Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.09.2004, Az.: 7 LB 371/01
Abwägung; Abwägungsfehler; Ausgleichsmaßnahme; Bauernhof; Beeinträchtigung; Belang; Durchgangsverkehr; Eingriff; Entschädigung; Existenzgefährdung; Flächennutzungsplan; Heilung; Hutewald; Hutewaldrelikt; Kureinrichtung; Landschaftsbild; Landschaftsschutz; landwirtschaftlicher Betrieb; Lärmbelästigung; Milchviehhaltung; Nachbesserung; Naturhaushalt; Naturschutz; naturschutzrechtliche Abwägung; Ortsumgehung; Planergänzung; Planergänzungsverfahren; Planfeststellungsbeschluss; Planfeststellungsergänzungsbeschluss; Planungsmangel; straßenrechtliche Planfeststellung; Trassenführung; Umgehungsstraße; Verkehrsführung; Wald; Willkür; wirtschaftliche Betriebsführung; Wirtschaftlichkeit; wohnungsbauliche Entwicklung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.09.2004
- Aktenzeichen
- 7 LB 371/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 51050
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 10.10.2000 - AZ: VG 1 A 72/98
- nachfolgend
- BVerwG - 31.01.2006 - AZ: 9 B 8/05
- BVerwG - 17.01.2007 - AZ: BVerwG 9 C 1.06
Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs 3 S 1 BNatSchG
- § 19 Abs 4 BNatSchG
- § 8 Abs 3 BNatSchG
- § 75 Abs 1a S 2 VwVfG
- § 71 VwVfG
- § 74 Abs 1 VwVfG
- § 38 Abs 1 S 1 StrG ND
- § 11 NatSchG ND
- § 1 Abs 1 VwVfG ND
- § 4 VwVfG ND
- § 17 Abs 6c FStrG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Eine Planergänzungsentscheidung auf der Grundlage von § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG kann von der Behörde auch "freiwillig" zur Abwendung eines sonst erwarteten negativen Verfahrensausgangs getroffen werden.
2. § 75 Abs. 1a VwVfG findet auch auf die spezifisch naturschutzrechtliche Abwägung in landesrechtlich geregelten Planfeststellungsverfahren Anwendung.
3. Eine Existenzgefährdung braucht nicht in die Abwägung einbezogen zu werden, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb bereits zum Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses wirtschaftlich nicht mehr existenzfähig ist.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, mit dem die teilweise Verlegung einer Kreisstraße gestattet wird.
Unter dem 24. März 1997 leitete das Amt für Kreisstraßen des Beklagten das Planfeststellungsverfahren "für den Bau der nordwestlichen Ortsumgehung Bad Laer im Zuge der K 338, Gemeinde Bad Laer, Gemarkung Westerwiede von Stat. 0.004.03 bis Stat. 0+994" ein.
Der Plan lag vom 22. April 1997 bis zum 27. Mai 1997 zur allgemeinen Einsicht aus. Er sieht etwa 1 km nördlich von Bad Laer die Schaffung einer Verbindung zwischen der Kreisstraße 338 im Osten und der Landesstraße 98 im Westen vor, die hier (etwa) in Nord - Südrichtung verlaufen. Der Erläuterungsbericht beschreibt die damit bezweckte Verlagerung des Nord-Süd-Verkehrs auf die L 98 als notwendig, um die im Nordosten des Ortes liegenden Kureinrichtungen vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Die Gemeinde, ein staatlich anerkanntes Heilbad, bemühe sich bereits seit Jahrzehnten, dieses Ziel zu erreichen. Nur dann könne sie sich als Bad weiterentwickeln. Bei einem Verlust der Anerkennung stünden etwa 500 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Die Kureinrichtungen wie Blombergklinik, Kurmittelhaus und Kurpark lägen am Ortseingang unmittelbar westlich der K 338, die nach der Zählung von 1995 mit einem Verkehrsaufkommen von 4.813 Kfz/24 h belastet sei. 12,5% davon seien Güterverkehr. Östlich der Straße befänden sich Kurbereichsflächen und Pensionen, so dass die Straße von Kurgästen und Erholungssuchenden häufig überquert werden müsse. Querungshilfen und Fahrbahnverengungen würden den Verkehrsfluss beeinträchtigen und zu zusätzlichen Lärmbelästigungen führen, die für den Kurbetrieb abträglich seien. Der Verkehrsentwicklungsplan der Gemeinde sehe als zweite Stufe die Weiterführung der Umgehung nach Westen bis zur Landesstraße 94 und damit eine vollständige Nordumfahrung vor. In der ersten Dringlichkeitsstufe stehe zunächst der geplante Abschnitt bis zur L 98, mit dem sich bereits die erwünschte Entlastung für die Kureinrichtungen in beiden Richtungen ergeben werde. Nachdem ein erster die Entlastungsstraße gestattender Planfeststellungsbeschluss vom 17. November 1988 vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht aufgehoben worden sei, habe sich in Abstimmung mit der Gemeinde die nunmehr ermittelte Trasse (neben drei anderen erwogenen Linien) als vorzugswürdig erwiesen. Sie berücksichtige am besten die Bauleitplanung der Gemeinde, die notwendige gewerbliche Entwicklung des Klinkerwerks Feldhaus, den Grundsatz der möglichst geringen Inanspruchnahme privater Flächen - für einen stärker betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb seien Ersatz- und Entschädigungsregelungen vorgesehen - sowie die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes. Im landschaftspflegerischen Begleitplan werde der notwendig werdende Eingriff beschrieben und würden die Ausgleichsmaßnahmen dargestellt. Diese könnten allerdings nur einen Teil des Eingriffs ausgleichen. Dem verbleibenden Ersatzbedarf könne durch Maßnahmen in der Gemarkung Westerwiede Rechnung getragen werden. Die Maßnahme werde zum Verlust eines Hutewaldrelikts auf Intensivgrünland mit 19 Eichen, einer Erle, einer Buche und einer Esche führen, wodurch ein Dokument historischer Waldnutzung eine starke Beeinträchtigung erfahre. Durch die Abtrennung der südlichen Teilfläche werde der Hauptteil des Bestandes isoliert. Die vormalige Bedeutung sei nicht wiederherstellbar. Dafür werde aber ersatzweise das Orts- und Landschaftsbild durch eine große Zahl neuer Bäume entlang der neuen Trasse der K 338 aufgewertet. Damit würden die Folgen des Eingriffs in Natur und Landschaft "gemäß §§ 7 - 12 NNatSchG als ausgeglichen betrachtet".
Mit Schreiben vom 20. Mai 1997 erhob die (jetzt .....-jährige) Klägerin, die Eigentümerin eines etwa 100 m nördlich der geplanten Trasse gelegenen Bauernhofes (Flur .... der Gemarkung Westerwiede) ist und von deren Flächen für den Straßenbau insgesamt 7.800 m² in Anspruch genommen würden, Einwendungen und machte geltend: Die Trassenführung erscheine willkürlich; für das Vorhaben würden wertvolle hofnahe Flächen in Anspruch genommen. Übrig blieben nicht mehr bewirtschaftungsfähige Teile. Ihr Betrieb sei auf Milchviehhaltung ausgerichtet. Die verbleibenden Flächen könnten dafür nicht mehr genutzt werden, weil das Milchvieh nicht hindernisfrei zum Melken auf dem Hof zurückkehren könnte. Die Hofstelle selbst gerate in eine Insellage zwischen zwei Straßen; damit würden Erweiterungen in diese Richtungen unmöglich. Außerdem befürchte sie Beeinträchtigungen durch Lärm von der neuen Straßenkreuzung, zumal ein Kreisverkehr angelegt werden solle.
Im Erörterungstermin am 6. November 1997 wurden die im Einwendungsschreiben formulierten Bedenken angesprochen. Für die verlorengehenden Flächen und unwirtschaftlich werdenden Restflächen sei, wie der Vorhabensträger dabei ausführte, Ersatz vorrangig in Grund und Boden vorgesehen. Die Einzelheiten würden in dem dafür gegebenen Verfahren geklärt; entsprechendes gelte für die Frage der Aufrechterhaltung der Rindviehhaltung. Auch die Landwirtschaftskammer habe insoweit keine grundsätzlichen Bedenken geäußert. Der Absicht der Klägerin, den Hof nach Süden durch die Anlage eines Boxenlaufstalles zu erweitern, stehe nichts entgegen. Die entsprechende Bauvoranfrage sei mit Bescheid vom 23. Juni 1997 positiv beantwortet worden. Lärmschutz komme nicht in Frage, weil die einschlägigen Grenzwerte nicht überschritten würden.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 2. April 1998 - PfB - stellte der Beklagte den Plan unter zahlreichen Nebenbestimmungen fest. Die Einwendungen der Klägerin wies er aus den im Erörterungstermin geäußerten Gründen zurück. Übergreifend führte er aus, bei der Trassenführung habe sichergestellt werden müssen, dass sich die Eingriffe auch gegenüber anderen Grundstückseigentümern auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkten. So sei eine Trasse gefunden worden, die einerseits die erforderliche Weiterentwicklung der Firma Feldhaus (Ziegelei) sicherstelle, andererseits aber auch den berechtigten Eigentümerinteressen der Landwirtschaft - hier der Klägerin - genügend Raum gebe. Durch die gewählte Linienführung werde ein Flächentausch zwischen den beiden Hauptbetroffenen annähernd möglich. Aus diesen Gründen sei die Trasse in Abweichung zu dem von der Gemeinde mit der Firma G. geschlossenen städtebaulichen Vertrag weiter südlich festgesetzt worden. Eine weitere Reduktion des Eingriffs in die landwirtschaftlichen Flächen sei nicht möglich. Im Rahmen der Flächennutzungsplanung habe die Gemeinde Bad Laer darauf geachtet, dass die Klägerin für unwirtschaftlich werdende Restflächen einen Ausgleich vorrangig in Grund und Boden erhalten könne. Entsprechendes gelte für die Möglichkeit, die Milchviehhaltung fortzuführen. Die für die Klägerin durch den Neubau der Straße verbleibenden Nachteile müsse sie wegen des überwiegenden Interesses der Allgemeinheit an dem Planprojekt hinnehmen. Ausführungen zum "Eingriff in wertvolle Natur- und Kulturlandschaft" enthält der PfB im Zusammenhang mit den Einwendungen anderer Personen. Er verweist insoweit auf die Beschreibung und Bewertung im landschaftspflegerischen Begleitplan, der mit planfestgestellt ist. Durch Ausgleichsmaßnahmen vor Ort werde "ein Teil des Eingriffs kompensiert". Zusätzlich würden erforderliche Ersatzmaßnahmen am Siebenbach durchgeführt. Die Naturschutzbehörde habe dazu keine Bedenken geäußert. Der Eingriff könne "somit vollständig kompensiert werden".
Die Klägerin hat am 28. April 1998 Anfechtungsklage erhoben und vorgetragen, zentrales Motiv für die Planstraße seien Bau und Betrieb der Blombergklinik in Bad Laer gewesen. Diese stehe inzwischen leer und befinde sich in Insolvenz, so dass die Geschäftsgrundlage der Planung entfallen sei. Die vorgesehene Trasse durchschneide hofnah gelegene landwirtschaftliche Flächen bester Qualität. Es stelle einen Planungsmangel dar, dass ihre künftig südlich der Trasse gelegenen Grundstücke nicht mit einer Über- oder Unterführung erreichbar sein sollten. Um auf diese Flächen zu gelangen, müssten mit den langsamen landwirtschaftlichen Fahrzeugen komplizierte Umwege genommen werden. Die südlich der Straße verbleibenden Flächen könnten kaum noch sinnvoll bewirtschaftet werden. An einer Veräußerung dieser Flächen habe sie grundsätzlich kein Interesse, weil sie den Betrieb auch für kommende Generationen zusammenhängend erhalten wolle. Der vom Beklagten vorgeschlagene Flächentausch sei ein Scheinangebot. Die angebotene Fläche sei eine feuchte Wiese, auf der sich das Wasser staue. Der Boden bestehe aus Torf. Auch eine aufwendige Trockenlegung würde daran nichts ändern. Hofnahe Flächen in gleicher Qualität wie die verlorengehenden könne der Beklagte nicht bieten. Durch einen Verlust von mehr als 2 ha bester landwirtschaftlicher Flächen werde die Ertragslage des Hofes schwer getroffen und sein Bestand ernsthaft gefährdet.
Der Beklagte hat dem entgegengehalten, dass die wirtschaftlichen Probleme der Blombergklinik nichts Wesentliches am Zweck der Planung änderten, den Kurbereich von Bad Laer vom Durchgangsverkehr zu entlasten; dieser weise viele weitere Einrichtungen auf. Es werde nicht verkannt, dass die der Klägerin bei Verwirklichung der Planung verbleibenden Restflächen nur noch schlecht nutzbar seien. Deshalb sei ihr - wie vorrangig gewünscht - eine direkt angrenzende Ersatzfläche von 2,7 ha angeboten worden. Er sei bereit, dessen geringere Qualität durch Drainagen und eine Grabenverlegung zu verbessern. Weiter sei ein Ausgleich durch Entschädigungszahlungen in Aussicht genommen. Insgesamt werde die Klägerin etwa 2 ha Land verlieren. Der Verlust bestehe etwa zur Hälfte in landwirtschaftlichen Flächen und zur anderen Hälfte im sog. Hutewald. Es sei nicht anzunehmen, dass daraus - zumal unter Berücksichtigung des möglichen Landtausches - eine Gefährdung der Existenz des Hofes erwachsen könne, der (etwa) 29 ha, davon 4,75 ha Wald, umfasse.
Das Verwaltungsgericht hat ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob der landwirtschaftliche Betrieb der Klägerin bei Verwirklichung des Planvorhabens nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnte und in Existenznot geraten würde. Das unter dem 31. Juli 2000 - ergänzt unter dem 24. September 2000 - erstattete Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass, gemessen an der Entlohnung, Kapitalbildung, Liquidität und am Verschuldungsgrad im Mittel der letzten drei Jahre der Betrieb in seiner jetzigen Organisation als unrentabel, überschuldet und nach den im Zeitpunkt der Untersuchung vorhandenen Daten als in keiner Hinsicht mehr existenzfähig anzusehen sei. Es wären Investitionen in Millionenhöhe und dauerhaft neues Personal nötig, um eine positive Wende einzuleiten. Der durch die Planmaßnahme drohende Flächenverlust könne damit nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sein. Er müsste diesen Prozess nicht einmal beschleunigen. Die in Aussicht gestellten relativ hohen Entschädigungszahlungen könnten sogar eine "heilende" Wirkung haben. Durch den im Vergleich zur Gesamtgröße des Betriebs relativ geringen Flächenverlust ergäben sich hinsichtlich der Tierhaltung keine ernsthaften Probleme. Für das vorhandene Vieh bleibe genügend Fläche erhalten. Die Flurstücke 78 und 80 der Flur 19 - eine Fläche von immerhin 5,43 ha - mit direktem Hofanschluss würden derzeit als Äcker genutzt. Sie könnten problemlos in Grünland umgewandelt werden. Auch eine Aufstockung des Tierbestands erscheine auf der verbleibenden Betriebsfläche ohne weiteres möglich. Zudem stehe hofangrenzend eine zusammenhängende Ersatzfläche zur Verfügung.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2000 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das nach § 38 des Niedersächsischen Straßengesetzes - NStrG - i.V.m. den §§ 72 f. des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - planfestgestellte Vorhaben sei durch die angestrebte Verkehrsberuhigung des Kurbereichs von Bad Laer gerechtfertigt. Auch habe der Beklagte die Belange der Klägerin mit den öffentlichen Belangen fehlerfrei abgewogen und letzteren in rechtlich nicht zu beanstandender Weise den Vorzug eingeräumt. Er habe nicht verkannt, dass auf den abgetrennten landwirtschaftlichen Flächen Bewirtschaftungserschwernisse einträten, die auszugleichen seien. Die Einzelheiten des Ausgleichs blieben dem Entschädigungsverfahren vorbehalten. Eine durch die Eingriffe eintretende Existenzgefährdung habe der Beklagte zu Recht nicht in Erwägung gezogen, weil der klägerische Betrieb nach dem überzeugenden Sachverständigengutachten schon jetzt als nicht existenzfähig anzusehen sei und maßgebliche zusätzliche Auswirkungen von dem Projekt insoweit nicht ausgingen. Für die gewählte Linienführung spreche in vertretbarer Weise der vom Beklagten hervorgehobene Umstand, dass sie mit dem Flächennutzungsplan der Gemeinde Bad Laer übereinstimme. Ein die Klägerin verschonender Ausbau etwa des Weges südlich des Betriebs Feldhaus würde mit der gemeindlichen Planung von Wohn- und Gewerbegrundstücken in Konflikt geraten und müsste ebenfalls auf das Eigentum Dritter zugreifen.
Mit ihrem dagegen gerichteten Berufungszulassungsantrag hat die Klägerin zur Begründung ihrer Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (einzig) geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Beklagte bei der Abwägung die Belange der Landschaftspflege und des Naturschutzes, insbesondere des Baumschutzes, nicht oder doch nur unzureichend berücksichtigt habe. Auf dem in ihrem Eigentum stehenden Flurstück 50/1, über welches die geplante neue Trasse führen solle, befinde sich neben einem Hutewald (Strauchhecke mit Stubben) ein Baumbestand von ca. 64 Eichen und Erlen (Hutewald-Relikt) und ein feuchter Eichen-Hainbuchenwald. Dieser Baumbestand habe unstreitig eine besonders hohe kulturhistorische und landschaftsprägende Bedeutung. Ein zerstörter Hutewald sei heute nicht wiederherstellbar. Bei Realisierung der Straße müssten auf ihrem Grundstück 22 Eichen gefällt werden. Nach der 15. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde würden auch die restlichen 42 Bäume südlich der Trasse einem Gewerbegebiet zum Opfer fallen. Im Erläuterungsbericht zum PfB werde deshalb ausgeführt, dass die verlorengehenden Funktionen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes durch Gestaltungs- und Ausgleichsmaßnahmen vor Ort nur zu einer teilweisen Kompensation des Eingriffs führen könnten und daher zusätzlich Ersatzmaßnahmen nach § 12 NNatSchG erforderlich seien. Solche Maßnahmen kämen nach dem Tatbestand der Norm aber erst dann in Frage, wenn bei der Abwägung die für den Straßenbau sprechenden Belange den Anforderungen von Natur und Landschaft vorgingen. Eine derartige Abwägung habe der Beklagte nicht vorgenommen. Der PfB gehe darauf mit keinem Wort ein. Auch Erläuterungsbericht und landschaftspflegerischer Begleitplan enthielten insoweit nur eine pauschale Aussage, bei der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zusammengefasst würden. Damit liege ein offensichtlicher Abwägungsfehler vor. Ein Abwägungsmangel liege weiter darin, dass die geplanten Ausgleichsmaßnahmen zu den Eingriffen nicht konkret in Beziehung gesetzt und die nicht ausgleichbaren Eingriffe nicht im einzelnen herausgearbeitet worden seien, es insoweit also an der nach der Rechtsprechung erforderlichen genauen Gegenüberstellung und Bilanzierung fehle. Der erkennende Senat habe mit seinem Urteil vom 2. Dezember 1991 - 7 L 78/90 - auf die Klage des Nachbarn Feldhaus den PfB mit einer 40 m weiter südlich vorgesehenen Trasse aufgehoben, weil der Beklagte den Belangen des Baumschutzes nicht hinreichend Rechnung getragen habe. Das sei bei der nunmehr gewählten Trasse nicht anders.
Mit Beschluss vom 10. Januar 2001 - 7 L 4236/00 - hat der Senat die Berufung wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin in erster Linie den im Zulassungsantrag dargestellten naturschutzrechtlichen Abwägungsmangel wiederholt. Abwägungsfehlerhaft sei der PfB entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aber auch deshalb, weil er sich mit den Auswirkungen des Straßenbaus auf die wirtschaftliche Weiterexistenz des Hofes nicht auseinandersetze. Das darauf eingehende Sachverständigengutachten sei erst im nachhinein eingeholt worden. Ohne die Planmaßnahme sei die wirtschaftliche Existenz des Hofes im übrigen dadurch gesichert, dass ihre Tochter ihn spätestens 2004 übernehmen und Investitionen von rund 500.000,00 DM (255.645,95 Euro) tätigen werde.
Der Beklagte hat erwidert, die Auswirkungen auf den landwirtschaftlichen Betrieb zutreffend berücksichtigt zu haben. Einzuräumen sei allerdings das naturschutzrechtliche Abwägungsdefizit. Da dieser Mangel aber nicht unbehebbar erscheine, werde insoweit zur Vermeidung einer gerichtlichen Aufhebung vorsorglich ein Planergänzungsverfahren entspr. § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG durchgeführt.
Dieses ist mit internem Antrag 30. Mai 2002 eingeleitet worden. Die Klägerin hat sich dazu unter dem 3. Juli 2002 ablehnend geäußert. Ein Ergänzungsverfahren stehe nur für straßen-, nicht aber für naturschutzrechtliche Abwägungsmängel zur Verfügung. Jedenfalls liege ein derartig schwerwiegender Mangel vor, dass die Planung als ganze in Frage gestellt sei. Dem Hutewald komme unstreitig eine besonders hohe landschaftsprägende und kulturelle Bedeutung zu. Sie nutze ihn noch zusammenhängend in seiner ursprünglichen Form. Das werde nur noch hinsichtlich eines kümmerlichen Rests möglich sein, wenn der abgeschnittene Teil auf der anderen Straßenseite liege. Es müsse mit dem Absterben von noch mehr Bäumen gerechnet werden. Ein Ausgleich im betroffenen Landschaftsraum sei nicht möglich. Das Defizit sei damit besonders schwerwiegend. Dies spreche für einen Vorrang der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Dem Interesse der Gemeinde Bad Laer an einer Entlastungsstraße könne durch einen Ausbau der Verbindungsstraße Rechnung getragen werden, die etwa 200 m südlich der geplanten Trasse bereits vorhanden sei.
Der Beklagte erließ unter dem 25. November 2002 den beantragten Planfeststellungsergänzungsbeschluss (PfErgB). Er nimmt Bezug auf eine neu eingeholte landespflegerische Beurteilung und stellt Erwägungen dazu an, ob die Vorteile des Straßenprojekts auch dann die Nachteile des Eingriffs für die Natur überwögen, wenn man nach § 8 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG 1998 - und § 11 NNatSchG lediglich die Ausgleichsmaßnahmen berücksichtige. Das wird bejaht. Wie aus dem landespflegerischen Begleitplan im einzelnen ersichtlich, sei ein vollständiger Ausgleich zwar nicht möglich. Angesichts der Wichtigkeit der Straße für den Kurort und der geringeren Eignung anderer Linienführungen müssten die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zurückstehen. Die nach Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen verbleibenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft seien nicht so bedeutsam, dass sie schwerer als die Nachteile wögen, die bei einer Nichtverwirklichung des Projekts zu erwarten wären. Bedeutung habe aus regionaler Sicht besonders das Hutewaldrelikt. Das Typische dieses Waldes seien nicht seltene Gehölze, sondern die der besonderen Nutzung entsprechende Ausgestaltung und Erscheinungsform des Waldes. Durch die Straße werde der nördliche Teil abgeschnitten. Einige Bäume (ca. 22, darunter 19 Eichen) müssten entfernt werden. Dies verkleinere den Hutewald zwar in diesem Bereich, lasse aber den überwiegenden Bestand unberührt. Der verbleibende Kompensationsbedarf sei damit nicht derart gewichtig, dass aus diesem Grund das Vorhaben insgesamt scheitern müsse. Im übrigen habe der Gesetzgeber durch die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes - § 19 Abs. 3 BNatSchG 2002 - zum Ausdruck gebracht, dass in Zukunft auch die (vorgesehenen) weiteren Kompensationsmaßnahmen in die Abwägung einzustellen seien.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5. Februar 2004 den Planfeststellungsergänzungsbeschluss in das Berufungsverfahren einbezogen. Zur weiteren Begründung beruft sie sich auf ihre im ergänzenden Verwaltungsverfahren abgegebene Stellungnahme. Die Belange des Naturschutzes würden nach wie vor zu gering bewertet. Was die Weiterexistenz des landwirtschaftlichen Betriebes betreffe, so habe ihre Tochter diesen zwar noch nicht übernommen; die Übernahme solle aber nunmehr in etwa zwei Jahren erfolgen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 10. Oktober 2000 zu ändern und den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 2. April 1998 in der Fassung des Planfeststellungsergänzungsbeschlusses vom 25. November 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er entgegnet, durch den PfErgB müssten die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ausgeräumt sein. Die Argumente der Berufung überzeugten nicht. Das Bundesverwaltungsgericht gehe in ständiger neuerer Rechtsprechung von der Möglichkeit eines "Reparaturverfahrens" bei Abwägungsmängeln in straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlüssen aus. Diese Möglichkeit scheide nur aus, wenn die Grundaussagen der Planfeststellung geändert würden oder der Mangel so schwerwiegend sei, dass eine Reparatur sachlich nicht gelingen könne. Derartige Ausschlussgründe lägen hier nicht vor. Der Ergänzungsbeschluss arbeite die Eingriffsregelung nach den Maßstäben ab, wie sie das Bundesverwaltungsgericht anlege, und gelange dabei zu einem die Planung bestätigenden Ergebnis. Im übrigen bestehe mit dem inzwischen geltenden § 19 Abs. 3 BNatSchG 2002 wieder ein Rechtszustand, den er, der Beklagte, bereits seinen ursprünglichen Überlegungen zugrunde gelegt habe.
Gegen den PfErgB hatte die Klägerin am 20. Dezember 2002 beim Verwaltungsgericht gesondert Anfechtungsklage erhoben - 1 A 207/02 -. Nach zunächst erfolgter Anordnung des Ruhens des Verfahrens hat das Verwaltungsgericht jenen Rechtsstreit mit Blick auf das anhängige Berufungsverfahren durch Beschluss vom 31. Oktober 2003 an das OVG verwiesen - 7 LB 203/03 -. Nach Einbeziehung des Ergänzungsbeschlusses in das vorliegende Verfahrens ist jenes Verfahren erledigt.
Mit Urteil vom 2. Dezember 1991 - 7 L 78/90 - hatte der Senat (auf die Klage des Nachbarn Feldhaus hin) den PfB des Beklagten vom 17. November 1988 aufgehoben, der den mittleren Teil der Trasse etwa 40 m weiter südlich als jetzt festlegte. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Straßenbauvorhaben zwar gerechtfertigt erscheine. Der Beklagte sei bei der Abwägung jedoch von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen, weil er die Absicht des Klägers, eine ausreichend große Fläche für die Erweiterung seines Dachziegelwerkes zu behalten, zu Unrecht als von vornherein unrealisierbar und damit unbeachtlich gehalten habe. Einen weiteren Abwägungsmangel hat der Senat in der Annahme des Beklagten gesehen, dass auf dem Grundstück des damaligen Klägers eine wesentlich größere Zahl von Eichen gefällt werden müsste als bei einer Trassenführung weiter nördlich über das Grundstück der Klägerin. Die Berufungsverhandlung habe ergeben, dass die Anzahl auf beiden Grundstücken etwa gleich wäre. In beiden Fällen wäre der Eingriff in den Eichenbestand "tiefgreifend und irreparabel". Deshalb, so hat der Senat seinerzeit weiter ausgeführt, bestünden Zweifel, ob der Beklagte dem öffentlichen Belang des Baumschutzes hinreichend Rechnung getragen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, der Gerichtsakten 7 LB 203/03 und der Beiakten A bis I verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die auch im Berufungsrechtszug noch zulässige Klageänderung in Gestalt der Erstreckung des Anfechtungsantrags, § 42 Abs. 1 VwGO, auf den Planfeststellungsergänzungsbeschluss ist im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich und damit zulässig (Nds.OVG, Urt. v. 27. Juni 2002 - 7 KS 60/01 -; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, S. 238, 256).
2. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
2.1 Rechtsgrundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 2. April 1998 ist § 38 Abs. 1 S. 1 NStrG i.V.m. § 74 Abs. 1 VwVfG (§§ 1 Abs. 1; 4 NVwVfG). Er unterliegt der Prüfung in Gestalt des wirksamen Ergänzungsbeschlusses vom 25. November 2002. Dieser ist Ergebnis eines "ergänzenden Verfahrens" - hier - nach § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG, wonach auch erhebliche Abwägungsfehler bis zum Abschluss des gerichtlichen Tatsachenverfahrens geheilt bzw. nachgebessert werden können. Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage besteht für den Ergänzungsbeschluss zwar nicht. Die genannte Vorschrift setzt aber die Möglichkeit voraus, sie zu treffen. Sie ist die verfahrensmäßige Konsequenz der Heilung abwägungsfehlerhafter Planfeststellungsbeschlüsse ohne ein neues Planfeststellungsverfahren, wie sie von der Rechtsprechung anerkannt ist (BVerwG, Urt. v. 21. März 1996 - 4 C 19.94 -, BVerwGE 100, S. 370; Urt. v. 12. Dezember 1996 - 4 C 19.95 -, BVerwGE 102, S. 358) Die ergänzende Entscheidung kann von der Planfeststellungsbehörde, wie hier geschehen, auch "freiwillig" zur Abwendung eines sonst erwarteten negativen Verfahrensausgangs getroffen werden (Nds.OVG, a.a.O.; jüngst wiederum BVerwG, Urt. v. 1. April 2004 - 4 C 2.03 -, DVBl. 2004, 1115 "Hochmosel-Entscheidung").
2.2 Das Straßenbauvorhaben ist hinreichend gerechtfertigt. Die Rechtfertigung besteht in der angestrebten Verkehrsberuhigung des Kurbereichs der Gemeinde Bad Laer und der nachhaltigen Sicherung dieses Erwerbszweigs. Die Rechtfertigung hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 2. Dezember 1991, auf das insoweit verwiesen wird, bestätigt. An dieser Bewertung ist festzuhalten. Die Sicherung des Kurbetriebs wird durch wirtschaftliche Schwierigkeiten einer Klinik, wie sie vorliegend aufgetreten sind, nicht durchgreifend in Frage gestellt.
2.3 Bei der Planfeststellung sind auch die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen worden, § 38 Abs. 2 S. 1 NStrG.
2.3.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass der Beklagte eine Existenzgefährdung der Klägerin, die ursächlich auf die planfestgestellte Maßnahme zurückzuführen wäre, nicht in seine Überlegungen einzubeziehen brauchte. Das eingeholte landwirtschaftliche Gutachten hat dies im Ergebnis nachhaltig bestätigt. Nach den in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen war der klägerische Betrieb im Zeitpunkt der Begutachtung objektiv bereits seit mehreren Jahren wirtschaftlich nicht mehr existenzfähig. Die Straßenbaumaßnahme kann ihn danach auch nicht mehr "zusätzlich" gefährden oder die Gefährdung auch nur weiter zuspitzen - im Gegenteil: Durch den möglichen Zufluss erheblicher Entschädigungszahlungen bestünde nach den gutachtlichen Untersuchungen eher eine (freilich schwache) Hoffnung auf Sanierung. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren diesen Argumentationskomplex vertieft nicht mehr aufgegriffen, so dass kein Anlass besteht, auf die gutachtlichen Aussagen im einzelnen einzugehen. Die von ihr pauschal geäußerte Absicht einer baldigen Übergabe des Betriebs an jüngere Familienmitglieder oder die zeitlich unbestimmte Erwartung möglicher Geldzuflüsse waren jedenfalls nach der Sachlage zum Zeitpunkt der Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses und des Planfeststellungsergänzungsbeschlusses kein hinreichender Anlass, die auf aktuellen betriebswirtschaftlichen Grundlagen beruhende Aussage des Gutachtens in Frage zu stellen, dass der Hof unabhängig von dem geplanten Straßenbau wirtschaftlich nicht existenzfähig ist. Eine Übernahme des Betriebes oder durchgreifende Veränderungen desselben sind im Übrigen bis heute nicht erfolgt.
Dass durch die Inanspruchnahme von Flächen und das Unwirtschaftlich werden der Weiterbewirtschaftung einiger Restflächen Verluste und Umstellungsschwierigkeiten entstehen werden, hat der Beklagte erkannt und in seine Abwägung fehlerfrei eingestellt. Er ist bereit und konkret bemüht, der Klägerin insoweit Ersatzflächen zu vermitteln bzw. sie in Geld zu entschädigen. Dass es insoweit noch zu keiner Einigung gekommen ist, ist für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses irrelevant.
2.3.2 Das im PfB noch vorhandene Defizit einer systematisch richtigen Abwägung der Auswirkungen des Vorhabens mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist durch die im PfErgB angestellten Erwägungen in gerichtlich nicht mehr zu beanstandender Weise behoben worden.
2.3.2.1 § 75 Abs. 1a VwVfG findet auch auf die spezifisch naturschutzrechtliche Abwägung in landes- und kreisstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren Anwendung, weil insoweit nichts anderes als zu § 17 Abs. 6c des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG - gelten kann (dazu BVerwG, Urt. v. 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, S. 673, 682). Auch im Landesrecht handelt es sich insoweit um eine einheitliche Entscheidung.
2.3.2.2 Bei Erlass des Planfeststellungsergänzungsbeschlusses am 25. November 2002 galt bundesrechtlich für die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bereits § 19 Abs. 3 S. 1 BNatSchG i.d.F. vom 25. März 2002. Danach darf der Eingriff nicht zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder in sonstiger Weise zu kompensieren sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen. Die Vorschrift erlaubt es - anders als zuvor § 8 Abs. 3 BNatSchG - also nunmehr, nicht nur die Ausgleichs-, sondern auch Ersatzmaßnahmen als "Gegengewicht" in die Abwägung mit anderen Belangen einzubringen. Allerdings können nach § 19 Abs. 4 BNatSchG die Länder insoweit "weitergehende" Regelungen erlassen, als die man § 11 NNatSchG ansehen kann. Sind danach als Folge eines Eingriffs erhebliche Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes zu erwarten, die nicht vermieden und nicht ausgeglichen werden können, so ist der Eingriff ohne weiteres - also ohne die Berücksichtigung möglicher Ersatzmaßnahmen - unzulässig, wenn bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen. Die im PfErgB angestellten Erwägungen werden beidem gerecht, weil sie auf den naturschutzrechtlich "strengeren" § 11 NNatSchG abheben. Der Beklagte bewertet in seiner Abwägung den Verlust von Bäumen, insbesondere derer des Hutewaldes, ausdrücklich als schwerwiegenden Eingriff, der, soweit er, wie im Anhang zum landschaftspflegerischen Begleitplan im einzelnen aufgelistet, reicht, zeitlich nicht schnell und teilweise überhaupt nicht ausgeglichen werden kann. Gleichwohl erkennt der Beklagte den öffentlichen Belangen am gesicherten Fortbestand der Kureinrichtungen mit ihren Arbeitsplätzen bereits auf dieser Stufe den Vorrang zu, zumal ein größerer Teil des Hutewaldrelikts auch erhalten bleibt. Damit wird die hohe Bedeutung der Anforderungen an Natur und Landschaft weder verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen und den Belangen der Ortsentwicklung und Arbeitsplatzsicherung in einer Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtigkeit der widerstreitenden Belange außer Verhältnis steht. Nur das wäre gerichtlich zu beanstanden.
2.3.3 Der PfB leidet schließlich auch nicht an einem fachplanerischen Abwägungsmangel bei der Prüfung von Trassenführungen, die in Rechte der Klägerin weniger oder gar nicht eingriffen.
Ernsthaft in Betracht kommende derartige Alternativen müssen nur so weit untersucht werden, bis erkennbar wird, dass sie nicht eindeutig vorzugswürdig sind (BVerwG, Urt. v. 14. November 2002 - 4 A 15.02 -, BVerwGE 117, S. 149, 160). Danach durfte der Beklagte die im Ansatz erwogene Alternativtrasse "3" südlich des Ziegeleibetriebs Feldhaus in der Nähe der dort bereits vorhandenen Straße, welche die Grundstücke der Klägerin unberührt ließe, ausscheiden. Er hat dies darauf gestützt, dass diese Trasse mit dem Flächennutzungsplan der Gemeinde, der dort gewerbliche Bauflächen darstellt, nicht vereinbar sei, die wohnungsbaulichen Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde auch im Übrigen nicht behindert werden sollten und die Verkehrsführung mit relativ engen Kurven belastet wäre. Auch könnte bei einer derartigen Trassenführung die inzwischen konkret beabsichtigte Weiterführung der Umgehungsstraße nach Westen schlechter realisiert werden. Ihre Lage wäre als Teilstück dieser Umgehung weniger günstig, weil der Verkehr stärker in den Ort hineingeleitet würde und auf seinem Weg nach Westen einen Umweg in nordwestlicher Richtung nehmen müsste. Außerdem würde es zu Schallschutzproblemen für die südöstlich angrenzende Wohnbebauung kommen. Letzteres werde im nachhinein dadurch bestätigt, dass sich die östlich der K 338 vorhandene Wohnbebauung inzwischen nach Norden ausgeweitet habe und damit an diese Trassenlinie herangerückt sei.
Diese Überlegungen sind sachlich begründet. Die Vielzahl der damit gegen diese Trassenalternative sprechenden verkehrlichen und planerischen Gesichtspunkte lassen sie gegenüber der gewählten Trasse trotz der mit dieser verbundenen Eingriffe nicht als vorzugswürdig - erst recht nicht in der erforderlichen eindeutigen Weise - erscheinen.