Sozialgericht Hannover
Urt. v. 04.11.2003, Az.: S 2 KR 1759/01
Bibliographie
- Gericht
- SG Hannover
- Datum
- 04.11.2003
- Aktenzeichen
- S 2 KR 1759/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40039
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHANNO:2003:1104.S2KR1759.01.0A
In dem Rechtsstreit
...
Die 2. Kammer des Sozialgerichts Hannover
hat am 04. November 2003
durch die Richterin am Sozialgericht Weisbach, Vorsitzende,
und die ehrenamtlichen Richter Wilkening und Rock
nach mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung.
Die Klägerin erhält seit dem 01. September 1999 eine Altersrente von der BfA (i.H.v. 1 292,38 DM monatlich). Daneben erhält sie eine VBL-Rente. Da die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der KVdR im Hinblick auf die Vorversicherungszeit nicht erfüllt sind (Bescheid der Beklagten vom 15. April 1999), beantragte die Klägerin bei der Beklagten die freiwillige Mitgliedschaft und ist seit dem 01. September 1999 freiwillig bei der Beklagten versichert.
Mit Einstufungsbescheid vom 02. September 1999 hat die Beklagte die Klägerin in der Versicherungsklasse F 12 0, Beitragsstufe 04, nach der Mindestbemessungsgrundlage für freiwillig versicherte Mitglieder bei einem monatlichen Betrag i.H.v. 192,00 DM eingestuft.
Mitte des Jahres 2001 wurde die Klägerin von der Beklagten mehrfach aufgefordert, die Einkünfte ihres Ehegatten, der nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, mitzuteilen. Diesem Begehren kam die Klägerin nicht nach. Es wurde lediglich telefonisch bestätigt, dass die Einkünfte des Ehegatten über der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze liegen.
Mit Einstufungsbescheid vom 27. Juni 2001 hat die Beklagte die Klägerin in der Versicherungsklasse F 12 0 (ohne Krankengeldanspruch) auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen i.H.v. 3 262,50 DM (1/2 der Beitragsbemessungsgrenze 2001) ab 01. Juli 2001 bei einem monatlichen Betrag von 424,12 DM eingestuft.
Gegen diesen Einstufungsbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Daraufhin stufte die Beklagte die Klägerin mit Einstufungsbescheiden vom 23. Juli 2001 auf der Grundlage ihrer eigenen monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen i.H.v. 1 526,61 DM ab 01. Juli 2001 mit einem monatlichen Beitrag i.H.v. 198,46 DM und ab 01. August 2001 i.H.v. 1 524,13 DM mit einem monatlichen Beitrag i.H.v. 198,14 DM ein.
Nachdem die Beklagte feststelle, dass sie der Berechnung der Einstufungsbescheide vom 23. Juli 2001 fälschlicherweise nur die eigenen monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin zugrunde legte, stufte sie die Klägerin mit Bescheid vom 08. August 2001 ab dem 01. September 2001 in der Versicherungsklasse F12 0 (ohne Krankengeldanspruch) wie bereits im Bescheid vom 27. Juni 2001 auf der Grundlage der Hälfte der eigenen beitragspflichtigen Einnahmen und der Hälfte der Bruttoeinnahmen des Ehemannes i.H.v. 3 262,50 DM (1/2 der Beitragsbemessungsgrenze 2001) mit einem monatlichen Beitrag i.H.v. 424,12 DM ein.
Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2001).
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 09. November 2001 bei dem Sozialgericht Hannover eingegangenen Klage. § 15 Abs: 6 Ziff. d der Satzung der Beklagten, auf deren Grundlage die streitige Beitragseinstufung erfolgte, sei auf die Klägerin nicht anwendbar. Diese Norm beziehe sich nur auf erwerbstätige Mitglieder, die nicht oder nur geringfügig beschäftigt seien. Die Klägerin sei aber Rentnerin und daher nicht erwerbstätiges Mitglied der Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 08. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verwiest im wesentlichen auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte sowie die die Klägerin betreffende beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die vorgenannten Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid, mit der die Beklagte die Beiträge der Klägerin als freiwillig Versicherte nach § 15 Abs. 6 Ziff. d ihrer Satzung für die Zeit ab 01. September 2001 festgesetzt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insbesondere auch nicht insoweit, als die Beklagte die Einnahmen des Ehegatten der Klägerin mit berücksichtigt hat.
Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder ist § 240 SGB V. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt (§ 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Auf dieser Grundlage regelt § 15 Abs. 3 der Satzung der Beklagten, dass als beitragspflichtige Einnahmen die monatlichen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit maßgebend seien. Dazu gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Nach § 15 Abs. 6d der Satzung seien bei nicht oder geringfügig erwerbstätigen Mitgliedern, deren Ehegattin oder Ehegatte nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs. 2 SGB V) angehört, die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den nachzuweisenden Bruttoeinnahmen der Ehegattin oder des Ehegatten zusammen zu setzen. Für die Einstufung wird die Hälfte dieses Betrages berücksichtigt, höchstens bis zur halben Beitragsbemessungsgrenze. Dies gilt nicht, wenn die eigenen beitragspflichtigen Einnahmen des Mitgliedes die halbe Beitragsmessungsgrenze überschreiten oder über den Bruttoeinnahmen der Ehegattin oder des Ehegatten liegen. Hiernach hat die Beklagte für die Beitragseinstufung der Klägerin ab 01. September 2001 neben den eigenen beitragspflichtigen Einnahmen zu Recht auch Einkünfte des Ehegatten herangezogen. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin wird gerade auch von diesen für den Lebensunterhalt bestimmten Einnahmen geprägt. Nach ständiger Rechtssprechung des Bundessozialgerichts ist es satzungsrechtlich zulässig, bei freiwilligen Mitgliedern ohne eigene oder mit nur geringen eigenen Einnahmen in gewissen Grenzen auch die höheren Einnahmen des privat krankenversicherten Ehegatten heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KR 31/00 R - m.w.N.). Dazu bedarf es allerdings einer klaren satzungsrechtlichen Grundlage, die vorliegend mit der Regelung in § 15 Abs. 6d der Satzung der Beklagten gegeben ist.
Die Einstufung der Klägerin im angefochtenen Bescheid in die Versicherungsklasse F12 0 ohne Krankengeldanspruch (§ 15 Abs. 6a der Satzung) und die aufgrund der Einstufung festgesetzten Beiträge (§ 15 Abs. 6d der Satzung) entsprechen der Satzung der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Regelung in § 15 Abs. 6d der Satzung gerade auf die Klägerin anwendbar. Unstreitig ist die Klägerin als Rentnerin nicht erwerbstätig. Entsprechend dem Wortlaut der Satzung in § 15 Abs. 6d betrifft diese Regelung gerade auch nicht erwerbstätige Mitglieder. Für eine etwaige Auslegung oder Analogie ist deshalb, entgegen der Auffassung der Klägerin, kein Raum, da der Wortlaut insoweit eindeutig ist. Die Satzung der Beklagten sieht gerade keine eigene Beitragsklasse für freiwillig versicherte Rentner vor.
Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Regelungen der Satzung unwirksam sein könnten, insbesondere nicht von der Satzungsermächtigung des § 240 SGB V gedeckt sein könnten, fehlen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht ist nicht ersichtlich.
Nach Überzeugung der Kammer sind die Voraussetzungen des von der Beklagten angeführten § 45 SGB X für eine Rücknahme für die Zukunft erfüllt.
Die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes (Bescheid vom 23. Juli 2001, soweit darin ein für die Klägerin günstigerer Beitrag festgesetzt wurde) kann nur aufgrund einer dies rechtfertigenden gesetzlichen Vorschrift erfolgen. Dies ist vorliegend § 45 SGB X. § 15 Abs. 6d der Satzung der Beklagten bestimmt ausdrücklich, dass und unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise Ehegatteneinkommen bei freiwillig Versicherten - wie der Klägerin - zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung hat die Beklagte im aufgehobenen Bescheid vom 23. Juli 2001 zu Unrecht nicht berücksichtigt. Ausweislich der Satzung besteht auch kein Ermessensspielraum bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder. Die in § 45 Abs. 3 Satz 1 vorgeschriebene Frist wurde eingehalten. Den in § 45 Abs. 2 SGB X normierten Vertrauensschutz hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid ausreichend beachtet, denn sie hat keine rückwirkende, sondern eine zukünftige Regelung getroffen. Gleichzeitig wurde im Widerspruchsbescheid ausführlich begründet, dass und warum ein erhöhtes öffentliches Rücknahmeinteresse überwiegt. Ebenso sind die Ermessensgesichtspunkte (§ 45 Abs. 1 SGB V) sowie die entsprechende Abwägung dem Widerspruchsbescheid der Beklagten hinreichend zu entnehmen.
Nach alledem ist der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.