Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 17.04.2009, Az.: VgK-11/2009
Kommunale Unternehmen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs als Wirtschaftsunternehmen trotz fehlender Gewinnorientierung; Pflicht zur europaweiten Ausschreibung der Vergabe von Omnibusfahrten im Linienverkehr; Berechnung des Schwellenwertes bei unbefristeten Verträgen oder solchen von unbefristeter Vertragsdauer durch Multiplikation der monatlichen Zahlung mit 48; Antragsbefugnis bei Pflicht zur Ausschreibung und Möglichkeit der Teilnahme an einem Vergabeverfahren bzgl. der Vergabe von Kilometerkontingenten
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 17.04.2009
- Aktenzeichen
- VgK-11/2009
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 30416
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 98 Nr. 1, 2, 4 GWB
- § 100 Abs. 1 GWB
- § 101 Abs. 6 GWB
- § 107 Abs. 3 S. 1 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 127 GWB
- § 2 Nr. 1 VgV
- § 3 Abs. 3 S. 3 VgV
- § 8 Nr. 4 lit. c VgV
- § 13 VgV
- § 3b Nr. 1 lit. a VOL/A
Verfahrensgegenstand
Direktvergabe von Subunternehmerleistungen im Linienverkehr mit Bussen im Landkreis xxxxxx
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Dierks
auf die mündliche Verhandlung vom 02.04.2009
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die streitgegenständlichen Verkehrsdienstleistungen, die bis zum 31.01.2009 von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 erbracht wurden, nur nach Durchführung eines offenen Vergabeverfahrens nach dem 3. Abschnitt der VOL/A zu vergeben, soweit die Antragsgegnerin die Verkehrsdienstleistungen nicht durch eigene Fahrzeuge und eigenes Personal erbringt.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 4.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen des Landkreises xxxxxx und der xxxxxx. Die Antragsgegnerin führt den öffentlichen Personennahverkehr im Bereich des Landkreises xxxxxx selbst und mit Subunternehmen durch.
Die Antragsgegnerin beschloss in ihrer Aufsichtsratssitzung am 09.09.2008 die Auftragnehmerverträge mit der Antragstellerin und der Fa. Bxxxxxx, Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009, mit Wirkung zum 01.01.2009 zu kündigen. Lt. Aufsichtsratsprotokoll ging es ihr nicht um eine endgültige Beendigung der Zusammenarbeit, sondern es sollte vielmehr eine einvernehmliche Neugestaltung der zukünftigen Zusammenarbeit ermöglicht werden. Daraufhin hatte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24.09.2008 den mit der Antragstellerin 1989 geschlossenen Vertrag über die Durchführung von Omnibusfahrten im Linienverkehr mit Wirkung zum 01.01.2009 gekündigt. In einer weiteren Aufsichtsratssitzung am 25.11.2009 wurde festgehalten, dass die Verhandlungen zwischen der GbR, die aus den beiden Antragstellerinnen besteht, und einem Dritten (Fa. Hxxxxxx), der zwei Linienkonzessionen im Sommer 2008 gegen die Antragsgegnerin gewonnen hatte, noch zu keinem Ergebnis geführt hätten.
Mit Datum vom 30.12.2008 schloss die Antragsgegnerin mit der Antragstellerin eine Vereinbarung, dass die Antragstellerin befristet für den Monat Januar 2009 Omnibusleistungen weiter durchführt. Im Übrigen wurde die Kündigung aufrecht erhalten. Somit führte die Antragstellerin letztendlich bis zum 31.01.2009 für die Antragsgegnerin Subunternehmerleistungen im Linienverkehr mit Omnibussen durch.
In einem weiteren Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 12.02.2009 wurde festgehalten, dass keine einvernehmliche Lösung gefunden wurde, die sowohl von der Antragsgegnerin als auch von der GbR, zu der die Antragstellerin gehört, akzeptiert worden wäre. Dem Protokoll ist auch zu entnehmen, dass der Beigeladenen 2/5 der Leistungen zurückübertragen werden, die ihr zuvor im Rahmen des von dem Dritten gewonnenen Genehmigungswettbewerbs und von der GbR ausgeführten Leistungen entzogen worden waren, da die Antragsgegnerin keine Konzession auf den damals von der Beigeladenen bedienten Linien mehr besaß. Ferner wurde festgehalten, dass sie (die Antragsgegnerin) kurzfristig Omnibusse aus dem xxxxxx-Konzern ohne Fahrer angemietet und mit eigenem Personal besetzt hat. Danach ist geplant, nach Beschluss des Wirtschaftsplanes 2009 die gemieteten Busse durch eigene gebrauchte Fahrzeuge zu ersetzen.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin rügte mit Schriftsatz vom 06.02.2009 die aus seiner Sicht freihändige Vergabe an die dritten privaten Unternehmen. Die Antragstellerin habe nach eigenen Angaben festgestellt, dass die bisher von ihr erbrachten Verkehrsleistungen seit dem 01.02.2009 von einem anderen privaten Verkehrsunternehmen erbracht werden, ohne dass für die zu erbringenden Leistungen vorher ein wettbewerbliches Vergabeververfahren durchgeführt wurde. Sie habe ihr Interesse an die zu erbringenden Leistungen der Antragsgegnerin im Rahmen von Verhandlungen ausdrücklich bekundet.
Mit Schriftsatz vom 13.02.2009 nahm die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin zu den Ausführungen Stellung und wies darauf hin, dass in dem Vertrag mit der Antragstellerin keine Zuweisung konkreter Linien oder Umläufe vereinbart wurden. Die Beobachtungen der Antragstellerin seien falsch, da diese Umläufe nicht durch drei private Unternehmen bedient würden. Mit Ausnahme des Einsatzes eines Unternehmens, bediene sie die Umläufe mit eigenen Fahrern. Eine vergaberechtswidrige Direktvergabe liege nicht vor.
Mit Schriftsatz vom 20.02.2009, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber der Antragsgegnerin monierte fehlende europaweite Ausschreibung der zu erbringenden Subunternehmerleistungen. Sie vertritt nach wie vor die Auffassung, dass der Schwellenwert im Verkehrsbereich in Höhe von 206.000 EUR überschritten wird. Sie weist darauf hin, dass allein die von ihr im Jahr 2008 erbrachten xxxxxx km bei Zugrundelegung des niedrigsten Kilometerpreises in Höhe von xxxxxx EUR einen Jahres-Nettobetrag in Höhe von xxxxxx EUR/Jahr ergeben. Da es sich um einen unbefristeten Vertrag handelt, wäre zur Ermittlung des Vertragswertes die monatliche Zahlung mit 48 zu multiplizieren. Insoweit ergäbe sich allein für die von ihr zu erbringenden Leistungen ein Gesamtauftragswert von xxxxxx EUR. Sie geht davon aus, dass sich allein bei jährlich von ihr und der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren VgK-12/2009 insgesamt gefahrenen xxxxxx km Streckenkilometer unter Zugrundelegung des niedrigsten Kilometerpreises in Höhe von xxxxxx EUR einen Jahres-Nettobetrag in Höhe von xxxxxx EUR ergibt. Bei einer unbefristeten Vertragslaufzeit ergäbe sich somit ein Auftragswert in Höhe von xxxxxx EUR. Der einschlägige Schwellenwert wäre somit deutlich überschritten.
Sie habe nicht nur ihr Interesse an dem Auftrag bekundet, sondern auch ihre Rügeobliegenheit unverzüglich erfüllt.
Sie vertritt ferner entgegen der Antragsgegnerin die Auffassung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Leistungen um neu zu vergebende Leistungen im Sinne des Vergaberechts handelt. Soweit die Antragsgegnerin behaupte, dass sie 3/5 der Verkehre selbst übernehme und lediglich 2/5 der bisher von den Antragstellerinnen erbrachten Leistungen im Rahmen bestehender Vereinbarungen durch die Beigeladene erbringen lasse, entbehre dies jeglicher Grundlage. Sie weist darauf hin, dass die Beigeladene lediglich bestehende Verträge erfülle und nicht die hier streitgegenständlichen Leistungen.
Im Übrigen bestreitet die Antragstellerin aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen, dass die Antragsgegnerin 3/5 der Leistungen selbst erbringe. Sie habe vielmehr beobachtet, dass zwei weitere Firmen die Leistungen "streckenmäßig" übernommen hätten. Diese beiden Firmen hätten seit dem 01.02.2009 ein Wesentliches mehr an Leistungen gefahren und dafür nicht nur neues Personal eingestellt, sondern auch neue Fahrzeuge angeschafft.
Ferner habe die Antragsgegnerin gegen das Transparenzgebot verstoßen, da sie selbst eingeräumt habe, weder eine Vergabeakte geführt noch das Vergabeverfahren dokumentiert zu haben.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die streitgegenständigen Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in einem europaweiten Vergabeverfahren auszuschreiben,
- 2.
der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,
- 3.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
die Anträge zurückzuweisen und
- 2.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen.
Sie bestreitet den Vortrag der Antragstellerin. Es sei kein wettbewerbliches Verfahren erforderlich gewesen, da keine Leistungen neu an private Dritte vergeben wurden. Sie erbringe die bislang von der Antragstellerin bedienten Verkehre seit dem 01.02.2009 im Wesentlichen mit eigenen Fahrern und mit neu von ihr erworbenen sowie angemieteten Bussen. Insgesamt habe sie einen Anteil von mindestens 3/5 der vorgenannten Verkehre selbst übernommen.
Lediglich 2/5 der Verkehrsleistungen werde planmäßig bis Ende 2009 durch die Beigeladene im Rahmen bestehender Vereinbarungen erbracht. Dazu habe sie lediglich die Umläufe verändert. Sie weist darauf hin, dass die Anzahl der Umläufe immer mit der Anzahl der einzusetzenden Fahrzeuge gleichzusetzen sei. Sie habe sich mit den beauftragten Subunternehmern nicht auf die Übernahme einzelner Linien verständigt, sondern einen Leistungsumfang im Sinne von Jahreskilometern vereinbart.
Hinsichtlich der Berechnung des Schwellenwertes gehe sie davon aus, dass unter Berücksichtigung der Monate Februar bis Dezember 2009 die Beigeladene bei den von den beiden Antragstellern bisher gefahrenen Verkehre einen Umsatz von 2/5 der bisher insgesamt ca. xxxxxx EUR erbringe, also xxxxxx EUR. Hieraus ergäbe sich, dass die Vergabekammer nicht zuständig sei, da der Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungen im Verkehrsbereich 412.000 EUR betrage. Im Übrigen sei die Übertragung einzelner Umläufe an einen privaten Dritten im Rahmen eines bestehenden Subunternehmervertrages kein Vergaberechtsverstoß.
Mit insoweit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.04.2009 hat die Antragsgegnerin im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 02.04.2009 Belege dafür vorgelegt, dass sie 2009 zusätzliche Fahrzeuge gemietet bzw. gekauft hat.
Darüber hinaus trägt sie zudem nunmehr erstmalig vor, dass sie nicht nur 3/5 - wie bislang schriftsätzlich und noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - sondern sogar 84% der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren erbrachten Km-Leistungen selbst bzw. durch ihre Tochterunternehmen erbringt.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert. Sie hat sich weder dem Vortrag der Antragsgegnerin noch dem Vortrag der Antragstellerin angeschlossen.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 23.03.2009 gem.§ 113 Abs.1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung im Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 20.04.2009 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf Akte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 02.04.2009 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, soweit die Antragsgegnerin Anteile der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 erbrachten Verkehrsdienstleistungen freihändig an die Beigeladene vergeben hat. Auch unter Berücksichtigung des bisherigen Vortrags der Antragsgegnerin, dass es sich hierbei lediglich um 2/5 der vormals von den Antragstellerinnen erbrachten Verkehrsdienstleistungen handelt, erreichen diese Anteile in ihrem Gesamtauftragswert den für eine Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß §§ 100 Abs. 1, 127 GWB i.V.m. § 2 Nr. 1 VgV (412.000 Euro). Denn die an die Beigeladene vergebenen Kilometerkontingente haben nach eigenem - bis einschließlich der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltenen - Vortrag der Auftraggeberin einen Wert von ca. xxxxxx Euro pro Jahr. Da nach eigenem Vortrag der Antragsgegnerin derzeit aber nicht feststeht, ob der Vertrag mit der Beigeladenen hinsichtlich dieser Anteile zum Jahresende 2009 gekündigt wird oder nicht, handelt es sich um einen unbefristeten Vertrag. Bei unbefristeten Verträgen oder bei nicht absehbarer Vertragsdauer folgt der Vertragswert jedoch gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 VgV aus der monatlichen Zahlung multipliziert mit 48. Über 4 Jahre gerechnet übersteigt bereits der Wert des der Beigeladenen anteilig übertragenen, streitgegenständlichen Kilometerkontingents auch den erhöhten Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge im Verkehrsbereich in Höhe von 412.000 Euro gemäß § 2 Nr. 1 VgV.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a)
Bei der Antragsgegnerin, der xxxxxx Landkreis xxxxxx, handelt es sich vorrangig um eine öffentliche Auftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 2 GWB, die vom Landkreis xxxxxx und damit einer öffentlichen Auftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 1 GWB mehrheitlich beherrscht wird. Gemäß § 3 Abs. 1 des der Vergabekammer vorliegenden Gesellschaftsvertrages (Stand: 15.07.1999) hält der Landkreis xxxxxx 74,8% der Geschäftsanteile der Antragsgegnerin, zu 25,2% ist die xxxxxx an der Antragsgegnerin beteiligt. Die Antragsgegnerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht lediglich als - vergaberechtlich privilegierte - Sektorenauftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 4 GWB einzustufen. Ihr Gesellschaftszweck ist zwar die Tätigkeit für das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Öffentlichkeit imöffentlichen Personennahverkehr mit Kraftomnibussen und damit auf eine Tätigkeit im Sektorenbereich gem.§ 8 Nr. 4 lit. c VgV ausgerichtet. Ihr Gesellschaftszweck ist aber nicht vorrangig durch Wirtschaftlichkeitsaspekte geprägt. Von § 98 Nr. 2 GWB werden juristische Personen des privaten Rechts erfasst, die von der öffentlichen Hand überwiegend finanziert werden oder bei denen dieöffentliche Hand den beherrschenden Einfluss infolge Aufsicht oder mehrheitlicher Beteiligung ausübt und die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen. Erfasst werden damit vor allem Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge (vgl. Rusam/Weyand, in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 11. Auflage, Vorbemerkungen zur VOB/A, Rdnr. 27). Merkmal der Sektorenauftraggeber i. S. des 4. Abschnitts ist es hingegen gerade, dass Wirtschaftlichkeitsaspekte Vorrang vor Vorsorgeüberlegungen haben. Sektorenauftraggeber nehmen am Marktgeschehen teil wie ein normales Wirtschaftsunternehmen, so dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit einen wesentlichen Umfang haben muss, d.h. aber insbesondere, dass sie sich im Wettbewerb mit Konkurrenten mit dem gleichen Geschäftszweck befinden und ihre Tätigkeit in erster Linie gewinnorientiert ist. Aus diesem Grunde fallen kommunale Unternehmen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (wie Verkehrs-AG oder Verkehrsverbund GmbH) regelmäßig nicht unter den 4. Abschnitt der VOL/A, da sie nicht vorrangig gewinnorientiert sind. Dem steht nicht entgegen, dass an der Antragsgegnerin als Minderheitsgesellschafterin (mit 25,2%) die xxxxxx beteiligt ist, die ihrerseits vorrangig markt- und gewinnorientiert ausgerichtet ist (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 10.11.2005, Az.: 13 Verg 12/05). Die xxxxxx, deren Anteile vormals von der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Niedersachsen und der xxxxxx gehalten wurden, wird nunmehr zu 85,1% von privaten Anteilseignern und nur noch zu 14,9% von kommunalen Anteilseignern getragen. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich somit inzwischen um eine klassische ÖPP-Gesellschaft. Von § 98 Nr. 2 GWB werden gerade jedoch auch Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge erfasst, die besondere Bedeutung im kommunalen Bereich haben. Kommunen erfüllen die Aufgaben der Daseinsvorsorge oftmals nicht unmittelbar selbst oder durch rechtlich unselbstständige Eigenbetriebe, sondern mitunter durch Gesellschaften, an denen sie - wie im vorliegenden Fall - zusammen mit privaten Wirtschaftsunternehmen beteiligt sind (sog. gemischt wirtschaftliche Unternehmen) oder - häufiger - durch rechtlich selbstständige Eigengesellschaften. In beiden Fällen findet im Grunde genommen lediglich eine Aufgabenverlagerung statt, ohne dass sich der am Allgemeininteresse orientierte Gesellschaftszweck ändert (vgl. Rusam/Weyand, a.a.O., Rdnr.55). Da die xxxxxx lediglich einen Minderheitsanteil an der Antragsgegnerin hält, ist die Antragsgegnerin Auftraggeberin i. S. des§ 98 Nr. 2 GWB. Soweit die Antragsgegnerin Aufträge im Sektorenbereich nach § 8 Nr. 4 lit. c VgV vergibt, gilt für sie nicht der 4. Abschnitt der VOL/A, sondern der Abschnitt 3 (Basisparagraphen und "b-Paragraphen").
b)
Der streitbefangene Auftragswert übersteigt entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags, dass lediglich 2/5 der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 erbrachten und zum 31.12.2008 von der Auftraggeberin gekündigten Verkehrsdienstleistungen nunmehr von der Beigeladenen erbracht werden, den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den streitgegenständigen Leistungen handelt es sich um Dienstleistungen im Sinne des § 1 VOL/A. Gegenstand ist die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen mit Omnibussen im öffentlichen Personennahverkehr. Für diese Dienstleistungen gilt gemäß § 2 Nr. 1 VgV in der aktuell gültigen Fassung (seit 01.01.2008) ein Schwellenwert von 412.000 Euro (netto). Dieser Schwellenwert wird vorliegend auch unter Berücksichtigung des bis einschließlich der mündlichen Verhandlung vom 02.04.2009 wiederholten Vortrags der Antragsgegnerin, dass diese 3/5 des vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 erbrachten und zum 31.12.2008 gekündigten Kilometerkontingents nunmehr selbst mit eigenen Fahrzeugen und mit eigenem Personal erbringt, bereits durch die an die Beigeladene freihändig vergebenen anteiligen Verkehrsdienstleistungen in Höhe von 2/5 des streitgegenständlichen Kontingents deutlich überschritten. Auch dies folgt bereits aus dem Vortrag der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin hat im Nachprüfungsverfahren den Gesamtwert des streitgegenständlichen, vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 auf 400.000 Euro per annum beziffert. Auf dieser Grundlage beträgt der Wert der anteiligen (2/5), freihändig an die Beigeladene vergebenen Verkehrsdienstleistungen 160.000 Euro im Jahr. Dieser Betrag für sich genommen erreicht den maßgeblichen Schwellenwert zwar nicht. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 02.04.2009 jedoch ausdrücklich erklärt, es stehe zum derzeitigen Zeitpunkt nicht fest, ob die streitbefangenen Kilometerkontingente, soweit sie von der Beigeladenen übernommen werden, zum Jahresende gekündigt werden oder nicht. Die Beigeladene erbringt diese Verkehrsdienstleistungen somit auf der Grundlage eines unbefristeten Vertragsverhältnisses, dass lediglich, wie von der Antragsgegnerin vorgetragen, jederzeit mit dreimonatiger Kündigungsfrist jeweils zum Jahresende gekündigt werden kann. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 VgV folgt aber bei unbefristeten Verträgen oder bei nicht absehbarer Vertragsdauer der Vertragswert aus der monatlichen Zahlung multipliziert mit 48. Unter Berücksichtigung der damit erforderlichen Zugrundelegung eines vierjährigen Vertragszeitraums beträgt auf der Grundlage des Vortrags der Auftraggeberin daher bereits der streitgegenständliche Wert der anteiligen Verkehrsdienstleistungen, die unstreitig von der Beigeladenen erbracht werden sollen, xxxxxx Euro. Damit wird auch der für Verkehrsdienstleistungen geltende erhöhte Schwellenwert von 412.000 Euro gemäß § 2 Nr. 1 VgV deutlich überschritten.
Soweit sie mit Schriftsatz vom 16.04.2009 nunmehr erstmalig vorträgt, dass sie nicht nur 3/5 - wie bislang schriftsätzlich und noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - sondern sogar 84% der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren erbrachten Km-Leistungen selbst bzw. durch ihre Tochterunternehmen erbringt, ist dieser Vortrag angesichts ihrer bisherigen, anderen Sachverhaltsdarstellung und ihrer von ihr erläuterten langjährigen Praxis der flexiblen Kilometerkontingent-Vergabe nicht hinreichend substantiiert. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass zumindest ein Teil der von der Auftraggeberin dargestellten und für 2009 vorgesehenen Erhöhung des Anteils der mit eigenen Fahrzeugen und mit eigenem Personal erbrachten Leistungen auf Änderungen bei anderen als den hier streitgegenständlichen Linien und Umläufen zurückzuführen ist.
c)
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Verkehrsunternehmen und aufgrund ihrer unstreitigen Interessensbekundungen an einer Weiterbeauftragung mit den vormals von ihr erbrachten Verkehrsdienstleistungen für die Antragsgegnerin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie darauf verweist, dass die Antragsgegnerin durch die streitbefangene Direktvergabe an die Beigeladene sowie die vermeintliche Vergabe weiterer anteiliger Verkehrsleistungen an dritte Unternehmen gegen Vergaberecht verstoßen hat. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nichtüberspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage,§ 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass der streitbefangene Auftrag ausgeschrieben werden musste und sie sich im Falle der Ausschreibung mit einem konkreten Angebot hätte beteiligen können. Dadurch hätte sie zumindest die Chance auf einen Zuschlag erhalten.
Der Antragsbefugnis der Antragstellerin und damit der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch nicht eine etwa zwischenzeitlich erfolgte freihändige Beauftragung der Beigeladenen entgegen. Zwar ist ein Nachprüfungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB unzulässig, wenn er nach Erteilung des Zuschlags gestellt wird. Der Zuschlag an die Beigeladene ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 13 VgVnichtig, weil die Antragsgegnerin nicht den Ablauf der 14-tägigen Informationsfrist abgewartet hat. Die durch die Rechtsprechung des EuGH, des BGH und der Oberlandesgerichte entwickelten Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit und Nachprüfbarkeit von sog. de-facto-Vergaben liegen hier vor. Mit seinem Urteil vom 11.01.2005 in der Rechtssache C-26/03 (Stadt Halle) hat der EuGH betont, dass Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, diese in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 dahin auszulegen ist, dass sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Möglichkeit einer wirksamen und raschen Nachprüfung der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber sicherzustellen, auch auf Entscheidungen außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens und im Vorfeld einer förmlichen Ausschreibung erstreckt, insbesondere auf die Entscheidung über die Frage, ob ein bestimmter Auftrag in den persönlichen oder sachlichen Anwendungsbereich derRichtlinie 92/50 in der geänderten Fassung fällt. Diese Nachprüfungsmöglichkeit stehe jedem, der einInteresse an dem fraglichen Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht, von dem Zeitpunkt an zur Verfügung, zu dem der Wille des öffentlichen Auftraggebers, der Rechtswirkungen entfalten kann, geäußert wird.
Auf dieser Linie liegt die Rechtsprechung des BGH, der mit Beschluss vom 1. Februar 2005, Az.: X ZB 27/04 (=VergabeR 3/05, S. 328 ff, 334, 335), die Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit von de-facto-Vergaben in entsprechender Anwendung des § 13 VgV festgelegt hat. Danach ist die nach wie vor bestehende Rechtschutzlücke durch eine entsprechende Anwendung des § 13 VgV zu schließen, wenn die Beschaffung einer Dienstleistung immerhin zur Beteiligung mehrerer Unternehmen, zu verschiedenen Angeboten und schließlich zu einer Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat. Denn dann gäbe es neben dem in Aussicht genommenen Unternehmen bestimmte außenstehende Dritte, die - wie im Falle eines geregelten Vergabeverfahrens - als Bieter aufgetreten sind, und deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, sowie Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser Angebote, über die der Auftraggeber zu informieren habe.
Demgegenüber hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 23.02.2005 - Az.: Verg 85/04 (=VergabeR 4/2005, S. 508 ff.), die Hürden für die Anfechtbarkeit von de-facto-Vergaben unter Berufung auf die Stadt-Halle-Entscheidung des EuGH vom 11.01.2005 noch herabgesetzt. Ausgangspunkt für die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist die Tatsache, dass § 13 VgV auch für das Verhandlungsverfahren gilt. Der Anwendung des § 13 VgV stehe dann nicht entgegen, dass die Auftraggeberin Verhandlungen mit nur einem einzigen Bieter führt und diesem Unternehmen den Zuschlag erteilt. Danach ist eine de-facto-Vergabe auch dann anfechtbar, wenn es nicht mehrere Angebote oder Interessensbekundungen mehrerer Bieter gegeben hat, solange nur der Antragsteller - wie im vorliegenden Fall geschehen - selbst sein Interesse bekundet hat. Dieser Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf schließt sich die Vergabekammer Lüneburg an.
d)
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, dass Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/02).
Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Die Antragstellerin hatte nach eigener Darstellung Anfang Februar beobachtet, dass die bisher von ihr erbrachten Verkehrsleistungen seit dem 01.02.2009 von einem anderen privaten Verkehrsunternehmen erbracht werden, ohne dass für die zu erbringenden Leistungen vorher ein wettbewerbliches Vergabeverfahren durchgeführt wurde. Mit Anwaltsschriftsatz vom 06.02.2009 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin ausdrücklich die aus ihrer Sicht vergaberechtswidrige freihändige Vergabe an private dritte Unternehmen. Von dieser freihändigen Vergabe hatte die Antragstellerin nicht zu einem früheren Zeitpunkt erfahren, weil sie unstreitig bis Ende Januar 2009 die streitbefangenen Verkehrsdienstleistungen selbst erbracht hat. Zunächst erfolgten die Verkehrsdienstleistungen aufgrund des mit Wirkung zum 01.01.2009 gekündigten Vertrages. Im Anschluss daran hatte die Antragsgegnerin auf der Grundlage eines Vertrages vom 30.12.2008 die Dienstleistungen für den Monat Januar 2009 weiter durchgeführt. Unter Berücksichtigung der nicht zu beanstandenden Tatsache, dass die Antragstellerin einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Sach- und Rechtslage und der Abfassung der Rüge beauftragt hatte, erfolgte die bereits mit Schriftsatz vom 06.02.2009 abgesetzte Rüge unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragsgegnerin war und ist nicht berechtigt, Anteile der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 erbrachten Verkehrsdienstleistungen im Wege der freihändigen Vergabe durch die Beigeladene oder dritte Unternehmen ausführen zu lassen, da bereits diese von der Auftraggeberin unstreitig an die Beigeladene vergebenen Anteile auf der Grundlage eines zwar kündbaren, aber unbefristeten Vertrages unter Berücksichtigung der nach § 3 Abs. 3 Satz 3 VgV zugrunde zu legenden vierjährigen Vertragslaufzeit den Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge im Verkehrsbereich in Höhe von 412.000 Euro gemäß § 2 Nr. 1 VgV deutlich überschreiten. Die Antragstellerin, der es trotz ihrer Interessenbekundung aufgrund der vergaberechtswidrigen freihändigen Vergabe nicht möglich war, sich mit einem eigenen Angebot auf diese Kilometerkontingente zu bewerben, ist dadurch in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Eine Verpflichtung zur Ausschreibung der Leistungen in Regelungen des Abschnitts 3 der VOL/A besteht nur nicht, soweit die Antragsgegnerin Teilkontingente der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 erbrachten Verkehrsdienstleistungen mit eigenen Fahrzeugen und mit eigenem Personal durchführt.
Die Antragsgegnerin hat es versäumt, die streitgegenständlichen Verkehrsdienstleistungen, soweit sie diese nicht mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Personal erbringt, gemäß § 3 b Nr. 1 lit. a VOL/A i.V.m. § 101 Abs. 6 GWB europaweit im offenen Verfahren auszuschreiben, obwohl bereits der Gesamtwert der von der Antragsgegnerin unstreitig an die Beigeladene freihändig vergebenen Verkehrsdienstleistungen für ein europaweites Vergabeverfahren den maßgeblichen Schwellenwert von 412.000 Euro - wie oben unter II.1.b dargelegt - überschreitet und damit gegen Vergaberecht verstoßen. Vorliegend folgt bereits aus der Unterlassung des gebotenen offenen Vergabeverfahrens eine Rechtsverletzung der Antragstellerin, da es ihr nicht ermöglicht wurde, sich mit einem formellen Angebot um diesen Dienstleistungsauftrag zu bewerben. Da die Antragstellerin unstreitig im Anschluss an die mit Schreiben der Auftraggeberin vom 24.09.2008 erfolgte Kündigung der vormals mit der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 bestandenen Verträge über die Durchführung von Omnibusfahrten im Linienverkehr weiterhin ihr Interesse an einem Anschlussauftrag für diese Verkehrskontingente bekundet hat, ist die Antragstellerin durch die freihändige Vergabe von Teilen der betroffenen Kilometerkontingente an die Beigeladene in ihren Rechten im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragsgegnerin es versäumt hat, die Anteile an den streitgegenständlichen Kilometerkontingenten, die sie durch die Beigeladene und damit einem dritten Unternehmen durchführen lässt, zuvor im Wege eines ordnungsgemäßen europaweiten Vergabeverfahrens auszuschreiben, war die Antragsgegnerin zu verpflichten, diese Verkehrsdienstleistungen nur nach Durchführung eines ordnungsgemäßen offenen Vergabeverfahrens gemäß § 3 b Nr. 1 lit. a VOL/A zu vergeben. Von dieser Verpflichtung ist die Antragsgegnerin nur frei, soweit sie Teilkontingente der vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 durchgeführten Linienverkehre künftig mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Personal erbringt.
III.
Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungs-
gesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die
DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx EUR brutto. Der Betrag entspricht dem nach dem Vortrag der Antragsgegnerin eingeräumten Anteil an den vormals von der Antragstellerin und der Antragstellerin im Parallellverfahren durchgeführten Verkehrsdienstleistungen, den aufgrund der angefochtenen freuhändigen Vergabe künftig die Beigeladene durchführen sollte (2/5 von xxxxxx EUR pro Jahr X 48 Monate gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 VgV). Um dieses seit 01.02.2009 freigewordene Km-Kontingent, das die Antragsgegnerin unstreitig nicht mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Personal bedient, hätte sich die Antragstellerin wie auch die Antragstellerin im Parallelverfahren VgK-12/2009 im Falle eines gebotenen Offenen Vergabeverfahrens mit einem eigenen Angebot bewerben können. Dieser Auftragswert entspricht daher ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
IV.
Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. ...
Schulte
Dierks