatz dritter Unternehmen gemäß § 8 a Nr. 10 VOB/A wird unter Hinweis auf die entsprechenden Vorgaben des Art. 48 Abs. 3 und 4 der zugrunde liegenden europäischen Richtlinie 2004/18/EG die Auffassung vertreten, dass für den Nachweis, dass dem Bieter die Mittel der Mitglieder der Gemeinschaft oder die für die Auftragsdurchführung benötigten Nachunternehmer zur Verfügung stehen, weder durch die europäische noch durch eine nationale Vorschrift ein bestimmter Zeitpunkt festgelegt ist (vgl. Weyand, ibr-Kommentar Vergaberecht, Stand: 16.01.2009, Rn. 4022/04, m.w.N.). Der Zeitpunkt für die Nachweisführung ist danach nicht auf den Zeitpunkt der Angebotsabgabe verkürzt. Auch nach Angebotsabgabe kann ein entsprechender Nachweis - insbesondere dann, wenn die Vergabestelle einen Anlass für eine entsprechende Aufforderung des Bieters dazu hat - geführt werden (VK Thüringen, Beschluss vom 11.02.2008 - Az.: 360-4003.20-149/2008-004-EF; VK Münster, Beschluss vom 28.08.2007 - Az.: VK 14/07, VK 15/07).
Aber auch wenn im vorliegenden Fall zu berücksichtigen ist, dass die Auftraggeberin vorliegend jedenfalls die Vorlage von Verpflichtungserklärungen im Sinne des § 8 a Nr. 10 VOB/A in Nr. 7 seiner Bewerbungsbedingungen ausdrücklich und unmissverständlich bereits mit Angebotsabgabe gefordert hat, diese Forderung von keinem Bieter gerügt wurde und deshalb im vorliegenden Fall auch nicht als vom Zeitpunkt her unzumutbar einzustufen ist, liegen die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss nicht vor. Die zum Ausschluss führende Feststellung der Auftraggeberin (Schreiben der Auftraggeberin an die Antragstellerin vom 27.11.2008), dass die Antragstellerin für die technische Bearbeitung keinen Nachunternehmer genannt und auch keine Verpflichtungserklärung abgegeben hat, das Angebot deshalb als unvollständig zu werten und somit zwingend auszuschließen sei, wird weder durch das vorliegende Angebot der Antragstellerin selbst noch durch die Dokumentation in der Vergabeakte gestützt. Es kann nicht unterstellt werden, dass die Antragstellerin die zum ausgeschriebenen Leistungsumfang gehörende technische Bearbeitung nicht durch eigene Mitarbeiter, sondern im Wege eines Nachunternehmereinsatzes gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B oder gar durch einen qualifizierten, die Eignung des Bieterunternehmens erst gewährleistenden Einsatzes eines dritten Unternehmens gemäß § 8 a Nr. 10 VOB/A erfüllen will.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Darstellung der die technische Bearbeitung betreffenden Positionen in der Urkalkulation der Antragstellerin aufgrund der dort gewählten Formulierungen durchaus Anlass zu entsprechenden Zweifeln geben konnten und durchaus Bedarf für eine diesbezügliche Angebotsaufklärung gemäß § 24 VOB/A bestand. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Antragstellerin die entsprechenden Leistungspositionen (Bestandsübersichtszeichnungen liefern, Bestandunterlagen liefern, digitale Standsicherheitsnachweise liefern, Bestandsunterlagen liefern, statische Berechnungen liefern, Ausführungsbezeichnungen liefern, BW-Daten und BW-Buch herstellen) jeweils mit der Kurzbezeichnung "Ing.-Büro" versehen hat. Wenngleich die Antragstellerin in ihrer Urkalkulation die Positionen, die sie ausdrücklich als Nachunternehmerleistungen angeboten hat und für die sie entsprechende Verpflichtungserklärungen beigefügt hatte, auch ausdrücklich aus Nachunternehmerleistung ausgewiesen hatte, war diese Kurzbezeichnung "Ing.-Büro" zumindest missverständlich, da dieses Kürzel durchaus als Hinweis auf eine Erledigung durch ein externes Ingenieurbüro erkannt werden konnte. Die Antragstellerin hat allerdings im Zuge des Nachprüfungsverfahrens schriftsätzlich und auch in der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2009 erklärt, dass sie mit "Ing.-Büro" ihr internes Ingenieurbüro und insbesondere den Einsatz der ihr als Mitarbeiter zur Verfügung stehenden 6 Ingenieure gemeint hat. Sie beabsichtige daher tatsächlich, so wie von ihr angeboten, die entsprechenden Leistungen zur technischen Bearbeitung, insbesondere die Planungen und Berechnungen im eigenen Betrieb zu erbringen. Sie hat lediglich eingeräumt, dass sie hinsichtlich der zeichnerischen Umsetzung der Planungen einiger händischer Arbeiten, wie z.B. das "Plotten" und die Vervielfältigung der Pläne, auf den Service des ... aus ... zurückgreifen wolle. Dies solle auf Stundenlohnbasis erfolgen und war von ihr deshalb nicht als Nachunternehmerleistung eingestuft oder gar ausdrücklich vorgesehen. Beabsichtigt ist seitens der Antragstellerin danach die Untervergabe von Teilleistungen der Positionen 00.08.0012 und 01.08.0014 (Ausführungsunterlagen liefern - für beide ausgeschriebene Brücken).
Für diese Teilleistungen bedurfte es angesichts ihres qualitativen und vor allen Dingen quantitativen Anteils an der ausgeschriebenen und anzubietenden Gesamtleistung keiner expliziten Ausweisung als Nachunternehmerleistung oder gar Vorlage einer Verpflichtungserklärung im Sinne des § 8 a Nr. 10 VOB/A. Nicht jeder Rückgriff auf dritte Unternehmen ist als Nachunternehmereinsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B einzustufen. Der Nachunternehmer (Subunternehmer) zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass er zum Hauptunternehmer, nicht aber zum Auftraggeber in einem Vertragsverhältnis steht. Er soll die von ihm übernommene Leistung oder Leistungsteile in eigener Verantwortung erbringen, ohne dadurch zum Vertragspartner des Auftraggebers zu werden. Unternehmer, die selbst keine Teile der in Auftrag gegebenen Bauleistung erbringen, sondern in Hilfsfunktionen tätig sind, sind begrifflich keine Nachunternehmer (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 20.05.2005, Az.: VgK-18/2005; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Auflage, B § 4, Rdnr. 104, und A § 8, Rdnr. 13, jeweils m.w.N.). Für beide von der Antragstellerin durch ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung für eine teilweise Untervergabe vorgesehen Positionen zusammen hat die Antragstellerin einen Preis von ... EUR angeboten. Unter Zugrundelegung des von der Antragstellerin angebotenen Preises für die Gesamtleistung in Höhe von ... EUR umfassen die betroffenen Positionen insgesamt nur 2% des Auftragswertes.
Zwar können im Einzelfall auch Teilleistungen mit einem geringen Anteil am Gesamtpreis durchaus aufgrund ihrer qualitativen und tragenden Bedeutung für die Gesamtleistung als wesentliche Teilleistung einzustufen sein, für die eine Nachunternehmererklärung oder sogar eine Verpflichtungserklärung nach § 8 a Nr. 10 VOB/A vorzulegen wäre. So hat etwa das OLG Naumburg (Beschluss vom 26.01.2005, Az.: 1 Verg 21/04) entschieden, dass bei Errichtung einer Straßenbrücke ingenieurtechnische Leistungen zur technologischen Bearbeitung der Entwurfsplanung, der Ausführungsplanung und zur Beibringung von Standsicherheitsnachweisen auch dann als wesentliche Teilleistung und damit als Nachunternehmerleistung einzustufen sind, wenn auf sie nach dem Inhalt des Angebots nur ein Anteil von 8 bis 10% des Angebotspreises entfällt. Auch nach Auffassung der Vergabekammer kann die Frage, ob ein NachunternehmereinSatz 1ediglich untergeordneter Natur ist, nur aufgrund einer funktionalen Betrachtung des Gesamtvertrags beurteilt werden. Der auf den Nachunternehmerauftrag entfallende Teil des Angebotspreises oder die an den Nachunternehmer zu entrichtende Vergütung ist nicht allein ausschlaggebend (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2004 - Az.: Verg 81/04). Auch unter Zugrundelegung dieses Maßstabs durfte die Antragstellerin aber davon ausgehen, dass die externe zeichnerische Umsetzung und Vervielfältigung der im eigenen Betrieb vorgesehenen technischen Bearbeitung nicht als eine so wesentliche Tätigkeit einzustufen ist, dass sie im Angebot als Nachunternehmerleistung ausgewiesen werden müsste oder gar eine entsprechende Verpflichtungserklärung beizubringen wäre.
Die Darstellung der Antragstellerin, dass die Leistungspositionen zur technischen Bearbeitung fast ausschließlich durch firmeneigene Ingenieure erledigt werden soll, wird auch nicht durch den in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk der Auftraggeberin vom 26.11.2008 über das Aufklärungsgespräch mit der Antragstellerin vom 25.11.2008 widerlegt. Dort heißt es zur technischen Bearbeitung:
"Die Position 00.08.0012 + 01.08.0014 (Ausführungsunterlagen liefern) ist eine NU-Leistung des Ing.-Büros ... aus .... Der günstige Preis relativiert sich durch die Summe aller Preise für die technische Bearbeitung. Bei der Einsicht in die Urkalkulation wurde weiterhin festgestellt, dass bei der EKT-Ermittlung nur ein Ing.-Büro mit einem näher kalkulierten Betrag aufgeführt wurde. Das Ingenieurbüro wurde nicht in der Liste anderer Unternehmer genannt und es wurde auch keine Verpflichtungserklärung mit Angebotsabgabe vorgelegt."
Während die Antragstellerin die Darstellung hinsichtlich der zeichnerischen Umsetzung der Positionen "Ausführungsunterlagen liefern" eingeräumt hat, hat sie in Abrede gestellt, dass auch hinsichtlich der übrigen Positionen eine Fremdvergabe beabsichtigt sei. Die Auftraggeberin hat erklärt, dass die Einsichtnahme in die Urkalkulation im Nachgang zum Aufklärungsgespräch erfolgt ist. Sie trägt aber vor, das die Antragstellerin im Zuge des Aufklärungsgespräches tatsächlich erklärt hat, dass die gesamte technische Bearbeitung durch das Ing.-Büro ... erfolgen soll. Der Vermerk über das Aufklärungsgespräch ist aber, unabhängig davon, dass die dort enthaltene wertende Beurteilung erst im Nachgang zum Aufklärungsgespräch erfolgt ist, ohnehin nicht geeignet, die Darstellung der Antragstellerin zu widerlegen, weil die Auftraggeberin den Vermerk nicht, wie an sich schon zu Beweiszwecken üblich, der Antragstellerin zur Kenntnis gegeben hat. Die Antragstellerin hatte daher keine Möglichkeit, von den Erwägungen der Auftraggeberin Kenntnis zu nehmen und ggf. bestehende Missverständnisse aufzuklären. Wenngleich eine solche Übersendung eines Vermerks über das Aufklärungsgespräch nach § 24 VOB nach dem Wortlaut der Regelung nicht zwingend erforderlich ist, ist eine solche Bekanntgabe gegenüber dem betroffenen Bieter zweckmäßig und üblich (vgl. Stolz in: Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 24 VOB/A, Rdnr. 17; Heiermann, VOB, 10. Auflage, § 24 VOB/A, Rdnr. 17; Franke/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 24 VOB/A, Rdnr. 184). Schon um spätere Rechtsstreitigkeiten über den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu vermeiden, sollte der Auftraggeber daher stets das von ihm angefertigte Protokoll umgehend an den jeweiligen Bieter übersenden und diesen gegenzeichnen lassen. Nur dadurch wird gewährleistet, dass der Auftraggeber neben dem Originalangebot des jeweiligen Bieters auch den Inhalt des Protokolls als feststehenden Sachverhalt seiner Entscheidung im Zuge der Angebotswertung zugrunde legen kann.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Da die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss wegen unvollständiger Erklärungen im Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/Anicht vorliegen, ist es erforderlich, die Auftraggeberin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und dabei das Angebot der Antragstellerin zu berücksichtigen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von ... EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung ... EUR brutto. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR ( § 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von ... EUR ergibt sich eine Gebühr von ... EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung der Gebühren gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04). Von einer Kostenquote zulasten der Beigeladenen hat die Vergabekammer abgesehen, weil die Beigeladene zwar den Vortrag der Auftraggeberin unterstützt, aber keinen eigenen Antrag zur Hauptsache gestellt hat.
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
...
Schulte
Hintz