Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 03.07.1997, Az.: 1 W 19/97
Ausscheiden als Hoferbe wegen Wirtschaftsunfähigkeit; Mangelnde Erwartung in das Hineinwachsen in die Wirtschaftsfähigkeit eines in der Ausbildung stehenden Jugendlichen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 03.07.1997
- Aktenzeichen
- 1 W 19/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 21676
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0703.1W19.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO
- § 5 Nr. 2 HöfeO
- § 6 Abs. 1 HöfeO
- § 6 Abs. 6 HöfeO
Amtlicher Leitsatz
Der Ausnahmetatbestand nach § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO kommt nicht zur Anwendung, wenn der Prätendent in Verhältnissen aufwächst, die nicht Hineinwachsen in die Wirtschaftsfähigkeit erwarten lassen.
Gründe
Die Beteiligte zu 1) ist im vorliegenden Fall nach § 5 Nr. 2 HöfeO zur Hoferbin nach ihrem Ehemann berufen. Die in der ersten Hoferbenordnung nach § 6 Abs. 1 HöfeO als Hoferben berufenen Töchter des Erblassers scheiden nach § 6 Abs. 6 als Hoferben aus, weil sie nicht wirtschaftsfähig sind. Dies trifft hinsichtlich der Beteiligten zu 2) und zu 3) zu, weil sie Berufe außerhalb der Landwirtschaft gewählt haben. Es trifft jedoch auch für die Beteiligte zu 4) zu, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass allein mangelnde Altersreife der Grund der Wirtschaftsunfähigkeit ist. Zweck der gesetzlichen Regelung, dass allein mangelnde Altersreife kein Grund sein soll, wegen Wirtschaftsunfähigkeit als Hoferbe auszuscheiden, ist nicht die Bevorzugung sondern die Gleichstellung der in Frage kommenden Kinder bei der Beurteilung der Wirtschaftsfähigkeit. Der Ausnahmetatbestand kommt deshalb nicht zur Anwendung, falls der Prätendent in Verhältnissen aufwächst, die nicht sein Hineinwachsen in die Wirtschaftsfähigkeit erwarten lassen. Bei einem in der Ausbildung stehenden Jugendlichen muss ein glaubhaft bekundetes Interesse an einer späteren Bewirtschaftung vorhanden sein und auch zu erkennen sein, dass die Ausbildung darauf hinausläuft (vgl. Faßbender-Hötzel-von Jeinsen-Pikalo, Höfeordnung, 3. Aufl., § 6 Rdn. 44). Im vorliegenden Fall ist daher bei der an der Grenze zur Volljährigkeit stehenden Beteiligten zu 4) bei der Beurteilung der Wirtschaftsfähigkeit nahezu der gleiche Maßstab anzulegen, wie bei einem Erwachsenen. Anhaltspunkte für die Annahme, dass ihre Erklärung, sie wolle niemals den Hof übernehmen, sondern zunächst das Abitur machen und dann Sport oder Sportjournalistik studieren, sei nicht reiflich überlegt, sind nicht gegeben. Diese Äußerung zeigt jedoch, dass die Beteiligte zu 4) gegenwärtig kein Interesse an der Landwirtschaft hat. Es sind auch keine Indizien vorhanden, dass die Beteiligte zu 4) ihre Interessen in Zukunft wechseln könnte. Allein die theoretische Möglichkeit, dass die Beteiligte zu 4) irgendwann einmal später vielleicht Interesse an der Landwirtschaft finden könnte, rechtfertigt es nicht, sie gegenüber ihren Geschwistern zu bevorzugen. Auch die Beteiligte zu 4) scheidet deshalb nach § 6 Abs. 6 Höfeordnung wegen mangelnder Wirtschaftsfähigkeit als Hoferbin aus.