Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 06.03.2014, Az.: L 8 SO 156/10

Aufhebung und Erstattung von Grundsicherungsleistungen; Verdeckter Geldzufluss als Eigentum; Einkommensfunktion auch bei angeblicher Treuhand; Verfolgung angeblich geheimdienstlicher Zwecke bei Bargeldgeschäften ausländischer Staatsangehöriger; Gleichzeitige Unterstützung durch bundesdeutsche Sozialhilfeleistungen; Beweislast

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
06.03.2014
Aktenzeichen
L 8 SO 156/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 14847
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2014:0306.L8SO156.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 18.03.2010 - AZ: S 22 SO 119/08

Fundstellen

  • NZS 2014, 8-9
  • NZS 2014, 557-558
  • ZfSH/SGB 2014, 320-321 (Pressemitteilung)

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Behauptung treuhänderischer Verwaltung im Rahmen einer geheimdienstlichen Tätigkeit steht mangels plausibler Beweise im Einzelfall auch der Berücksichtigung von Treuhandmitteln als Geldzufluss iSd §GB II nicht entgegen.

2. Bei der Aufhebung gem. § 45 SGB X ist grundsätzlich der Leistungsträger für die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide beweispflichtig.

3. Hingegen ist eine Beweislastumkehr gerechtfertigt, soweit die Verhältnisse beim Antragsteller nicht aufklärbar sind.

4. Dies gilt speziell in Fällen von Treuhändern mit verdeckten Treuhandverhältnissen.

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Aufhebung von Sozialhilfebewilligungen nach dem BSHG für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Dezember 2004 und die Festsetzung eines Erstattungsbetrages von insgesamt 40.102,88 EUR.

Die 1949 und 1948 geborenen, miteinander verheirateten Kläger sind chinesische Staatsangehörige, reisten 1990 nach Deutschland ein und verfügten nach Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter ab 1993 über unbefristete Aufenthaltserlaubnisse. Ab Mitte 1996 bezogen sie vom Beklagten zur Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen nach dem BSHG. Zu dieser Zeit lebten die Kläger in einer Wohnung, für die sie eine monatliche Bruttowarmmiete von 720,00 DM zu entrichten hatten und Wohngeld in unterschiedlicher Höhe bezogen (u. a. ab 1. Juli 1997 i.H.v. 337,00 DM je Monat und vom 1. August bis 31. Dezember 1997 i.H.v. 359,00 DM je Monat). Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld und einer Erwerbstätigkeit bis Ende Juni 1997 erhielt der Kläger im Juli 1997 seinen letzten Arbeitslohn von 1.063,19 DM (brutto) bzw. 836,74 DM (netto) und bezog ab dem 7. Juli 1997 Arbeitslosenhilfe mit einem Wochensatz von 151,80 DM. Ab Dezember 1997 ging er wieder einer Erwerbstätigkeit nach mit einem im Januar 1998 ausgezahlten Monatslohn für Dezember 1997 von 1.647.66 DM (brutto) bzw. 1.300,00 DM (netto). In der Folgezeit erzielte der Kläger in unregelmäßigen Abständen Erwerbseinkommen in unterschiedlicher Höhe und bezog zweitweise Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe.

Im Jahr 1997 bewilligte die vom Beklagten herangezogene Stadt Lüneburg den Klägern Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) mit Bescheiden vom 27. Mai 1997 ("ab Monat 05/1997" i.H.v. 728,44 DM/Monat), 23. Juni 1997 ("ab Monat 08/1997" i.H.v. 744,14 DM/Monat), 23. Juli 1997 (zwei Bescheide: "ab Monat 07/1997" i.H.v. 704,15 DM/Monat und Übernahme von Betriebs- und Heizkosten i.H.v. 207,56 DM) und 21. November 1997 (Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 1997 i.H.v. 183,00 DM). Auch in der Folgezeit bezogen die Kläger HLU, wobei sich in dem streitgegenständlichen Zeitraum die Leistungen des Klägers wegen der Erzielung des Erwerbseinkommens und des wiederholten Bezugs von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe auf eine Gesamtsumme von 9.395,33 EUR und diejenigen der Klägerin auf 30.707,55 EUR beliefen; wegen der einzelnen Sozialhilfebescheide und der Berechnung der den Klägern bewilligten Leistungen wird auf den Bescheid vom 28. Juni 1997 und dessen Anlagen 1 bis 3 verwiesen (Bl. 8 ff. d. GA bzw. 688 ff. d. VA).

Ohne Kenntnis des Beklagten erfolgten auf das im Sozialhilfeantrag angegebene Konto des Klägers (Deutsche Bank, KtNr. H.) im Jahr 1997 Überweisungen aus dem Ausland mit einer Gesamtsumme von 33.971,11 DM, im Einzelnen am 3. Februar (6.275,00 DM), am 4. April (1.422,53 DM), 20. Mai (3.355,00 DM), 9. Juni (2.914,38 DM), 7. August (3.056,00 DM), 25. September (9.386,00 DM), 5. November (4.193,00 DM) sowie am 22. Dezember (3.369,20 DM). Die Überweisungen wurden über Banken aus Taipeh abgewickelt. Ab 1998 erfolgten neben diversen Bareinzahlungen in unregelmäßigen Abständen und in unterschiedlicher Höhe weitere Auslandsüberweisungen (1998: 48.795,21 DM; 1999: 34.358,86 DM; 2000: 40.241,35 DM; 2001: 30.773,52 DM bzw. 15.734,25 EUR; 2002: 10.740,14 EUR; 2003: 0,00 EUR; 2004: 385,00 EUR). Nach Gutschrift der Gelder wurden diese regelmäßig in bar abgehoben. Zusätzlich gingen aus dem Ausland für den Kläger bestimmte Beträge auf dem Konto seines Sohnes ein (2002: 3.550,27 EUR; 2003: 2.354,73 EUR; 2004: 12.423,00 EUR).

Nachdem die Stadt Lüneburg im Juni 2006 von dem Landeskriminalamt Niedersachsen über die Auslandsüberweisungen informiert worden war, hörte sie die Kläger im November 2006 zu der beabsichtigten Rücknahme der Sozialhilfebescheide für die Zeit von Februar 1997 bis Dezember 2004 an. Mit Bescheid vom 28. Juni 2007 hob sie die Bescheide über die Bewilligung von Sozialhilfeleistungen für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Dezember 2004 auf und setzte die von den Klägern zu erstattenden Leistungen auf 40.102,88 EUR fest; dabei entfiel auf den Kläger ein Betrag von 9.395,33 EUR und auf die Klägerin ein Betrag von 30.707,55 EUR. Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2008 zurück (Eingang beim Prozessbevollmächtigten der Kläger am 23. Januar 2008).

Die hiergegen am 25. Februar 2008 zunächst gegen die Stadt Lüneburg erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Lüneburg mit Urteil vom 18. März 2010 (Eingang beim Prozessbevollmächtigten der Kläger am 26. März 2010) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Stadt Lüneburg vom 28. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 17. Januar 2008 sei nach Maßgabe der §§ 45, 50 SGB X rechtmäßig, weil der Bewilligung von Sozialhilfe in der Zeit vom 1. Juli 1997 bis 31. Dezember 2004 die Berücksichtigung der überwiesenen Beträge als Einkommen nach §§ 11, 76 BSHG entgegengestanden habe. Der Vortrag der Kläger im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren sowie im Verwaltungs- und Klageverfahren, die vom Kläger nur "treuhänderisch" verwalteten Gelder stammten vom taiwanesischen Geheimdienst und dienten allein der Bewirtung und Versorgung chinesischer Dissidenten, sei nicht glaubhaft und führe auch nicht dazu, dass diese als zweckbestimmte Leistungen nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BSHG anrechnungsfrei seien. Die Kläger hätten durch das Verschweigen der Auslandsüberweisungen ihren gegenüber dem Beklagten bestehenden Mitwirkungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGB I nicht entsprochen und seien damit zumindest grob fahrlässig in Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Sozialhilfebewilligungen gewesen. Auch entspreche die Ermessensentscheidung des Beklagten über die Aufhebung der Bescheide den gesetzlichen Anforderungen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 23. April 2010 eingelegte Berufung der Kläger, die im September 2011 dauerhaft in die Volksrepublik China zurückgekehrt sind. In der auf den Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Lüneburg vom 14. Juli 2011 (Tatvorwurf: Sozialleistungsbetrug) durchgeführten Hauptverhandlung vom 17. August 2011 ist das gegen den Kläger durchgeführte Strafverfahren (- 15 Cs 1105 Js 27457/06 (147/10) -) zunächst ausgesetzt und dann in der Verhandlung vom 26. Oktober 2011 vorläufig eingestellt worden.

Im Laufe des Berufungsverfahrens ist das Passivrubrum von Amts wegen berichtigt worden. Die Klage richtet sich seither gegen den Landkreis Lüneburg.

Die Kläger machen weiterhin geltend, dass der Kläger die überwiesenen Beträge nicht für sich, sondern lediglich "treuhänderisch" für die Unterstützung der Christlich Demokratischen Union Chinas (CCDU) verwendet habe. Sie dienten der Finanzierung von Reisen innerhalb Deutschlands und von erheblichem Post- und Telekommunikationsaufwand sowie der Bewirtung und Unterstützung für angeworbene Chinesen. Wegen der zweckentsprechenden Verwendung der Gelder liege schon kein sozialhilferechtliches Einkommen des Klägers vor. Jedenfalls sei ihm nicht vorzuwerfen, grob fahrlässig in Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligungen gewesen zu sein. Es träfe ihn allenfalls der Vorwurf der einfachen Fahrlässigkeit. Für die Gutgläubigkeit des Klägers spreche auch der Umstand, dass die Gelder auf sein reguläres Konto überwiesen worden seien und nicht etwa auf ein Geheimkonto. Auch die Aushändigung von Formblättern über die Mitwirkungspflichten von Hilfeempfängern habe nicht zu einer Bösgläubigkeit des Klägers geführt, weil dieser auch nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland so gut wie kein deutsch gesprochen habe. Der Klägerin sei überhaupt kein Vorwurf zu machen, weil sie weder von den Geldern noch von der Tätigkeit ihres Ehemannes gewusst habe. Schließlich habe der Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt: Bei einer Abwägung der Kosten für die Durchsetzung der Erstattungsforderung (Kosten des Verwaltungs-, Gerichts- und Vollstreckungsverfahren) und der voraussichtlich von den Klägern zu erlangenden Beträge hätte er von der Aufhebung insgesamt Abstand nehmen müssen (Entschließungsermessen).

Die Kläger beantragen schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. März 2010 und den Bescheid der Stadt Lüneburg vom 28. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 17. Januar 2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Stadt Lüneburg (3 Bände) sowie der ebenfalls beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Lüneburg - NZS 1105 Js 27457/06 - (6 Bände) verwiesen. Diese Akten haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den im Wege der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) angegriffenen Bescheid der Stadt Lüneburg vom 28. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 17. Januar 2008 zu Recht durch Urteil vom 18. März 2010 abgewiesen.

Zweifel an der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben worden. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage der nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung, und endet bei einer nach Monaten bestimmten Frist nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach seiner Zahl dem Tage entspricht, in dem das Ereignis fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einem gesetzlichen Feiertag oder einem Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages, § 64 Abs. 3 SGG. So verhält es sich hier. Das Fristende für die Klageerhebung nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG ist hier der 23. Februar 2008, weil der Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2008 den Klägern am 23. Januar 2008 bekanntgegeben worden war. Da es sich bei diesem Tag um einen Sonnabend handelt, ist die Klage fristwahrend an dem nächsten Werktag, dem Montag, den 25. Februar 2008, beim SG eingegangen.

Der Bescheid der Stadt Lüneburg vom 28. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 17. Januar 2008 ist rechtmäßig; die Kläger sind durch diese Entscheidung nicht beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG.

1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Aufhebungsentscheidung ist § 45 SGB X. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt, im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen sind im Einzelnen in § 45 Abse. 2, 4 SGB X geregelt. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X ist eine Rücknahme dann nicht möglich, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist; auf Vertrauen kann sich der Begünstigte u.a. dann nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).

Nach diesen Maßgaben hat der Beklagte die im Bescheid vom 28. Juni 2007 im Einzelnen genannten Bescheide zu Recht aufgehoben. Jedoch ist im Hinblick auf die Zeiträume in rechtlicher Hinsicht zu differenzieren, weil der Bewilligung von Sozialhilfe im Jahr 1997 anrechenbares Einkommen des Klägers entgegen gestanden hat, ab 1998 der mangelnde Nachweis der Hilfebedürftigkeit der Kläger wegen zu berücksichtigenden Vermögens.

a) In der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1997 sind von der Aufhebung die Bewilligungsentscheidungen vom 23. Juni 1997 (HLU "ab Monat 07/1997" i.H.v. 744,14 DM/Monat), vom 23. Juli 1997 (zwei Bescheide: HLU "ab Monat 08/1997" i.H.v. 704,15 DM/Monat und Übernahme von Betriebs- und Heizkosten von 207,56 DM) und vom 21. November 1997 (Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 1997 i.H.v. 183,00 DM) betroffen.

aa) Diese Bescheide sind begünstigende Verwaltungsakte i.S.d. § 45 Abs. 1 SGB X, weil sie zugunsten der Kläger die Bewilligung von HLU nach dem 2. Abschnitt des BSHG regeln. Dies gilt insbesondere für den Bescheid vom 23. Juni 1997, weil darin keine (Teil-)Aufhebung der zuvor mit Bescheid vom 27. Mai 1997 bewilligten Leistungen zu sehen ist, sondern eine Neuberechnung eines höheren Leistungsanspruchs zugunsten der Kläger ab Juli 1997. Der zuvor ergangene Bewilligungsbescheid hat sich damit auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X), weil er durch den Bescheid vom 23. Juni 1997 ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 - B 10 EG 17/09 R - juris Rn. 15 zu § 96 SGG).

bb) Die Bewilligung von Sozialhilfe für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1997 war bereits zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der einzelnen Bescheide rechtswidrig. Die im Jahr 1997 aus dem Ausland überwiesenen Geldbeträge waren als Einkommen nach §§ 11, 76 BSHG (jeweils i.d.F. vom 23.07.1996, BGBl. I 1088) auf den sozialhilferechtlichen Bedarf der Kläger anzurechnen und standen bereits ab Juli 1997 einer Bewilligung von Sozialhilfe entgegen. Die Kläger hatten mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf laufende HLU nach § 11 BSHG bzw. auf eine Weihnachtsbeihilfe nach § 21 Abs. 1a Nr. 7 BSHG (ebenfalls i.d.F. vom 23.07.1996, BGBl. I 1088).

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG war HLU demjenigen zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten war das Einkommen und das Vermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen (Satz 2). Nach § 76 Abs. 1 BSHG gehörten zum Einkommen in diesem Sinne alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 18. Februar 1999 - 5 C 35/97 - juris Rn. 22), der sich das BSG weitgehend angeschlossen hat (für das SGB II: BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - juris Rn. 19 und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - juris Rn. 18), war bzw. ist sozialhilferechtlich Einkommen alles das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Dabei ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (BVerwG, aaO.).

Die vom Einkommen abzusetzenden Beträge regelte § 76 Abs. 2 BSHG, nach dem u.a. die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben abzusetzen waren (Nr. 4). Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt wurden, waren nach § 77 Abs. 1 BSHG (ebenfalls i.d.F. vom 23.07.1996, BGBl. I 1088) nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.

Im Übrigen richtete sich die Anrechnung von Einkommen nach der auf Grundlage des § 76 Abs. 3 BSHG erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG (BSHG § 76 DV, hier i.d.F. vom 23. November 1976, BGBl. I 1976, 3234). Nach § 1 BSHG § 76 DV waren alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsnatur (...) zugrunde zu legen. Die Verordnung enthält Näheres zur Berücksichtigung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 3), Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit (§ 4), Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 6) sowie von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 7). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BSHG § 76 DV waren andere als die in §§ 3, 4, 6 und 7 der Verordnung genannten Einkünfte, wenn sie nicht monatlich oder wenn sie monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielt werden, als Jahreseinkünfte zu berechnen. Für die Berechnung dieser Jahreseinkünfte galt nach § 8 Abs. 2 BSHG § 76 DV die Vorschrift des § 6 Abs. 3 BSHG § 76 DV entsprechend (dazu gleich).

Nach diesen Maßgaben waren die im Jahr 1997 auf dem Konto des Klägers gutgeschriebenen Beträge als Einkommen i.S.d. §§ 11, 76 BSHG i.V.m. § 8 BSHG § 76 DV anzusehen und für den Zeitraum ab Juli 1997 nach den bis dahin bereits erzielten und den zukünftig zu erwartenden Einkünften zu berücksichtigen.

Der klägerische Vortrag, der Kläger habe die Gelder lediglich "treuhänderisch" für den taiwanesischen Geheimdienst bzw. eine chinesische Oppositionspartei verwaltet und sie zweckentsprechend für die Finanzierung von Reisen innerhalb Deutschlands und von erheblichem Post- und Telekommunikationsaufwand sowie der Bewirtung und Unterstützung für angeworbene Chinesen verwendet, steht der umfassenden Berücksichtigung der Einkünfte als sozialhilferechtliches Einkommen nicht entgegen. Der Senat ist von diesen Ausführungen nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nämlich nicht überzeugt (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) und legt seiner Entscheidung allein folgenden Sachverhalt zu Grunde:

In dem Zeitraum von 1997 bis 2004 sind auf das Konto des Klägers bei der Deutschen Bank (KtNr. H.) neben den Sozialhilfeleistungen des Beklagten die bereits im Einzelnen dargestellten Auslandsüberweisungen eingegangen. Unmittelbar nach deren Gutschrift sind die Beträge in ungefähr gleicher Höhe in bar abgehoben worden.

Auf Grundlage dieses Sachverhalts kommt weder eine Absetzung notwendiger Ausgaben von dem Einkommen nach § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG noch dessen Freilassung als zweckbestimmte Einnahme nach § 77 Abs. 1 BSHG in Betracht. Die Herkunft, der Zweck und die Verwendung der aus dem Ausland überwiesenen Gelder sind nämlich ungeklärt und können vom Senat auch nicht mit den im Rahmen der Amtsermittlung (§ 103 SGG) zur Verfügung stehenden Mitteln mit Gewissheit festgestellt werden. Wie den beigezogenen Akten zu entnehmen ist, haben sich während des gesamten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Lüneburg (- 1105 Js 27457/06 -) und im vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsverfahren keinerlei Beweismittel ergeben, die die Wahrhaftigkeit der Ausführungen der Kläger belegen könnten. Die Kläger haben weder auf die gerichtliche Verfügung im erstinstanzlichen Verfahren vom 30. September 2009 noch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 18. März 2010 Nachweise über die Herkunft oder Verwendung der Gelder vorgelegt. Insbesondere hätten die Kläger die Verwendung der Gelder näher konkretisieren und ihre bloße Behauptungen z.B. durch Vorlage von Quittungen belegen oder durch Beweisangebote zumindest glaubhaft machen können. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des SG, den Ausführungen der Kläger zur Herkunft und Verwendung der Gelder auch unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks der Kläger in der mündlichen Verhandlung keinen Glauben zu schenken, nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Dass sich der Senat nicht durch eine persönliche Vernehmung der dauerhaft nach China ausgereisten Kläger Gewissheit über die Richtigkeit ihres Vorbringens verschaffen kann, geht zu ihren Lasten.

Allgemein gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten des Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Wer ein Recht in Anspruch nimmt, trägt danach im Zweifel die Beweislast für die rechtsbegründende Tatsache, wer ein Recht leugnet, die Beweislast für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen. Wie sich die objektive Beweislast verteilt, also welche Tatbestandsmerkmale rechtsbegründend und welche rechtshindernd sind, ist der für den Rechtsstreit maßgeblichen Norm, in der Regel einer Norm des materiellen Rechts zu entnehmen (BSG, Urteil vom 26. November 1992 - 7 RAr 38/92 - juris Rn. 23). Bei einer Aufhebungsentscheidung nach § 45 SGB X trägt grundsätzlich die Behörde die Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide. Allerdings kann eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein, wenn in der Sphäre des Leistungsempfängers wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind. Dies gilt insbesondere für die Beweisnähe des Treuhänders bei verdeckten Treuhandverhältnissen (BSG, Urteil vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 R - juris Rn. 18). Nach diesen Maßgaben ergibt sich eine den Klägern anzulastende Beweisnähe daraus, dass die Frage der Herkunft und Verwendung der erhaltenen Gelder allein ihrer Sphäre zuzuordnen und die Aufklärung des Sachverhalts wegen der unterbliebenen Nachweise unmöglich ist. Hieran ändert auch nichts, dass der Kläger geltend macht, er habe sämtliche Belege stets zeitnah vernichtet, damit es keine Beweise für seine geheimdienstliche Tätigkeit gebe.

Die Anrechnung des Einkommens erfolgt nach den Regeln für "andere Einkünfte" i.S.d. § 8 BSHG § 76 DV, weil aufgrund des ungeklärten Sachverhalts nicht von einer in den §§ 3, 4, 6 oder 7 BSHG § 76 DV genannten Einkommensart ausgegangen werden kann. Zur Bestimmung des Jahreseinkommens (vgl. § 8 Abs. 1 BSHG § 76 DV) ist § 6 Abs. 3 BSHG § 76 DV entsprechend anzuwenden (§ 8 Abs. 2 BSHG § 76 DV). Danach sind die Einkünfte auf der Grundlage der vor dem Berechnungsjahr erzielten Einkünfte - hier 1996 - unter Berücksichtigung der im Berechnungsjahr - hier 1997 - bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Veränderungen zu errechnen (Satz 1). Soweit im Einzelfall geboten, können hiervon abweichend die Einkünfte für das Berechnungsjahr auch nachträglich errechnet werden (Satz 2).

Nach diesen Maßgaben hätte der Beklagte, wenn er Kenntnis von den ab Februar 1997 erzielten Einkünften gehabt hätte, insoweit nicht auf Einkünfte des Klägers aus dem Vorjahr abstellen können, weil die Auslandsüberweisungen - soweit ersichtlich - erst ab dem Jahr 1997 erfolgten. Wohl aber hätte der Beklagte das monatliche Einkommen nach den bereits erzielten und noch zu erwartenden Einkünften errechnen müssen (vgl. § 8 Abs. 2 BSHG § 76 DV i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 BSHG § 76 DV), für den Zeitraum ab Juli 1997 also unter Berücksichtigung der Auslandsüberweisungen bis Juni 1997, im Einzelnen diejenigen vom 3. Februar (6.275,00 DM), 4. April (1.422,53 DM), 20. Mai (3.355,00 DM) und vom 9. Juni 1997 (2.914,38 DM) mit einer Gesamtsumme von 13.966,91 DM. Auf Basis der zurückliegenden Einkünfte und der noch zu erwartenden hätte er ein durchschnittliches Monatseinkommen des Klägers von über 2.000 DM (13.966,91 DM im Halbjahr 1997: 6 Monate) festgestellt. Zusammen mit dem Erwerbseinkommen des Klägers im Juli 1997 von 1.063,19 DM (brutto) bzw. 836,74 DM (netto) und der erstmals am 29. Juli 1997 ausgezahlten Arbeitslosenhilfe von 151,80 DM je Woche bzw. 657,80 DM im Monat ist offensichtlich, dass diese Einkünfte weit über dem sozialhilferechtlichen Bedarf der Kläger (Regelsätze von 539,00 DM bzw. 431,00 DM, Bruttowarmmiete von 720,00 DM) gelegen haben, ohne dass es auf die Richtigkeit der in der Anlage des Bescheids vom 23. Juni 1997 dargestellten Bedarfsberechnung im Einzelnen ankommt. Der Bezug von Wohngeld von über 300,00 DM, das den Klägern bei dieser Sachlage ebenfalls nicht zugestanden hat, kann insoweit vernachlässigt werden. Unter diesen Umständen hätte ein Sozialhilfeanspruch spätestens ab Juli 1997 nicht mehr bestanden. Eine nachträgliche Ermittlung der Einkünfte für das Berechnungsjahr 1997 (ggf. erst 1998) nach § 8 Abs. 2 BSHG § 76 DV i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 BSHG § 76 DV wäre in diesem Einzelfall nicht angezeigt gewesen. Aber auch nach einer solchen Berechnung hätten die Kläger keine Leistungen der Sozialhilfe im Jahr 1997 beanspruchen können, weil sich bei einer Gesamtsumme der Auslandsüberweisungen im Jahr 1997 von 33.971,11 DM ein (zusätzlich) zu berücksichtigendes Monatseinkommen der Kläger von über 2.800,00 DM ergeben hätte.

cc) Das Vertrauen der Kläger auf den Bestand der Verwaltungsakte ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 1 SGB X nicht schutzwürdig, weil sie die Rechtswidrigkeit der Sozialhilfebewilligungen kannten oder jedenfalls deshalb nicht kannten, weil ihnen grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Grobe Fahrlässigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X), und ist zu bejahen, wenn der Adressat, hätte er den Bewilligungsbescheid gelesen und zur Kenntnis genommen, auf Grund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rn. 56 m.w.N.). Hierbei ist der individuelle Verständnishorizont des Begünstigten maßgeblich (sog. subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). Bestehen bei einem ausländischen Staatsangehörigen Verständigungs- und/oder Verständnisschwierigkeiten, muss sich dieser grundsätzlich mit Hilfe eines Dolmetschers oder auf andere Weise Klarheit über den Inhalt verschaffen; Ausländer haben nach § 19 SGB I keinen Anspruch darauf, dass ein an sie gerichtetes Schreiben in einer anderen als der deutschen Sprache abgefasst ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 77/09 R - juris Rn. 33; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - juris Rn. 23).

Hiervon ausgehend musste sich den Klägern nach dem vom Senat zu Grunde gelegten Sachverhalt geradezu aufdrängen, dass ihnen wegen der Auslandsüberweisungen ab Februar 1997 kein Anspruch gegen den Beklagten auf HLU zusteht und die Bewilligungsbescheide rechtswidrig sind. Auf eine vorwerfbare Verletzung von Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I durch das Verschweigen der Einkünfte kommt es hierbei nicht entscheidungserheblich an. Es reicht aus, dass den Klägern die Gelder in gleicher Weise wie die Leistungen des Beklagten zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden haben und sie sich über die Natur der Sozialhilfe als bedürftigkeitsabhängige, steuerfinanzierte Unterstützungsleistung des Staates im Klaren gewesen sind. Hieran besteht schon aufgrund der Angabe des Klägers im Erstantrag vom 6. Mai 1996, er habe kein Vermögen und brauche dringend Hilfe für Lebensmittel und Wohnungsmiete, kein Zweifel. Unerheblich ist ferner, dass sich der Kläger darauf beruft, er sei von der Rechtmäßigkeit der Sozialhilfebewilligung während seiner geheimdienstlichen Tätigkeit ausgegangen, weil er die Gelder (nach seinen Angaben vollständig) nach einem ihm vom Geldgeber vorgegebenen Zweck verwendet habe. Dieser Vortrag ist für sich genommen schon nicht geeignet, den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis über die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen zu entkräften. Der Kläger hätte sich nicht auf diese nun vorgetragene Einschätzung verlassen dürfen, der deutsche Staat würde seinen Lebensunterhalt während einer geheimdienstlichen Tätigkeit mit Geldzufluss durch Sozialhilfemittel unterstützen. Der Vorwurf, jedenfalls in Folge grober Fahrlässigkeit in Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Sozialhilfebewilligungen gewesen zu sein, trifft auch die Klägerin. Der Senat ist nämlich von ihrem bloßen Vortrag, sie habe von der Tätigkeit ihres Ehemannes und die Verwendung der Gelder keine Kenntnis gehabt, nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ebenfalls nicht überzeugt (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass allein der Kläger über das Konto bei der Deutschen Bank verfügungsbefugt gewesen ist, haben die überwiesenen Mittel beiden Klägern und damit auch der Klägerin in gleicher Weise wie die Leistungen des Beklagten zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden.

dd) Die formalen Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bescheide aus dem Jahr 1997 nach § 45 SGB X liegen vor. Der Beklagte war nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X befugt, die Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, weil hier ein Fall fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Aus diesem Grund konnte er die Bescheide Ende Juni 2007 auch bis zum Ablauf von zehn Jahren nach ihrer Bekanntgabe ab Juli 1997 zurücknehmen (vgl. § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X). Der Beklagte hat zudem die für die Rücknahme maßgebliche Frist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, nach dem die Aufhebung innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Behörde über die Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Der Fristbeginn hängt von dem Abschluss der gebotenen Ermittlungen zur Einsichtsfähigkeit des Begünstigten (s.o.) ab und setzt regelmäßig - wie auch hier - die Anhörung des Betroffenen zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung voraus (BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 88/99 R - juris Rn. 23 m.w.N.). Da die Kläger im November 2006 zu der beabsichtigten Entscheidung angehört worden sind, hat der Beklagte bzw. die von ihm herangezogene Stadt Lüneburg die Aufhebung der Bewilligungen mit Bescheid vom 28. Juni 1997 rechtzeitig verfügt. Anhaltspunkte für eine zum Zweck der Einhaltung der Jahresfrist erfolgten Verzögerung des Anhörungsverfahrens liegen nicht vor.

ee) Schließlich entspricht die Ermessensentscheidung über die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen den gesetzlichen Vorgaben aus § 45 SGB X (sog. Rücknahmeermessen, vgl. etwa BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 12/08 R - juris Rn. 10 m.w.N.). Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides vom 28. Juni 2007 und des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2008 war sich der Beklagte bzw. die von ihm herangezogene Stadt Lüneburg des eingeräumten Ermessensspielraums erkennbar bewusst. Dabei durfte der Beklagte wegen der mangelnden Nachweise über die Herkunft, den Zweck und die Verwendung der Auslandsüberweisungen von demjenigen Sachverhalt ausgehen, den auch der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legt. Den Klägern haben in dem Zeitraum von 1997 bis 2004 dem Beklagten nicht offenbarte Einkünfte zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden, die ihrer Höhe nach einer Sozialhilfegewährung offensichtlich entgegen gestanden haben. Unter diesen Umständen ist es nicht ermessenfehlerhaft und ausreichend, dass der Beklagte dem öffentlichen Interesse an einer "sparsamen Bewirtschaftung öffentlicher Mittel" Vorrang gegenüber dem Interesse der Kläger an einem weiteren Bestand der Leistungsbescheide eingeräumt hat. Er musste auch nicht - so wie die Kläger meinen - von einer Aufhebung insgesamt absehen, weil die Rückforderung der Leistungen unverhältnismäßig sei bzw. mit ihr ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand einhergehe. Unter diesem Gesichtspunkt kann im Rahmen der Ermessensentscheidung der Rückforderung (nur) kleinerer Beträge, dem Lebensalter oder sozialen Verhältnissen Rechnung getragen werden (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, Rn. 91 aE m.w.N.). Hierfür bestand jedoch bei einem streitigen Betrag von über 40.000,00 EUR kein Anlass. Der Beklagte musste im Rahmen des Ermessens nicht berücksichtigen, dass die fast 60-jährigen Kläger - wie von ihnen erstmals im Berufungsverfahren vorgetragen - aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit einem Rückforderungsverlangen des Beklagten ggf. nicht nachkommen können. Bei dieser Sachlage ist das Haushaltsrecht das speziellere und geeignetere Instrumentarium (Stundung, Niederschlagung bzw. Erlass), einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage des Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 24. Januar 1995 - 8 RKn 11/93 - juris Rn. 24).

ff) Soweit auf die bis 2004 maßgebliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Aufhebung von Bewilligungen laufender Sozialhilfe abzustellen wäre, ändert sich an dieser rechtlichen Beurteilung im Ergebnis nichts. Nach dieser Rechtsprechung hat sich die Bewilligung von HLU nur auf den im Bescheid genannten Monat erstreckt, hier also auf den Monat Juli 1997 (Bescheid vom 23. Juni 1997) und auf den Monat August 1997 (Bescheid vom 23. Juli 1997). Bei einer tatsächlichen Gewährung von Sozialhilfe in der Folgezeit - hier von August bis Dezember 1997 - ist dies als eine "bescheidlose" Bewilligung angesehen worden, deren Aufhebung sich nach § 50 Abs. 2 SGB X gerichtet hat. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, bei entsprechender Geltung von §§ 45 bis 48 SGB X zu erstatten. Diese Bezugnahme auf §§ 45 und 48 SGB X bewirkt, dass bei zu Unrecht ohne Verwaltungsakt erbrachten Leistungen derselbe Vertrauensschutz gilt, wie bei einer Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes (zu Vorstehendem vgl. etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - L 8 SO 7/08 - juris Rn. 29). Insoweit wird wegen der Rechtmäßigkeit einer Rückforderung nach § 50 Abs. 2 SGB X auf die obigen Ausführungen zur Aufhebung der Sozialhilfebewilligungen nach § 45 SGB X verwiesen.

b) Die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bescheide aus dem Jahr 1997 gelten entsprechend für die Aufhebung der Bewilligungen von Sozialhilfe in der Zeit von 1998 bis 2004, mit der Besonderheit, dass dem Sozialhilfeanspruch der Kläger der mangelnde Nachweis der Hilfebedürftigkeit wegen des naheliegenden Überschreitens der Vermögensfreigrenze nach § 88 BSHG (ebenfalls i.d.F. vom 23. Juli 1996, BGBl. I 1996, S. 1088) entgegensteht.

Nach § 88 BSHG gehört zum Vermögen in diesem Sinne das gesamte verwertbare Vermögen (Abs. 1). Die Sozialhilfe durfte u.a. nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte, wobei besondere Notlagen des Hilfesuchenden zu berücksichtigen waren (Abs. 3 Nr. 8). Die Höhe des anrechnungsfreien Barbetrags bestimmte sich nach der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung vom 11. Februar 1988 (BSHG § 88 DV, BGBl. I 1988, S. 150). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a dieser Verordnung war für eine Hilfe zum Lebensunterhalt begehrende Einzelperson, die - wie die Kläger - das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ein Barbetrag von 2.500 DM anrechnungsfrei; für jede weitere vom Hilfesuchenden unterhaltene Person erhöhte sich der "Freibetrag" um weitere 500 DM.

Durch die Überweisungen von Geldbeträgen im Jahr 1997 in einer Gesamtsumme von 33.971,11 DM ist die ursprünglich auf den Angaben der Kläger in den Antragsformularen beruhende Annahme des Beklagten, die Kläger seien in der Zeit ab 1998 hilfebedürftig, in entscheidungserheblicher Weise erschüttert. Wegen des ungeklärten Verbleibs dieser Gelder und der weiteren Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und dem Bezug von Sozialleistungen (Wohngeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe) lässt sich die anspruchsbegründende Tatsache, dass das Vermögen der Kläger ab 1998 unter dem maßgeblichen Vermögensfreibetrag nach § 88 BSHG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2 BSHG § 88 DV von insgesamt 3.000,00 DM gelegen hat, nicht feststellen. Im Rahmen der Aufhebung der Bewilligungen nach § 45 SGB X geht auch dies nach den oben dargelegten Grundsätzen der (objektiven) Beweislast ausnahmsweise zu Lasten der Kläger, weil nur sie die Verwendung der Mittel darlegen und belegen können (vgl. zur Beweislastumkehr in diesen Fällen BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 89/12 R - juris Rn. 32).

Wegen der übrigen Voraussetzungen der Aufhebungsentscheidung (kein Vertrauensschutz, formale Voraussetzungen nach § 45 Abse. 3 und 4 SGB X, Ermessensentscheidung) wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu der Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Bewilligungsbescheide aus dem Jahr 1997 verwiesen.

2. Auch die Entscheidung des Beklagten über die Festsetzung der zu erstattenden Leistungen nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat die in den Anlagen des Bescheides vom 28. Juni 2007 im Einzelnen dargelegte Berechnung der Erstattungsansprüche gegen den Kläger i.H.v. 9.395,33 EUR und gegen die Klägerin i.H.v. 30.707,55 EUR geprüft. Sie entsprechen den zugunsten der Kläger in der Zeit vom 1. Juli 1997 bis 31. Dezember 2004 erfolgten Bewilligungen und sind auch im Hinblick auf die individuelle Zuordnung der zu erstattenden Leistungen rechnerisch zutreffend.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.