Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.10.2024, Az.: 4 LA 50/23

Kein Zulassungsgrund hinsichtlich der Feststellung eines Abschiebungsverbots; Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung aus tatsächlichen Gründen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.10.2024
Aktenzeichen
4 LA 50/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 25230
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:1029.4LA50.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 11.05.2023 - AZ: 6 A 367/21

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Frage, ob möglicherweise die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen der schlechten sozio-ökonomischen und humanitären Bedingungen im Herkunftsland in Betracht kommt, ist deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie in dieser allgemein gehaltenen Form nicht fallübergreifend geklärt, sondern nur anhand der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls beantwortet werden kann.

  2. 2.

    Auch wenn das Verwaltungsgericht seine Bewertung von bestimmten tatsächlichen Verhältnissen im Herkunftsland des Asylklägers nicht mit dem Verweis auf einzelne konkret benannte Erkenntnismittel untermauert, bedarf es zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zumindest ansatzweise Ausführungen dazu, aus welchen Gründen in tatsächlicher Hinsicht Klärungsbedarf besteht und welche (neueren) Erkenntnismittel für eine vom Verwaltungsgericht abweichende Tatsacheneinschätzung sprechen.

  3. 3.

    Die Frage, ob sich mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Juni 2021 - C-901/19 - die Rechtslage in zuvor bestandskräftig abgeschlossenen Asylverfahren im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat und somit ein Asylfolge- oder Zweitverfahren durchzuführen ist, kann abschließend nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden und ist deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Tenor:

  1. I.

    Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren im zweiten Rechtszug wird abgelehnt.

    Außergerichtliche Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens werden nicht erstattet.

  2. II.

    Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 6. Kammer (Einzelrichter) - vom 11. Mai 2023 wird abgelehnt.

    Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren im zweiten Rechtszug (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Die von dem Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet, wie sich im Einzelnen aus den nachstehenden Ausführungen zur Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung (unter II.) ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Kostenentscheidung für das Prozesskostenhilfeverfahren folgt aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.

II. Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen der von dem Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Eine Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (Senatsbeschl. v. 25.10.2022 - 4 LA 225/20 -, juris Rn. 3; GK-AsylG, Stand August 2023, § 78 Rn. 88 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand März 2024, § 78 AsylG Rn. 19 ff. - jeweils m.w.N.). Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG erfordert daher, dass eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche (neueren) Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahelegen (Senatsbeschl. v. 25.10.2022 - 4 LA 225/20 -, juris Rn. 3; GK-AsylG, Stand August 2023, § 78 Rn. 591 ff. m.w.N.). Im Rahmen dieser Darlegung ist eine konkrete und im Einzelnen begründete Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geboten (BVerwG, Beschl. v. 2.5.2022 - 1 B 39.22 -, juris Rn. 18, 21 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 25.10.2022 - 4 LA 225/20 -, juris Rn. 3).

Hieran gemessen liegt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht vor bzw. ist von dem Kläger bereits nicht ausreichend dargelegt worden.

Der Kläger hat zunächst die Frage aufgeworfen, "ob alle Asylfolgeanträge nach § 71a AsylG von malischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, deren Erstverfahren vor der Coronakrise, spätestens jedoch nach dem ersten Militärputsch abgeschlossen worden sind, aufgrund der massiven deutlichen Verschlechterung der Sicherheits- (und Versorgungs-) Lage wieder aufgegriffen werden müssen, da es aufgrund der veränderten Lage in der Republik Mali zumindest möglich ist, dass eine andere Entscheidung getroffen wird und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1-3 VwVfG - mindestens im Hinblick auf eine veränderte Sachlage - in der Regel vorliegen."

Soweit diese Frage sich auf eine zwischenzeitliche Verschlechterung der Versorgungslage in Mali bezieht und damit darauf abzielt, ob in einem Asylzweitverfahren möglicherweise die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen der schlechten sozio-ökonomischen und humanitären Bedingungen im Herkunftsland in Betracht kommt, ist sie deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie nicht fallübergreifend geklärt, sondern nur anhand der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls beantwortet werden kann. Denn die Antwort hängt von einer Vielzahl individueller Umstände und Faktoren wie etwa dem Alter, dem Geschlecht, dem Gesundheitszustand, der Volkszugehörigkeit, der Ausbildung, dem Vermögen und familiären oder freundschaftlichen Verbindungen ab (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 15.7.2021 -2 A 96/21 -, juris Rn. 10). Daher bedarf es für die Beantwortung der Tatsachenfrage einer Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, so dass sie sich einer allgemeinen, fallübergreifenden Klärung entzieht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.8.2018 - 1 B 25.18 -, Rn. 11; Senatsbeschl. v. 28.1.2020 - 4 LA 250/20 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschl. v. 31.8.2021 - 9 LA 169/20 -, V.n.b; OVG Saarland, a.a.O., juris Rn. 10). Das gilt auch für den Fall des Klägers.

Und soweit sich die von dem Kläger aufgeworfene Frage auf eine zwischenzeitliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Mali bezieht, hat er nicht ausreichend dargelegt, dass sie im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte.

Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, wonach in der Stadt Timbuktu und in den von der Regierung beherrschten südlichen Landesteilen auch unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel derzeit keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines landesweiten innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht, zwar nicht mit dem Verweis auf einzelne konkret benannte Erkenntnismittel untermauert (Urteilsabdruck, S. 5). Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hätte es ungeachtet dessen jedoch zumindest ansatzweise Ausführungen dazu bedurft (vgl. Senatsbeschl. v. 7.9.2021 - 4 LA 123/21 -, V.n.b.), aus welchen Gründen davon auszugehen ist, dass die bewaffneten Auseinandersetzungen in Mali möglicherweise zwischenzeitlich ein Ausmaß erreicht haben, bei dem landesweit auch ohne gefahrerhöhende Umstände im Einzelfall die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorliegen. Hieran fehlt es.

Der Kläger macht geltend, dass das Verwaltungsgericht Hannover in einem Urteil vom 15. Dezember 2021 - 10 A 3531/21 - die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG als erfüllt angesehen habe, weil sich die Sicherheitslage in der Republik Mali seit dem ersten Asylverfahren des dortigen Klägers deutlich verschlechtert habe; das Verwaltungsgericht Hannover verweise zum Beispiel darauf, dass es "im Jahr 2020 aufgrund des dort herrschenden multipolaren Konfliktes so viele Opfer wie noch nie gegeben hat". Bestätigt werde diese Auffassung durch einen Bericht der Deutschen Welle vom 26. Mai 2021 in dem es heiße, die "sozialen Gründe für die Proteste von 2020 sind ebenso präsent wie damals, die Sicherheitslage ist mindestens ebenso prekär und die putschenden Militärs verhalten sich, als gehöre ihnen das Land". Die Caritas International verweise zusätzlich "auf den seit zehn Jahren anhaltenden Vormarsch dschihadistischer Gruppen mitten in der schweren Krise". In einem aktuellen Bericht des Tagesspiegels führe der Länderreferent für Mali bei Caritas International aus, "dass bereits in weiten Teilen des Landes terroristisch, dschihadistische Gruppen die Kontrolle übernommen haben. Der Zugang zu den Menschen in den umkämpften Gebieten wird für die humanitären Helfer immer gefährlicher."

Aus diesem Vorbringen ergeben sich zwar deutliche Hinweise auf eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Mali. Keine der vom Kläger zitierten Aussagen aus Erkenntnisquellen enthält jedoch auch nur ansatzweise konkrete Hinweise, die dafürsprechen, dass sich die Verschlechterung der Sicherheitslage auf das gesamte Staatsgebiet von Mali bezieht und (möglicherweise) landesweit zu einer Gefahrenlage für die Zivilbevölkerung führt, die den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG entspricht.

Der Kläger hat ferner die Frage formuliert, "ob bei einem Asylfolgeantrag für Asylverfahren, die vor dem 28.11.2019 abgeschlossen wurden (Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg), zu prüfen ist, ob subsidiärer Schutz nach der Entscheidung vom 10.06.2021 zu prüfen ist." Diese Frage zielt darauf ab, ob mit dem auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 2019 - A 11 S 2374/19, A 11 S 2375/19 - (in juris) ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Juni 2021 - C-901/19 - (in juris) sich die Rechtslage in zuvor bestandskräftig abgeschlossenen Asylverfahren im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat und somit ein Asylfolge- oder Zweitverfahren durchzuführen ist.

Diese Frage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. In Teilaspekten kann sie bereits anhand der vorhandenen Rechtsprechung ohne weiteres beantwortet werden, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Und ihre vollständige Beantwortung ist nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls möglich, so dass insoweit kein fallübergreifendes Interesse an ihrer Klärung besteht.

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bereits geklärt, dass jedes Urteil des Gerichtshofs, und zwar auch ein Urteil, das sich auf die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts beschränkt, die bei Erlass einer Entscheidung über einen früheren Antrag bereits in Kraft war, unabhängig von seinem Verkündungsdatum einen neuen Umstand bzw. ein neues Element im Sinne von Art. 33 Abs. 2 Buchst. d und Art. 40 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU dieser Bestimmungen darstellt, wenn es erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beiträgt, dass der Antragsteller als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist (EuGH, Urt. v. 8.2.2024 - C-216/22 -, juris Rn. 54). Entsprechendes muss somit auch für die Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in asylrechtlichen Folge- oder Zweitantragsverfahren gelten.

Deshalb kann sich prinzipiell auch aus vom Kläger genannten Urteil vom 10. Juni 2021 - C-901/19 -, in dem sich der Gerichtshof zur Prüfung des subsidiären Schutzes gemäß Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU geäußert hat, eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen ergeben. Ob dies der Fall ist, hängt - wie soeben ausgeführt - davon ab, ob der Inhalt dieses Urteils erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beiträgt, dass für den Antragsteller nunmehr ein Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist. Das aber lässt sich ersichtlich nicht fallübergreifend für sämtliche vor der Verkündung dieses Urteils abgeschlossenen Asylverfahren feststellen. Das gilt schon deshalb, weil zur Feststellung, ob eine "ernsthafte individuelle Bedrohung" im Sinne des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2011/95/EU gegeben ist, eine umfassende Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der die Situation des Herkunftslands des Antragstellers kennzeichnenden Umstände, erforderlich ist (EuGH, Urt. v. 10.6.2021 - C-901/19 -, juris Rn. 45).

Die Berufung ist auch nicht wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll es sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags eines Beteiligten haben (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 18.2.2021 - 1 B 9.21 -, juris Rn. 4 m. w. N.). Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachkommt, ist eine Versagung rechtlichen Gehörs jedoch nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände des Einzelfalls deutlich machen, dass dies wider Erwarten nicht geschehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2020 - 1 BvR 117/16 -, juris Rn. 12). Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs lässt sich demzufolge nicht bereits daraus herleiten, dass das Gericht sich in den Entscheidungsgründen seines Urteils nicht mit jedem Vortrag der Beteiligten ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.1987 - 9 C 147.86 -, juris Rn. 19; ferner Urt. v. 2.12.2009 - 5 C 24.08 -, juris Rn. 30), da in den Entscheidungsgründen eines Urteils nur die wesentlichen der Rechtsverteidigung und -verfolgung dienenden Tatsachenbehauptungen verarbeitet werden müssen (BVerwG, Beschl. v. 26.10.2004 - 3 B 63.04 -, juris Rn. 10).

Im vorliegenden Fall sind besondere Umstände, die für eine Gehörsverletzung sprechen, nicht ersichtlich. Der Kläger macht hierzu geltend, dass das Verwaltungsgericht sich mit den in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 25. Juli 2022 angeführten Aussagen der Bundestags-Drucksache 20/1761 (Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali <MINUSMA>) über die Verschlechterung der humanitären Lage für die Bevölkerung Malis nicht ausdrücklich auseinandergesetzt habe. Das Verwaltungsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen im Rahmen der Prüfung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK eingehend mit der humanitären Situation in Mali befasst, und hat dabei Angaben aus einer eine Reihe von Erkenntnismitteln wiedergegeben, wonach sich die humanitäre Lage und insbesondere die Ernährungssituation aufgrund der kumulativen Auswirkungen von Dürre, bewaffneter Gewalt, Unsicherheit, Binnenvertreibung und der Covid 19-Pandemie kontinuierlich verschlechtert hat (S. 6-9 des Urteilsabdrucks). Da die im Schriftsatz des Klägers vom 25. Juli 2022 zitierten Angaben aus der Drucksache 20/1761 im Wesentlichen damit inhaltlich übereinstimmen, spricht nichts dafür, dass das Verwaltungsgericht das diesbezügliche Vorbringen des Klägers bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen hat.

Soweit der Kläger darüber hinaus einen Gehörverstoß des Verwaltungsgerichts im Rahmen der Prüfung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG geltend macht, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag dazu, welches konkrete erstinstanzliche Vorbringen des Klägers das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt haben soll.

Schließlich ist die Berufung auch nicht aufgrund des Vorbringen des Klägers zuzulassen, wonach das Verwaltungsgericht bei der Prüfung des subsidiären Schutzes und von Abschiebungsverboten bestimmte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte "nicht beachtet" habe. Insoweit fehlt es bereits an einer ausreichend klaren Bezeichnung des Zulassungsgrundes, auf den sich diese Darlegungen beziehen sollen. Sollte der Vortrag so gemeint sein, dass der Kläger damit eine Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) rügen will, sind die Darlegungen hierzu ersichtlich unzureichend. Denn der Kläger rügt der Sache nach die bloße unrichtige oder unterbliebene Anwendung von bestimmten höchstrichterlichen Rechtssätzen durch das Verwaltungsgericht, die den Zulassungsgrund der Divergenz aber nicht erfüllt (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 18.3.2022 - 8 B 49.21 -, juris Rn. 3; GK-AsylG, Stand August 2023, § 78 Rn. 179 ff. m.w.N.). Außerdem gehören der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gemäß der abschließenden Aufzählung in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG nicht zu den Gerichten, in Bezug auf die eine Abweichung des erstinstanzlichen Urteils gerügt werden kann. Darüber hinaus lässt sich dem Vorbringen des Klägers allenfalls entnehmen, dass er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils hegt. Diesen Zulassungsgrund kennt § 78 Abs. 3 AsylG anders als § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aber nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).