Sozialgericht Hannover
Beschl. v. 04.03.2003, Az.: S 2 KR 580/02

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
04.03.2003
Aktenzeichen
S 2 KR 580/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 40037
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2003:0304.S2KR580.02.0A

In dem Rechtsstreit

...

Die 2. Kammer des Sozialgerichts Hannover

hat am 04. März 2003

durch die Vorsitzende, Richterin Weisbach,

beschlossen:

Tenor:

  1. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Gem. § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Das Gericht hat hierbei nach seinem freien sachgemäßen Ermessen zu entscheiden.

2

Wenn der Rechtsstreit bei einer Untätigkeitsklage - wie hier - in der Hauptsache für erledigt erklärt wird, fallen die außergerichtlichen Kosten in der Regel der Beklagten zur Last, wenn ein Antragsteller mit einer Bescheidung nach den ihm bekannten Umständen rechnen durfte, z.B. weil die Verwaltung ihm keinen Zwischenbescheid erteilt hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 193, Rd.-Nr. 13c m.w.N.) und die Frist des § 88 Abs. 2 SGG verstrichen ist. Für die Kostentragung kommt es deshalb darauf an, ob die Beklagte dem Kläger Anlass zur Erhebung der Untätigkeitsklage gegeben hat. Die Verwaltung gibt dann Anlass zur Erhebung einer Untätigkeitsklage, wenn sie nicht innerhalb der gesetzlichen Sperr- bzw. Wartefrist über den Widerspruch des Klägers entschieden hat, es sei denn, dieser kann bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung erkennen, dass die Klage unbegründet ist, weil ein zureichender Grund für die Untätigkeit der Verwaltung innerhalb der Frist bestanden hat. Dies wird man nur dann annehmen können, wenn die Behörde zuvor die sachlichen Gründe, die eine Entscheidung verzögern, mitgeteilt hat oder dem Antragsteller diese Gründe bekannt gewesen sind (vgl. Beschluss des LSG Hessen vom 21. Dezember 1992, Aktenzeichen: L 5/b 42/92, in: Breithaupt 1993, S. 606f.).

3

Vorliegend hat die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben. Sie hat nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist gem. § 88 Abs. 2 SGG über den Widerspruch der Klägerin vom 07. Oktober 2001, eingegangen bei der Beklagten am 09. Oktober 2001, gegen den Bescheid vom 18. September 2001 entschieden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin reichte den Nachweis seiner Bevollmächtigung bei der Beklagten mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 ein (vgl. Bl. 16 der Gerichtsakte).

4

Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass mit dem Widerspruchsschreiben vom 07. Oktober 2001 der Bescheid vom 18. September 2001 nicht in materiell-rechtlicher Hinsicht angegriffen wurde, sondern der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Verletzung der Kontaktierungspflicht geltend machte. Gleichwohl ist dem Schreiben vom 07. Oktober 2001 zu entnehmen, dass eine Widerspruchsentscheidung bzgl. des Bescheides vom 18. September 2001 angestrebt wurde. Denn der Prozessbevollmächtigte beantragte, entweder dem Widerspruch abzuhelfen, "in dem der Mangel der Auslassung der Kontaktierungspflicht durch einen Zweitbescheid an den Bevollmächtigten geheilt wird, widrigenfalls er der Widerspruchsstelle zuzuleiten ist".

5

Weiterhin wurde in einem Erörterungstermin des Sozialgerichts Oldenburg am 10. April 2002 (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung beispielsweise zu Aktenzeichen S 61 KR 136/01), in welchem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und die Beklagte Beteiligte waren, offenbar, dass der Erlass eines Widerspruchsbescheides begehrt wird. Der Vorsitzende hat in diesem Termin darauf hingewiesen, dass der Einleitung und Bescheidung in einem Widerspruchsverfahren keine Rechtsgründe entgegen stehen würden. In dem o.g. Erörterungstermin wurde u.a. auch ein Rechtsstreit verhandelt, der wie der vorliegende Rechtsstreit eine Untätigkeitsklage gegen den an Frau U.... gerichteten Bescheid vom 18. September 2001 betraf. Im dortigen Verfahren trat allerdings der Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst als Kläger auf.

6

Dennoch ist die Beklagte bis zur Klageerhebung am 23. Juli 2002 untätig geblieben. Zureichende Gründe für die Untätigkeit, etwa eine noch nicht abgeschlossene Sachverhaltsermittlung, wurden dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht mitgeteilt und sind auch nicht ersichtlich.

7

Nach alledem ist der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 09. September 2002 zu Aktenzeichen L 4 B 221/02 KR, auf die sich die Beklagte beruft, zu vergleichen. Im Gegensatz zu der dortigen Entscheidung hat die Beklagte durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 07. Oktober 2001, spätestens aber im Hinblick auf den am 10. April 2002 beim Sozialgericht Oldenburg durchgeführten Erörterungstermin erkennen können und müssen, dass eine Widerspruchsentscheidung in Bezug auf den Bescheid vom 18. September 2001 angestrebt wird. Gründe für die Untätigkeit bis zur Klageerhebung am 23. Juli 2002 sind nicht ersichtlich.

8

Die Beklagte hat Veranlassung zu dieser Untätigkeitsklage gegeben. Sie muss deshalb auch die hier entstandenen notwendigen außergerichtlichen kosten der Klägerin dem Grunde nach übernehmen.

Weisbach