Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 04.04.2003, Az.: 2 A 381/02

Ausnahme; Baugenehmigung; Baugrenze; bauliche Anlage; Bauvorbescheid; Bauvorschrift; Befreiung; Beseitigungsanordnung; Doppelgarage; Ermessen; Garage; Grenzabstand; Höhe; Nebengebäude; Satteldach; Vertrauensschutz

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
04.04.2003
Aktenzeichen
2 A 381/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48359
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Verfahrenskosten; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

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Die Kläger wenden sich gegen eine im Rahmen der Bauaufsicht ergangene Beseitigungsanordnung des Beklagten.

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Sie sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks F. in G.. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes der Stadt H. in der Fassung der 1. Änderung vom 09.06.1998. Der Bebauungsplan setzt im Bereich des klägerischen Grundstücks eine Baugrenze im Abstand von 10 m von der Straße I. und im Abstand von 5,0 m von einem von demJ. abzweigenden K. fest. Für das Baugebiet L. gilt eine „örtliche Bauvorschrift über Gestaltung“ der Stadt M. vom 21.10.1982. Diese schreibt in § 2 b für Garagen und untergeordnete Nebengebäude Satteldächer mit geneigten Dachflächen vor, sofern die Garage oder das Nebengebäude im Winkel des Daches des Hauptbaukörpers stehen.

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Unter dem 24.04.1990 (Nachtrag 17.07.1991) wurde den Klägern eine Baugenehmigung für das Wohnhaus und eine freistehende Doppelgarage erteilt. Während die Kläger das Wohnhaus in der Folgezeit errichteten, kam es nicht zum Bau der Doppelgarage. Dieser Teil der Baugenehmigung ist deshalb gem. § 77 Abs. 1 NBauO im Jahre 1994 erloschen. Hinsichtlich der 10,00 m breiten nicht überbaubaren Grundstücksfläche zum I. hin erhielten die Kläger eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes.

4

Die Kläger planten sodann die Errichtung einer Doppelgarage mit Wohnräumen im Dachraum. Die Garage sollte als Anbau an das vorhandene Wohnhaus errichtet werden. Entsprechend der örtlichen Bauvorschrift war ein Satteldach vorgesehen. Die Baugrenze am K. sollte auf einer Länge von 9,00 m in einer Breite von 4,00 m überschritten werden. Die Kläger beantragten aus diesem Grund eine Befreiung. Daraufhin erließ der Beklagte mit Datum vom 16.05.1995 einen negativen Bauvorbescheid. Er teilte den Klägern darin mit, eine Baugenehmigung für das Vorhaben der Errichtung einer Doppelgarage mit darüber liegenden Wohnräumen nicht in Aussicht stellen zu können. In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, warum eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht komme. Der Bescheid vom 16.05.1995 enthält den Hinweis:

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„Dieser Unzulässigkeit lässt sich (nur) durch eine Projektänderung abhelfen, bei der die Wohnräume in die überbaubaren Flächen verschoben werden. Ein Garagengebäude allein könnte - jedenfalls unter bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten - über dem gewünschten Grundriss plankonform errichtet werden.“

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Auf den Widerspruch der Kläger erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 13.10.1995, der sich zu dem Befreiungsantrag der Kläger verhielt.

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Am 08.03.1996 ging bei dem Beklagten die Mitteilung gem. § 69 Abs. 3 NBauO über die Errichtung einer Doppelgarage und einer Balkonanlage auf dem Grundstück N. in O. ein. Der Entwurfverfasser bestätigte, dass die Baumaßnahme dem öffentlichen Baurecht entspreche. Am 26.05.1998 stellte der Beklagte fest, dass das Bauvorhaben ausgeführt war. Bis zum Herbst 1999 legten die Kläger dann sukzessive die Bauvorlagen vor. Der Beklagte stellte fest, dass die Doppelgarage wegen der Gebäudehöhe von ca. 7,50 m mit dem öffentlichen Baurecht nicht vereinbar sei. Die Kläger stellten am 01.11.1999 einen Antrag auf Befreiung gem. § 31 BauGB. Hierzu erteilte die Stadt M. mit Schreiben vom 19.12.1999 ihr Einvernehmen. Die Kläger beriefen sich auf die Baugenehmigung vom 17.07.1991 und den Bauvorbescheid vom 16.05.1995. Sie trugen weiterhin vor, der Ausbau des Dachbodens über der Doppelgarage erscheine städtebaulich vertretbar. Die Grundzüge der Planung würden nicht berührt. Ein 5,00 m breiter Vorgartenbereich an der nördlichen Grundstücksgrenze ohne jegliche Bebauung sei vom Plangeber nicht vorgesehen gewesen. Mit der 1. Änderung des Bebauungsplanes L. seien Garagen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen ausdrücklich zugelassen worden. Wegen der Zustimmung des Eigentümers der Straße, der Stadt M. könne gem. § 9 NBauO die benachbarte Verkehrsfläche für die Bemessung des Grenzabstandes zugerechnet werden.

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Mit Bescheiden vom 02.03.2000 forderte der Beklagte die Kläger auf, innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung den gesamten Dachstuhl von der Doppelgarage auf dem Grundstück F. zu beseitigen und die dadurch entstehenden Öffnungen zumindest mit einer Folie gegen Witterungseinflüsse zu schließen. Ferner drohte er ein Zwangsgeld an. Zur Begründung führte der Beklagte u.a. an, die Garage könne in der vorhandenen Form nicht gem. § 23 Abs. 5 BauNVO zugelassen werden. Garagen, die eine Höhe von 3,00 m überstiegen, gehörten nicht zu den Gebäuden, die nach dem Niedersächsischen Landesrecht in den Abstandsflächen der §§ 7 ff. NBauO typischerweise errichtet werden dürften. Das ergebe sich aus der Vorgabe des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 NBauO. Eine Ausnahme nach § 12 Abs. 2 oder 3 NBauO könne nicht zugelassen werden, denn es komme auf die Wahrung des in § 12 Abs. 1 NBauO beschriebenen Gebäudetyps an. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sei nicht möglich, weil die Gewährleistung eines mindestens 5,00 m tiefen Vorgartenbereichs offensichtlich zu den Grundzügen der Planung gehöre. Auf die Baugenehmigung vom 24.04.1990 bzw. 17.07.1991 könnten sich die Kläger nicht mehr berufen, weil die Genehmigung hinsichtlich der Garage erloschen sei. Der Bauvorbescheid vom 16.05.1995 schaffe keinen Vertrauensschutz.

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Die Kläger legten am 22.06.2000 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen vertieften.

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Mit Widerspruchsbescheiden vom 10.05.2001 wies die Bezirksregierung Braunschweig die Widersprüche als unbegründet zurück.

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Die Kläger haben am 08.06.2001 Klage erhoben. Sie verweisen erneut auf den Bauvorbescheid vom 16.05.1995, der ihnen einen besonderen Vertrauensschutz einräume. Sie hätten sich an dem Hinweis in diesem Bescheid bei der Errichtung des Bauvorhabens orientiert. Erst im Anhörungsschreiben vom 25.10.1999 führe der Beklagte aus, zum Hindernis sei außerdem die Gebäudehöhe geworden. Diese habe sich jedoch gegenüber der Prüfung im Rahmen des Bauvorbescheides nicht geändert. Sie hätten lediglich den Bedenken Rechnung getragen, dass ein kombiniertes Garagen-/Wohngebäude nicht außerhalb der überbaubaren Fläche zulässig sei. Die örtliche Bauvorschrift sehe ausdrücklich Garagen mit Satteldächern im Winkel des Daches des Hauptbaukörpers vor. Da auch der Bebauungsplan Garagen außerhalb der bebaubaren Grundstücksflächen vorsähe, könne eine Ausnahme nach § 12 Abs. 2 oder 3 NBauO erteilt werden. Die Voraussetzungen für Befreiungen nach § 31 BauGB und § 86 NBauO lägen ebenfalls vor. Der Verweis auf den 5,00 m tiefen Vorgartenbereich, der zu den Grundzügen der Planung gehöre, gehe fehl. Sie könnten bei ihrem Eckgrundstück nicht mehrere Vorgärten haben. Üblicherweise verstehe man den Bereich an einer Haupterschließungsstraße als Vorgarten. Es sei widersprüchlich, einerseits diesen Bereich von der Bebauung freihalten zu wollen und andererseits Nebenanlagen nach § 14 BauNVO zuzulassen und Ausnahmen nach § 23 Abs. 5 BauNVO vorzusehen. Der Beklagte wende überdies § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nicht richtig an. Es gehe hier nur darum, welche Anlagen der Landesgesetzgeber vom Typ her, also nach der Art der Nutzung, in den Abstandsflächen zulasse. Damit seien Garagen wie ihre unabhängig von der Höhe nach der Art der Nutzung außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig. Soweit § 12 NBauO Maßeinheiten vorgebe, dienten diese allein dem Nachbarschutz. Dieser werde hier wegen der Anwendung des § 9 NBauO gewährleistet. Auch müsse bei der Anwendung des § 12 Abs. 1 NBauO zwischen den Sätzen 1 und 2 unterschieden werden. Lediglich § 12 Abs. 1 Satz 1 NBauO korrespondiere mit § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO, weshalb die in den Nrn. 1 bis 3 genannten baulichen Anlagen unabhängig von ihren Ausmaßen generell außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig seien. Die bauordnungsrechtlichen Einschränkungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO seien für die planungsrechtliche Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO unbeachtlich. Hier gehe es im Hinblick auf den Nachbarschutz um die Einhaltung des Grenzabstandes.

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Die Kläger beantragen,

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den Bescheid des Beklagten vom 02.03.2000 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 10.05.2001 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er tritt den Argumenten der Kläger unter Verweis auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig im Einzelnen entgegen.

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Nach dem das durch den damaligen Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 02.04.2002 ergangene Urteil aufgrund einer schweren Erkrankung des Richters nicht mehr mit Entscheidungsgründen versehen werden konnte, hat das Nds. OVG mit Beschluss vom 04.12.2002 (9 LA 448/02) das Urteil vom 02.04.2002 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht Braunschweig zurückverwiesen. Am 04.04.2003 hat dann eine erneute mündliche Verhandlung stattgefunden.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Beklagte hat die Kläger zu Recht gem. § 89 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 NBauO aufgefordert, innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung den gesamten Dachstuhl von der Doppelgarage auf ihrem Grundstück F. in O. zu beseitigen und die dadurch entstehenden Öffnungen zumindest mit einer Folie gegen Witterungseinflüsse zu schließen. Auch an der Androhung des Zwangsgeldes bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Bescheide des Beklagten an die Kläger zu 1) und 2), jeweils vom 02.03.2000, und die Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung Braunschweig, jeweils vom 10.05.2001, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Das Gericht sieht zunächst von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der zutreffenden Begründung der angefochtenen Bescheide des Beklagten und der Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung Braunschweig (§ 117 Abs. 5 VwGO).

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Ergänzend weist das Gericht auf Folgendes hin:

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Aus dem Bescheid des Beklagten vom 16.05.1995 erwächst für die Kläger kein Vertrauensschutz im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des auf der Garage befindlichen Satteldaches. Sie können diesen Bescheid - insbesondere den „Hinweis“ - nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) der Beseitigungsanordnung des Beklagten entgegenhalten. In dem Bescheid vom 16.05.1995 ist nicht die Rede davon, dass ein ca. 7,50 m hohes Garagengebäude außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig ist. So heißt es im 2. Absatz der Begründung, dass ein reines Garagengebäude an dem gewählten Standort zulässig wäre. Dieser Satz bezieht sich auf den Standort. Er stellt durch den Klammerzusatz klar, dass die aufgesetzten Wohnräume nicht nach § 23 Abs. 5 BauNVO zulassungsfähig seien. Weder hier noch in dem „Hinweis“ wird auf die Höhe des Gebäudes für den Fall Bezug genommen, dass die Wohnräume in die überbaubaren Flächen verschoben werden. Der Hinweis führt nur aus, „ein Garagengebäude“ könne über dem gewünschten Grundriss plankonform errichtet werden. Dass das Garagengebäude die nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige Höhe einhalten muss, wird hier vorausgesetzt. Wiederum geht es nur um den Standort. Durch den Verweis auf eine Projektänderung ist bei verständiger Würdigung des Bescheides im Zusammenhang mit den weiteren Verwaltungsverfahren in dieser Angelegenheit nicht bereits klargestellt, dass die Entfernung der Wohnräume zu einer Baugenehmigung für die Garage mit Satteldach führt. Aus dem Hinweis war zu schließen, dass die Garage als Nebengebäude mit Flachdach fortbestehen kann und die nötigen weiteren Wohnräume für die Familie an anderer Stelle auf dem Grundstück geschaffen werden.

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Der Beklagte hat bei der auf § 89 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 NBauO gestützten Beseitigungsordnung ermessensfehlerfrei berücksichtigt, dass eine Zulassung des Satteldachs nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO nicht in Betracht kommt. Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO seinerseits eine Ermessensentscheidung ist, weshalb auch insofern eine gerichtliche Überprüfung nur im Hinblick auf Ermessensfehler in Betracht kommt (vgl. § 114 Satz 1 VwGO sowie zu § 23 Abs. 5 BauNVO Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 9. Aufl., § 23, Rn. 19). Der Beklagte hat zutreffend angenommen, dass bei der Anwendung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO auch § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO in Betracht gezogen werden muss. Der Beklagte hat hier von einer typisierenden Betrachtung der zugelassenen baulichen Anlagen gesprochen und zur näheren Bestimmung der typischerweise nach dem niedersächsischen Landesbaurecht in den Abstandsflächen zugelassenen baulichen Anlagen auf die Merkmale des § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO abgestellt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO steht der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Diese spricht nur von den nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässigen baulichen Anlagen. Zulässig sind aber nicht alle Garagen und andere Anlagen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 NBauO, sondern „in den Abstandsflächen“ (§ 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO) nur Gebäude nach den Vorgaben des § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO.

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§ 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO enthält eine dynamische Verweisung (VGH Ba-Wü, Beschl. v. 06.09.95 - 8 S 2388/95 -, BRS 57 Nr. 84). Auch diese Feststellung spricht dafür, dass der Gesetzgeber nicht nur allgemein auf bestimmte bauliche Anlagen, sondern auf die jeweils konkret zulässigen Anlagen verweisen wollte (vgl. auch das Beispiel nach dem oben zitierten Beschl. des VGH Ba-Wü zu einer Gesetzesänderung). Die Einschränkungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO haben ihre Bedeutung nicht nur für den Nachbarschutz. Sie sind hier auch planungsrechtlich relevant. Eine trotz dieser Einengung flexible Handhabung der Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO ermöglicht der Verweis darauf, dass bauliche Anlagen erfasst werden, die zugelassen werden „können“. Damit ist planungsrechtlich gesichert, dass die Ausnahmen und Befreiungen nach der NBauO auch dort berücksichtigt werden.

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Über die Beschränkung durch den Verweis auf bauordnungsrechtliche Landesvorschriften erreicht das Planungsrecht, dass in der nicht überbaubaren Fläche außer den Nebenanlagen nur solche Gebäude zugelassen werden können, die hinsichtlich ihrer Funktion und Anordnung auf dem Baugrundstück von geringerer städtebaulicher Bedeutung sind (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Kommentar, 7. Aufl., § 12, Rn. 13, der ebenfalls einen Verweis auf Gebäude „wohl auch nach ihrer Größe und Anzahl“ dem § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO entnimmt). Das von den Klägern errichtete Satteldach durfte von dem Beklagten als bauliche Anlage angesehen werden, die städtebaulich nicht vertretbar ist (s. u.). Um insbesondere im vorliegenden Fall dem Auftrag des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO gerecht zu werden, genügt es somit nicht, lediglich auf § 12 Abs. 1 Satz 1 NBauO als korrespondierende Vorschrift abzustellen und § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO außer Betracht zu lassen. Diese Bestimmung hat auch keinen „anderen“, bauordnungsrechtlichen Regelungsgehalt. Sie stellt eine Erweiterung des vorangegangenen Satzes 1 dar.

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Ermessensfehlerfrei hat der Beklagte im Rahmen der Entscheidung nach § 89 Abs. 1 Satz 1 NBauO auch berücksichtigt, dass Ausnahmen nach § 12 Abs. 2 und 3 NBauO nicht möglich sind. Den öffentlichen Interessen, die der Beklagte aus städtebaulichen Gesichtspunkten herleitet, durfte in der Ermessensentscheidung der Vorrang eingeräumt werden. Wegen der sensiblen Lage des Baugebietes am Rande des Landschaftsschutzgebietes Elm in der Nähe des Waldrandes und angesichts der weithin einsehbaren Hanglage sollte nach den Zielen des Plangebers ein besonders locker gestaltetes Baugebiet mit möglichst großen Freiflächenanteilen entstehen. Deshalb sollten Vorgärten entlang der öffentlichen Verkehrsflächen weitgehend von der Bebauung freigehalten werden. Die Vorschrift über Dachformen in der örtlichen Bauvorschrift (§ 2 b) bezog sich daher auf die Randbereiche der Grundstücke, also auf die seitlichen Grenzbereiche (vgl. zu den Grundzügen der Planung den Vermerk v. 22.09.00, Bl. 101 BA „A“). Als Vorgarten in diesem Sinne ist deshalb auch der zum Stichweg gelegene Teil des klägerischen (Eck-)Grundstücks anzusehen. Die Grundzüge der Planung würden deshalb bei einer eventuellen Zulassung des außerordentlich hohen Garagendachs der Kläger berührt (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB). Eine Befreiung nach § 86 NBauO war ebenfalls nicht möglich. Widersprüchliche Entscheidungen provoziert die Abwägung mit städtebaulichen Aspekten nicht.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.