Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 03.04.2003, Az.: 3 A 143/02

Alterssicherung; Aufwendungszuschuss; besondere Härte; bewohnerbezogener Aufwendungszuschuss; fiktiver Verbrauch; Heimkosten; Heimunterbringung; Hilfe zum Lebensunterhalt; Hilfe zur Pflege; Härte; Kapitallebensversicherung; Lebensversicherung; Pflege; Rückkaufswert; Schonbetrag; Sozialhilfe; Vermögen

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
03.04.2003
Aktenzeichen
3 A 143/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 47952
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein nach § 88 Abs. 1 BSHG einzusetzendes Vermögen steht, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet wurde, dem Bezug von Sozialhilfe auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Zeitraum gedeckt hätte. Dies gilt auch in Zeiten eines Streites über die Einsatz- und Verwertbarkeit eines Vermögens (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 19.12.1997 - 5 C 7.96 -, BVerwGE 106, 105 ff.).

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Bewilligung von Sozialhilfeleistungen in Form der Hilfe zur Pflege.

2

Sie ist 1932 geboren und wurde seit 1987 infolge einer Doppelbeinamputation und mehrerer Schlaganfälle von ihrem Ehemann gepflegt. Mit notariellem Vertrag vom 15.05.1995 übertrug sie ein in ihrem Alleineigentum stehendes Grundstück, bebaut mit einer Doppelhaushälfte, welches die Eheleute bewohnten, auf ihren Ehemann. Dieser übernahm auch weiterhin die Verbindlichkeiten und räumte der Klägerin ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundbesitz ein, welches grundbuchrechtlich gesichert wurde. Außerdem verpflichtete er sich, die Klägerin weiterhin voll zu pflegen und zu betreuen, wie es infolge ihrer Doppelbeinamputation erforderlich ist und auch insoweit alle hierfür erforderlichen Kosten, Aufwendungen und Maßnahmen aus eigenen Mitteln zu übernehmen.

3

Nach einem Krankenhausaufenthalt wegen ihres fünften Schlaganfalles wurde seitens der behandelnden Ärzte die Pflege in einem Pflegeheim angeraten, da eine häusliche Pflege nicht mehr möglich sei. Nach ihrer Aufnahme in der D. in E. am 24.04.1998 wurde der Klägerin seitens des Beklagten der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss in voller Höhe bewilligt. Unter dem 10.09.1998 beantragte der Ehemann der Klägerin über die Gewährung des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses hinaus die Übernahme der fehlenden Heimkosten für die Klägerin durch den Beklagten. Aus den von ihm vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass er ohne Gefährdung seines eigenen Lebensbedarfes die noch fehlenden Kosten in Höhe von rund 2.000,00 DM monatlich nicht aufbringen könne. Im November 1998 wurde der Ehemann zum Betreuer der Klägerin bestellt. Am 16.02.2000 wurde Rechtsanwalt K. durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel zum Zwangsbetreuer bestellt. Durch Beschluss vom 18.05.2000 des Amtsgerichts Wolfenbüttel wurde die Betreuung aufgehoben.

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Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 10.08.2000 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten für die Zeit ab 01.09.1998 ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass das Einkommen und Vermögen der Eheleute zur Deckung der Heimkosten einzusetzen sei. Zum Vermögen zählten grundsätzlich auch die Rückkaufswerte der abgeschlossenen Lebensversicherungen. Nach den vorgelegten Unterlagen ergebe sich für zwei Lebensversicherungen ein Rückkaufswert von insgesamt 26.431,80 DM. Abzüglich eines geschützten Vermögens in Höhe von 5.700,00 DM sei dementsprechend vorrangig einzusetzendes Vermögen in Höhe von 20.731,80 DM vorhanden. Damit könne der Sozialhilfeanspruch der Klägerin inklusive des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses noch bis mindestens Ende 2000 durch das einzusetzende Vermögen gedeckt werden. Der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss sei für die Zeit von April 1998 bis Januar 1999 direkt an die Einrichtung geleistet worden. Ab 01.02.1999 sei auch diese Leistung vom Vermögen abhängig, weshalb ein Anspruch nicht mehr bestehe. Eine besondere Härte im Sinne von § 88 Abs. 3 BSHG sei nicht ersichtlich, weshalb der Antrag auf Sozialhilfeleistungen abzulehnen sei. Am 22.08. bzw. 28.08.2000 erhob die Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid und machte geltend, die Berücksichtigung von Lebensversicherungen, die ihr Ehemann für sein Leben und seine Zukunft abgeschlossen habe, als verwertbares Vermögen sei unzulässig.

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Unter dem 13.12.2000 hat die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf Verurteilung des Beklagten zur Übernahme der monatlichen nicht gedeckten Heimkosten von seinerzeit 2.627,16 DM gestellt. Mit Beschluss vom 11.01.2001 hat das erkennende Gericht diesen Antrag zurückgewiesen (3 B 321/00).

6

Nach weiterem Schriftverkehr lehnte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2002 den erhobenen Widerspruch ab. Zur Begründung führte er aus, der Ehemann der Klägerin verfüge über grundsätzlich verwertbares und einzusetzendes Vermögen in Höhe der Rückkaufswerte der I. N. Lebensversicherung (6.905,80 DM) und der Lebensversicherung bei der Öffentlichen Versicherung Braunschweig (19.526,00 DM). Trotz des Hinweises in dem Beschluss der erkennenden Kammer und kontinuierlicher schriftlicher Aufforderung sei eine schriftliche Befreiung vom Bankgeheimnis durch den Ehemann der Klägerin nicht erteilt worden. Erst im November 2001 bzw. im März 2002 seien die geforderten Kontoauszüge für die Zeit vom 24.04.1998 bis 31.10.2001 vorgelegt worden. Aus diesen gehe hervor, dass auf einem laufenden Konto ein Betrag in Höhe von 13.311,00 DM, auf dem anderen ein Betrag von 4.016,66 DM vorhanden sei. Weiterhin sei aus den Kontoauszügen ersichtlich, dass die beiden Lebensversicherungen nach wie vor bedient würden, d.h. der Einsatz der Versicherungen nach wie vor gefordert werden könne. Da nach Abzug des Schonbetrages auch ohne Berücksichtigung der Versicherungen einzusetzendes Vermögen von 11.627,66 DM bzw. 5.944,49 EUR vorhanden sei, bestehe auch gegenwärtig kein sozialhilferechtlicher Bedarf.

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Dagegen hat die Klägerin am 17.06.2002 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die Vermögensverhältnisse seien von Anfang an eingehend und unmissverständlich dargelegt worden. Ihr Ehemann habe sämtliche Unterlagen seiner Hausbank, wie vom Beklagten verlangt, vorgelegt. Aus dem Widerspruchsbescheid sei nicht ersichtlich, welches angebliche Vermögen zu ihrem Unterhalt wirklich herangezogen werden könne. Das vorhandene Vermögen sei u.a. durch Leistungen an das Heim und notwendige Leistungen für die Erhaltung des Hauses verbraucht worden. Ihr Ehemann habe kein Vermögen mehr. Selbst wenn irgendein im Einzelnen noch vom Beklagten darzustellender Betrag hier in Betracht käme, könne sie nicht darauf verwiesen werden, nach wie vor seit Jahren ohne Sozialhilfe zu bleiben. Würde irgendein rechnerischer Betrag noch übrig bleiben, wäre dieser längst verbraucht.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 10.08.2000 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 14.05.2002 aufzuheben und diesen zu verpflichten, ihr ab 10.09.1998 Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG in gesetzlicher Höhe und ab 01.02.1999 den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss in gesetzlicher Höhe, auszahlbar an die D. in E., zu bewilligen.

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Der Beklagte beantragt unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid,

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die Klage abzuweisen.

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Ergänzend weist er darauf hin, dass sowohl die Bearbeitung des Antrages als auch des Widerspruchs durch die zögerliche Vorlage angeforderter Unterlagen oder die verspätete Mitteilung von Vermögensdispositionen durch die Klägerin bzw. ihren Ehemann hervorgerufen worden sei. Hinsichtlich des Argumentes, dass ein übrig gebliebener rechnerischer Betrag längst verbraucht sei, werde auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.1997 verwiesen. Danach stehe ein nach § 88 Abs. 1 BSHG einzusetzendes Einkommen soweit und solange es noch nicht eingesetzt oder verwertet worden sei, dem Bezug von Sozialhilfe auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Zeitraum gedeckt hätte. Dies gelte auch in Zeiten eines Streites über den Einsatz und die Verwertbarkeit eines Vermögens. Es komme auf den Zeitraum bis zur Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2002 an. Zu diesem Zeitpunkt sei verwertbares Vermögen vorhanden gewesen. Inwieweit Vermögen zur Zeit nicht mehr vorhanden bzw. verbraucht worden sei, sei nicht Gegenstand des Verfahrens.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren 3 B 321/00, die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Betreuungsakte des Amtsgerichts Wolfenbüttel (...) Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten weder ein Anspruch auf Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG ab 10.09.1998 noch ein Anspruch auf die Zahlung eines monatlichen bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses gemäß § 13 NPflegeG ab Februar 1999 zu.

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Gemäß § 28 BSHG wird Hilfe in besonderen Lebenslagen – hier Hilfe zur Pflege – nur gewährt, soweit dem Hilfesuchenden und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des Abschnitts 4 des BSHG nicht zuzumuten ist. Zum einzusetzenden Vermögen gehört nach § 88 Abs. 1 BSHG grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen. Nicht verwertet werden muss ein Vermögen, welches den Schonbetrag nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG und der dazu ergangenen Verordnung nicht übersteigt. Danach darf die Hilfeleistung nicht abhängig gemacht werden von vorhandenen kleineren Barbeträgen oder sonstigen Geldwerten, deren Höhe sich bei der hier vorliegenden Hilfe in besonderen Lebenslagen nach der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG im Regelfall auf einen Grundbetrag von 2.301,00 EUR und einen Zusatzbetrag für den Ehegatten in Höhe von 614,00 EUR, mithin auf insgesamt 2.915,00 EUR (5.701,24 DM) beläuft (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b i.V.m. Nr. 2 der VO zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.12.1997 – 5 C 7.96 -, BVerwGE 106, 105 ff.) steht ein nach § 88 Abs. 1 BSHG einzusetzendes Vermögen, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet wurde, dem Bezug von Sozialhilfe auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Zeitraum gedeckt hätte. Nach dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt (vgl. B. v. 19.09.2000 – 3 B 165/00 -; B. im Eilverfahren der Klägerin vom 11.01.2001 - 3 B 321/00 -), gilt dies auch in Zeiten eines Streites über die Einsetz- und Verwertbarkeit eines Vermögens.

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Im Zeitpunkt der bei sozialhilferechtlichen Verfahren der vorliegenden Art maßgeblichen Entscheidung über den Widerspruch am 14.05.2002 verfügte der Ehemann der Klägerin nach Überzeugung der Kammer über grundsätzlich verwertbares und einzusetzendes Vermögen in einer den Schonbetrag von 2.915,00 EUR übersteigenden Höhe, was die Übernahme der ungedeckten Heimkosten ausschließt. Dabei stellt die Kammer zum einen auf den Rückkaufswert für die bei der I. N. Gruppe abgeschlossene Lebensversicherung ab, der im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 14.05.2002 ca. 8.921,90 DM (4.561,70 EUR; vgl. Schreiben der I. N. vom 07.03.1991, Bl. 197 Beiakte A) betrug. Insoweit ist noch unberücksichtigt geblieben, dass dieser Rückkaufswert die Überschussanteile nicht enthält, deren Rückkaufswert sich am 01.04.1997 auf 528,29 DM belief (vgl. Schreiben der I. N. vom 25.07.1997, Bl. 141 der Beiakte A).

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Dem Einsatz der Lebensversicherung, welche auch im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch bedient wurde, steht nicht die Härteregelung des § 88 Abs. 3 BSHG entgegen. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Begriff der Härte dabei nur im Zusammenhang mit den vorangehenden Vorschriften über das Schonvermögen zutreffend erläutert werden. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass die Sozialhilfe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlagen führt. Dem Sozialhilfeempfänger und seinen Angehörigen soll – nicht zuletzt um ihn in seinem Bestreben zu unterstützen, sich von der Sozialhilfe unabhängig zu machen – ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben. Überdies soll verhindert werden, dass die Sozialhilfe, die im Idealfall lediglich eine vorübergehende Hilfe ist, zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf führt, damit den Willen zur Selbsthilfe lähmt und zu einer nachhaltigen sozialen Herabstufung führt. Ziel der Härtevorschrift ist kein anderes. Sie dient dazu, den atypischen Lebensverhalten gerecht zu werden, weil die Regelvorschriften nur den typischen Lebenssachverhalten gerecht werden. Hiernach kommt es bei der Bestimmung des Begriffs der Härte darauf an, ob die Anwendung der Regelvorschriften zu einem den Leitvorstellungen des § 88 Abs. 2 BSHG nicht entsprechenden Ergebnis führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1966 – BVerwGE 23, S. 149 ff. [BVerwG 26.01.1966 - BVerwG V C 88.64]). Dies ist nach § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG bei der hier vorliegenden Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Dabei kommt es für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit allein auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einsatzpflichtigen im maßgeblichen Beurteilungszeitraum an, regelmäßig jedoch nicht auf die Herkunft des Vermögens (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.1997 – 5 C 7.96 -, a.a.O.).

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Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung des Ehemannes der Klägerin durch den Einsatz der Lebensversicherung wesentlich erschwert würde. Dieser befand sich bis zum 31.07.2001 im Vorruhestand und konnte in dieser Zeit seinen Lebensunterhalt in ausreichender Weise durch eine Abfindung seines Arbeitgebers, welche einer monatlichen Leistung in Höhe von 1.911,99 DM entsprach, zuzüglich gezahlter Arbeitslosenhilfe in Höhe von rund 1.200,00 DM sowie eines zusätzlichen Erwerbseinkommens von rund 650,00 DM bestreiten (vgl. B. der erk. Kammer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 11.01.2001). Ab 01.08.2001 bezieht er eine gesetzliche Altersrente in Höhe von 892,02 EUR und eine Betriebsrente in Höhe von 668,43 EUR monatlich, womit das Einkommen deutlich über dem Bedarfssatz für Hilfe zum Lebensunterhalt liegt. Der Ehemann der Klägerin ist damit in der Lage, seinen Lebensunterhalt in angemessenem Umfang zu sichern. Außerdem ist der Ehemann der Klägerin Alleineigentümer der von ihm nunmehr allein bewohnten Doppelhaushälfte. Ein zusätzlicher Bedarf zur Altersabsicherung durch die bestehende Kapitallebensversicherung ist damit nicht ersichtlich. Auch ist nicht sichergestellt, dass die auszuzahlende Summe in Zukunft fortlaufend der Alterssicherung zugute kommen wird.

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Eine besondere Härte in diesem Sinne folgt auch nicht daraus, dass beim Rückkauf einer Lebensversicherung erfahrungsgemäß Verluste eintreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, muss selbst ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust als Folge vorzeitiger Kündigung einer Kapitallebensversicherung unbeachtet bleiben, da es nicht Zweck der Vorschriften des § 88 Abs. 2, 3 BSHG ist, dem Hilfesuchenden Aufwendungen zur Vermögensbildung über dasjenige Ausmaß hinaus zu erhalten, das ihm verbleiben muss, soll ihm nicht ein wirtschaftlicher Ausverkauf angesonnen werden (vgl. BVerwG, Urt. v.19.12.1997, a.a.O.).

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Zum anderen haben die Klägerin bzw. ihr Ehemann auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 14.05.2002 das sonstige oberhalb des Schonbetrages von 2.915,00 EUR liegende Barvermögen gänzlich aufgebraucht worden war. Die Kammer ist in ihrem Beschluss vom 11.01.2001 (3 B 321/00) davon ausgegangen, dass zu diesem Zeitpunkt von der 1996 an den Ehemann ausgezahlten Abfindungssumme von insgesamt 103.900,00 DM noch 40.000,00 DM vorhanden waren und nach Abzug eines Betrages von rund 13.300,00 DM zur Überbrückung des Zeitraums bis zum Beginn der Rentenzahlungen im August 2001 insgesamt noch ein Vermögen von rund 26.600,00 DM (zuzüglich eines Sparbetrages von 1.755,22 DM und des Rückkaufswertes der Iduna Lebensversicherung), insgesamt also rd. 35.000,00 DM dem Sozialhilfeanspruch der Klägerin als verwertbares einzusetzendes Vermögen entgegenstand. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Mit Schriftsatz vom 21.05.2001 hat die Klägerin bzw. ihr Ehemann lediglich geltend gemacht, von den übrigen 40.000,00 DM aus der Abfindung seien nunmehr nur noch 20.000,00 DM als Bundesschatzbrief vorhanden (Bl. 406 Beiakte C). Als Nachweis für den Verbrauch der 20.000,00 DM wurden mit Schriftsatz vom 23.07.2001 Rechnungen und Quittungen in Höhe von rund 23.700,00 DM vorgelegt (Bl. 419 Beiakte C). Bis auf drei Positionen mit einer Gesamtsumme von rund 900,00 DM handelt es sich dabei aber um Rechnungen und Quittungen aus den Jahren 1999 und 2000, die nicht geeignet sind zu belegen, wo im Zeitraum von Januar bis Mai 2001 20.000,00 DM geblieben sind. Auf Nachfrage des Beklagten erklärte der Ehemann der Klägerin am 29.08.2001 (Bl. 440 Beiakte C), dass die Restsumme in Höhe von 16.300,00 DM ohne Nachweis verbraucht worden sei. Damit ist nach Ansicht der Kammer nicht in ausreichender Weise dargetan, dass die Abfindungssumme gänzlich verbraucht wurde, zumal der Klägerin bzw. ihrem Ehemann in Anbetracht der jahrelangen Streitigkeiten die Notwendigkeit von Nachweisen bei Vermögensverschiebungen bewusst sein musste. Unterstützt wird diese Einschätzung durch die auf den beiden Girokonten im November 2001 noch vorhandenen Summen. Auch in Bezug darauf ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden, dass dieses Bargeld bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vollständig verbraucht wurde. Ausweislich der für den Zeitraum von April 1998 bis November 2001 vorgelegten Kontoauszüge schlossen die zwei Girokonten mit einer Summe in Höhe von 4.016,66 DM bzw. 13.311,63 DM ab. Mit Schriftsatz vom 20.11.2001 erklärte der Ehemann der Klägerin (Bl. 596 Beiakte E), dass mit dem Geld dringend erforderliche Reparaturen am Haus bezahlt werden sollten. Ein Nachweis wurde bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides am 14.05.2002 und auch bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht erbracht. Im Klageverfahren hat die Klägerin wiederum lediglich behauptet, dass das „restliche Vermögen“ für Erneuerungen und Anschaffungen verbraucht werden musste.

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Damit steht der Klägerin bzw. ihrem Ehemann ein über dem Schonbetrag von 2.915,00 EUR liegender Vermögensbetrag in einer Größenordnung zur Verfügung, mit dem die ungedeckten Heimkosten eines Monats (einschließlich des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses) gedeckt werden können. Die Kammer geht insoweit für den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 14.05.2002 von Heimkosten in Höhe von insgesamt 3.148,56 EUR (3.019,49 EUR Heimkosten einschließlich Investitionskosten in Höhe von 359,87 EUR + 129,07 EUR Barbetrag) aus. Auch wenn anzunehmen ist, dass die nach § 79 BSHG zumutbare Eigenleistung der Klägerin und ihres Ehemannes in Anbetracht der aktuellen Einkommensverhältnisse gegenüber der im Eilverfahren angenommenen Summe in Höhe von 1.254,21 DM geringer ist, reicht das Vermögen, um die ungedeckten Heimkosten eines Monats zu decken. Als einsetzbares, tatsächlich nicht verwertetes Vermögen steht dieser Betrag während der gesamten Dauer des umstrittenen Zeitraums jeden Monat aufs Neue der Gewährung von Sozialhilfe entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.1997, a.a.O.). Ein „fiktiver“ Verbrauch des einzusetzenden tatsächlich nicht eingesetzten Vermögens ist nicht anzunehmen. Das Risiko des dauernden Anspruchsverlustes musste der Klägerin bzw. ihrem Ehemann nach dem Beschluss des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vom 11.01.2001 (3 B 321/00), in dem ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen worden ist, bewusst sein. Das vorhandene Vermögen steht auch in jedem Monat des hier umstrittenen Zeitraums einem Anspruch auf Bewilligung eines bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses ab 01.02.1999 entgegen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 NPflegeG i.d.F. v. 25.04.2002, Nds. GVBl. S. 145 ff.).

22

Dementsprechend braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden, ob der Rückkaufswert für die bei der Öffentlichen Versicherung abgeschlossene Lebensversicherung, welche 1988 an die Citybank abgetreten wurde, vermögenserhöhend zu berücksichtigen ist. Ebenfalls ist nicht zu entscheiden, ob es sich bei dem nunmehr vom Ehemann der Klägerin allein bewohnten Hausgrundstück um ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne von § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG handelt. Auch kann dahinstehen, ob einem Hilfeanspruch der Klägerin unter Umständen gegebenen Ansprüche nach § 528 BGB auf Rückgängigmachung der Schenkung des Hausgrundstückes an ihren Ehemann vom 15.05.1995 entgegenstehen bzw. sich daraus monatliche als Einkommen zu berücksichtigende Ansprüche gegenüber ihrem Ehemann ergeben. Ebenso ist nicht zu entscheiden, ob die vom Ehemann der Klägerin eingegangene Pflegeverpflichtung aus § 4 des genannten Vertrages aufgrund der nunmehr stationären Pflege der Klägerin monatliche finanzielle Ansprüche gegenüber diesem begründen können. Dies gilt ebenso für das mit dem genannten Vertrag eingeräumte Nießbrauchsrecht, welches von der Klägerin nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.

23

Nach alledem ist die Klage mit der für die Klägerin negativen Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.