Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.01.2002, Az.: 13 K 123/98

Verwertbarkeit von in Kenntnis einer fehlenden Prüfungsananordnung außerhalb des Prüfungszeitraums von einem Steuerpflichtigen gegenüber einem Außenprüfer gemachten tatsächlichen Angaben; Änderung eines Steuerbescheids bei Erkennbarkeit einer unzutreffenden Sachverhaltsdarstellung in der Steuererklärung während der Veranlagungsarbeiten; Abgrenzung zwischen abgabenordnungsrechtlichen Einzelermittlungsmaßnahmen und abgabenordnungsrechtlicher Außenprüfung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
22.01.2002
Aktenzeichen
13 K 123/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 30189
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2002:0122.13K123.98.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 24.06.2004 - AZ: XI B 63/02

Fundstelle

  • DStRE 2002, 1333-1335 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Orientierungssatz: Einkommensteuer 1992

  1. 1.

    Erteilt ein Steuerpflichtiger einem Außenprüfer zu einem isolierten Sachverhalt außerhalb des Prüfungszeitraums in bewußter Kenntnis der insoweit fehlenden Prüfungsanordnung Auskünfte und werden diese Informationen später vom Innendienst ausgewertet, liegt eine zulässige Einzelermittlungsmaßnahme vor. Ein Verwertungsverbot besteht insoweit nicht.

  2. 2.

    Das Finanzamt ist auch dann befugt, einen Steuerbescheid nach § 174 Abs. 2 AO zu ändern, wenn die unzutreffende Darstellung des Sachverhalts in der Steuererklärung im Rahmen der Veranlagungsarbeiten hätte aufgedeckt werden können.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Einkommensteuerbescheid 1992 noch geändert werden durfte.

2

Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger ist Apotheker. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 5 Abs. 1 EStG.

3

Für die Jahre 1988 bis 1990 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt. Der Prüfer versagte nach § 15a UStG die Abzugsfähigkeit von Vorsteuer in Höhe von DM 43.512,21, die im Rahmen der Erstellung der Apotheke abgezogen worden war. Dies erfolgte, weil der Kläger im Kalenderjahr 1989 die Apotheke aus dem Betriebsvermögen entnommen und auf die Klägerin unentgeltlich übertragen hatte. In dem Textteil des Prüfungsberichts ist vermerkt, dass die zu berichtigende Vorsteuer die Herstellungskosten der Apotheke erhöhen würde. Aus der Mehr-Weniger-Rechnung des Prüfungsberichts ergibt sich, dass die nicht abzugsfähige Vorsteuer im Veranlagungszeitraum 1989 zu einer Gewinnminderung in Höhe von DM 43.512,21 geführt hat.

4

In der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1992 berücksichtigte der Kläger den Betrag von DM 43.512,21 erneut als Aufwandsposten und bezeichnete ihn als "Vorsteuer aufgrund Ap". Der Beklagte änderte den Gewinn insoweit nicht. Der Einkommensteuerbescheid 1992 vom xx.xx 1994 wurde - mit Ausnahme einzelner vorläufiger Punkte - bestandskräftig.

5

Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 fragte der Außenprüfer auch nach dem Posten "Vorsteuer aufgrund Ap" in der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1992. Nachdem der zugrunde liegende Sachverhalt ermittelt worden war, übersandte der Außenprüfer einen Vermerk an die Veranlagungsstelle mit der Bitte um Prüfung und der Bemerkung, dass eine Erweiterung des Prüfungszeitraums auf das Jahr 1992 nicht zulässig sei. In dem Bericht des Außenprüfers sind keine Feststellungen bezüglich der Einkommensteuer 1992 enthalten.

6

Mit Bescheid vom xx.xx 1997 wurde der Einkommensteuerbescheid 1992 nach § 174 Abs. 2 AO geändert und der Gewinn entsprechend erhöht. Mit am xx.xx 1997 eingegangenem Schreiben legte die Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom xx.xx 1998 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhoben die Kläger mit am xx.xx 1998 eingegangenem Schreiben Klage.

7

Die Kläger tragen vor, dass ein Verwertungsverbot bestehe, da die Kenntnis von der Doppelerfassung ohne Prüfungsanordnung für 1992 erlangt worden sei. Die von dem Prüfer geäußerte Frage sei zunächst unter Hinweis auf den Prüfungszeitraum nicht beantwortet worden. Erst als der Prüfer erklärt habe, dass eine entsprechende Prüfungserweiterung erfolgen würde, sei eine Antwort gegeben worden. Der Außenprüfer habe keinen Hinweis dahingehend erteilt, dass die Auskünfte nicht mehr im Zusammenhang mit der Prüfung gestanden hätten. Die Ermittlungen seien als Teil einer noch zu erweiternden Prüfung dargestellt worden. Da der Bescheid 1992 bestandskräftig sei, sei das Verwertungsverbot auch zu beachten.

8

Das Verwertungsverbot ergebe sich auch daraus, dass das Auskunftsverlangen des Prüfers ein Verwaltungsakt sei, der nicht an die richtige Person adressiert und damit rechtswidrig bzw. nichtig sei.

9

§ 174 Abs. 2 AO sein nicht anwendbar, da der Kläger den Sachverhalt nicht objektiv falsch dargestellt habe. In der Gewinn- und Verlustrechnung 1992 sei die gebuchte Vorsteuer explizit ausgewiesen worden, um auf die Besonderheit der Aufwandsposition hinzuweisen. Die Übernahme von Rechtsfehlern des Klägers stelle keinen Fall des § 174 Abs. 2 AO dar.

10

Dem Beklagten sei die überwiegende Mitverursachung für die widerstreitende Steuerfestsetzung anzulasten. Im Prüfungsbericht für das Jahr 1989 sei die Aussage getroffen worden, dass durch die berichtigte Vorsteuer die Herstellungskosten erhöht werden würde. Dies bedeute einen Verstoß gegen § 9b Abs. 2 EStG. Es sei der Eindruck erweckt worden, dass sich die Vorsteuer im Rahmen der Außenprüfung nicht als Betriebsausgabe ausgewirkt hätte.

11

Der Amtsprüfer habe aufgrund der Angabe "Vorsteuern laut Ap" weitere Ermittlungen anstellen müssen. Vorsteueraufwand sei bei einem Bilanzierer grundsätzlich nicht denkbar, so dass eine weitere Nachfrage erforderlich gewesen wäre. Daraus ergebe sich eine erhebliche Mitverursachung des Beklagten.

12

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 1992 auf DM 2xx.xxx,-- herabzusetzen.

13

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Ein Verwertungsverbot lasse sich nicht daraus ableiten, dass die von dem Prüfer verlangte Auskunft nicht mehr im Zusammenhang mit der Außenprüfung gestanden habe. Die Ermittlungsbefugnisse des Beklagten würden sich aus §§ 88, 90, 93 AO ergeben. Auch ohne ausdrücklichen Hinweis des Prüfers sei für den Kläger bzw. seinem steuerlichen Berater deutlich gewesen, dass es sich bei der Frage zum Jahr 1992 um eine Einzelermittlungsmaßnahme gehandelt habe. Es sei nicht ersichtlich, welche rechtlichen Möglichkeiten durch den fehlenden Hinweis des Prüfers abgeschnitten worden seien. Die Frage hätte jederzeit auch durch den Innendienst gestellt werden können.

15

In dem Prüfungsbericht der Außenprüfung für 1988 bis 1990 sei der Sachverhalt eindeutig dargelegt worden. Es lasse sich eindeutig aus der Mehr-Weniger-Rechnung entnehmen, dass die Vorsteuer bereits gewinnmindernd berücksichtigt worden sei.

16

Der Beklagte habe sich auf die Richtigkeit der Angaben in der Steuererklärung verlassen. Dies können nicht als so erheblich angesehen werden, wie die Abgabe von unrichtigen Steuererklärungen, die zu einer Doppelerfassung von Betriebsausgaben führe. Die Bezeichnung "Vorsteuer aufgrund Ap" stelle keine eindeutige, vollständige und richtige Schilderung des für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts dar.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist unbegründet.

18

I.

Der Beklagte war nicht durch ein Verwertungsverbot gehindert, den Einkommensteuerbescheid 1992 zu ändern.

19

1.

Die Ermittlungen des Prüfers für das Jahr 1992 stellen sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht als eine Außenprüfung dar. Es handelte sich um eine Einzelermittlungsmaßnahme nach §§ 88 ff. Abgabenordnung (AO).

20

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist für die Abgrenzung einer Außenprüfung gemäß §§ 193 ff. AO von sonstigen Ermittlungsmaßnahmen nach §§ 88 ff. AO maßgeblich, ob die Ermittlungen auf eine umfassende und zusammenhängende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen angelegt sind (BFH-Urteil vom 5. April 1984 VI R 244/83, BStBl II 1984, 790; vgl. auch Urteil des FG Saarland vom 20. Oktober 2000 1 K 221/98, Juris). Entscheidend ist, wie sich das Tätigwerden der Finanzbehörde aus Sicht des Betroffenen in entsprechender Anwendung der zu § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches entwickelten Rechtsgrundsätze darstellt. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Ermittlungsmaßnahmen des Außenprüfers Prüfungshandlungen sind. Dementsprechend hat ein Außenprüfer, der den Prüfungszeitraum überschreitende Einzelermittlungen anstellt, deutlich zu machen, dass die verlangten Auskünfte nicht mehr im Zusammenhang mit der Außenprüfung stehen (BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 I R 57/93, BStBl II 1994, 377; BFH-Urteil vom 25. November 1997 VIII R 4/94, BStBl II 1998, 461).

21

b)

Nach diesen Grundsätzen kann die Frage des Prüfers bezüglich des Jahres 1992 nicht als Prüfungshandlung im Rahmen einer Außenprüfung angesehen werden. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände musste es dem Kläger klar sein, dass der Prüfer einen isolierten Sachverhalt aus dem Jahr 1992 jenseits der eigentlichen Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 überprüfte.

22

aa)

Hierfür spricht schon, dass der Außenprüfer keine weiteren Ermittlungen für das Jahr 1992 anstellte. Die Frage zielte ersichtlich ausschließlich auf die Diskrepanz zwischen der Behandlung der DM 43.512,21 in dem Außenprüfungsbericht vom xx.xx 1992 und der Behandlung desselben Betrags in der Gewinn- und Verlustrechnung 1992. Die Ermittlungen des Prüfers sollten erkennbar zu keiner umfassenden und zusammenhängenden Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1992 führen. Wie der Beklagte zu recht ausführt, hätte eine derartige Nachfrage auch vom Innendienst gestellt werden können. Es kann keinen Unterschied machen, ob eine derartige Frage vom Amtsprüfer nach entsprechendem Hinweis des Außenprüfers gestellt wird, oder der Außenprüfer die Frage selbst an den Steuerpflichtigen stellt.

23

bb)

Dem Kläger bzw. seinem steuerlichen Berater muss der Charakter der Einzelermittlungsmaßnahme nach den Gesamtumständen des Falls auch klar gewesen sein. Hierfür spricht insbesondere der anfängliche Hinweis des Klägers auf den Prüfungszeitraum und die fehlende Prüfungsanordnung für das Jahr 1992. Zwar hat der Prüfer eine Erweiterung der Prüfungsanordnung in Aussicht gestellt. Doch solange dies nicht geschehen war, mussten der Kläger und sein steuerlicher Berater davon ausgehen, dass gerade noch keine Prüfungserweiterung stattgefunden hatte. Insoweit war der Prüfer nicht verpflichtet, noch einmal ausdrücklich deutlich zu machen, dass es sich um eine Einzelermittlungsmaßnahme handelte. Die Diskussion um den Prüfungszeitraum zeigt deutlich, dass allen Beteiligten klar war, dass Auskünfte vor einer Erweiterung der Prüfungsanordnung nur jenseits der eigentlichen Außenprüfung erfolgen würden.

24

cc)

Für eine Einzelermittlungsmaßnahme spricht schließlich, dass die Feststellung für das Jahr 1992 nicht im Prüfungsbericht abgehandelt und nicht von der Betriebsprüfungsstelle ausgewertet wurde. Vielmehr hat der Prüfer ausweislich des Vermerks vom xx.xx 1997 das Ermittlungsergebnis lediglich an die Veranlagungsstelle gemeldet und eine weitere Überprüfung in eigener Zuständigkeit anheimgestellt.

25

c)

Das Verwertungsverbot ergibt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht daraus, dass sich der Prüfer mit seinem Auskunftsverlangen an den steuerlichen Berater des Klägers gewendet hat. Der steuerliche Berater war zwar nicht im Veranlagungszeitraum 1992 der steuerliche Berater des Klägers, dafür aber im Prüfungszeitpunkt. Damit war er gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 AO der zutreffende Ansprechpartner für die Frage nach der Behandlung der Vorsteuer in 1992. Die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO brauchten unter diesen Umständen nicht eingehalten werden. Den ursprünglichen Berater hätte der Prüfer im Prüfungszeitpunkt nicht mehr fragen dürfen, weil dieser offensichtlich keine Vollmacht mehr besaß.

26

d)

Die Einzelermittlungsmaßnahme war gemäß §§ 88 Abs. 1, 90 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO zulässig. Die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides 1992 stand der Ermittlungsmaßnahme nicht entgegen. Die Finanzbehörde kann auch noch ermitteln, wenn sie die Möglichkeit einer Änderung nach einer Änderungsvorschrift sieht. Dieses Ermittlungsrecht wäre erst dann zu verneinen, wenn unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr eine Änderung des Bescheides in Betracht käme.

27

2.

Der Beklagte war auch befugt, den Einkommensteuerbescheid 1992 nach § 174 Abs. 2 AO ändern. Gemäß § 174 Abs. 2 Satz 1 AO in Verbindung mit § 174 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist. Nach § 174 Abs. 2 Satz 2 AO darf der fehlerhafte Steuerbescheid jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

28

a)

Die nicht abzugsfähige Vorsteuer in Höhe von DM 43.512,21 ist in unvereinbarer Weise mehrfach - in den Veranlagungszeiträumen 1989 und 1992 - gewinnmindernd berücksichtigt worden. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Die Kläger wenden aber ein, dass der Sachverhalt nicht objektiv falsch dargestellt worden sei, weil die gewinnmindernd gebuchte Vorsteuer aus der Gewinn- und Verlustrechnung 1992 ersichtlich gewesen sei.

29

Nach der Rechtsprechung fehlt es an den Voraussetzungen für eine Änderung nach § 174 Abs. 2 AO, wenn der Steuerpflichtige vor dem Erlass des fehlerhaften Verwaltungsaktes den für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt vollständig und richtig dargestellt hat. Die fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts muss ihre Ursachen in der Äußerung des Steuerpflichtigen haben. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zugunsten des Steuerpflichtigen gezogene falsche Rechtsfolge durch die unrichtige Darstellung des Sachverhalts veranlasst ist. War die rechtliche Beurteilung fehlerhaft, obwohl ein richtiger Sachverhalt erklärt wurde, dann liegt lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor, die nicht nach § 174 Abs. 2 AO korrigiert werden kann (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 186/78, BStBl II 1981, 388; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 23. Februar 1995 3 K 181/88, Juris).

30

Zwar wurde der abgezogene Vorsteuerbetrag in der Gewinn- und Verlustrechnung 1992 offen ausgewiesen. Dies bedeutet aber noch nicht, dass der Kläger den zugrunde liegenden Sachverhalt objektiv richtig dargestellt hat. Der Abzug der Vorsteuer im Jahr 1992 implizierte die Aussage, dass dieser Vorsteuerbetrag noch nicht in einem anderen Veranlagungszeitraum gewinnmindernd berücksichtigt worden war. Daher wurde die Tatsache, dass der Außenprüfer denselben Vorsteuerbetrag bereits im Veranlagungszeitraum 1989 gewinnmindernd angesetzt hatte, falsch dargestellt. Hierbei handelte es sich nicht um einen bloßen Rechtsanwendungsfehler des Klägers. Denn dass der Vorsteuerbetrag bereits im Rahmen der Außenprüfung Berücksichtigung gefunden hatte, ist ein Lebensvorgang. Dieser Sachverhalt ist durch die erneute Berücksichtigung der Vorsteuer im Jahr 1992 falsch dargestellt worden.

31

Insoweit besteht kein Unterschied zu den herkömmlichen Fällen der irrtümlichen Doppelberücksichtigung von Betriebsausgaben (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 1983 VI R 227/80, BStBl II 1984, 510; BFH-Urteil vom 13. November 1996 XI R 61/96, BStBl II 1997, 170). Auch in diesen Fällen meint der Steuerpflichtige regelmäßig irrtümlich, dass sich die Betriebsausgaben noch nicht in einem anderen Veranlagungszeitraum ausgewirkt haben. Durch den erneuten Ansatz in einem anderen Veranlagungszeitraum wendet der Steuerpflichtige zwar auch das Recht falsch an, weil er die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen in dem falschen Veranlagungszeitraum bejaht. Im Vordergrund steht aber die unzutreffende Darstellung, dass sich die Betriebsausgaben noch nicht ausgewirkt haben.

32

b)

Die Berücksichtigung des Sachverhalts war auch auf eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen (§ 174 Abs. 2 Satz 2 AO).

33

Nach der in § 174 Abs. 2 Satz 2 AO enthaltenen Beschränkung der Änderungsmöglichkeit darf der begünstigende Bescheid nur dann geändert werde, wenn der Steuerpflichtige ihn durch objektiv falsche Angaben veranlasst hat. Nur dann verdient er im Hinblick auf die Bestandskraft des Steuerbescheides keinen Vertrauensschutz (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 186/78, BStBl II 1981, 388; BFH-Urteil vom 22. September 1983 IV R 227/80, BStBl II 1984, 510). Die Änderung des unrichtigen Bescheides ist aber nicht nur dann möglich, wenn die Verursachung allein aufseiten des Steuerpflichtigen liegt. Einer Änderung steht es nicht entgegen, wenn das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung seine Ermittlungspflicht verletzt und damit die unrichtige Steuerfestsetzung mitverursacht. Allerdings muss der Mitverursachung durch das Finanzamt ein geringeres Gewicht beizumessen sein (BFH-Urteil vom 22. September 1983 IV R 227/80, BStBl II 1984, 510; Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 174 Rz. 26).

34

Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist der Senat der Auffassung, dass die unrichtige Steuerfestsetzung zwar durch den Beklagten mitverursacht worden ist, dass der Mitverursachung aber ein geringeres Gewicht beizumessen ist, als dem Verursachungsbeitrag der Kläger.

35

aa)

Die Darstellung der nichtabzugsfähigen Vorsteuer in dem Prüfungsbericht für die Jahre 1988 bis 1990 ist nicht derartig missverständlich, dass der Kläger daraus den Schluss hätte ziehen dürfen, dass die Vorsteuer noch nicht berücksichtigt worden ist. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass der Textteil des Prüfungsberichts insoweit unzutreffend ist, als der Außenprüfer die nichtabzugsfähige Vorsteuer den Herstellungskosten zuordnete. Dies verstieß gegen § 9 b Abs. 2 EStG. Es war aber anhand der Mehr-Weniger-Rechnung leicht feststellbar, dass sich der Vorsteuerbetrag in dem Veranlagungszeitraum 1989 gewinnmindernd ausgewirkt hatte. Auch nach der Vorgehensweise des Außenprüfers musste sich die Gewinnauswirkung zwangsläufig im Jahr 1989 ergeben: Hätten die Vorsteuerbeträge tatsächlich die Herstellungskosten des Gebäudes erhöht, wäre dementsprechend der Entnahmegewinn des Gebäudes entsprechend niedriger ausgefallen. Deshalb ergab sich sowohl bei korrekter Anwendung des § 9 b Abs. 2 EStG als auch nach der Vorgehensweise des Außenprüfers die Gewinnauswirkung im Veranlagungszeitraum 1989. Der Kläger hatte also aufgrund des Prüfungsberichts keine Veranlassung für die Annahme, dass sich die Vorsteuer noch nicht gewinnmindernd ausgewirkt hatte.

36

bb)

Auch die unzureichenden Ermittlungen des Beklagten im Rahmen der Veranlagung 1992 führen nicht dazu, dass eine Änderung nach § 174 Abs. 2 Satz 2 AO ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann sich ein Steuerpflichtiger, der eine unrichtige Steuererklärung abgegeben hat, regelmäßig nicht auf Ermittlungsfehler des Finanzamtes berufen. Es ist in erster Linie Sache des Steuerpflichtigen, den für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt eindeutig, vollständig und richtig zu schildern. Unklarheiten, die zur Irreführung der Finanzbehörden geeignet sind, gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 22. September 1983 IV R 227/80, BStBl II 1984, 510; BFH-Urteil vom 13. November 1996 XI R 61/96, BStBl II 1997, 170).

37

Zwar hatte der Kläger den Aufwandsposten "Vorsteuer aufgrund Ap" offen in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen. Unter Zurhilfenahme des Prüfungsberichts hätte auch der Amtsprüfer leicht erkennen können, dass der Vorsteuerbetrag doppelt berücksichtigt worden war. Zudem ist die gewinnwirksame Darstellung von Vorsteuer ein ungewöhnlicher Vorgang, wenn der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird. Die angesprochenen Versäumnisse treffen aber den Kläger in gleicher Weise. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, sorgfältig zu prüfen, ob sich die Vorsteuer bereits gewinnwirksam ausgewirkt hat. Er hätte dies leicht anhand des Prüfungsberichts feststellen können. Angesichts der von den Klägern selbst vorgetragenen unklaren Ausführungen in dem Prüfungsbericht hätten sich der Kläger in besonderem Maße fragen müssen, ob die von ihm vermutete fehlende Gewinnauswirkung zutreffen konnte. Indem diese Prüfung nicht in einem ausreichenden Maße vorgenommen worden ist, haben die Kläger die maßgebliche Ursache für die Doppelberücksichtigung gesetzt. Demgegenüber treten Versäumnisse des Beklagten bei der Veranlagung zurück.

38

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.