Sozialgericht Hannover
Urt. v. 19.08.2003, Az.: S 2 KR 920/00
Bibliographie
- Gericht
- SG Hannover
- Datum
- 19.08.2003
- Aktenzeichen
- S 2 KR 920/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40044
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHANNO:2003:0819.S2KR920.00.0A
In dem Rechtsstreit
...
Die 2. Kammer des Sozialgerichts Hannover
hat am 19. August 2003
durch die Richterin Weisbach,
und die ehrenamtlichen Richter/In
Bertram und Bohr
nach mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Bescheides, mit welchem sie von der Beklagten zur Stellung eines Antrages auf Maßnahmen zur Rehabilitation aufgefordert wurde.
Die 1954 geborene Klägerin war im Zeitpunkt des Beginns der Arbeitsunfähigkeit im März 1999 als Zahnarzthelferin beschäftigt. Ab dem 15. März 1999 bescheinigte Dr. P...., Arzt für Allgemeinmedizin, Arbeitunfähigkeit wegen psycho-physischem Erschöpfungszustandes mit Depressionsneigung.
Die Beklagte ließ die Klägerin am 02. Juli 1999 durch Dr. M.... MDK, und am 05. Oktober 1999 durch Dr. H...., MDK, begutachten. Beide Gutachter bestätigten die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit.
Nach einer erneuten Untersuchung der Klägerin kam Dr. H...., MDK, im sozialmedizinischen Gutachten vom 23. März 2000 zu dem Ergebnis dass eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorliege. Ab Diagnose wurde depressive Verstimmung bei psychophysischer Überforderung und Erschöpfung genannt.
Mit Bescheid vom 27. März 2000 forderte die Beklagte die Klägerin auf, bis zum 09. Juni 2000 beim Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation zu stellen. Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Dr. D.... MDK, ein sozialmedizinisches Gutachten vom 14. April 2000, in welchem u.a. zur Frage der Funktionsstörungen Stellung genommen wurde.
Am 09. Juni 2000 stellte die Klägerin bei der BfA den Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2000 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2000 (Verpflichtung zur Kurantragstellung) ein. Das ärztliche Gutachten des MDK, welches da Grundlage der Entscheidung der Beklagten bildete, sei nicht ausreichend gewesen. Die Klägerin verwies dabei auf das Urteil das BSG vom 07. August 1991 - 1/3 RK 26/90 -. Weiterhin erfordere die Ermessensausübung eine Auseinandersetzung mit der gesundheitlichen, vor allem psychischen Situation der Versicherten. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02. November 2000).
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 05. Dezember 2000 bei dem Sozialgericht Hannover eingegangenen Klage. Dar Bescheid der Beklagten vom 27. März 2000 enthalte weder einen Hinweis auf eine Ermessensausübung noch eine konkrete Begründung. Die im Widerspruchsbescheid enthaltenen Ausführungen zum Ermessen seien pauschal ohne konkrete Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. November 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich im wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die die Klägerin betreffende beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig. Die Beklagte war gem. § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V berechtigt, die Klägerin zur Antragsstellung auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufzufordern.
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Fassung kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation zu stellen haben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift haben vorgelegen.
Zunächst ist festzustellen, dass bei der Klägerin ein Anspruch auf Krankengeld bestand. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin war nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet. So kam Dr. H.... MDK, im sozialmedizinischen Gutachten vom 23. März 2000 zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bei der Klägerin vorliege. Zwar ist der Klägerin dahingehend zuzustimmen, dass dieses Gutachten den im Urteil des BSG vom 07. August 1991 zu Aktenzeichen 1/3 RK 26/90 aufgestellten Kriterien an ein ärztliches Gutachten i.S.v. § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht entspricht. So sind zwar die erhobenen Befunde wieder gegeben; es fehlen jedoch die durch die festgestellten Gesundheitsstörungen verursachten Funktionseinschränkungen sowie deren voraussichtliche Dauer. Im Gutachten von Dr. D.... MDK, vom 14. April 2000 ist jedoch zu diesen Punkten ausreichend Stellung genommen worden. Da dieses Gutachten vor Abschluss des Vorverfahrens vorlag (sogar vor Einlegung des Widerspruchs durch die Klägerin), ist entsprechend § 41 Abs. 1 und Abs. 2 SGB X von einer Heilung auszugehen.
Der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2000 enthielt auch die Belehrung über die Rechtsfolgen des § 51 Abs. 3 SGB V.
Die Beklagte hat auch ihr Ermessen ausreichend ausgeübt. Ob die Krankenkassen den Versicherten zur Antragsstellung gem. § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V auffordert, steht in ihrem Ermessen. Die Krankenkasse, hat bei ihrer Entscheidung alle Umstände des Einzelfalles sorgfältig abzuwägen und die berechtigten Interessen der Versicherten zu beachten (vgl. BSG, Urteil vom 07. August 1991 - 1/3 RK 26/90 - ). Zwar entspricht der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2000 nicht diesen Anforderungen, Ermessen wurde jedoch im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02. November 2000 ausreichend ausgeübt. So ergibt sich aus dem Widerspruchsbescheid eindeutig, dass die Beklagte wusste, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Die wesentlichen Umstände der Ermessensausübung wurden im Widerspruchsbescheid bezeichnet. Die diesbezügliche Begründung reicht der Kammer vorliegend aus. Ein Ermessensfehlgebrauch, etwa dahingehend, dass die Beklagte halte erkennen müssen, dass der Antrag keinen Erfolg haben würde, ist nicht ersichtlich. So bewilligte die BfA auch auf den entsprechenden Antrag der Klägerin hin eine stationäre Reha-Maßnahme.
Die Beklagte führte im Widerspruchsbescheid u.a. aus, dass die Abwägung des Gesundheitszustandes der Versicherten und der finanziellen Verluste der Versicherungsgemeinschaft ergab, dass der Aufforderung nach § 51 SGB V der Vorrang einzuräumen war. § 51 SGB V dient der Zuständigkeitsabgrenzung der Leistungen zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch, dass diese Regelung als Ermessensregelung ausgestaltet worden ist, sollten Fälle, in denen eine entsprechende Antragstellung unzumutbar ist oder in denen keine entsprechende Aussicht auf Erfolg besteht, verhindert werden. Beide Konstellationen waren vorliegend nach Ansicht der Kammer nicht gegeben. Das berechtigte Interesse der Klägerin war nicht zuletzt die Verbesserung ihres Gesundheitszustandes. Auch das hat die Beklagte ausreichend berücksichtigt, indem sie die Klägerin zur Antragstellung bzgl. einer Rehabilitationsmaßnahme aufgefordert hat Rehabilitationsmaßnahmen zielen grundsätzlich darauf ab, den Gesundheitszustand zu verbessern. Insoweit ist die Kammer in Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen in Übereinstimmung mit der Beklagten zur Überzeugung gelangt, dass aufgrund der vorliegenden Diagnosen und der Krankheitsgeschichte der Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme angezeigt war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.